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Ausgabe:

1907 Nr. 13

Spalte:

374-375

Autor/Hrsg.:

Briggs, Charles A.

Titel/Untertitel:

A critical and exegetical Commentary on the Book of Psalms 1907

Rezensent:

Frankenberg, Wilhelm

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Theologifche Literaturzeitung 1907 Nr. 13.

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ganze Abhandlung von einem Mangel an hiftorifchem I fie fich in einem kurzen Referat nicht exakt wiedergeben
Sinn. Die Althings während der Richterzeit und das j laffen.

Inftitut der Gefetzesfprecher find mit dem, was wir über Kloftermanns Arbeit hat zweifellos ein großes Ver-

die Zuftände diefer Periode wiffen, doch kaum vereinbar, dienfl. Sie mahnt uns immer uud immer wieder, die Text-
Vollends aber ift es ganz unmöglich, die Vorfchriften j kritik als die Grundlage aller weiteren Unterfuchung nicht

zu vernachläfligen, und kein Einfichtiger wird leugnen, daß
unfere Quellenkritik fich bis zu einem gewiffen Grade
zu vertrauensfelig auf den M. T. ftützt. Es wäre wirklich

des Dtn. als in der Richterzeit zu Recht beftehend zu
denken. — Erwähnt fei noch, daß die Einleitung zu diefer
Abhandlung eine Unterfuchung über die Berichte von

der Wiederauffindung der Gefetzbücher des Numa Pom- ein großes Verdienft, wenn eine Akademie mit Hilfe
PÜius bildet. Auch über fie enthalte ich mich jedes eines Stabes textkritifch gefchulter Arbeiter uns einen
Urteils, da ich mit den in Betracht kommenden Quellen kritifchen Text des A. T. fchaffen könnte, der modernen

wiffenfchaftlichen Anfprüchen genügte; nur fürchte ich, daß
wir über eine Sammlung kritifcher Noten zum MT nicht
hinauskommen können. Ebenfo zweifellos aber fcheint
mir die Skepfis Kloftermanns gegenüber dem MT ftatk
übertrieben, feine pofitive Textkritik in den meillen

nicht vertraut bin, auch den Eindruck habe, daß diefe
Unterfuchung für die Pentateuchforfchung nichts abwirft.

4) Die letzte Abhandlung endlich (S. 429—579) betrifft
das .finaitifche Bundesbuch'. Für Ex 19—24.
32—34 hat der Verfaffer des Pentateuchs nach Klofter-

mann eine ältere Erzählungsfchrift als Quelle benutzt, j Fällen ganz willkürlich zu fein. Vor allem aber ift feine
die er abgefehen von ihrer Verteilung auf zwei getrennte j ganze Methode vielzu einfeitig textkritifch; die fachliche,
Stellen feines Werkes wefentlich intakt ließ. Die An- 1 hiftorifche Kritik, die gerade die Stärke der Pofition
flöße, die der Text bietet, fucht Kloftermann nicht I Wellhaufens und feiner Gefinnungsgenoffen bildet, fehlt
durch Quellen-, fondern durch Textkritik zu löfen. Eben 1 ihr fo gut wie ganz. Der pofitive Ertrag der umfangweil
ein fo alter Text fo mannigfache Unfälle erlitten, reichen, peniblen Unterfuchungen Kloftermanns über
fl> zahlreiche Wiederherflellungsverfuche und Gloffie- den Pentateuch dürfte daher doch nur ein fehr geringer
rungen erfahren habe biete er für eine wefentlich nach fein. Der Umftand, daß das Gute unter einer erdrücken-
fprachlichen Indizien ' verfahrende Quellenanalyfe keine den Fülle von Spreu verborgen ift, dürfte feine Beachtung
zuverläffige Grundlage. Kloftermann ignoriert dabei, und Verwertung leider in den meiften Fällen recht in
daß die Quellenanalyfe fich nicht bloß auf fprachliche j Frage ftellen, zumal da die ganze Art der Darlegung den
Indizien ftützt und daß die fprachlichen Indizien doch | Lefer oft nur fehr fchwer zu einer klaren Vorftellung
ein gewiffes Gewicht durch die Tatfache erhalten, daß ! gelangen läßt.

fie miteinander und mit den fachlichen harmonieren, und HaUe a g c Steuernacre]

er übertreibt die auch von feinen Gegnern keineswegs _

verkannte Textunficherheit. Daß die befonderen Schwie-

r'gkeiten diefes Abfchnittes eine allfeitig anerkannte und , Briggs, Prof. Charles Augustus, D.D., D. Litt., and Emilie
befriedigende Quellenanalyfe noch nicht geftattet haben, j Grace Briggs, B. D., A critical and exegetical Commentary
vielleicht auch nie geftatten werden, ift noch kein Beweis ( on the Book of Psalms. (In two Volumes.) Vol. II. (The

dafür, daß der Verfuch der Quellenanalyfe überhaupt
verfehlt ift. Jedenfalls dürfte Kloftermanns rein text-
kritifche Löfung noch weit weniger Zuftimmung finden.

Wenn der Text wirklich fo entftellt ift, wie er annimmt,
bann dürfte es den meiften a priori ausfichtslos erfchei-

■en> durch meift konjekturale Kritik der gewagteften
-rt den .urfprünglichen' (fiel) Text wiederzugewinnen. —
Das Hauptabfehen der Abhandlung richtet fich darauf, die
pUprüngliche Anlage und Verteilung der gefetzlichen
Materien in der erzählenden Quelle zu ermitteln. Den
zvusgangspu nkt dafür bildet die zweifellos richtige Beobachtung
, daß die Verordnungen des Bundesbuches
(Ex 21—23) teil weife eine Gliederung nach Pentaden,
deren je zwei einen Dekalog bilden, erkennen laffen.
Kloftermann verallgemeinert das, m. E. ohne Recht,
dahin, das die pentadifch-dekalogifche Gliederung ursprünglich
überall geherrfcht habe, und verfucht nun,
die jetzt vorliegenden Störungen teils durch Ergänzung
von Lücken nach Parallelen oder vermittels Konjektur,
teils durch Umftellung und Verbindung jetzt getrennter
Ulieder zu befeitigen, und die urfprüngliche Anordnung
der Dekaloge nach einer fachlichen Dispofition wieder-
berzuftellen. Es ergibt fich in der Hauptfache folgendes
fl-efultat. Die gefetzlichen Stoffe verteilen fich auf 4
Stellen der Erzählung: 1) hinter 19,3 ftand ein Dekalog
vorbereitender Art (i9,3-oa+23,22-3i*-r-i9,ob); 2) auf 20,i
iolgt der dem Volke direkt mitgeteilte Dekalog 20,2-17;
3) auf 20,22 folgen 10 durch Mofes Vermittlung offenbarte
Dekaloge, und zwar 5 Dekaloge von Dill1!, jetzt vielfach
verftümmelt und verfetzt (1) 23,13. 20,23-23/14-19; 2)22,27-30.
23.10-12; 3) 23,4-3. 22,20-25; 4) 22,17-19; 5) 23,ib-2. 3-9), und
j> Dekaloge von D^tt^tÖB, in der Hauptlache intakt erfüllten
(1) 22,15-16; 2) 2I,2-li; 3) 21,12-17! 4) 21,28-22,3;

21_u,; 4) Kap. 34 w'rd ein Dekalog von Q'HrW
aus Nr. 3 rekapituliert mit der ausdrücklichen Angabe,

aft diefe Verordnungen auch für die Folgezeit nach der
fknfiedlung in Kanaan in Kraft bleiben follen. Im einzelnen
find freilich der Ergebniffe fo kompliziert, daß

International Critical Commentary.) Edinburgh, T. &
T. Clark 1907. (VIII, 572 p.) gr. 8° s. 10.6

Briggs' Kommentar zu den Pfalmen liegt nun ab-
gefchloffen vor und beftätigt im ganzen das Urteil über
den erften Band. Was in jenem zu loben war, verleugnet
fich auch in diefem zweiten nicht: die grammatifche
Akkurateffe, die befonders auf den Schüler große Rückficht
nimmt, die Sorgfalt, mit der die Parallelen zufammen-
geftellt find, und nicht zum minderten das ehrliche Streben
des Herrn Verf., feiner Aufgabe gerecht zu werden.
Aber verfchwiegen werden darf auch nicht, daß er diefer
Aufgabe m. E. nicht gerecht geworden ift. Es ift ihm
nicht gelungen, den großen geiftigen Zufammenhang der
Pfalmen, durch den fie alle durchaus gleichartig erfcheinen,
klarzuftellen. Man fehe fich nur im erften Bande S. 90
der Einleitung feine Tabelle über die Abfaffungszeit der
Pfalmen an und man begreift, warum ihm das Erfaffen des
gleichen geiftigen Milieus fo wenig wie deffen Darftellung
gelingen konnte. Den meiften Raum neben den gramma-
tifchen Notizen nehmen die literarkritifchen Fragen ein.
Uber den Wert derfelben für die Textauslegung, die
doch immer die Hauptfache bleibt, kann man fehr'ver-
fchiedner Meinung fein; fraglos ift aber, daß der H.
Verf. den Gefahren, die das zu viel wiffen Wollen in
folchen Dingen mit fich bringt, nicht immer aus dem
Wege gegangen ift. In der verhängnisvollften Weife
macht er aber von der Annahme von Gloffen Gebrauch.
Wo Schwierigkeiten in der Erklärung vorliegen, wo fich
das Metrum nicht fügen will, wo der Strophenbau nicht
ftimmt — gleich ift er mit dem kritifchen Meffer bei der
Hand. Wer den Kommentar ftudiert, wird Beifpiele für
dies Urteil in Hülle finden; als einzigen Beleg will ich
hier nur instar omnium die Behandlung eines Pfalmes
aufführen. Pfalm 5S ift aus zwei verfchiedenen Liedern
zufammengefetzt, der Einfchnitt ift nach v 9 a Das erfte
iKilSf d"flGebet Befreiung mit dem Wunfche, dem
Unheil entfliegen zu können wie eine Taube; den Inhalt