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Ausgabe:

1906 Nr. 26

Spalte:

702-704

Autor/Hrsg.:

Wohlenberg, G.

Titel/Untertitel:

Die Pastoralbriefe (der erste Timotheus-, der Titus- und der zweite Timotheusbrief) ausgelegt 1906

Rezensent:

Holtzmann, Heinrich Julius

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7 oi

Theologifche Literaturzeitung 1906 Nr. 26.

702

literar. Fragen der höheren Kritik referiert; nach einem
für unfer Empfinden entbehrlichen Abfchnitt über die
Berechtigung der Pfalmen im Kanon fchließt fie mit
einem kurzen Überblick über die Gefchichte der Auslegung
. S. 38 fif. der Einleitung entwickelt der Verf.
feine bekannten Anfchauungen von der Metrik der hebr.

fleht, und zwar als Folge der Entdeckung der wahren
Methode, nämlich der .fynthetifch - hiftorifchen'. Die
Leiftungskraft derfelben kennen wir fchon aus einem 1893
veröffentlichten, die Lehre von Gott behandelnden Teil
feiner Vorlefungen (f. Jahrgang 1893 diefer Zeitfchrift,
Sp. 519 f.). Es geht hier alles zu nach der Ordnung

Poefie, die nach Tonfilben zählt. S. 77 ff. gibt er feine 1 des Katechismus. Erde Hälfte: der Menfch als Gefchöpf;
eigentümliche Anficht von der Enftehung der einzelnen j zweite: der Menfch als Sünder. Dort id die Rede von

Pfalmfammlungen wieder. Ich begnüge mich hier mit
der Mitteilung, daß nach dem Verf. die Pfalmen eine
ganze Anzahl Lieder enthalten aus der Königszeit —
z. B.rp7. 13. 18. 23. 24b. 60. 110 —, aus dem Exil bis
herab zur Makkabäerzeit. Die Kriterien für fachliche
und zeitliche Zufammengehörigkeit der einzelnen Pfalmen
bilden die Überfchriften, aber nicht etwa die hiftorifchen
Notizen, fondern die oft vieldeutigen, meid mufikalifchen
Bezeichnungen. Pfalmen mit der Überfchrift T1T5 follen
damit nicht etwa als von David verfaßt bezeichnet werden;
denn ,es id klar erfichtlich aus der inneren Eigentümlichkeit
diefer Pfalmen, daß — mit ein Paar möglichen

des Menfchen Urfprung (einheitlich, Auseinanderfetzungen
mit Darwin, Haeckel, Virchow), Wefen (Dichotomie, relativer
Unterfchied von Seele und Geid), Bedimmung
(irdifche mehr alttedamentlich, himmlifche neutedament-
lich); hier von der Sünde als Erfahrungstatfache (Verderb
der Natur, aber doch nicht Fleifch als folches),
von ihrer Verurfachung (Gefchichtsurfprung, Schlange
als Werkzeug des Teufels) und Verbreitung (vom Stammvater
aus), endlich von Schuld (keine Erbfchuld) und
Strafe (Tod). Aus diefer Dispofition verdeht fich die
Zufammenfchau alt- und neutedamentlicher, gefetzlicher
und prophetifcher, fynoptifcher und paulinifcher Stoffe,

Ausnahmen — David fie nicht gefchrieben haben konnte. ' welche hier an die Stelle der verpönten Unterfcheidung
Es id unwahrfcheinlich, daß das Wort ,David' nach den I von Lehrbegriffen tritt. Schon der ganzen erden Hälfte

:n Herausgebern deren Meinung von der davidifchen
rieberfchaft diefer Pfalmen wiedergeben follte (S. 61)!

liegt als eigentlicher Text Gen. 1—3 zugrunde, womit
bald 1 Kor. 1545—49, bald Sap. Sal. 2 23, bald Joh. 3:10 und
viele andere, Beziehung auf Urfprung, Wefen und Bedimmung
des Menfchen zulaffende, Stellen verknüpft
werden, um fchließlich ein Gefamturteil der Schrift über
die fraglichen Punkte zu erzielen. Ebenfo deht es in
der zweiten Hälfte mit Gen 3, Rom. 512, Joh. 84t und
andern alt- wie neutedamentlichen Stellen, die als ganz
auf der gleichen Linie liegend behandelt werden. Letzten
prinzipiellen Entfcheidungen geht der Verf. gern aus
dem Wege mit dem Vorgeben, er treibe biblifche Theologie
, nicht Dogmatik; die Bibel aber verfolge praktifche
Zwecke, delle nur das ,Daß' fed und laffe die Frage nach
dem ,Wie' offen.

alte
Urheb

Die Afaphfammlung entdand in Babylonien in der
älteren griech. Zeit, die wA7«///-Sammlung in der mittleren
perfifchen Zeit ufw.

In der Feddellung des Textes der einzelnen Lieder
fpielt das nach dem überwiegenden Teil des rp bedimmte
Metrum eine verhängnisvolle Rolle. Es kommt feiten
ein Pfalm vor, von dem nicht einige Stellen nach den
Forderungen der Metrik des Verf. zurechtgerückt werden
müßten. Ich führe nur an ip 1 3 — the lines are irregulär
and prosaic! — v. 6. ip2, 6—7. 38.4c 54.—7.9.12.
So geht es in jedem Pfalm weiter — in den meiden
Fällen ohne irgend welche innere oder äußere Berechtigung
. Verfe mit widerfpendigen Metren werden gewöhn- j Baden. H Holtzmann
lieh einfach als Gloffen gedrichen, z. B. in y> 7 v 5 b, 7—8,
9—12. 18. in y> 9 v6—7, 8—9. 12—13. 16—19. tp 10 v 3
ufw. Aber nicht nur die Textkritik, auch die Auslegung
leidet felbdverdändlich unter einer Auffaffung, die folche
Opfer des auszulegenden Textes fordert. Als charakte-
ridifches Beifpiel von der Art, wie der Verf. die Auslegung
von Antidrophen behandelt, dehen hier die exeget.
Notizen zu 2 4 f. und 210. He laughs at them] tJiose na-
tions consenting together (v. ia). mocks at them] those
peoples devising plans in vain (v. ib). In His anger He
speaks unto them] those kings taking their stand (v. 2a).
in His burning anger terrifies them] those princes Consulting
together (v 2b). In derfelben Art wird 210 und viele
andre Stellen behandelt. — Der erde Band des Werkes
umfaßt die Pfalmen 1—50. Lobenswert id die genaue
grammatifche Analyfe jeder Wortform und die fleißige
Zufammendellung wichtiger Worte und Ausdrücke.

Louifendorf. Frankenberg.

Leeuwen, Oud-Hoogl. Dr. E. H. van, Bijbelsche Anthropologie
. Utrecht, G.J. A.Ruys 1006. (VII, 228 blz.) gr.8°

d. 2.25

Der frühere Profeffor der kirchlichen Theologie zu
Utrecht läßt auf Wunfeh vieler ehemaliger Zuhörer einen
Teil feiner Vorlefungen über biblifche Theologie drucken
und id fich bewußt, mit diefer felbdändigen und zu-
fammenhängenden Dardellung der Anthropologie ein um
fo zeitgemäßeres Werk zu tun, als die Lehrbücher von
B. Weiß und H. Holtzmann diefen Gegendand nur in
einer nach Maßgabe der veralteten Lehrbegnffsmethode
zerdückten Form, fragmentarifch abhandeln, während
dem Verf. und feinen Glaubensgenoffen die Einficht in
die wefentliche Einheit der ganzen, alt- wie neuteda-
mentliche Schrift und eben damit in die Einheit ihrer
kosmologifchen und pfychologifchen Lehren zu geböte

Wohlenberg, Pador Lic. G., Die Paltoralbriefe (der erde
Timotheus-, der Titus- und der zweite Timotheusbrief)
ausgelegt. Mit einem Anhang: Unechte Paulusbriefe.
(Kommentar zum Neuen Tedament, herausgegeben
von Prof. D. Th. Zahn. Band XIII.) Leipzig, A. Dei-
chert'fche Verlagshandlung Nachf. 1906. (VI, 355 S.)
gr. 8° M. 6.80

James, Vicar Rev. J. D., B.D., The Genuineness and Author-
ship of the Pastoral Epistles. London, Longmans, Green,
and Co. 1906. (VII, 165 p.) 8° s. 3.6

Zwei neue Rettungsverfuche, angedellt an den Pa-
doralbriefen von einem englifchen und einem deutfehen
Theologen. Jener fchließt fich weniger an feinen unmittelbaren
Vorgänger Lilley (vgl. Jahrgang 1902 diefer Zeitfchrift
, Sp. 325h), als an Hort und Ramfay an.und bekämpft
im Verein mit den Autoritäten des ,Dictionary
of the Bible' den bezüglichen Artikel der Jincyclopaedia
biblica' von Moffatt. Andatt einer bloßen Unterfuchung
an der Hand hidorifcher Zeugniffe bringt das deutfehe
Werk einen volldändigen Kommentar, ganz im bekannten
Geleife der Zahnfchen Exegefe und Kritik einhergehend.
Beide Verfuche dimmen natürlich überein in der Annahme
einer zweiten Gefangenfchaft, in der Ablehnung jeder
antignodifchen Polemik, in der Behauptung einer irgendwie
jüdifch gefärbten Gegnerfchaft, im Nachweis einer-
feits eines Fortfehritts über den von den älteren Paulusbriefen
eingenommenen Standpunkt zu Lehr- und Ver-
faffungsfragen, andererfeits aber einer noch vorepifkopalen
Entwickelungsdufe der kirchlichen Organifation; dazu in
mancherlei Einzelheiten, z. B. in der Vordellung, daß wie
Jakobus in Jerufalem, fo Johannes in Ephefus in einem
dem Aufkommen des Epifkopates förderlichen Sinn ge-