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Ausgabe: | 1907 Nr. 12 |
Spalte: | 360-362 |
Autor/Hrsg.: | Steinberger, Ludwig |
Titel/Untertitel: | Die Jesuiten und die Friedensfrage in der Zeit vom Prager Frieden bis zum Nürnberger Friedensexekutionshauptrezess 1635-1650 1907 |
Rezensent: | Holtzmann, Robert |
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Theologifche Literaturzeitung 1907 Nr. 12.
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Götz, Stadtpfr. Johann Baptift, Die Glaubensfpaltung im Werk, das die evangelifche Lehre in klaren, kräftigen
Gebiete der Markgraffchaft Ansbach-Kulmbach in den Jahren Strichen und mit feelenvoller Wärme zum erften mal in
1520-1535. Auf Grund archivalifcher Forfchungen. i den fränkifchen Markgraffchaften fixiert hat - in folgen--
der Weife zenfunert werden: ,Vom theologifchen Standpunkt
aus beurteilt, haben wir an ihnen eine Durch-
fchnittsarbeit mit all den Unklarheiten, welche wir an
gleichzeitigen derartigen Schriftftücken gewohnt find.
Der Subjektivismus ift oft auf die Spitze getrieben: vermag
nicht einmal ein allgemeines Konzil Glaubensfragen zu
entfcheiden, vermögen menfchliche Gefetze und Obrig-
Mit urkundlichen Beilagen. (Erläuterungen und Ergänzungen
zu Janffens Gefchichte des deutfchen Volkes.
Herausgegeben von Ludwig Paftor. V. Band, 3. und
4. Heft.) Freiburgi.B., Herder 1907. (XX, 291 S.) gr. 8°
M. 5.50
Diefes Buch ift ein übles Tendenzwerk über die keiten die Untergebenen nicht mehr im Gewiffen zum
Gefchichte der Reformation in den hohenzollerfchen , Gehorfam zu verpflichten, dann müffen einerfeits chaotifche
Markgraffchaften Ansbach und Kulmbach von 1520—35, Zuftände einreißen, anderfeits aber wird das ganze fittliche
d. h. über die fchwankende, aber im Grunde doch katho- Leben des Menfchen veräußerlicht; an Stelle der inneren
liehe Haltung des Markgrafen Kafimir (f 1527) und über Gewiffenhaftigkeit tritt die „evangelifche Freiheit", flankiert
die Einführung der neuen Lehre durch feinen Bruder von den Bajonetten und den Knütteln der Polizeigewalt',
und Nachfolger Georg den Frommen. Den Zweck des ! Man wird mir weitere Proben erlaffen. Das ift der Stil
Ganzen zeigt am Schluß (S. 269) recht unverhüllt die des ganzen Werkes, und es ift doch wohl eine ftarke
Bemerkung: der Verf. wolle es feinem Lefer überlaffen, j Zumutung, wenn der Verf. uns gelegentlich glauben
zu entfcheiden, ob die Reformation mit freudiger und machen will, er treibe objektive Gefchichtfchreibung
dankbarer ßegeifterung vom Lande aufgenommen oder ' (fo S. 251, wo er, ,um nach keiner Seite die Gerechtigkeit
ihm aufoktroyiert worden fei. Auf eine Beantwortung zu verletzen', mit feinem Urteil über die Aufrichtigkeit
im letzteren Sinne läuft nämlich in der Tat die ganze j der religiöfen Überzeugung Georgs des Frommen, an der
vorangehende Darfteilung hinaus. Sie ift zudem im i im Ernft gar nicht gezweifelt werden kann, zurückhält,
einzelnen erfüllt von einer fortlaufenden Polemik gegen | da über fein Privatleben noch nicht genug bekannt fei —
den neuen Glauben, die zum kleineren Teil gehäffig, zum ! nichts Schlechtes nämlich!).
größeren einfach abgefchmackt genannt werden muß. Ge- Auch fonft ift über das Buch wenig erfreuliches zu
häffig ift es z. B., wenn die Wirkfamkeit der evangelifchen ! fagen. Von tieferer Begründung und innerem Zufammen-
Prediger kurzweg als Aufhetzung bezeichnet wird (S. 27), I hang der Ereigniffe ift kaum eine Spur zu finden, es fei
oder wenn wir in der .Schlußbetrachtung' erfahren, wie denn, daß man Expektorationen wie die oben angeführten
abfehreckend, ungebildet, zuchtlos und durch und durch ! dafür nehmen will. Man lefe z. B. wie äußerlich der Verf.
unfittlich es in der proteftantifch gewordenen Markgraf- ; die Wendung motiviert, welche Kafimir 1525—26 zu einem
fchaft hergegangen fei (S. 251—266). Von einem ernft- j entfehiedeneren Katholizismus machte (S. 75. 94); auf
haften Abwägen der Licht- und Schattenfeiten ift da den Gedanken, daß dabei der Bauernkrieg nicht ganz bedeu-
keine Rede. Schon mehr lächerlich wirkt es alsdann, ; tungslos gewefen fein könnte, ift er nicht gekommen. Es
wenn durch das ganze Buch hindurch und faft auf jeder bleiben fonach als Ertrag der Arbeit nur einige Details,
Seite die Worte .evangelifch', ,Evangelium', ,Evangelion' die der Verf. da und dort bei feinen archivalifchen Studien
ufw. immer nur in Anführungsftrichen erfcheinen; da man aufgelefen hat. Viel ift es nicht, jedenfalls lange nicht fo
nämlich aus der Darfteilung unfehwer entnehmen kann, viel und fo wichtig, als das, was uns Karl Schornbaum
daß die, fo da das ,Evangelium' zu predigen vorgaben, bereits 1900 und 1906 in feinen beiden Schriften über
in Wahrheit nur ihrem Eigennutz und ihrer Schlechtigkeit j die Stellung Kafimirs zur Reformation und über die Poli-
Wort verliehen. Abgefchmackt ift aber weiter überhaupt j tik Georgs des Frommen mitgeteilt hat. Das zweite
die Art, wie die Aufnahme der neuen Lehre immer diefer Bücher fcheint dem Verf. erft im letzten Augen-
wieder als einfache Mache von oben enthüllt wird. Man i blick bekannt geworden zu fein; es enthält in vieler
lefe einmal S. 16 f. die Anfänge der evangelifchen Sache j Hinficht mehr, als Götz gegeben hat, wenn auch in
in Schwabach, wie dort trotz trefflicher katholifcher j anderen Punkten diefer feinem Vorgänger an Details
Priefter ein neuer Amtmann zufammen mit dem Stadt- > überlegen ift.
richter die Reformation gemacht hat; das heiße ich eine Die prononzierte Stellungnahme des Verf. in der
tiefgründende Volks- und Religionspfychologie! Hübfeh religiöfen Frage ift ja durchaus analog derjenigen bei
find auch die gelehrten theologifchen Exkurfe, in denen | Janffen. Und wenn er an innerem und äußerem Gehalt
der Verf. feine Schulweisheit zum beften gibt, um damit j mit diefem auch fonft durchaus nicht verglichen werden
ganz im Vorbeigehen die Unnahbarkeit der Reformation j kann, fo fcheint er dem Unkundigen danach vielleicht doch
zu zeigen. Man lefe S. 44, wie die Evangelifchen auf j nicht fchlecht in die /Erläuterungen und P/rgänzungen zu
dem Ansbacher Religionslandtag v. J. 1524 abgekanzelt Janffens Gefchichte des deutfchen Volkes' zu paffen,
werden, weil fie in ihrem Gutachten fich in den Spitz- Dennoch wäre es betrüblich, wenn er Nachfolger fände,
findigkeiten der katholifchen Theologie nicht in gleicher Denn nachdem diefe,Erläuterungen'in der letzten Zeit eine
Weife wie der Verf. auskannten, oder S. 52 Anm. 1 die t ganze Reihe ernfter und würdig gehaltener Arbeiten geWiderlegung
der Lutherfchen Rechtfertigungslehre. Daß ! bracht haben, kann man fich billig verwundern, daß der
der Verf. zu folchem Behuf fich auch in die Werke Herausgeber fich nicht fcheute, ihnen folch ein törichtes
Luthers vertieft habe, kann nun freilich nicht behauptet Buch wie das vorliegende anzureihen,
werden; in diefer Hinficht war er befcheiden und ließ Straßburg i. E. Robert Holtzmann.
fich an Denifle genügen (vgl. z. B. S. 45 Anm. 2 und oft).
Auf S. 57 erfahren wir dankbaren Herzens die Urfachen steinberger, Dr. Ludwig, Die Jefuiten und die Friedensfrage
des Bauernkriegs; es waren das:,Die rehgiofe Präge, welche 1 . .__ _ .. _ _ . . .. .... .
fich immer unentwirrbarer verknüpfte, aufreizende Predig- ,n der Zeit vom Pra9er Frieden DIS zum Nürnberger
ten ausgefprungener Mönche und verheirateter Priefter, Friedensexekutionshauptrezess 1635—1650. (Studien und
die alles, was dem Volke bisher heilig und teuer gewefen, Darftellungen aus dem Gebiete der Gefchichte, herauserbarmungslos
in den Kot zogen, Schriften und Trak-
tätchen, die mit revolutionären Ideen erfüllt waren und
begierig Verfehlungen wurden, nicht zuletzt aber auch
die Predigt der „evangelifchen Freiheit'". Was es mit
diefer auf fich hat, ift aus S. 120 zu erfehen, wo die
Schwabacher Vifitationsartikel v.J. 1528— ein treffliches
gegeben von H. Grauert. V. Band, 2. und 3. Heft.)
Freiburg i. B., Herder 1906. (XXIII, 215 S.) gr. 8°
M. 5 —
Diefe Schrift, welche der politifchen und ganz
befonders der publiziftifchen Tätigkeit der Jefuiten