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Ausgabe: | 1907 Nr. 7 |
Spalte: | 199-200 |
Autor/Hrsg.: | Bartmann, Bernhard |
Titel/Untertitel: | Das Himmelreich und sein König nach den Synoptikern biblisch-dogmatisch dargestellt 1907 |
Rezensent: | Holtzmann, Heinrich Julius |
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Theologifche Literaturzeitung 1907 Nr. 7.
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Endergebniffe an, wie fie im fünften Vortrag zufammen- ; lieh vielen Fleiß darauf verwendet hat, den Aufftellungen
geftellt find, darauf hinauslaufend, daß die Differenz [ und Inftanzen der ,Kritik' gerecht zu werden. Obgleich
zwifchen den Synoptikern bezüglich ihrer hiftorifchen '< der Unterzeichnete neben Loify das eigentliche Stich-
Brauchbarkeit eine nur graduelle ift und alle uns noch } blatt der Polemik bildet (nach S. 67 ,hat er feine Freude
zu Gebote flehende Überlieferung über Jefus ,alte Ge- J am Zerreißen'), merkt man doch an der Art der Frage-
fchichte und neuen Glauben in unlösbarer Vereinigung' ftellung gute Bekanntfchaft mit dem ,Lehrbuch der
aufweift (S. 70).
Baden. H. Holtzmann.
Neuteftamentlichen Theologie'. Infonderheit ift erfreulich
wahrzunehmen die durchgängige Vorausfetzung zweier
verfchieden gefärbter Perioden im öffentlichen Wirken
Jefu. Erft in der zweiten tritt der Meffianismus hervor
Bartmann, Prof. Dr. theol. Bernhard, Das Himmelreich und (S. 78 f.), und zwar in der Form des Menfchenfohnge-
fein König nach den Synoptikern biblifch-dogmatifch I dankens. Der diefem gewidmete Abfchnitt (S. 85—107)
dargeftellt. Paderborn, F. Schöningh 1906. (VII, ! £dl* d,as Beachtenswertefte im ganzen Buche dar.
0 tut treffend wird abgewiefen, was dann an Schwache,
158 S.) gr. 8» M. 3— | Niedrigkeit u. dgl. erinnern follte (S. 89 f. 98), wobei fich
Der Profeffor der katholichen Dogrnatik in Paderborn ] der Verf. felblt durch die patriftifche Deutung auf die
befchenkt uns mit einem Werk, daran man auch im kirch- i Menfchennatur nicht ftören läßt (S. 97); richtig ferner
lieh befeftigtften Lager des Proteftantismus feine Freude nicht bloß die danielifche Herkunft des terminus (S. 92 f.),
haben kann. Das bifchöflicheGeneral-Vikariat zu Paderborn ; fondern im Zufammenhang mit dem apokalyptifchen Ur-
hat die Drucklegung geftattet, und der Inhalt ift in der 1 fprung auch der eschatologifche Hintergrund diefer Selbft-
Tat fo einwandfrei, daß das benachbarte weftfälifche Kon- j bezeichnung, die Beziehung auf den Christus futurus be-
fiftorium, wenn es in der Lage gewefen wäre, ihm feiner- ! hauptet (S. 106) und damit das Leiden als Durchgangs-
feits diefelbe Paßfreiheit kaum verweigert hätte. ,Mit Rück- j punkt in Verbindung gefetzt (S. 95 f.).
Baden. H. Holtzmann.
ficht auf moderne Kontroverfen befchränken wir uns auf die
Synoptiker' (S. IV). Wer die Schriften Kunzes, Schäders,
Lütgerts u. a. kennt, weiß, daß man jetzt auch proteftan-
tifcherfeits des Johannes gar nicht mehr bedarf, um die ! Holfcher, Priv.-Doz. Lic. Dr. Guftav, Der Sadduzäismus.
biblifche Chriftologie mit derjenigen der ökumenifchen | Eine kritifche Unterfuchung zur fpäteren jüdifchen
Symbole in Harmonie zu bringen. Gerade wie hier (S. 153 9, j Rdigionsgefchichte. Leipzig, J. C. Hinrichs'fche Buchnimmt
auch bei jenen Jefus denfelben Glauben wie für , ° - f .,ö, on
Gott auch für fleh felbft in Anfpruch. Aber auch be- | handlung 1906. (IV, 116 S.) gr. 8« M. 2.80
züglich des andern Themas vorliegender Abhandlung j Es ift nicht unnütz, wenn wiffenfehaftliche Refultate,
konftatiert der Verf. Ubereinftimmung der katholifchen j die gefichert Rheinen und es auch wirklich find, von
und der proteftantifch-orthodoxen Theologie in der Auf- | Zeit zu Zeit einer Feuerprobe unterworfen werden,
faffung des diesfeitigen und gegenwärtigen Charakters des | Diefen Dienft Lüftet Hölfchers Unterfuchung der feit
von Chriftus gepredigten Gottesreiches (S. 4), wofür die 1 Geiger allgemein angenommenen Anficht, daß die Sad-
gewichtigften Gründe den Gleichniffen entnommen werden dueäer die Partei der vornehmen und weltlich gerichteten
(S. 16 f.). Daraus refultiert fofort die Dringlichkeit der 1 Priefterfchaft find. Diefe Meinung foll nur auf einer
Frage nach der konkreten Gegenwartsform des Reiches. unkritifchen Benützung der Quellen beruhen. Eine
Sie wird, wie zu erwarten, nach Matth. 16 17 f. 18 15f. j ,kritifche Unterfuchung', wie Hölfcher fie gibt, führe zu
in der Kirche gefunden (S. 32 f. 4*1 f.). Die proteftan- | ganz andern Refultaten.
tifche Orthodoxie fei im Recht, wenn fie gegen Ich verfuche zunächft, den Beweisgang der mit voller
die ,Machtfprüche' der Kritik an der Gefchichtlich- ; Beherrfchung des Materiales und methodifchem Gefchick
keit diefer Stellen fefthält, im Unrecht freilich mit ihrer I geführten Unterfuchung zu fkizzieren.
mangelhaften Auslegung derfelben. Beweifen fie doch ] Abfchnitt I: ,Das Wefen des Sadducäismus' (S. 2
im Verein mit Joh. 20 22 f. geradezu die Stiftung des 1 —36) fetzt mit Jofephus ein und geht dann zum Neuen
Bußfakramentes (S. 49) durch denfelben Chriftus, der ! Teftament und zur rabbinifchen Literatur über. Alle
in der Stiftung der Euchariftie feiner Kirche den ,reich- i drei Quellen geben im Wefentlichen diefelbe Charakte-
haltigften Kultus, den die Religionsgefchichte kennt', mit- J riftik. Die Sadducäer find die Männer der Aufklärung,
gab (S. 51 f.), um ihr einen ganz vollkommenen Kultus
,im Geift und in der Wahrheit' allerdings erft für die Helleniften vor der makkabäifchen Erhebung waren
letzte Zukunft in Ausficht zu ftellen (S. 56 f.). Sie leugnen die göttliche Vorfehung, fie leugnen die
in der römifch-herodianifchen Zeit dasfelbe, was die
Auferftehung, fie find gleichgültig gegen das Gefetz. Sie
rütteln alfo an den zentralen Glaubensartikeln des Judentums
und werden darum nicht nur im Neuen Teftament
und der rabbinifchen Literatur, fondern auch von
dem Pharifäer Jofephus aufs Ungünftigfte beurteilt,
über ,das meflianifche Bewußtfein Jefu'noch nicht gekannt | Mit diefem Refultat wird an die Unterfuchung in
zu haben. Ich hätte darin das richtige katholifche Gegen- | Abfchnitt II ,Sadducäismus und Hoheprieftertum' (S. 37
Auf den nur zeitweilig eingetretenen Diffenfus zwifchen
katholifchem und proteftantifchem Dogmatismus folgt im
zweiten, dem Meffianismus Jefu geltenden Teil (S.70—158)
ein um fo vollftändiger Konfenfus. Ich bedauere lebhaft,
diefe Ausführung bei Veröffentlichung meiner Schrift
ftück zur Verdeutlichung meiner Gedanken gefunden. Bei-
fpielsweife hält fie fich an der entfeheidenden Stelle an
die tendenziöfe Redaktion Mt. 16 13 f., wobei gelegentlich
das grobe Mißverftändnis zutage tritt, man habe im vulgären
Judentum mit dem Namen Menfchenfohn ,den Begriff
eines Propheten' verbunden (S. 76). Ganz in Ubereinftimmung
mit unferer proteftantifchen Orthodoxie wird
84) herangetreten, indem wiederum die drei Haupt-
quellen: Jofephus, Neues Teftament, rabbinifche Literatur
nacheinander befragt werden. Für die Unterfuchung
der Nachrichten des Jofephus ift das ungünftige Urteil
desfelben über den Sadducäismus der leitende Maßftab.
Männer, über welche Jofephus etwas Günftiges fagt, können
nicht Sadducäer gewefen fein. Diefer Satz wird
aus Jefu Rückgriff auf Pf. HO 1 feine Präexiftenz und j mit erfchreckender Konfequenz gehandhabt. Dabei fucht
Gottheit erfchloffen (S. 81 f.), wird die Ablehnung des ; Hölfcher nun mit Scharffinn eine ,doppelte Tradition'
Prädikates ,Gut' mit wenigen Redensarten befeitigt im Jofephus in der Beurteilung der Hohenprie-
(S. 150) und die Gottesfohnfehaft Jefu als ein ,Naturver- fter nachzuweifen. Im Bell. Jud. urteile er durchweg
hältnis' gefaßt (S. 112 f. 125. 131. 152). günftig über die Hohenpriefter, in den Antiquitates viel-
Gleichwohl muß anerkannt werden, daß der Verf. | fach ungünftig. Frappierend ift der Gegenfatz in der
feine Aufgabe nicht leicht genommen, daß er nament- I Tat in der Beurteilung des jüngern Ananos, des Sohnes