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Ausgabe:

1906 Nr. 5

Spalte:

155-156

Autor/Hrsg.:

Lüttgert, G.

Titel/Untertitel:

Evangelisches Kirchenrecht in Rheinland und Westfalen 1906

Rezensent:

Frantz, Adolf

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155 Theologifche Literaturzeitung 1906 Nr. 5. 156

Wicklungen der beiden Dogmen vor Augen führen. Um
feiner Lefer willen fchlägt Kr. keinen geraden Weg ein;
immer einmal wieder bleibt er flehen und verweilt bei
Perfonen und gefchichtlichen Gefamterfcheinungen, die
zum Verftändnis des Ganzen notwendig find. Aber immer
wiederkehrt er fichernach folchen bewußt vorgenommenen
Abfchweifungen auf feine Bahn zurück. Wenn ich etwas
anders wünfchen möchte, fo wäre es eine noch ftärkere
Herausarbeitung der religiös-pfychologifchen Motivierung
der ganzen dogmatifchen Entwicklung, auch auf Koften
der oft fehr gründlichen und genauen Darftellung des rein
Gefchichtlichen; denn ich meine, es kommt vor allem
darauf an, den Lefern klar zu machen, daß, was jetzt
Unfinn ift, einft Vernunft, was Plage, einft Wohltat war.
Die ganze Anlage des Buches, die Höhe und Weite der
Interefien macht es wohl nur für theologifch oder wenig-
ftens gefchichtlich fehr gut unterrichtete und intereffierte
Lefer brauchbar. Denn es will im Unterfchied von den
anderen genannten Büchern nicht gelefen, fondern ftudiert
und gründlich ftudiert fein. Wer aber dazu Zeit und
Neigung hat, dem wird es vortreffliche Dienfte tun. Das
ift wohl die Aufgabe der ,Lebensfragen' im Unterfchied
von den anderen Sammlungen, hauptfächlich der oberften
Bildungsftufe der religiös intereffierten nicht-theologifchen
Welt in einer ganz und gar objektiven Weife gründliche
Auskunft über die Fragen des Lebens und der Gefchichte
zu geben.

Mit einer Bemerkung allgemeiner Art will ich fchließen.
Vier Sammlungen folcher apologetifcher Literatur haben
wir, die, wie ich gezeigt habe, auf die verfchiedenen Bil-
dungsftufen rechnen. Ift das nicht ein Zeichen, das einem
Mut und Zutrauen machen kann? Manchmal fragt man
fich, wer denn diefe Schriften alle kauft. Daß fie zu gehen
fcheinen, ift aber ebenfo, wie ein Kennzeichen des Fort-
fchrittes, eine Mahnung, daß wir endlich lernen, immer
beffer lernen follen, unfere fauer erkämpften Erkenntniffe
fo von uns zu geben, daß uns auch jeder verftehen kann,
der nach ihnen fragt.

Heidelberg. Niebergall.

Lüttgert, Konfift.-Rat Dr. jur. G., Evangelifches Kirchenrecht
in Rheinland und Weftfalen. Gütersloh, C. Bertelsmann
1905. (XIV, 868 S.) gr. 8° M. 14 —; geb. M. 16 —

Es ift ein äußerft dankenswertes Unternehmen des
Verfaffers, wenn er in dem vorliegenden Werke das
rheinifch-weftfälifche evangelifche Kirchenrecht einer um-
faffenden Darfteilung unterzieht. Nachdem er in einer
kurzen Einleitung einige allgemeine Begriffe des evange-
lifchen Kirchenrechts erörtert hat, gibt er zunächft in
einem hiftorifchen Teile eine provinzialkirchliche Ver-
faffungsgefchichte (S. 32—149) und geht dann zu der
den Schwerpunkt feiner Arbeit bildenden Behandlung
des geltenden Rechts über, bei welcher er aber durchweg
die hiftorifche Entwickelung berückfichtigt. Mit gutem
Grunde hat er es vermieden, dem Buche die Geftalt
eines Kommentars der Kirchenordnung und der fonftigen
in Betracht kommenden Beftimmungen zu geben, fich
vielmehr für die Form eines Lehrbuchs entfchieden, wodurch
die Überfichtlichkeit und praktifche Verwendbarkeit
ganz wefentlich erhöht wird. Das umfangreiche
Werk bietet eine Fülle von Material mit zahlreichen
Literaturnachweifen und bringt namentlich in großer
Vollftändigkeit alle irgendwie bemerkenswerten behördlichen
Verfügungen, Gerichtsentfcheidungen undSynorlal-
befchlüffe. Dabei ift es dem Verf. fehr zuftatten gekommen
, daß er in der Lage war, die Akten der Pro-
vinzialkonfiftorien und des rheinifchen Provinzial-Kirchen-
archivs zu verwerten, wie ihm auch die Einficht der
gefetzgeberifchen Vorarbeiten zur Kirchenordnung ver-
ftattet wurde. Nach des Verf. Angabe foll das Buch
zwar in erfter Linie den Aufgaben der kirchlichen Verwaltung
in den Gemeinden und Synoden, alfo dem Gebrauche
von Nichtjuriften dienen. Mit Recht gibt er fich
aber zugleich der Hoffnung hin, daß es auch den juri-
ftifchen Lefer befriedigen und den Verwaltungsbehörden
manche bisher vermißte Nachweife liefern werde. Ja, es
muß weitergehend behauptet werden, daß das durchaus
wiffenfchaftlich gearbeitete Werk als eine wertvolle Bereicherung
der Wiffenfchaft anzufehen ift. Einzelne kleine
Irrtümer, die wegen der in alle Einzelheiten dringenden
Darftellung nahezu unvermeidlich find, vermögen den
Wert des Ganzen nicht zu beeinträchtigen und werden
bei einer wohl nicht ausbleibenden neuen Auflage leicht
befeitigt werden.

Kiel. Frantz.

Bibliographie

von Lic. theol. Paul Pape in Berlin.
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