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Ausgabe:

1906 Nr. 3

Spalte:

78-79

Autor/Hrsg.:

Kraatz, Wilhelm

Titel/Untertitel:

Koptische Akten zum ephesinischen Konzil vom Jahre 431 1906

Rezensent:

Krüger, Gustav

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Theologifche Literaturzeitung 1906 Nr. 3.

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nicht neu ift; es find forgfältige und vollftändige Sammlungen
, wie erft recht die zu inferi, inferiunn S. 244 h

gewidmeten Bandes (f. darüber Th.L.Z. 1899, 706ff.);
ein letztes Drittel fleht immer noch aus; es foll in

4 appendices den tomus Damast vom Jahre 380 (?) bringen, Wir werden nicht gerade jede 1 liefe 1 urners als

außerdem verfprengte lateinifcheÜberfetzungen des nicä- : unangreifbar annehmen; daß den Lateinern Hörer und
nifchen Symbols, einen noch nicht edierten Traktat j Katechumen Wechfelbegnffe find, hat er S. 182 n. noch
über das Nicacnum vom Jahre 365 und Zitate aus den [ nicht bewiefen, daß die Uberfetzung xvcpco&Ag in can. Nie. 2
Kanones von Nicäa, wie die Papftbriefe und gallifche , durch in superbiam elatus bei Gallo-Hisp. und Dion. durch
Konzilienakten fie enthalten. | die Vulgata veranlaßt fei S. 150, ift nicht ohne weiteres

Als Specimen diligentiae et eruditionis ift der vor- ficher, denn fchon Ambrofiafter lieft fo I lim. 3,6. Die
liegende Band kaum zu überbieten. Außer kleinen aber j Auslegung des erften pfeudonicämfchen Kanons S. 146,
der Beachtung werten Nachträgen zu den catalogi Patrum j wonach ,clericus tanttim' bedeuten folle: bloß in den nie-
Nicaeuorum in Teil I liefert er uns die Akten von Nicäa, 1 deren Klerus, abwärts vom Subdiakonat eingeftellt, ift
Pracfationes, Capitula, Symbolum. Canones, in 10 ver- unmöglich, die Exegefe des vierten S. 147, wonach yer-
fchiedenen lateinifchen Formen, die aber fchon im Inter- j heiratete Lektoren in diefem Amt bloß, ohne Möglichkeit

effe der Überfehbarkeit in drei Gruppen zerlegt werden
I p. 104 fr. die Überfetzungen Caecilians, des Atticus,
die fog. Prisca und die des codex Ingilramni, II S. 155 ff.
die Gallica. die Gallo-Hispana. die von Rufin und die
fog. Ifidorifche, endlich III S. 250 ff, die beiden Uber-

der Beförderung, verbleiben follen, wenig wahrfcheinlich:
der urfprüngliche Sinn des canou 18 der hipponenfifchen
Synode von 393 kann nicht über diefen ganz anders zurechtgerückten
entfeheiden.

Ob das Maß von geiftiger Kraft, das für die vor-

fetzungen des Dionysius Exiguus. Daß hier nicht IO von I liegende Arbeit aufgewendet worden ift, ihrem Ertrage ent-

einander unabhängige Ausgaben vorliegen, fondern höch-
ftens verfchiedene Rezenfionen von einer oder von 2 eigentlichen
Überfetzungen, bedarf kaum der Erwähnung; die
von Turner über das Verhältnis der einzelnen aufgeftell-
ten Thefen, die man fich leider immer an den verfteckteften
Orten zufammenfuchen muß, werden wenig Widerfpruch
finden.

Natürlich ift weitaus das Meifte, was Turner hier
druckt, fchon von anderen veröffentlicht worden; bloß bei
der ,erften' Überfetzung des Dionyfius glückt ihm eine

fprichtr Vorläufig zweifle ich daran, und wenn fich Turner
beharrlich auf lateinifche Überfetzungen griechifcher Synoden
befchränkt, felbft Sardica unbarmherzig ausfchließend,
wird dies Urteil fich fchwerlich ändern. Kaum irgendwo
fetztunsderLateiner in denStand, die vorhandenen griechi-
fchen Urtexte zu verbeffern; das, was wir aus diefer Fülle
von Überfetzungen und Rezenfionen älterer Überfetzungen
lernen, wird am eheften dem Studium der Itala und
Vulgata zugute kommen und Beiträge liefern zur Ge-
fchichte der Aneignung griechifcher Begriffe und Aus-

editio prineeps, doch bekennt er freimütig S. 249: et pauca drücke feitens der lateinifchen Kirche: aber hätte ein
et parvi momenti sunt de quibus discrepat a Dion II haec ' Freund des älteften Kirchenrechts nicht lohnendere Auf-
prior eiusdem auctoris interpretatio. Immerhin hat er durch ] gaben zu erfüllen als diefe Durchfuchung des Kleinen
forgfältige Kollation der von anderen benutzten Manu- j und Kleinftenr Wo noch fo viel koftbare Urkunden aus
ikripte und durch Heranziehung neuer die Grundlagen der Gefchichte der Synoden, der kirchlichen Streitigkeiten
für feine Texte ficherer als bisher gemacht, einen reich- um Macht und reine Lehre unbenutzt in den Archiven

haltigen Apparat befchafft und allerhand Fehler befeitigt.
Wie viel ihm da zu tun blieb, kann man an dem zuerfl
von Maaßen (Gefell, der Quellen etc. 1870, 921 ff) veröffentlichten
Freifinger Fragment nieänifcher Kanones
{15—18), das Turner S. 278 fr. nach denfelben beiden
Handfchriften herausgibt, beobachten. Die Ergänzungen
und Berichtigungen im Apparat find auffallend zahlreich;
wichtiger die Verbefferungen des Textes, die Turner durch
Konjektur vornimmt, von denen er eine zu 279 b, 6 f. auch
einleuchtend begründet. Ein herrenlofes turpi 279 a 5
fchiebt er mit glücklichem Griff vor das 6 Zeilen tiefer
flehende lucri und rechtfertigt feine Konjektur {turpi)
lucri (et) avaritiae plcni durch Verweis auf die Prisca,
in der er S. 137 bei Kanon 17 das allen Editionen ge-
meinfame turpis lucri gratia in turpilucri gr. korrigiert
hatte («fövpoü xtQÖovc tvtxa = atcxQoxeqöovg tvaxd);
für den Frisingensis würde ich übrigens turpilucri lieber
als nom. plur. masc. gen. — vgl. Rönfch, Itala 228 —
nehmen und die Einfügung von et dadurch erfparen. Nicht
alle Konjekturen freilich find gelungen; follte 278b 17
presbiter, si adversus se is conpidsum aliquid habet ut
dimittaturecclesiaverftändlicherfein als das überlieferte eise
Und warum läßt Turner das communionem consensuprobato
148b 32 f. unverbeffert, wenn er doch zu 148 a 12 f. ver

fchlummern, wo die einfache Veröffentlichung einer
kirchenrechtlichen Handfchrift wie etwa des VaUiccll.
A S oder des Vaticanus 5845 fo viel überrafchende Er-
kenntniffe verfpräche, folgt man diefem gelehrten Herumwühlen
in einer Unmaffe von Manulkripten, aus denen gerade
das Unintereffantefte hervorgezogen wird, faft mit
Kummer. Ich hoffe, daß Turner aus ähnlichem Gefühl
fein Programm bald erweitert und fich nicht fcheut,
Fase. IV, 1 früher als vielleicht 1,3 erfcheinen zu laffen.

Marburg. Ad. Jülicher.

Kraatz, Lic. theol. Wilhelm, Koptifche Akten zum ephe-
finifchen Konzil vom Jahre 431. Überfetzung und Unternien
ungen. (Texte und Unterfuchungen zur Gefchichte
der altchriftlichen Literatur. Herausgegeben von O.
v. Gebhardt und A. Harnack. Neue Folge. Elfter
Band, 2. Heft.) Leipzig, J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung
1904. (VII, 219 S.) gr. 8° M. 7 —

Im Jahre 1892 veröffentlichte Bouriant ,Actes du con-
cile d'Ephese' koptifch und franzöfifch, die in der gelehrten
Welt zunächft kaum berückfichtigt wurden. Im
Jahresbericht mußte ich mich mit der Notiz begnügen,
langt, es in communi oninium c.p. zu emendi'eren? Einige j daß die Publikation nicht ohne Wert fein folle, da die

fchöne Früchte philologifch-antiquarifcher Forfchung j Darfteilung wahrfcheinlich aus den alten Konzilsakten

bergen die Appendices. Uber die Deklination vonpentecoste
bei den Lateinern zerbricht fich Turner S. 152 faft den Kopf,
ob si quis als Pluralform wahrfcheinlicher fei wie si qui
S. 150 erwägt er mit höchftem Ernft; wertvoller für den
Hiftoriker find die gelehrten Auseinanderfetzungen über
die Datierung post consulatum S. 149 f... über die Grenzen
zwifchen suburbicariae regioncs und Italia S. 150. über
Paulianiften und homuncionitae S. 248. Den breiten Exkurs
über die Todestage des Petrus und Paulus S. 245 ff.
fucht man nicht gerade in diefem Quellenwerk, um fo
lieber verweifen wir auf ihn, auch wenn das Meifte darin

fchüpfe und vieles enthalte, was im griechifchen jetzt
fehlt. Bouriants Ausgabe ift mir bis heute nicht zu Geficht
gekommen, und nur die wenigften unferer Fach-
genoffen werden fie haben benutzen können. Kraatz hat
fich, angeregt von Karl Schmidt, der' nützlichen Arbeit
unterzogen, eine deutfehe Überfetzung der Akten anzufertigen
und dazu eine kritifche Abhandlung zu liefern,
in der er zwar etwas umftändlich verfahrt und fich nicht
feiten wiederholt, aber in allem wefentlichen den richtigen
Standpunkt einnimmt. Es ift in der Tat plaufibel, daß
wir es mit einem ägyptifchen Beficht zu tun haben, der