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Ausgabe:

1907 Nr. 6

Spalte:

182-183

Autor/Hrsg.:

Labanca, Baldassare

Titel/Untertitel:

Die Zukunft des Papsttums. Historisch-kritische Studie 1907

Rezensent:

Bruckner, Albert

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181 Theologifche Literaturzeitung 1907 Nr. 6. 182

die nicht methodiftifch-kirchlich find' unterfucht d. h.
feine Beziehung zur Gemeinfchaftsbewegung, zur deutfchen
Allianz, fein Verhältnis zu der Heilsarmee, zur Zeltmiffion
(feit 1902). Ein .Überblick und Ausblick' fchließt die
lehrreiche Schrift, die ich als eine vortreffliche Einführung
in das Verffändnis des Methodismus empfehlen kann.
Die tatfächliche Orientierung über die Verhältniffe der
Gegenwart macht den Eindruck großer Zuverläffigkeit,
und das gefunde und unbefangene Urteil des Verf. betätigt
fich ebenfo in der kritifchen Würdigung des Methodismus
wie in der Anerkennung der Schwächen des
Landeskirchentums, in denen er die Anknüpfungspunkte
für fein rühriges und erfolgreiches Wirken findet.
Marburg i. Heffen. Carl Mirbt.

feiten des Charakters betont werden und die Kritik
zurücktritt, während fie auch ihrerfeits wohl etwas zu
Tagen hätte. Aber unkritifch ift Vf. doch nicht verfahren.
Die Sätze über Erdmanns theologifche Entwicklung
S. 122 ff., über feine Dozententätigkeit S. 127 (hier ift das
Urteil eines Zuhörers wiedergegeben, das den Profeffor
als warmen Chriften, fleißigen Gelehrten und väterlichen
Freund würdigt), über feine Stellung im Konfiftorium
S. 280 (hier hätte man dringend mehr gewünfcht), über
die Schreibweife feiner Bücher S. 347 bezeugen die objektive
Urteilsweife des Vf. Nicht erfchöpfend erfcheinen
die Darlegungen über das Verhältnis zu den Paftoren
S. 212 und über die Predigtweife S. 132.

Der kirchliche und theologifche Standpunkt des
Biographen deckt fich nahezu mit demjenigen Erdmanns.
Das ift ficherlich für das Buch fehr nützlich gewefen.
(Erd mann, Dr. D.David.) Aus einem reichen Leben. Blätter Aber vielleicht hätte doch der fpäter fchreibende Biograph
der Erinnerung an Dr. D. David Erdmann, Generalfu- kirchliche und theologifche Urteile der behandelten Per-
perintendent von Schieben. Von P. Dr. Eberlein, fönlichkeit zuweilen vorfichtiger aufnehmen follen. Die
d ,. ,vt aQ.-, cm so Urteile z. B. über die Mittelpartei auf der Generalfynode

Berlin, M. Vvarneck 1907. (XI 483J-) « j l8?s fmd uark parteimäßig gefärbt (S. 232); in der Er-

M. 4 , geD. 1.5 ; zahiur)g des ernften Gefangbuchftreits in den 1860er
D. Dr. David Erdmann, geb. 1821 als kleiner Leute j Jahren (S. 240ff.) ift Licht und Schatten kaum ganz richtig
Kind wurde Divifionspfarrer, Privatdozent in Berlin, ; verteilt; und während die fchlefifchen Liberalen eine im
ordentlicher Profeffor der Theologie zu Königsberg und allgemeinen fehr gerechte Würdigung erfahren (S. 275 f.),
fchließlich Generalfuperintendent von Schienen. Letzteres [ finden fich allgemeine Urteile über die freiere Theologie —
Amt bekleidete er von 1864—19OO. Eine Reihe wiffen- j Urteile Erdmanns, die der Vf. aber fich anzueignen
fchaftlicher Arbeiten hat feinen Namen bekannt gemacht; 1 fcheint —, welche allzufehr aus der Erregung augen-

als Generalfuperintendent während 36 Jahren ift er in
Schienen vielen und nicht bloß Paftoren nahegekommen.
So rechtfertigt es der Wunfeh der ihm fich verbunden
Fehlenden durchaus, daß eine Schilderung feines Lebens
gegeben wurde. Ihr Verfaffer war als Hauslehrer in Erdmanns
Haus und blieb der Familie dann zeitlebens be-

blicklicher Kampfesftimmung geboren find, als daß fie
ein objektives Recht für fich in Anfpruch nehmen dürften
(S. 244 ff.).

Über die Einteilung des Stoffes kann man manchmal
anderer Meinung fein als der Vf. Aber das find Nebenfragen
. Wichtig dagegen ift, daß das Buch außerordent-

freundtt; ihm wurden Briefe und mancherlei Aufzeich- lieh lesbar gefchrieben ift. Keine Umftändlichkeit des

nungen mitgeteilt, die — ohne befonders reichliches
Material zu bieten — doch eine ausführliche Lebensfkizze
ermöglichten.

E. hat dabei mit Recht den rein perfönlichen Weg
eingefchlagen. Für die mehr fachliche Methode der Zeichnung
eines Lebens auf breitem Hintergrund war Erdmanns
Leben nicht bedeutfam genug. Nur bei der Gefchichte

Stils, keine Schwerfälligkeit des Ausdrucks; alles glatt
und alles frifch. Für feinen Zweck wird das dem Werk
fehr zuftatten kommen. Es handelt fich ja nicht um ein
Memoirenwerk, welches der Kirchenhiftoriker auszunutzen
hätte; es handelt fich um Belebung und Erhaltung der
perfönlichen Erinnerung an einen Mann, der lange Zeit
in der fchlefifchen Kirche auf leitendem Poften ftand, der

der Königsberger Univerfität und der fchlefifchen Kirche ; ganze Generationen von Kandidaten geprüft hat mit
tritt das Sachliche in den Vordergrund; hier aber hatte ! dem zahllofe Paftoren zu tun gehabt, der auf zahlreichen
es, weil in zu lofer Verbindung mit der Perfon, kaum J Reifen die fchlefifche Kirche repräfentiert hat, den viele
das Recht auf den breiten Raum, den es einnimmt. Von j verehrt haben. Er war keine bahnbrechende Persönlich,
dem Perfönlichen aber ift nichts vergehen: jede Periode, keit, kein Mann von weitreichendem, beftimmendem Ein

ja viele Epifoden des Lebens find befchrieben, die
wiffenfehaftliche Arbeit ilt ausführlich gewürdigt, alle
einzelnen Seiten der Amtstätigkeit kommen zu ihrem

fluß, kein Vertreter originaler Gedankenreihen. Aber er
war ein tüchtiger, warmherziger, treuer Arbeiter an
hervorragender Stelle; und fein Gedächtnis bei den

Recht. Freilich, nur feiten find die ganz konkreten, in- j vielen zu erneuen, die ihn gekannt, war eine nützliche
dividuellen, kleinen und feinen Einzelzüge, die fo oft | Aufgabe, für deren Erfüllung Eberlein ficher mannig-
einer Selbftbiographie einen intimen Reiz geben; dafür : fachen Dank erfahren wird.

ftand das nötige Material nicht zu Gebot. Einzelheiten
fehlen auch für die konfiftoriale Arbeit; und das ift fchade.
Manches kirchliche Ereignis in Schlehen hätte fo können
beleuchtet werden. Aber fo kurz nach Erdmanns Tod
war natürlich Einficht in die Akten nicht zu erlangen

Breslau. M. Schian.

Labanca, Prof. Baldaffare, Die Zukunft des Papfttums. Hi-

ftorifch-kritifche Studie. Autorifierte Überfetzung von
Man hat bei der Lektüre oft den Eindruck daß jemanff Maria s „ Tübi j c ß Mohr ß *

Erdmanns öffenthcheTatigkeit aufmerkfam beobachtet ---

hat, aus ganzen Partien des Buchs nicht fehr viel neues erfahren
kann. Aber das lag eben am Quellenmangel. Eine

128 S.) gr. 80 M. 1.50

Die Frage nach der Zukunft des Papfttums ift gegen-

Ausnahme bildet übrigens z. B. der ausführliche Bericht | wärtig von fo aktuellem Intereffe, daß das Buch 'von
über eine recht deutliche Unterredung des alten Kaifers { Labanca in der trefflichen Überfetzung der Maria Seil
Wilhelm mit dem Breslauer Fürftbifchof Herzog aus Anlaß j von vornherein auf viele dankbare Lefer rechnen darf,
desfog. Schweidnitzer Mifchehenproklamas 1882 (S. 180 ff). [ und dies um fo mehr, als es der Feder eines Mannes
Die Quelle ift nicht angegeben; aber wir dürfen wohl an entflammt, der der römifchen Kirche durchaus frei gegeneigenhändige
Aufzeichnungen Erdmanns, der die Unter- überfteht, fich aber trotz der eindringenden Kenntnis ihrer
redung mit anhörte, denken. vielen Fehler und Schwächen doch fo viele Anhäncdich-

Das Bild der Perfönlichkeit herauszuarbeiten, hat Vf. keit an fie bewahrt hat, daß er auch vom Papfttum
fich redlich angelegen fein laffen. Daß Liebe und Ver- freilich nur von einem gereinigten Papfttum fich noch
ehrung ihm die Feder gefuhrt, ergibt fich aus der Wärme ; einen großen fegensreichen Einfluß auf die Zukunft der
der Schilderung, manchmal auch aus der Art, wie Licht- l Völkerwelt verfpricht.