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Ausgabe:

1907 Nr. 19

Spalte:

532-534

Autor/Hrsg.:

Greving, Jos.

Titel/Untertitel:

Johann Eck als junger Gelehrter. Eine literar- und dogmengeschichtliche Untersuchung über seinen Chrysopassus praedestinationis aus dem Jahre 1514 1907

Rezensent:

Köhler, Walther

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Theologifche Literaturzeitung 1907 Nr. 19.

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läßt. Gott ift der Gute. Du kennft feine Gebote. Dann
aber, nachdem er dem Vater die Ehre gegeben, die ihm
jener entzogen hatte, dann führt er fich felber ins Treffen
und zeigt dem Jüngling durch die Aufforderung: folge
mir nach, ich führe dich ins ewige Leben, daß er nicht,
wie wir alle, als Sünder von ihm gefchieden ift. Dann
rückt er fich in königlichem Selbftbewußtfein an die Seite
Gottes.' (62). — Diefe Mitteilungen dürften zur Charakte-
riftik der Schrift Sch.s genügen. Es ift zu bedauern,
daß der Verf. die in feiner Hauptthefe ausgefprochene
Wahrheit durch die Art feiner Beweisführung gefchä-
digt hat.

Straßburg i. E. P. Lobftein.

Wretfchko, Prof. Dr. Alfred von, Der Traktat des Laurentius
de Somercote, Kanonikus von Chichefter, über die Vornahme
von Bifchofswahlen, entftanden im Jahre 1254,
herausgegeben und erläutert. Weimar, H. Böhlaus
Nachf. 1907. (VIII, 56 S.) gr. 8° M. 2.40

Schon früher hat A. v. Wretfchko der Unterfuchung
mittelalterlicher Wahlen feine Tätigkeit zugewandt. Er
veröffentlichte im Jahre 1901 einen für die reichsgefchicht-
liche Forfchung bedeutfamen Auffatz über den ,Einfluß
der fremden Rechte auf die deutfche Königswahl bis zur
Golden en Bulle' (Zeit fchr. d.Savigny-Stiftung f.Rechtsgefch.
Germ. Abt. XX, 1646".) und bald darauf einen zweiten über
,Die Electio communis bei den kirchlichen Wahlen im MA.'
(Deutfche Zeitfchr. f. Kirchenrecht XI, 321 ff.), welcher
das Wefen diefer Inftitution klargeftellt hat. Bei den Vorarbeiten
für diefe Schrift wurde er durch eine Notiz bei
Schulte auf den bisher nur an entlegener Stelle und dort
fehr ungenügend gedruckten Traktat des Laurentius de
Somercote aufmerkfam, den er nunmehr eingehend erläutert
und derallgenieinenBenutzungzugänglich gemachthat.

Nach der eigenen Angabe des Laurentius ift die
Arbeit im Jahre 1254 entftanden. Die Veranlaffung zu
ihrer Niederfchrift gab aller Wahrfcheinlichkeit nach eine
kurz zuvor, im Jahre 1253, zu Chichefter vorgenommene
Bifchofswahl, bei der L. in hervorragendem Maße, als
einer der Kompromiffare und als Elektor tätig war. Auf
Grund der dabei gefammelten Erfahrungen und des reichhaltigen
Materials, das ihm im Archiv feiner Kirche zur
Verfügung ftand, hat er fein Buch verfaßt. Er will im
Gegenfatz zu den älteren Schriften — wobei er an die
des Goffredus de Trano, des Bernhard von Pavia u. a.
gedacht haben wird — keine theoretifchen Auseinander-
fetzungen, fondern ein praktisches Handbuch für das bei
kirchlichen Wahlen einzuhaltende Verfahren geben. In
diefer Art ift fein Werk der ältefte, uns bisher bekannt
gewordene Traktat auf diefem Gebiet. Erft Wilhelm
von Mandagotto fuchte jene beiden Aufgaben zu vereinigen
.

L.s Schrift gibt Formulare mit verbindendem, oft ausführlichem
Text; fie zeichnet fleh durch große Klarheit
und Gtgenftändlichkeit aus und gewährt mannigfache
Belehrung über die Eigenheiten des englifchen Kirchenrechts
, namentlich auch der Kirche von Chichefter. Von
befonderem Intereffe ift dabei, was L. getreu nach dem
Rechte feiner Zeit über die Anteilnahme des englifchen
Königs an den Wahlen berichtet. Diefem war infolge des
Eingreifens Innocenz' III. von einem weitreichenden Mitwirkungsrecht
nichts mehr geblieben als die bedeutungs-
lofe Befugnis, zu jeder Wahl feine Erlaubnis — welche
weder verzögert noch gar verweigert werden durfte —
zu erteilen, und das Recht der Beflätigung, die er aber
nur aus gerechtfertigten Gründen vertagen konnte.

W. hat keine Muhe gefpart, um für die Edition des
Traktats möglichft alle bekannten Handfchriften heranziehen
zu können. Als die dem Original zunächftftehenden
bezeichnet er felber einen Lincolner und einen Londoner
Kodex, die er beide nach dem flark gekürzten Druck bei

Bradfhaw: Statutes 0/ Lincoln catliedral II (Cambridge
1897) benutzt hat. Zugrunde gelegt ift aber bei W. keine
diefer beiden, fondern eine Handfchrift von Chartres.
Ihr ift der Herausgeber leider in etwas zu weitgehendem
Maße gefolgt. Ihr Text bietet gegenüber dem jener
beiden Codices und der von W. als A bezeichneten
Gruppe öfters Unoriginales und Entftelltes. Doch will
das, aufs Ganze gefehen, nicht viel befagen. Jedenfalls
hat fich v.W. durch die nicht leichte Zugänglichmachung
und die forgfame Kommentierung diefes intereflanten
Traktats ein neues und bleibendes Verdienft um die
mittelalterliche Kirchenrechtsgefchichte erworben.

Berlin. M. Krammer.

Greving, Dr. Jof., Johann Eck als junger Gelehrter. Eine
literar- und dogmengefchichtliche Unterfuchung über
feinen Chrysopaffus praedestinationis aus dem Jahre
1514. Münfter i. W., Afchendorff 1906. (XIV, 174 S.).
gr. 8° M. 4.25

Mit vorliegendem Buche wird ein neues Unternehmen
eröffnet: reformationsgefchichtliche Studien und
Texte, von katholifcher Seite herausgegeben. Daß
das ,Bedürfnis' danach hier nicht die übliche Phrafe
ift, wird jeder Sachkenner zugeben. Die von Ludwig
Paflor in der Tat ,trefflich redigierten' (fo Greving in.
feinem Profpekt) ,Erläuterungen und Ergänzungen zu
Janffens Gefchichte des deutfehen Volkes' bieten nicht
das, was Greving erftreben möchte; fein Programm ift
weiter, während jene eben als ,Erläuterungen und Ergänzungen
' an einen beftimmten Rahmen gebunden find,
den es auszubeffern, oder neu zu dekorieren gilt. Greving
will zunächft forgfältige ,Einzelftudien' geben, jeder Art,
größere und kleinere, er will weiter Texte bringen,
Schriften, Urkunden, Akten, Korrefpondenzen, folche, die
nur fchwer zugänglich find oder auch nur handfehriftlich
exiftieren. Daß dabei die katholifchen Autoren des
16. Jahrhunderts im Vordergrunde flehen follen, kann
man nur billigen. Es ift in der Tat ,eine unbeftreitbare
Tatfache, daß die Verteidiger des alten Glaubens für
ihre Arbeiten, Mühen und Opfer eine weniger dankbare
Nachwelt gefunden haben, als die Bahnbrecher der neuen
Lehre'. Luthers wuchtige Fauft hat fie, foweit fie ihm
entgegentraten, zermalmt, und feine Nachfolger find ihm
darin gefolgt, und doch, wie gewinnt das Verftändnis
Luthers und der lutherifchen Epigonen bei Kenntnis
feiner katholifchen Gegner! Luther fetzt fich mit ihnen
flillfchweigend weit häufiger auseinander, als man gemeinhin
ahnt; lieft man z. B. feine Kirchenpoftille und
gleichzeitig die Schriften Emfers oder Alvelds aus diefer
Periode, fo flößt man auf Schritt und Tritt auf Berührungen
und Beziehungen. Luther fagt: ,etliche meinen',
aber er hat Emfer oder Alveld im Auge u. dgl. Den
naheliegenden, fchon von Kampfchulte ausgefprochenen
Gedanken eines corpus catholicorum — den in etwa die
Bibliotheca reformatoria Neerlandica in Bd. 3 aufgenommen
hatte (f. diefe Zeitung 1906 Nr. 26)— will Greving
nicht verwirklichen, er zweifelt — mit Recht — bei
der Maffenhaftigkeit des Materials an der praktifchen
Durchführbarkeit. Unter den Mitarbeitern nennt der
Profpekt u. a. Namen, wie Braunsberger, Bufchbell,
Falk, Jungnitz, Meifter, Merkle, Paulus, Schulte, Spahn,
alfo die Elite der Forfcher, die auf reformations-
gefchichtlichem Gebiete gearbeitet haben. Aber — der
Profpekt fagt davon noch nichts — die Mitarbeiter-
fchaft wird interkonfeffionell werden; wie ich
mit Erlaubnis des Herrn Herausgebers hier mitteilen
darf, haben auf den bloßen Profpekt hin verfchiedene
proteftantifche Autoren nicht nur ihre lebhafte Zuftim-
mung zu dem Unternehmen ausgefprochen, fondern auch
perfönliche Mitarbeit zugefagt. Eines der nächften Hefte
wird eine Sammlung von Briefen katholifcher Gelehrten