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Ausgabe:

1906 Nr. 25

Spalte:

682-685

Autor/Hrsg.:

Cavallera, Ferdinand

Titel/Untertitel:

Le Schisme d‘Antioche (IVe - Ve siècle) 1906

Rezensent:

Jülicher, Adolf

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Theologifche Literaturzeitung 1906 Nr. 25.

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des mutmaßlich urfprünglichen Textes. Selbftverftändlich
hat Funk durch Zeichen und Anmerkungen an jeder
Stelle es dem Lefer ermöglicht, die Lesarten der fyrifchen
Handfchriften (meift .S>, = Cod. Sangermanensis) refp. des
alten Lateiners (L) zur Prüfung der Funkfchen Rekon-
Itruktion heranzuziehen. Trotzdem möchte ich lebhafte
Bedenken gegen dies Verfahren erheben, das doch nur
ein Gemifch von Funkfchem und altem Latein des Cod.
Veronensis ergiebt und eine Textgeftalt bietet, die in der
ganzen Gefchichte des Textes nie exiftiert hat. Ein
folcher Verfuch der Rekonstruktion des urfprünglichen
Textes darf nur in der Originalfprache des Dokuments
gemacht werden (hier alfo fyrifch oder griechifch), oder
wenn das nicht angeht, in einer modernen Sprache, die
gar nichts mit den Sprachformen der zugrunde liegenden
antiken Verfionen zu tun hat. Nur die oben fkizzierte
Entftehungsgefchichte der Funkfchen Ausgabe macht
diefen Mißgriff begreiflich. Mußte die lateinifche Sprache
beibehalten werden, fo hätte Funk zwifchen der Wiedergabe
von X und L im Haupttext fich entfcheiden
müffen. Im griechifchen Text der Konftitutionen hat
Funk alle Sätze mit gedruckten Linien unterstreichen
laffen (beffer wäre die Wahl befonderer Drucktypen ge-
wefen), in denen er über den der Didaskalia hinausgeht.
Die Anmerkungen machen auf Parallelftellen aufmerkfam
und weifen auch auf die einfchlägige Spezialliteratur hin.
In der Anordnung der Kapitel hat Funk fich um des
Vergleichs willen an die Einteilung der griechifchen
Konftitutionen angefchloffen und eine Subdivifion felblt
hinzugefügt, weicht alfo in der Einteilung der Didaskalia
von dem fyrifchen Texte ab. Das darf als richtig gelten,
weil die Einteilung der fyrifchen Handfchriften auch
nicht eine urfprüngliche ift. Die Rückficht auf die
Achelis - Flemmingfche Ausgabe hätte es aber ratfam
erfcheinen laffen, nicht nur in den Prolegomena (cf. p. XII f.),
fondern auch am Rande des Textes die Anfänge der
fyrifchen Kapitel zu notieren. Grade der gemifchte lateinifche
Text Funks wird ftets mit dem Flemmingfchen
zugleich von deutfchen Forfchern benutzt werden
müffen; da ift es für das gelehrte Publikum fehr mißlich,
wenn in der Kapiteleinteilung jeder Herausgeber feine
eignen Wege geht.

Im fiebenten und achten Buch der Konltitutionen
fleht nun der griechifche Text der Konftitutionen links
und eine lateinifche Überfetzung Funks rechts. Letztere
bedeutet aber nun nicht mehr die Wiedergabe einer behenderen
Rezenfion, fondern ift eine für deutfehe pro-
teftantifche Theologen völlig überflüffige Übertragung
des nebenftehenden griechifchen Originaltextes der Konftitutionen
von der Hand des Herausgebers; im griechifchen
Text ift mit Linien nicht mehr wie im Buch
I bis VI das Sondergut der Konftitutionen unterstrichen,
fondern vielmehr grade das, was in den Konftitutionen
fchon der Quelle, nämlich der Didache angehörte, deren
Wortlaut dankenswerterweife unter dem Strich beigefügt
ift. So bedeuten fowohl die lateinifche Sprache als die
Linien unter dem griechifchen Text in Buch VII etwas
ganz anderes als in Buch I bis VI. Von VII, 33 an
hört die Parallele der Didache und damit die Unter-
ftreichung auf; das Gleiche gilt von Buch VIII. Die in
Vol. II unter der Überfchrift Constitutioncs ecclesiae aegyp-
tiacae wiedergegebenen wichtigen lateinifchen Texte der
Veronefer Handfchrift würde man auf der rechten Seite
lieber fehen als eine Funkfche lateinifche Überfetzung.
Auch der Text der Epitome hätte zum Vergleich
hierher geftellt werden können. Zu dem fo wichtigen
Prolog der ägyptifchen Konftitutionen (= Const. Ap. VIII,
3) hat Funk°weder in Vol. I noch Vol. II befonderes zu
bemerken, und doch dürfte diefes unfeheinbare Kapitel
zuletzt dem echten Hippolyt als der Grundlage diefer
Kirchenordnung noch den Sieg verfchaffen.

Am Schluß des Werks befindet fich ein fehr forg-
fältiges Verzeichnis der Bibelftellen, der Eigennamen

und der Vokabeln, das bei Quellenftudien und litur-
gifchen Forfchungen noch unfehätzbare Dienfte leiden
kann. Überhaupt überwiegt die Freude und der Dankbar
diefe Ausgabe bei weitem die kleinen Ausdellungen,
welche der Rezenfent an der Anlage der Texteinrichtung
machen mußte.

Dembowalonka. Ed. von der Goltz.

S. Evstathii Episcopi Antiocheni in Lazarum. Mariatn et
Martham Homilia Christologica. Nunc primum e codice
Gronouiano edita cum commentario de fragmentis
Eustathianis, accesserunt fragmenta Flauiani I Antiocheni
. Opera et studio Ferdinandi Cavallera, Doct. in
litt. Parisiis, apud A.Picard et Filium 1905. (XIV, 132 p.)
gr. 80 fr. 4 —

Cavallera, Ferdinand, Dr. es lettres, Le Schisme d'Antioche

(IVe-Ve siecle). Paris, A. Picard et Fils 1905. (XIX,
342 p.) gr. 8° fr. 7.50

Von diefen gleichzeitig erfchienenen Arbeiten eines
jungen franzöfifchen Gelehrten (im Folgenden kurz durch
Eust. und Sek. bezeichnet) enthält das eine die Sammlung
der literarifchen Hinterlaffenfchaft von 2 orthodoxen an-
tiochenifchen Bifchöfen des 4. Jhdts, das andere eine
Gesamtdarfteilung der Gefchichte der antiochenifchen Gemeindein
jenem Zeitraum, foweit es ihre Sondergefchichte,
der Kampf um die Macht in ihrer Kirche ift. Der Lefer
wird nicht lange zweifeln, auf welcher Seite, ob bei dem
Philologen oder dem Hiftoriker, das Übergewicht von
Cavalleras Gaben liegt. Seine Editionen find verdienft-
lich, weder von Euftathius noch gar von Flavian lag eine
halbwegs vollftändige Sammlung vor; die ,chriftologifche
Homilie' auf Lazarus, Maria und Martha, die hier zum
erftenmal aus einem codex Gronoviamis herausgegeben
wird, hat ein Intereffe, auch wenn fie nicht dem Antio-
chener Euftathius angehört, und unter den kleineren
Euftathiusfragmenten, die Cav. aus Handfchriften fchöpft,
nenne ich als befonders wertvoll die beiden, den Bericht
der Hieronymus bestätigenden, über das richtige Verftänd-
nis der Melchifedek-Figur S. 63 und S. XII—XIV. Aber
in der unzähligen Menge von Akzentfehlern, die beide
Bücher verunftalten, offenbart fich eine bei einem Editor
unangenehme Nachläffigkeit; daß fonftige Druckfehler
nicht bloß Kleinigkeiten betreffen, mag dem Lefer das
Verzeichnis der allein in den griechifchen Zitaten einer
Anmerkung auf S. 287t. Sch. von mir vermerkten beweifen:
ElQrjvqvftaltt lQr/vqq, rxp avxm ft. v<p avxcp, xaxtQyäaavd-at
ft. -aö&ai, VI 9 ft. VI 3, xovxo lt. xaxa xovxo, evavxlov
ft. evavxlov, byöonxovzbv It. -oOxbv, in derfelben Zeile
cbv It. cbq, und in der nächften (vor rjvlxa) ift eine ganze
Zeile der Migne-Vorlage überfprungen worden; felbftver-
ftändlich wird der Satz dadurch finnlos. Der Index ver-
borutn homiliae {Eust. S. 112—128), der doch den Zweck
hat, den Beweis der Echtheit jener neuen Homilie aus
der Gleichheit von Sprachgebrauch und Wortfehatz mit
anerkannten Euftathiana zu liefern, und darum höchft
forgfältig gearbeitet fein müßte, hat außer falfchen Zahlen,
Lücken ftoei äavyxvxoq z. B. fleht gar keine Zahl, die
Worte evcpoaöla und tvcoöla fehlen) und Akzentfehlern
wiederum Verfchreibungen wie dfroXbzmq It. aHXcoxoq,
axo&eioco ft. äetofreoco, Brj&rjX It. Be&rjX 42 i im Texte
ftvoi It. fiveTöd-ai, xQoeialoq wo der Text 27 a (zQoxalql) xoojtti
fordert. Demgemäß hat man in den Texten, auch wo fie.
aus guten Drucken entnommen werden, immer wieder Anlaß
zu korrigieren, z. B. Frgm. 13 letzte Zeile ycovlac It.
yoviaq, kr. 14 Z. 2 aylov ft. dyibv. Die Angaben über
mangelhafte Lesarten feines (erft im 17. Jhdt., aber von
einem Gelehrten und nach erheblich älterer Vorlage
gefchnebenen) Manufkripts bei Cav. könnten wenigftens
hie und da beftimmter lauten, z. B. zu 43 13, wo man nur
errat, daß vis. ein abundantes diaoäcpioxov hinter äcpcöv

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