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Ausgabe:

1907 Nr. 13

Spalte:

377-378

Autor/Hrsg.:

Bolland, Hoogl. G.J.

Titel/Untertitel:

Het eerste Evangelie in het licht van oude gegevens 1907

Rezensent:

Holtzmann, Heinrich Julius

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Seite 1

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377

Theologifche Literaturzeitung 1907 Nr. 13.

3/8

Bolland, Hoogl. G. J. P. J., Het eerste Evangelie in het
licht van oude gegevens. Kene bijdrage tot de wor-
dingsgeschiedenis des Christendoms. Leiden, A. H.
Adriani 1906. (XIV, 191 blz.) gr. 8°

— Gnosis en Evangelie. Eene historische Studie. Ebd. 1906.
(175 blz.) gr. 8»

Zwei kurz nacheinander erfchienene Kundgebungen,
die füglich als eine einzige betrachtet werden können, da
fie fich inhaltlich durchweg berühren und auch formell
die gleiche monftröfe Erfcheinung eines, mit einziger
Ausnahme des größern Abfatzes II S. 115, ohne jede
Gliederung, ohne Angabe von Abfchnitten der Darfteilung
oder Stationen der Beweisführung, ja ohne
Andeutung irgendwelcher Dispofition fortlaufenden Mo-
nologes darbieten. Nicht einmal eine Inhaltsangabe am
Anfang oder ein Regifter am Schluffe erleichtern dem

Keine Notiz von gnoftifcher Geheimtradition, von pneu-
matifchem Schriftfinn, von Myfterium in den Reden Jefu
und in kirchlicher Theorie und Praxis entgeht dem Verf.
Alles muß zum Erweis feiner Hauptthefe dienen, wonach
das kirchliche Chriftentum mit feiner Trinitätslehre
den Niederfchlag der großen gnoftifchen Sintflut darfteilt,
die über die alte Welt ergangen ift. Natürlich fpielen
dabei auch die Nafarener, r^aflräer, Nazoräer, Nazarener
eine Rolle, deren zu erforfchende Herkunft und Bedeutung
Anlaß zur Entfaltung einer erftaunlichen Gelehrfamkeit
gibt, die aber zu keinem greifbaren Refultat führt (I,
S. 60—80. II, S. 70—73). Bemerkt mag noch werden,
daß der Alexandrinismus der Evangelien fchließlich noch
eine römifche Umftempelung erfahren hat, wofür befon-
ders Stellen wie Mt. 16 in. 19. 18 17. is. 28 in aufgeboten
werden (I, S. 42). Schlecht kommt dabei Markus
weg, der altmodifcherweife die beiden anderen Evangelien
ausfchreibt (S. 60 f. 82. 90. 162 f. 176).

Lefer den Gang durch ein Dickicht und Geftrüpp, darin Eine lange Lifte von Werken desfelben Verf.s am

keinerlei Bahnfpur, durch Gehölz und Waldung, darin j Schluß beider Bände läßt in ihm einen Vertreter des
keinerlei Lichtung anzutreffen ift. Daher das Gefühl holländifchen Hegelianismus erkennen. Demgemäß endet
phyfifcher Ermüdung, welches jede längere Befchäftigung eine Beigabe von Aphorismen richtig mit der Unter

mit dem einen wie mit dem andern diefer Bücher zurückläßt
. Während man fich durch die ganz erftaun-
liche Maffe von Wiffensftoff, der hier angehäuft ift,
durcharbeitet, gefeilt fich zu der Hauptfrage nach Wert
und Fruchtbarkeit desfelben immer die Nebenfrage: wie

mag es zugehen, wo ein folches Buch gefchrieben, ein I Kolbing, Dir. D. Paul, Die geiftige Einwirkung der Perlon

fcheidung von Vorftellung und Begriff (II, S. 174,
vgl. S. 64).

Baden. H. Holtzmann.

folches Produkt geboren wird? Ich kann mir keine andere
Vorftellung davon machen als die, daß der Verf.,
der fragelos ein Polyhiftor erften Ranges ift und eine
beneidenswerte Belefenheit befitzt, wohl Jahre lang Lefe-
früchte über Lefefrüchte, die ihm in einer gewiffen Beziehung
zu feinen Grundgedanken zu flehen fchienen, ge

Jefu auf Paulus. EinehiflorifcheUnterfuchung. Göttingen,
Vandenhoeck & Ruprecht 1906. (VIII, 114S.) gr. 8°

M. 2.80

Ein fehr bedeutfamer Beitrag zu dem gegenwärtigen
Hauptproblem der neuteflamentlichen Forfchung: Jefus —

fammelt und dieftlben fchließlich nach einer vielfach vom Paulus liegt hier vor. Der Verfaffer verfucht, unter dem
Moment bedingten Ideenaffoziation aneinander gereiht hat. j ftarken Eindruck der Wrede - Wellhaufenfchen Skepfis
Daher auch der aufmerkfamfte Lefer nie ahnen kann, wo- | gegenüber dem Meffiasbewußtfein Jefu, aus der neueften
von auf der nächftenSeite dieRede fein werde. Als leitender Pofition der Leben-Jefuforfchung Gewinn für den Zu-

Gedanke dürfte die Allegorie mit dem ihr verbündeten
Efoterismus zu bezeichnen fein, und als diejenige theologifche
Disziplin, für welche das hier zufammengetragene
hiltorifche Wiffen fleh am ausgiebigften verwerten läßt,
die Gefchichte der biblifchen Hermeneutik und Exegefe.
Für diefe bilden beide Bände eine wahre Fundgrube.

fammenklang Jefus— Paulus zu ziehen. Jefus, das ift der
Grundgedanke, hat fich nicht als Meffias, d. i. als Bringer
des zukünftigen Gottesreiches gefühlt, fondern als Träger
der fuchenden und rettenden Sünderliebe Gottes, die im
Kampf mit den den Sündern das Gottesreich verfchließen-
den Pharifäern zum Triumph am Kreuz gelangt ift. Eben

Die neuteflamentliche Literatur, entftanden zumeift in diefe Offenbarung der Sünderliebe Gottes und Jefu am
der erften Hälfte des zweiten Jahrhunderts (II, S. 157), j Kreuz ift aber der Kern des paulinifchen Evangeliums
erfcheint hier nur als ein Glied in der Entwickelung der < unbefchadet feiner juriftifchen Formulierungen. DieÜber-
Allegorefe, die ihre Wurzeln im helleniftifchen Judentum ! einftimmung beider muß aus einer geiftigen Einwirkung
Alexandrias hat (I, S. 92 f.). Ohne Kenntnis des Alexan- der Perfon Jefu auf Paulus, und zwar wahrfcheinlich ver

drinismus gibt es keine Kenntnis vom Urfprung des
Chriftentums (S. 129). Das helleniftifche Judentum war im
Grunde fchon ein Chriftentums ohne Chriftus (S. HO), und
diefer felbft wird mit bekannten Mitteln der Allegorie in die

mitteilt der pharifäifchen Kunde von Jefus erklärt werden.

Die Diskuffion wird fich ausfchließlich dem Abfchnitt
,Die religiöfe Perfönlichkeit Jefu' zuzuwenden haben, der
faft die Hälfte des Buches ausfüllt, und, deffen Richtigkeit

fymbolifche Figur desChreftus umgefetzt (S. 139; II, S. 91. | zugeftanden, in der Tat die geiftige Einwirkung Jefu auf
120 f.). Die Evangelienliteratur entfteht durch Verbindung ! Paulus faft zwingend bewiefen würde, obfehon der Umweg
des jüdifchen Meffianismus oder vielmehr Jefuanismus'mit ^ über die pharifäifche Karikatur von Jefus immereine
alexandrinifcher Theofophie und ägyptifcher Gnofis. Ein unfichere Hilfshypothefe bleiben wird. Nachdem Kolbing

gnoftifches Ägypterevangelium liegt wahrfcheinlich den
Synoptikern zugrunde. Matthäus infonderheit ift ein
um 115 fchreibender Hellenift (I, S. 56f. II, S. 16. Iii)
und verfügt über eine Menge von Parallelen bei Philo

zuerft den überkommenen jüdifchen Befitz Jefu in Gottesglauben
, Efchatologie uud Dämonologie, konfervativer
Stellung zu den jüdifchen Inftitutionen und Sitten vortrefflich
fkizziert hat, fetzt er mit der Frage ein, worin

(S. in); will demgemäß auch durchgängig (S. 146 f.) und j das Neue, Schöpferifche in Jefus beftanden habe. Die
befonders in feinen Wunderberichten allegorifch verftan- Antwort der Evangelien: er war der Meffias, erklärt er
den fein (S. 165 f.). Selbftverftändlich ift das noch mehr | im wefentlichen Anfchluß an die Ausführungen von Well-
der Fall beim vierten Evangeliften (II, S. 107 f.), der aber häufen für nicht befriedigend. Geradezu ausgefchloffen
zugleich famaritanifchen Einfluß verrät (S. 132. 161 f.), j durch die fynoptifche Überlieferung felbft fcheint ihm,
wofür übrigens Kreyenbühl nicht als Zeuge angerufen j daß Jefus lieh für ein himmlifches, übermenfehliches
wird. Dagegen zitiert der Verfaffer Reitzenfteins Poi- | Wefen, für den metaphyfifchen Gottesfohn hielt. Aber

mandres zum Beweis der weiten Verbreitung des ägyptischen
Myftizismus, zumal der Idee vom Völkerhirten
(II, S. 41), wie überhaupt die hermetifche Literatur nicht
fehlen darf (S. 29 f.) in dem faft unüberfehbaren Bilde
eines chaotifchen Synkretismus, das der Verf. entwirft.

mehr noch, die Tatfache, daß Jefus erft gegen Ende
feines Lebens von anderen Meflias genannt wurde und
felbft fich nie offen als folchen proklamierte, führt auf
die nächftliegende Erklärung, daß Jefus der Meffias —
mindeftens im eigentlichen technifchen Sinn — nicht fein