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Ausgabe:

1907 Nr. 10

Spalte:

307-309

Autor/Hrsg.:

Papadopoulou, Chrysostomou A.

Titel/Untertitel:

Historikai Meletai 1907

Rezensent:

Meyer, Philipp

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Theologifche Literaturzeitung 1907 Nr. 10.

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kann ich aus eigener Erfahrung doch nur wiederholt
verfichern, daß es ein außerordentlich wertvolles Material
ift, das uns hier geboten wird. Und wenn die Nuntiatur-
berichte aus der Schweiz naturgemäß nicht die gleiche
allgemeine Bedeutung haben wie die deutfchen, fo fcheint
mir doch auch ihre Veröffentlichung eine recht dankenswerte
und ergebnisvolle Tat zu fein. Infonderheit ift es
die Gefchichte der katholifchen Schweiz, die fich uns hier
in allen Details und mit zahlreichen kultur- und kirchen-
gefchichtlich intereffanten Intimitäten erfchließt.

Aus den Akten über die Vorgefchichte der Nuntiatur
(1570—1579) ergibt fich u. a., daß der Vater des Gedankens
Karl Borromeo ift, der bereits im Jahre 1570
nach einer Reife durch die Schweiz der Kurie den Vor-
fchlag unterbreiten ließ, einen Nuntius (oder Vifitator)
nach der katholifchen Schweiz zu fenden, um die Ausführung
der Tridentiner Befchlüffe, infonderheit eine fitt-
liche Reform des vielfach verwilderten Klerus anzubahnen.
Bonhomini, Bifchof von Vercelli, wurde 1579 zu diefem
Amt auserfehen, nachdem er fchon im Jahr zuvor als
Vifitator der Bistümer Novara und Como (wozu das
Teffin und Veltlin gehörten) in nahe Beziehungen zur
Schweiz getreten war und gleichfalls die Abordnung
eines Nuntius befürwortet hatte. Daß die Herausgeber,
die in der Beifchaffung des Materials aus einer ganzen
Reihe von Archiven und Bibliotheken überhaupt einen
bemerkenswerten Spürfinn entfaltet haben, auch die
Korrefpondenz Bonhominis mit Borromeo mitteilen, verdient
befonderen Dank, da fie bei ihrem vertraulichen
Charakter oft viel intereffanter ift als die offiziellen, nach
Rom gefandten Berichte. Die Stellung des Nuntius in
der Schweiz war keine befonders beneidenswerte. Er
ftieß bei den Katholiken und infonderheit bei dem Klerus
felbft vielfach auf Widerftand, und hatte daneben auch
allerhand Klagen über das Verhalten, das man in Rom
gegen ihn beobachtete (vgl. S. 487f.). Dazu kam natürlich
die offene Eeindfchaft der Reformierten, die es fich
nicht gefallen ließen, daß er fie überall als Ketzer ver-
fchrie und ihnen in katholifchen Gegenden Abbruch zu
tun verfuchte. Im ganzen hat er aber der fchwierigen
Lage gegenüber ein unleugbares Gefchick bewiefen.
Manches neue Licht fällt auch auf die Errichtung des
Helvetifchen Kollegs in Mailand und auf die Vorbereitungen
für ein Jefuitenkolleg in Freiburg i. Ü.

Die Ausgabe der Akten erfcheint recht verläßlich.
Den einzelnen Stücken find gute Regelten vorangeftellt,
ein Regifter ift fchon diefem Band beigegeben. Ein Bild
Bonhominis in Lichtdruck (nach einem Vercellefer Porträt)
eröffnet das Ganze.

Straßburg i. E. Robert Holtzmann.

IlaitcidoiiovXov, Agyipccvögirov XgvOoOzöpovA., 'Iötoqi-
xal Mekttai. 'Ev 'legodoXv/eoig, Tvjtoyoacptiov rov Ieqov
xoivov rov üavayiov Tacpov 1906. (244 p.) 8° fr. 3 —

MxaXicvov, Arjp. Xipov, 'H ofioXoyia KvqIXXov rov Aov-
xäeeojg. 'Ev 'Adrjvaig, II. A. XaxeXXaQiog 1906. (32 p.)
gr. 80

Bekavtditbrov, Agog Ie^exirjX/O e&vofiaorvg TtaxQiäQXn1?
KvgiXXoq 6 Aovxagig. 'Ev 'AQrjvcug, II. A. XaxeXXagiog
1906. (24 p.) gr. 8°

Das zuerft genannte Werk enthält 13 felbftändige
Abhandlungen, die fich auf die Profan- und Kirchenge-
fchichte vom erften bis 16. Jahrhundert beziehen. Diesmal
fei es geblattet, befonders auf die beiden letzten hinzuweifen
, die von dem Patriarchen Kyrillos Lukaris handeln
. Daß der Verfaffer fich mit dem Problem befchäftigt,
das in der Perfon und in der Gefchichte diefes Mannes
fich uns darbietet, ift von dem Unterzeichneten in der
Anzeige der Nta Ximv Jahrgang 1906 diefer Zeitfchrift
Sp. 605/06 bemerkt. Das Wiederaufleben der ganzen Frage

! ift durch die Veröffentlichungen E. Legrands in feiner
! Bibliographie Hellenique des 17. Jahrhunderts über Kyrillos
Lukaris veranlaßt. Diefe fcheinen wie ein Blitz in
der griechifchen Kirche gewirkt zu haben. Zunächft
haben fich felbftverftändlich die griechifchen Theologen
aufgemacht, die Aufftellungen Legrands zu widerlegen.
Zu diefen gehört auch Papadopulos. Seine gute hiftorifche
und theologifche Bildung befähigt ihn auch, hier das Wort
I zu ergreifen. Er faßt das ganze Wirken des befehdeten
! Patriarchen unter dem Gefichtspunkte auf, daß Kyrill zur
1 Rettung der orthodoxen Kirche und des griechifchen
Volkes vor der Macht des Papftes und der lateinifchen
Kirche die Hülfe der Proteftanten gefucht habe. Wie
[ nahe auch die Beziehungen des Patriarchen zu diefen
gewefen feien, fo habe derfelbe doch feine Kirche
und ihre Lehre nicht verleugnet. Der erfte Auffatz des
Papadopulos in feiner oben genannten Sammlung führt
I nun den Titel: KvgiXXog o Aovxagig xcä rj ev Pojp.ii
eXXrjvixr] (SxoXrj rov ay. 'AOavaoiov (S. 207—233). Es ift
Legrand gewefen, der gleichfalls die Gefchichte des
Collegium graecum in Rom neu beleuchtet hat. Da fieht
man denn auch, wie hier gerade die fchlimmften Gegner
der orthodoxen Kirche erzogen find und zwar gerade
aus den Mitgliedern des griechifchen Volkes felbft, wie
z. B. S. Matth. Karyophilos und Petros Arkudios. Der
Verfaffer fchildert nun, wie Kyrillos Lukaris es gewefen
ift, der den Kampf gegen diefe Feinde befonders geführt
hat, bis er endlich als ein iXaOri'/gtov {Xvpa perfönlich
im Kampfe unterlag. Der Artikel ift auch durch die allgemeineren
Schilderungen des 16. und 17. Jahrhunderts
in der griechifchen Kirche ganz inftruktiv, obwohl er
nicht ganz viel Neues bietet. Übrigens kann man mit
dem Verfaffer im allgemeinen wohl einverftanden fein.

Schwieriger wird es dem Verfaffer, feine Apologie
des Lukaris durchzuführen in dem Thema: Xvpptruyy
KvglXXov rov Aovxagemq ev rfj peracpgaoei ri]g ayiag
ygacprjq. Es handelt fich um die Teilnahme des Patriarchen
an der 1638 in Genf erfchienenen Ausgabe des
Neuen Teftaments, die neben dem Urtext eine vulgär-
griechifche Überfetzung führt und von Kyrill bevorwortet
ifi Als Hauptüberfetzer gilt Maximos Kalliupolita, ein
Anhänger Kyrills. Mit gearbeitet hat auch Anton Leger.
Namentlich das von dem Patriarchen diefem Neuen Te-
ffamente mitgegebene Vorwort ifi den Orthodoxen ärgerlich
. Einige haben darum verfucht, es als unecht zu
erweifen. Papadopulos iff zu verfiändig, um das zu ver-
fuchen. Er fucht aber die in der Vorrede vorkommenden
, vom Standpunkte der griechifchen Kirche aus unbequemen
Worte Kyrills umzudeuten, und die Teilnahme
des Patriarchen an dem ganzen Werke daraus zu erklären,
daß er auch durch Verbreitung der Vulgär-Bibel im Volke
der katholifchen Propaganda entgegenwirken wollte, die
damals allerdings fehr ftark war. Er kann fich mit Recht
auch darauf berufen, wie viele zweifellos orthodoxe Theologen
der Zeit das Vulgärgriechifch für ihre religiöfen
Schriften benutzt haben. Aber es fpricht doch fehr gegen
ihn, daß die Bibel felbft ins Vulgärgriechifche zu überfetzen
nur in zwei Epochen von der Kirchenregierung in
Konftantinopel geftattet wurde. Beide Male waren es
Epochen großer Not, wo proteffantifche Mächte auch po-
litifch einen großen Einfluß in Konftantinopel hatten,
nämlich einmal eben im Zeitalter Kyrills, das zweite Mal
zur Zeit der Freiheitsbewegung im Anfange des 19. Jahrhunderts
. Sobald die Kirche wieder ihrer felbft Herr
wurde, hat fie Vulgär-Bibeln verboten. Es wird demnach
wohl richtiger fein, auch bei Kyrillos Lukaris weitergehenden
proteftantifchen Einfluß anzunehmen, der unter
anderem auch das Volk die Bibel felbft lefen laffen wollte.

Die beiden nach Papadopulos genannten Schriften
werden von mir in der Byzantinifchen Zeitfchrift angezeigt
. Darum will ich hier nicht weitläufiger auf ihren
I Inhalt eingehen. Nur das fei gefagt, daß Balanos, ein
Theolog, der über eine vollkommene deutfchc Bildung