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Ausgabe:

1907

Spalte:

473-475

Autor/Hrsg.:

Hehn, Johannes

Titel/Untertitel:

Siebenzahl und Sabbat bei den Babyloniern und im Alten Testament. Eine religionsgeschichtliche Studie 1907

Rezensent:

Schürer, Emil

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Theologische Literaturzeitung.

Herausgegeben von D. Ad. Harnack, Prof. in Berlin, und D. E. SchÜrer, Prof. in Göttingen.

Jährlich 26 Nrn. Verlag: J. C. HinrichsTche Buchhandlung, Leipzig. Jährlich 18 Mark.

Nr. 17. 17- Auguft 1907. 32. Jahrgang.

Hehn, Siebenzahl und Sabbat bei den Baby-
loniern und im Alten Teftament (Schürer).

Zu den Teftamenten der zwölf Patriarchen
(Fraenkel).

Holtzmann, Das meffianifche Bewußtfein Jefu

(Baldenfperger).
Frey, Die Probleme der Leidensgefchichte Jefu

(v. Dobfchütz).

Burkitt, The Gospel History and its Transmission
(v. Dobschütz).

Loofs, Leitfaden zum Studium der Dogmen-
gefchichte, 4. Aufl. (Jülicher).

Iso'dadh's Kommentar zum Buche Hiob, I.
Teil, Text und Überfetzung von Schliebitz
(Frankenberg).

Fifcher, Die chriftliche Religion als Religion
des Dualismus (Lobftein).

T h i e m e, Die chriftliche Demut. 1. Hälfte Wort-
gefchichte und die Demut bei Jefus (Lobftein).

Petrich, Paul Gerhardt (E. Chr. Achelis).

Gerhardts Lieder und Gedichte herausg. von
Nelle (Derf.).

Gebhardt, Paulus Gerhardt (Derf.).

Ehlers, Richard Rothe (E. Chr. Achelis).

Witte, Richard Rothe über Jefus als Wundertäter
(Derf.).

Hehn, Prof. DDr. Johannes, Siebenzahl und Sabbat bei den
Babyloniern und im Alten Teftament. Eine religions-
gefchichtliche Studie. (Leipziger femitiftifche Studien,
II, 5. Herausgegeben von A. Fifcher und H. Zimmern.)
Leipzig, J. C. HinrichsTche Buchhandlung 1907. (III,
132 S.) gr. 8° M. 4 —

Die Hauptfrage, welche diefe forgfältige, auf um-
faffendfter Kenntnis des affyriologifchen Materiales ruhende
Studie behandelt, ift die: ob die Geltung der Sieben als
bedeutfamer Zahl und damit auch der Sabbat auf die
Siebenzahl der Planeten zurückzuführen fei. Der Verf.
verneint diefe Frage — wie mir fcheint mit Recht.

Er zeigt zunächfl S. 4—44, wie manigfach die Anwendung
der Siebenzahl bei den Babyloniern fchon von
den älteflen Zeiten an fei. Sie erfcheine überall als die
Zahl der Gefamtheit, der abgefchloffenen Menge, der
Vollkommenheit. Jedenfalls fei fie fchon in uralter Zeit
eine bedeutfame Zahl. Dagegen die Zufammenfaffung
der heben Planeten zu einer Gruppe hnde hch erft verhältnismäßig
fpät, nämlich erft in einer Lifte aus der
Zeit Afurbanipals (S. 46), und he ftehe keineswegs im
Mittelpunkte der babylonifchen Religion, in welcher vielmehr
die Sonne als das lebenfchaffende Prinzip in der
Natur die Zentralftellung einnehme (S. 47)- >Die wenigen
Stellen, an denen die Planeten als gefchloffene Sieben-
heit in der babylonifchen Literatur auftreten, und die
völlige Unabhängigkeit des Gebrauchs der hl. Sieben von
denfelben macht es höchft wahrfcheinlich, daß der Kult
der Planeten als der weltbeherrfchenden Siebenheit, alfo
der eigentliche Planetenkult, gar nicht im alten Babylonien,
fondern erft in Alexandria zur vollen Ausbildung und
zu feiner hervorragenden Bedeutung gelangte .... So oft
auch in den Keilinfchriften die heben Götter vorkommen,
fo find doch nie fpeziell die heben Planetengötter gemeint
; diefe zu den Beherrfchern des Zeitenlaufs erhoben

von hier aus die Siebenerperiode als Zeiteinteilungsprinzip,
und den Urfprung der Benennung und Bedeutung der
Siebenzahl überhaupt zu erklären hat' (S. 60 f.). Diefe
Erklärung ift ja nicht neu. Sie ilt in neuerer Zeit
namentlich auch von Rofcher in feinen verfchiedenen
Arbeiten über die Siebenzahl vertreten (Abhandlungen
der fächf. Gefellfch. der Wiffenfch., phil.-hift. KL, Bd. XXI, 4,
1903. XXIV, 1, 1904. XXIV, 6, 19C6). Das Verdienft
Hehns fcheint mir namentlich in dem negativen Nachweis
zu liegen, daß die fchon im graueften Altertum
auftretende Bedeutfamkeit der Siebenzahl nicht aus der
Siebenzahl der Planeten abgeleitet werden kann.

Im zweiten Teile feiner Arbeit (S. 91—132) unter-
fucht Hehn den Urfprung des hebräifchen Sabbat. Wir
erhalten hier zunächfl wieder etymologifche Erörterungen
über hebr. TStS und irütj, affyr. sabattu und sabätu, über
deren Wert ich als Nicht-Fachmann mir ein Urteil nicht
erlauben möchte. Auf fefterer Grundlage ruhen jedenfalls
die Erörterungen über ,die babylonifchen Siebenertage
' (S. 106—109) und das Verhältnis des iabalhi-Tages
zu ihnen (S. 109—114). Die babylonifchen Siebenertage,
d. h. der 7., 14., 21., 28. jedes Monats, immer vom Neumond
ausgehend, waren nicht Ruhetage, fondern Tage
der Verformung des Zornes der Götter (S. 108). Die
Bezeichnung als iabattu (,Tag der Beruhigung des
Herzens' S. 93) ift zwar für fie bis jetzt nicht nachweisbar
(S. 109); tatfächlich aber hatten fie den Charakter von
iabattu-Tagen (S. 112). — In Betreff des hebräifchen Sabbats
weißt H. zunächft die Meinung von Meinhold ab, daß
er urfprünglich der Vollmondstag gewefen fei (S. II 5—119),
ftellt aber dann auch einen näheren Zufammenhang des-
felben mit den babylonifchen Siebenertagen in Abrede.
,Bei den Babyloniern ift die Siebenzahl die Zahl der Vollendung
, der fiebente Tag gilt als Abfchluß einer Periode
und wurde darum zur Verföhnung der Götter für die in
der abgelaufenen Frift begangenen Fehler benutzt, was
zugleich eine Bitte um Gnade für die folgende Periode

zu haben, dürfen wir wohl erft der alexandrinifchen bedeutete. Bei den Israeliten ift der fiebente Tag gleich
Spekulation zufchreiben .... Daß die Planetengötter, wie j falls der Abfchluß der am Himmel dargeftellten Periode,
überhaupt die babylonifchen Geftirngottheiten fchon in 1 aber man faßte diefen Abfchluß als Hinweis darauf, daß
alter Zeit in Babel als Tagespatrone verehrt wurden, ift der Menfch die Arbeit einftellen folle, und gelangte fo
keine Frage, aber bis zu der einzigartigen Bevorzugung zum Sabbat als Ruhetag. Der israelitifche Sabbat ift
diefer fpeziellen Siebenheit war man noch nicht ge- nun, foweit wir ihn im A. T. verfolgen können, durchaus,
kommen' (S. 51 f.). auch an den unzweifelhaft älteflen Stellen, als allgemeiner

Nach einer fubtilen und fragwürdigen Unterfuchung Ruhetag mit freudig - feftlichem Charakter dargeftellt.
über die .Etymologie der Sieben' (S. 52—57) wirft der , Der Gegenfatz zu den babylonifchen Siebenertagen ift
Verf. die Frage auf .Woher die Benennung der Sieben- I darum ebenfo deutlich, wie die beherrfchende Siebenzahl
zahl?' (S. 57—63) und beantwortet fie dahin, daß ihre und die Gleichheit des Namens auf die Gemeinfamkeit
Wurzel in der Vierteilung des Mondumlaufes J des Kulturbodens,auf dem beideErfcheinungen erwachfen
üege. ,Der Mond ift der an den Himmel gefchriebene j find, hinweifen' (S. 121). Von diefer Auffaffung aus weift
Kalender der Menfchheit von Anfang an. Darum kann 1 H. auch die Anfchauung Jaftrows ab {American Journal
nach meinem Dafürhalten kein Zweifel beftehen, daß man 1 of Theology Bd. II), daß der Sabbat urfprünglich, wie die

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