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Ausgabe: | 1906 Nr. 3 |
Spalte: | 83-85 |
Autor/Hrsg.: | Festschrift zum Gedächtnis Philipps des Großmütigen, Landgrafen von Hessen |
Titel/Untertitel: | geboren am 13. November 1504. (1504 - 1904.) 1906 |
Rezensent: | Cohrs, Ferdinand |
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Theologifche Literaturzeitung 1906 Nr. 3.
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gegeben ift. Wenn Chr. Frofchauer ein fo entfchieden luthe-
rifches Büchlein druckt, fo kann dasfelbe kaum erft aus der
Mitte des 16. Jahrh. ftarnmen. Wenn der Mißbrauch des
Beichtamts mit Ertränken in der Donau beftraft werden
foll, fo kann der Verfaffer kaum anderswo als in
Schwaben gefucht werden. Sollte es Klaus von Graveneck
fein, deffen beide Schwertern, Nonnen im Klofter Königs-
felden, mit ehmaligen Zürcher Geiftlichen, Kunigunde mit
dem Exminoriten Balth. Maler, Margarete wohl mit Joh.
Seebach (Egli, Akten 1100) fich verehelicht hatten. Der
Bericht von Kl. v. Graveneck über Mich. Sattlers Ende
ift ja wohl auch in Zürich gedruckt. In dem Pilgerfchiff
ift befonders die Äußerung über die Aufhebung der
Klöfter fehr intereffant, wie die Empfehlung einer Laienbibel
mit drei Blättern, deren erftes Sünde und Tod in
fchwarzer, das zweite des Heilands Leiden und Sterben
in roter, das dritte die ewige Seligkeit in goldener
Farbe darftellen follte. Das Zitat Luc. 17,20 wird nach
feiner Herkunft weiter zu unterfuchen fein.
Beachtenswert ift der Brief des Hans Ratgeb, herzoglichen
Trabanten zu Ferrara, an Hein. Bullinger von
Pflngften 1543. Er befchreibt den prächtigen Einzug
Pauls III mit 18 Kardinälen und 44 Bifchöfen in Ferrara
Superintendenten Joh. Campis in Kaffel vom 14. Dez. 1532
zum deutlichen Ausdruck bringt, und worin er ganz
mit Luthers Anficht übereinkommt, ftammt von Küch.
O. Merx führt uns den jungen Fürften im Bauernkriege
vor Augen und rechtfertigt durch feine Darlegungen
Philipps ftolzes Wort, daß, fo er nicht eilend auf den
Beinen gewefen, Heffen, Thüringen, Braunfchweig und
wohl andere Lande mehr verloren gewefen wären; das
in feiner Arbeit verwertete handfchriftliche Material,
das er hier nur mehr vorläufig benennt, wird Merx in
einer umfangreichen Arbeit über den Bauernkrieg in den
Publikationen der hift.Kommiffion des Königreichs Sachfen
des genaueren namhaft machen. Franz Gundlach ver-
vollftändigt den Briefwechfel Philipps durch im ganzen
20 Nachträge aus der Zeit von 1521 bis 1559, die meiftens
die Korrefpondenz mit Melanchthon betreffen. Äußerft
markante Beiträge zur Charakteriftik Philipps bietet auch
A. Huyskens umfangreicher Auffatz über feine Beftre-
bungen, die heffifche Ordensbailei zu fäkularifieren;
vor allem Philipps Verhandlungen mit dem Landeskomtur
Schutzbar (bef. S. 138 ff.) find ein Beifpiel für
die gewaltige Energie des Fürften, der, was er einmal
als notwendig erkannt, auch durchzufetzen mit ganzer
und ihre wenig geiftliche Aufführung. ,Da ift huren und j Kraft beftrebt war. Ergänzt wird diefer Auffatz hier
buben, karten, würfell, freffen, faufen und pangetieren und da durch einen anderen desfelben Verfaffers über die
und komedia und tragedia' (S. 62). Ausdrücklich bittet
er Herrn Hein. Göldlin zu grüßen und ihm die neue Märe
zu fagen, ,wie fein heidiner(l) oder hellig(l) vater, der papft,
tut'. Nicht weniger beachtenswert ift, was er berichtet
über die Inquifition, der Ratgeb kaum entging, und über
das Bücherverbot des Papftes. Eine Erläuterung bedürfte
noch der ,Pasqnino in Astase'.
Die beiden Hefte von nur 64 Seiten bieten viel
Licht und Anregung.
Nabern. G. Boffert.
Feftfchrift zum Gedächtnis Philipps des Großmütigen, Landgrafen
von Heffen, geboren am 13. November 1504.
(1504—1904.) Herausgegeben vom Verein für heffifche
Gefchichte und Landeskunde. (Zeitfchr. des Vereins
für heff. Gefch. und Landeskunde N. F. XXVIII. Bd.)
Kaffel, G. Dufayel 1904. (V, 359 S. m. 1 Bildnis u.
1 Fkfm.) gr. 8° M. 6 —
Die vorliegende Feftfchrift enthält zur Gefchichte
Philipps des Großmütigen und zur Gefchichte Heffens
in feiner Zeit ein reiches Material, das, wie es in der
Natur der Sache liegt, durchgehends auch Beiträge zur
Kirchengefchichte darfteilt.
Eine Würdigung Philipps von Karl Wenck eröffnet
die Schrift. Mit dem Herrn Verfaffer wird man den j richtung des evangelifchen Kirchenwefens von Hildes-
erften Marburger Prädikanten; zu Dr. Joh. Amandus (S. 346)
ift hier jetzt vor allem auch auf Profeffor D. Tfchackerts
gehaltreiche Publikation über ihn in der Zeitfchrift der
Gefellfchaft für niederfächfifche Kirchengefchichte 1904
S. I ff. hinzuweifen, die wohl etwa mit unferer Feftfchrift
gleichzeitig erfchienen ift und die nun ihrerfeits
auch durch den vorliegenden Auffatz ergänzt wird. Auf
Grund des S. 38 f. von ihm näher charakterifierten Materials
nimmt Walter Möllenberg Stellung zu der Frage,
ob Philipp feinen ,Rechenfchaftsbericht' über den Donaufeldzug
im fchmalkaldifchen Kriege tendenziös gefärbt
habe, und verneint fie mit Entfchiedenheit. In etwas
loferem Zufammenhang mit der Perfon Philipps ftehen
die Auffätze von Wiln. Derfch über ,das Vorfpiel der
Reformation in Hersfeld' und über .Philipp und die
Anfänge der Reformation in Hildesheim'; erfterer behandelt
vor allem die Treibereien und die Schickfale
der aufrührerifchen Prediger Heinr. Fuchs und Melchior
Rinck; letzterer weift auf einen Brief Antonius Corvinus'
an Philipp vom 19. Dezember 1541 hin, in dem jener
ihn bittet, die dem Witzenhäufer Wilhelmitenklofter in
Hildesheim gehörige Terminei der Stadt zum Pfarrhaus
oder zur Einrichtung einer Schule zu fchenken; daß
Bugenhagen, Winckel und Corvinus von Hildesheim ,als
erfte evangelifche Prediger angenommen feien' wie es
in den den Abdruck einleitenden Worten (S. 253) heißt,
ift wohl nicht richtig, fie waren alle drei nur zur EinLandgrafen
unbedenklich einen der begabteften Fürften 1 heim berufen und nur dazu der Stadt von ihren Landesfeiner
Zeit nennen; ob eben fo unbedenklich auch den
vornehmften und wirkfamften Förderer des Evangeliums
unter ihnen, ift mir fraglich, ich würde mich wenigftens
auch hier begnügen, ihm neben anderen Fürften diefes
herren oder Gebietern überlaffen (vergl. z. B. Jacobs,
Heinr. Winckel und die Reformation im füdlichen Nieder-
fachfen [Schriften des Vereins für Reformationsgefchichte
Nr. 53] Halle a. S. 1896). Ohne jede Beziehung zu Phi-
Prädikat zu verleihen. Danach führen Auffätze von j lipp fleht der kurze, aber hochintereffante Bericht Friedr.
fehr variierendem Umfange (4—85 Seiten), aber von j Wiegands ,Die Stadt Kaffel und der Ablaß von 1517',
gleicher Gediegenheit uns in die verfchiedenen Lebens- J der uns erzählt, wie es Statthalter und Magiftrat von
Perioden Philipps ein. Die Entführung feiner Bafe
Elifabeth im Jahre 1518 (von L. Armbruft), die in dem
Jüngling fchon die Entfchloffenheit des Mannes verrät,
liegt zeitlich am früheften; dann zeigt uns Friedrich
Küch an der Hand eines Denkzettel Philipps den jungen
Landgrafen auf dem Reichstage zu Worms und unterrichtet
uns, vor allem ähnliche Zettel — die offenbar
Kaffel gelungen ift, die Stadt vor jener frommen Schätzung
zu bewahren. Mit dem Hinweis auf Will. Walter Rock-
wells bedeutfames Buch ,Die Doppelehe des Landgrafen
Philipp von Heffen' (Marburg 1904), deffen Ausführungen
er, zu ihnen Stellung nehmend, ergänzt, macht auch
Karl Wenck den Schluß des fchönen Sammelbandes
der durch ,das einzige authentifche, von feinem Hofeine
Eigentümlichkeit des Fürften gewefen find — aus maier nach dem Leben gefertigte Porträt' Philipps ge-
dem Jahre 1527 kommentierend, überhaupt über Philipps ' fchmückt ift.
Stellung zur Reformation; auch ein Auffatz über des Der Verein für heffifche Gefchichte und Altertums-
Landgrafen Abneigung, den Kirchenbann durch weltliche künde hat fich durch die inhaltreiche IAftfchrift ein
Autorität zu fchutzen, die er in einem Briefe an den ! großes Verdienft um die heffifche Reformationsgefchichte