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Ausgabe:

1907 Nr. 9

Spalte:

268-269

Autor/Hrsg.:

Funk, Franz Xaver (Hrsg.)

Titel/Untertitel:

Die apostolischen Väter. 2., verb. Aufl. (Sammlung ausgewählter kirchen- und dogmengeschichtlicher Quellenschriften, hrsg. v. G. Krüger. Zweite Reihe. Erstes Heft.) 1907

Rezensent:

Knopf, Rudolf

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267

Theologifche Literaturzeitung 1907 Nr. 9.

268

Phil. 3 8—11 (Verbindung von objektiver und fubjektiver
Gerechtigkeit), Rom. 613, Gab 2 15-21 (der juridifche Rf.-
Begriff unter ausdrücklichem Einfchluß der ethifchen
Konfequenz), Rom. 8 1 ff. An Rom. 3 21—26 wird nach-
gewiefen, daß Rf. die stlrjQcoöiq des Gedankens der
Sündenvergebung ift, infofern diefe eine Austilgung der
Sünde felbft bedeutet. — Die rechtvaardigheid gods bei
P. ftellt fo die Synthefe eines tranfzendenten und eines
immanenten Elementes dar, die dem AT. nicht erreichbar
ift. — IV. erörtert das Verhältnis des Paulus zu
den Synoptikern. .Kein wefentlicher Unterfchied
zwifchen P. und Chriftus'. Die ßaöilda, gegenüber dem
Täufer mehr gegenwärtig, nicht fo fpirituell (?), hat die
ui'iOxiq zur Eintrittsbedingung, wirkt pezävoia und auf
Grund davon öixaioOvvn. Der Rf.-Gedanke des P. fetzt
überall den der ßadilCia voraus: Gott kann rechtfertigen,
weil er König ift. Auch bei ihm ift die überwiegend
zukünftige ß. fchon jetzt gegenwärtig. Das Sterben mit
Chriftus entfpricht der (lexavoia. Endlich läuft auch bei
den Synoptikern alles auf den im Hintergrund der Gedanken
Jefu flehenden Opferbegriff heraus, vgl. Mc. 10 45
(avzi = locd) und das A-Mahl, deffen treffende Erklärung
P. gibt. Die Syn. geben Gefchichte, P. Theorie — aber
fie widerfprechen fich nicht — bij beiden is het offer van
Christus het een en het al. — Im Schlußteil (V): Paulus
und Reformation, wird feftgeftellt, daß die Voraus-

fymboldche Faffung der Taufe (Myfterien!), die ver-
fchiedene Deutung von xaxallaooeiv Rom. 5 10 (S. 123)
von der individuellen und der allgemeinen Verföhnung,
die abfchleifende Wiedergabe von xazvQZiOUEVoq 9 22 mit
,reif für', die Definition des Glaubens bei P. S. 155 als
,ein Auffehen des Menfchen auf Gott mit der Bitte: Herr,
du kannft mich retten, rette mich!' Unerlaubt fcheint
mir die Konftatierung eines ethifchen Elements in ävä-
özaöiq Phil. 310: wieder eine Vermifchung von Vorgang
und Konfequenz! Rom. 3 24 wird sv zw avzov a'ifiazi fehr
gekünftelt auf das Sterben mit Chr. bezogen. Die Etymologie
von 1BD S. 183 von 1BD pi. bedecken ift veraltet
(Stade, BThAT I. 167). Ob fich die öixaioOvvn Rom. 3
21. 22. 25 allemal als die G. faffen läßt, die Gott fchenkt,
ift fraglich. Am angreifbarften ift die ganze Paulinifierung
Jefu in IV., obwohl fie einem berechtigten Gegenfatz
gegen gewiffe Schroffheiten der Exegefe entflammen mag.
Wohl werden wir ein viel deutlicheres Vorliegen des
Opfergedankens bei Jefus behaupten müffen, aber alles
das fchaftt doch die Tatfache nicht aus der Welt, daß
diefe beherrfchende theologifche Idee des P. bei Jefus
doch höchftens als religiofer Nerv ganz andersartiger
Formulierungen eine Rolle fpielt. Dem Verhältnis der
Reformation zu Paulus aber wird man doch nur dann
gerecht, wenn man nicht überfieht, daß fie doch nur
einen Strang des großen Gewebes paulinifcher Gedanken

fetzung der Lehre von der iustitia imputata, die abfolute j aufgreift und ausbildet und das wieder in eigener Frage-

ftellung aus ganz andrer Lage heraus.

Trotz alledem dürfen wir dem Vf. für feine gründliche
und fehr lesbare Gabe dankbar fein.

Lobberich. Alfred Zilleffen.

Die apostolitchen Väter herausgegeben von F. X. Funk.
Zweite, verbefferte Auflage. (Sammlung ausgewählter
kirchen- und dogmengefchichtlicher Quellenfchriften,
herausgegeben von G. Krüger. Zweite Reihe. Erltes
Heft.) Tübingen, J. C. B. Mohr 1906. (XXXVI, 252 S.)
gr. 8° M. 1.50; kart. M. 1.90; geb, M. 2.20

Die I. Auflage der Apollolifchen Väter von Funk
hat Jülicher in diefer Zeitfchrift (Jahrg. 1903, 48 f.) fehr
anerkennend befprochen. Die zweite Auflage ift im Text
der erften wefentlich gleich geblieben. Doch eine neuere
Arbeit und einige neuere Funde waren für F. die Veran-
laffung, in zwei Stücken Textänderungen vorzunehmen.
Er gewährt einigen Emendationen von E. Schwartz (De
Pionio et Polycarpo 1905) Aufnahme in den Text des
Polykarpmartyriums. Ferner hat der Text des Hermas
durch die bekannten neuerdings aufgefundenen Fragmente
der koptifchen und der manichäifchen Überlieferung
einige Verbefferungen erfahren können.

Das Verzeichnis von Stellen des NT. wurde von
F. revidiert und vermehrt; nicht nur die wirklichen Zitate
P. herzuftellen. Gewiß liegt in feinem ftarken Mitfprechen- I werden gebracht, fondern auch die Parallelen. The N. T.
laffen des religiöfen Denkers ein nützliches Korrektiv i in the Apostolic Fathers (Oxford 1905; vgl. Theol. Lit-
gegen den die Ünterfchiede leicht verzerrenden Hiftoris- j Zeitg. 1906, 246 ff.) gab Anlaß zu Bereicherung und Glie-
mus. Aber modernifiert wird fowohl Paulus als Jefus. derung der Stellenfammlung am untern Rand und im

Verbindlichkeit des Gefetzes, zur ganzen Bibel und der
Predigt Jefu ftimmt. Die Form der Lehre fei wegen ihrer
Verwechflung merkantiler und juriftifcher Begriffe im
Gedanken der Schuldübernahme unhaltbar, fodann weil
fie das Verhältnis zu Gott in Rechtskategorien denke.
Paulus verbinde durch Aufnahme der fiexavoia = Willensvereinigung
zwifchen Gott und Menfch das in der refor-
matorifchen Theologie auseinanderklaffende ethifche und
juridifche Element. Darin liegt feine Überlegenheit.
Eins ift er mit der Reformation in der beherrfchenden
religiöfen Intereffiertheit, der Betonung des ,Objektiven'
in der Rechtfertigung.

Ich habe den Eindruck, als habe der fcharfdenkende
und unbefangene Vf. zweierlei nicht auseinander gehalten.
Der religiöfe Denker wird in tiefdringender und weitgreifender
Zufammenfchau die eigene innere religiöfe Einheit
der NT. Typen und ihre gegenfeitige Zufammen-
gehörigkeit nachweifen, indem er aus den verfchiedenen
Denkformen den verwandten religiöfen Kern herausftellt.
Der Religionshiftoriker wird aufs peinlichfte jedem
Typus feinen Charakter wahren und auf den ganzen
Unterfchied den Finger legen. G. verflicht beides zugleich
zu tun und wird darum feiner eigentlichen, hiftorifchen
Aufgabe nicht gerecht. Dies zeigt fich in feinem Verfahren
, korrelate Begriffe ohne weiteres zu identifizieren.
Auf diefe Weife ift es leicht, einen völlig einheitlichen
Paulus und vollfte Harmonie zwifchen Synoptikern und

Auch übertreibt er den an fich nicht unrichtigen Satz,
P. wurzle nicht im Pharifäismus, fondern im AT., nicht
im Judaismus, fondern im Israelitismus. Viel mehr würde
Jefus fo zu charakterifieren fein.

Das oben gerügte Verfahren zeigt fich z. B. gleich
im Anfang in der Identifikation von vexgöq und
a&Eoq, öixaiovv und £wojroiovv. Ich nenne noch eine
Reihe Ausftellungen, die ich an den fonft vielfach guten
und treffenden Erörterungen zu machen hätte: Die Faffung

Anhang.

Die meiften Änderungen weift die Einleitung auf.
Ganze Abfchnitte, wie der über die Didache, haben ein-
fchneidende Überarbeitung erfahren, viele Änderungen
in Kleinigkeiten finden fich allenthalben in der Einleitung,
neuere Erfcheinungen find berückfichtigt. Doch find die
Änderungen im ganzen nur folche der Faffung und Stoffordnung
. An der wohl erwogenen Löfung der literarifchen
Probleme felber hat F. der 1. Aufl. gegenüber wenig zu

der avofioi Rom. 2 12 als Juden und Heiden, des xgiveiv ändern gehabt. Nur wird der Barn.-Brief jetzt fchärfcr

als vox media; die Beziehung des stgoyziaoäfiEd-a Rom. 39
auf die frühere Predigt des P.; öixaiovv = xazaMäaoeiv;
9-avazoq = xazäxgiua, was den verkehrten Schluß ergibt:

datiert und um die Jahrhundertwende angeletzt.

Weggefallen ift die lateinifche Faffung der Kolumnen-
überfchriften, der Bogennormen, der Abkürzungen im

das xazaxgifia ift Urfache der Sünde und, daß die Sünde j Stellenverzeichnis, des Stellenindex am Schluß. Das
durch den Tod geherrfcht. Angreifbar ift die rein ! ganze Beiwerk des Buches, das den Text umrahmt, ift