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Ausgabe:

1907 Nr. 10

Spalte:

305-306

Autor/Hrsg.:

Sturmhoefel, Konrad

Titel/Untertitel:

Kurfürstin Anna von Sachsen. Ein politisches und sittengeschichtliches Lebensbild aus dem XVI. Jahrhundert 1907

Rezensent:

Holtzmann, Robert

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Seite 1

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305

Theologifche Literaturzeitung 1907 Nr. 10.

306

n, 7n s t der Ablaß für die Verftorbeuen haben, diefe in den Vordergrund zu fchieben. Wenn nur
K.G. S. 239t Zu S. 44- ö« a ,v„i Göllers Re- der Lefer auch mitkönnte!

taucht fchon 1457 auf nicht ^.^«ij" Kigen. Viel neues enthält das Buch nicht. Es ift aber gut

zenfion von Schult es Fugge rden Gott gel Anze g ^ fc amüfant fchrieben. In zwei, etwa

17905, 641 ff. S. 48 heißt es, daß Albrecüt v. wia gleichftarken Teilen wird das Material verarbeitet: Anna

als politifche Perfönlichkeit, Anna in ihrer landes- und
hausmütterlichen Tätigkeit. Das Bild im zweiten Teil
ift erfreulicher, wenngleich auch nicht fchlackenlos. Diefe

Papfte eine Kompofition von 10 000 Dukaten anbot,
falls er ihn in allen 3 Bistümern beftätige, und daß er
fich den Ablaß vom Papfte als Kompenlation dafür erbat
. Aber Schulte hat doch gerade gezeigt, daß feitens
der oäoftlichen finanziellen Räte fowohl die For- Partie bietet zudem kulturhiftonfch manches Interefiante.
derung der Kompofition geftellt als auch der Weg des Die neuere Literatur feit Webers grundlegender Arbeit
Abliffes nahegelegt wurde. (Vgl. auch Kalkoff im Archiv ift befriedigend herangezogen, foweit fie fich auf Annas
??! Gf? i Sl Zu S ab: Die katholifche An- | Perfon und die fächf.fche Landesgefchichte bezieht; hin-

1 fichtlich der allgemeineren Dinge, die namentlich im erften
Teil mit hineinfpielen, wären hingegen zahlreiche Aus-
ftellungen zu machen, die ich indeffen unterdrücke, da
Unwillkürlich ift die Anzeige wefentlich Debatte ge- I man für die allgemeine Gefchichte fich ja doch nicht
worden- es fei darum zum Schluß das Anregende der I nur oder in erfter Linie auf diefe Biographie ftutzen wird,
gut orientierenden Voiträge befonders betont. j Der Verlag hat das Buch recht fchön ausgeftattet, auch

fchauung ift die, daß Luther 1510/11 in Rom war, nach
der evangelifchen 1511/12, nicht umgekehrt, wie B. angibt
.

Gießen. Köhler.

Sturmhoefel, Konrad, Kurfürltin Anna von Sachfen. Ein

politifches und fittengefchichtliches Lebensbild aus
dem XVI. Jahrhundert. (Biographien bedeutender
Frauen. V.) Leipzig, E. Haberland (1906). (III, 300 S.
m. 3 Bildniffen.) gr. 8° M. 5—; geb. M. 6 —

Ob es wahr ift, was der Verf. diefes Buchs nach dem
Vorgang anderer fächfifcher Hiftoriker behauptet, daß
,Mutter Anna' und ihr Gemahl .Vater Auguft' noch heute
in der Erinnerung des fächfifchen Volkes lebendige Ge-
ftalten find, deren Walten ,durch mündliche Überlieferung
von Gefchlecht zu Gefchlecht' erhalten blieb (S. 3), vermag
ich nicht zu beurteilen. Dahingegen dürfte es feft-

drei hübfehe Porträts beigegeben: Anna und Auguft 1551
nach dem fächfifchen Hofmaler Krell fowie Anna 1564
nach dem jüngeren Cranach.

Straßburg i. E. Robert Holtzmann.

Nuntiaturberichte aus der Schweiz feit demConcil vonTrient,
nebft ergänzenden Aktenflücken. Erfte Abteilung. Die
Nuntiatur von Giovanni Francesco Bonhomini
1579—1581. Documente, I. Band: Aktenftücke zur Vor-
gefchichte der Nuntiatur 1570—1579. Die Nuntiaturberichte
Bonhomini's und feine Correfpondenz mit
Carlo Borromeo aus dem Jahre 1579. Bearbeitet von
Franz Steffens undHeinrich Reinhardt. Solothurn.

mag ich nicht zu beurteilen, uaningegen raunte es leu- Union jn Kommifüon 1906. (XXX, 762 S. m. 1 Bildflehen
, daß das Bild des Kurfürften Auguft von Sachfen 1 . , ■ , v '
(1553-86) und feiner Gemahlin Anna, der Tochter Chri- ni80 gr- M. 20-
ftians III. von Dänemark, die fich 1548 mit Auguft ver- Es ift bekannt, mit welchem Eifer man fich feit der
heiratete und ihm bis zu ihrem Tod 1585 eine treue j Erfchließung des Vatikanifchen Archivs durch Leo XIII.
Gattin blieb, je mehr fich der Forfcher den beiden nähert, an die Publikation der Nuntiaturberichte aus Deutfchland

um fo unfympathifcher wird. Auguft war ein brutaler,
felbftfüchtiger und befchränkter Fürft, dem die Beweg
lichkeit feines Bruders Moritz völlig fehlte. Anna

gemacht hat. Drei gelehrte Körperfchaften haben fich
den Stoff für das 16. Jahrhundert derart untereinander
aufgeteilt, daß die Jahre 1533—1559 und 1572— icSe,

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dem Gemahl im allgemeinen wohl überlegen, aber eine : durch das Preußifche Hiftorifche Inftitut in Rom, die
intrigante und nachtragende, dabei bigotte und aber- ■ Jahre 1560—1572 durch die Hiftorifche Kommiffion der
gläubige fowie trotz ihrer geiftigen Regfamkeit durchaus } Wiener Akademie, diejahre 1585—1590 durch die Görres-
kleinliche Natur. Womit die beiden am verhängnisvollffen Gefellfchaft bearbeitet werden; ja das Preußifche Inftitut
auf die deutfehe Gefchichte im allgemeinen und auf die . hat fich auch bereits dem 17. Jahrhundert zugewandt und
Gefchichte des Proteftantismus im befonderen eingewirkt j die Herausgabe der Berichte von 1628—1635 begonnen,
haben das ift das enge Bündnis mit dem habsburgifchen Neunzehn Bände find durch diefe Körperfchaften fchon
Kaifer'haus und der Sturz des Philippismus in Sachfen. veröffentlicht werden, davon allein dreizehn durch das
Hierin haben fie die Richtlinien für die unheilvolle kur- Preußifche Inftitut. Dem großen Sammelwerk für Deutfch-
fächfifche Politik der folgenden Zeit gewiefen. Und wenn land tritt mit dem vorliegenden Band ein Privatunter-
man den Sturz des Philippismus vielleicht durch Hinweis nehmen für die Schweiz zur Seite, das, nach dem Überauf
die perfönliche rcligiöfe Überzeugung oder Stimmung titel zu fchließen, die fämtlichen Nuntiaturberichte aus
des kurfurftlichen Paares zu entfchuldigen verfuchen kann, der Schweiz feit Errichtung der fogenannten tridentini-
fo bleibt doch fchlechterdings ohne Entfchuldigung und ■ fchen (weil die Durchführung der Bcfchlüffe des Triden-
menfchliche Erklärung die gehäffige, fcheußliche Art, mit | tinums bezweckenden) Nuntiatur im J. 1579 herausgeben
der die beiden, und zwar, wie es fcheint, infonderheit will, freilich in feiner Zukunft noch nicht ebenfo gefichert
Anna, die Häupter der geftürzten Partei, namentlich j erfcheint wie die Nuntiaturberichte aus Deutfchland. Die
Peuce'r und Cracow, hochangefehene Leute und lang- ,erfte Abteilung' der neuen Nuntiaturberichte aus der
jährige treue Diener ihres Herrn, verfolgt und gepeinigt Schweiz foll die Nuntiatur Bonhominis 1579—1581 bringen
haben. Hier öffnet fich vor uns ein Abgrund von fee- j und ift auf drei Bände berechnet: den vorliegenden erften
lifcher' Roheit. ! ^and der .Dokumente', dem ein zweiter (1580—81) folgen

Diefe Dinge werden auch von dem Verf. der vor- , wird, und einen Band .Einleitung', der die Texte erft
liegenden Lebensbefchreibung keineswegs verfchwiegen, richtig fruchtbar machen und u. a. das gefamte kirchlich-
fondern im Gegenteil an ihrem Ort ausfuhrlich und ohne 1 religiöfe Leben der katholifchen Schweiz in den Bereich
Nachficht vorgetragen. Nichtsdeftoweniger hat Sturm- der Darftellung ziehen will. Mögen die beiden mutDen
hoefel — ähnlich wie fchon 1865 fein Vorgänger Karl v. Herausgeber auch künftig die Unterftützung der drei
Weber — fein Buch auf einen Ton geftimmt, der nicht Schweizer Vereine finden, die ihnen die Herausgabe des
mehr recht paffen will. Gewiß, es gab auch andere, vorliegenden Bandes ermöglicht hat! Man hat da und
erfreulichere Seiten im Wefen der vielgefchältigen Anna, i dort über die große Ausführlichkeit und die minutiöfe
die in der Sorge um Hof und Land fich mancherlei Ver- Edition der Nuntiaturberichte aus Deutfchland etwas die
dienfte erworben hat, und der Biograph mag ein Recht ! Nafe gerümpft. Das ift nicht fchwer. Aber im ganzen