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Ausgabe:

1906

Spalte:

677-678

Autor/Hrsg.:

Wünsche, August

Titel/Untertitel:

Die Schönheit der Bibel. 1. Band: Die Schönheit des Alten Testaments 1906

Rezensent:

Volz, Paul

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Seite 1

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zeit überreichte; auch im einzelnen wird diefer Pfalm von
H. künitlich mitteilt jener Zeitereigniffe exegefiert.

Leonberg. Volz.

Wünfche, Aug., Die Schönheit der Bibel. 1. Band: Die
Schönheit des Alten Teltaments. Leipzig, E. Pfeiffer
1906. (X, 390 S.) gr. 8° M. 8 —; geb. in Leinw. M. 9.50;

in Halbfrz. M. 10 —

— Die Bilderfprache des Alten Teltaments. Ein Beitrag zur
aelthetifchen Würdigung des poetifchen Schrifttums
im Alten Teftament. Ebd. 1906. (VII, 187 S.) gr. 8«

M. 4.80; geb. M. 5.60

Wünfche geht von dem ganz richtigen Satz aus, daß
,die äfthetifche Schriftbetrachtung diefelbe Berechtigung
habe wie die philologifch-kritifche, dogmatifche und religiös
-erbauliche'. In der Tat ift diefe Seite des AT.
noch fehr vernachläffigt. Wir haben z. B. zwar Prophetenkommentare
mit trefflichen Einzelbemerkungen über das
Äfthetifche, aber noch keine fyftematifche Darftellung
der prophetifchen Redekunft oder fonft irgend eines
Zweiges der Israelit. Schriftltellerei. So nimmt man das
Buch von W. in die Hand mit der Erwartung, daß eine
Lücke nun ausgefüllt fei. In gewiffem Sinn wird fie auch
tatfächlich ausgefüllt, nämlich für folche, die das AT.
wenig kennen und denen nun durch W. der AT.liche
Stoff ausführlich und in fchöner Auslefe dargeboten wird.
Aber fowohl der Kenner des AT. als auch der Aftheti-
ker findet nicht feine volle Befriedigung. Das liegt teilweife
in dem Ziel begründet, das W. fich fleckte, teilweife
in der Methode, wie er diefes Ziel zu erreichen
fuchte. Er ift, wie er fagt, ,im ganzen mehr auf die
Herausarbeitung der materialen oder gehaltlichen Schönheit
, wie fie durch den Inhalt, durch die ganze Gedanken-
und Ideenverbindung zum Ausdruck kommt, als auf die
formale Schönheit, wie fie in dem Parallelismus der Glieder
und in den verfchiedenen zahlreichen rhetorifchen
Ausdrucksmitteln in die Erfcheinung tritt, bedacht ge-
wefen'. Bei diefer Alternative kommt gerade das zu kurz,
was wir unter Schönheit, unter Kunft der biblifchen
Schriftltellerei verliehen. Man vermißt denn auch bei W.
ein klares Verftändnis für den Begriff des Schönen; fchön
ift für ihn das einemal = wahrheitsgetreu, ein andermal —
kulturgefchichtlich intereffant oder = fozialhuman; ja, er
kann fagen: ,gleich auf dem erften Blatt des AT. wird
die materialiftifche Weltanfchauung überwunden; wahrlich,
der Verfaffer des Schöpfungsberichts ift ein Dichter ge-
wefenl' Überall zeigt fich, daß das Intereffe W.s eben
doch zuletzt nicht das äfthetifche war, fondern das re-
ligiöfe. Der äfthetifche Betrachter müßte auch die äfthe-
tifchen Mängel des AT. unterfuchen, für W. kommt
dies fo gut wie nicht in Frage. Die Methode aber ift zu
äußerlich. Nacheinander werden behandelt: die Gefchichts-
bücher, die poetifchen Schriften (Hiob, Proverb, ufw.),
Prophetie, Volksdichtung, Preislieder auf Jahwes Machttaten
, Mafchaldichtung, Fluch- und Segensfprüche, Trauerund
Klaglieder, Spottlieder, Poefie des Todes (dabei aus-
führlichft über die Vorftellungen vom Tod, Neugeftaltung
des Unfierblichkeitsvorfiellungskreifesl), Naturpoefie, re-
ligiöfe Poefie (Pfalmen), Wein, Gefang, Weib; endlich das
AT. in der bildenden Kunft (bildliche und plaftifche Darftellungen
der einzelnen biblifchen Szenen). Irn einzelnen
bemüht fich dabei W. wiederum nicht um die prinzipielle
Form der hebräifchen Gefchichtsfchreibung, der hebr.
Dichtung ufw., wenn fich auch hie und da verftreute Gedanken
darüber finden, fondern er begnügt fich damit,
in breiter Inhaltsangabe Kapitel für Kapitel dem Lefer
vorzuführen, fo daß der Titel feines Buches eigentlich
heißen müßte: die fchönen Stellen (bzw. die religiöfen
Perlen) des AT., 1) die fchönen Gefchichten, 2) die fchönen
Gedichte, 3) die fchönen Prophetenfprüche ufw. Für den

vom Verf. abfichtlich verfolgten apologetifchen Zweck,
weite Kreife wieder mit der Bibel bekannt zu machen,
ihnen zu zeigen, was für ein Reichtum an Schönheit in
ihr enthalten ift, und fie dadurch wieder für die Bibel zu
gewinnen, mag diefe einfache Darbietung wertvoll fein.
Doch fürchte ich, daß die Zeiten, in denen die Bibel den
Mittelpunkt allen Geifteslebens bildete, für immer vorüber
find, und fürchte auch, daß für die nicht fchon
vorher intereffierten. Kreife die Darftellung zu breit und
langatmig ift. Die Überfetzung fchließt fich eng an das
hebräifcheOrigjnal an und bekundet die Meifterfchaft des
altbewährten Überfetzers. Die Frage des Metrums ift
nicht berührt.

Die ,formale Schönheit' will nun W. in einem be-
fonderen Band: ,die Bilderfprache des AT' behandeln.
In diefem Buch verrät fich die Vorliebe des Verf. für
den rein logifchen Aufbau und für die äußerliche Zergliederung
des Stoffes noch mehr. Der Reihe nach
werden uns fämtliche Tiere, Pflanzen, Mineralien, dazu
die kosmifchen und tellurifchen Erfcheinungen aufgeführt,
die im AT. bildlich verwendet werden, mit deutfeher
Darbietung der betreffenden Stellen. Bei der flaunens-
werten Gründlichkeit des Verf. wird nur weniges vergehen
oder verfehen fein (z. B.'die Mandel Jer. I; die
auf den Feldern ,wild wachfende Lilie' ift als folche be-
laffen). Die einzelnen Stellen werden zuweilen, wenn
exegetifche Schwierigkeiten da find, befprochen; faft
nirgends aber ift auf die Wurzel des Bildes oder der
Vergleichung näher eingegangen, und dadurch bleibt
die Unterfuchung äußerlich und unbefriedigend. Bei dem
Kapitel der Naturphänomene berührt W. allerdings die
Frage der Perfonifikation; er hält fie für reine dichterifche
Phantafie, wobei er wohl mit Unrecht von der modernen
Dichtung einfach zurückfchließt auf die antike Dichtung
und Naturbetrachtung. Dem antiken Befchauer waren
die Naturgebilde gewiß viel mehr lebende Wefen als
uns; deshalb ift auch die Anrede an Himmel und Erde,
an die Berge ufw. nicht bloß, wie W. meint, rhetorifch
und bildlich zu faffen, fondern buchftäblich; fie find in
der Tat lebendige Zeugen. In der Einleitung müht fich
W. mit einer künltlichen Unterfuchung des zu wenig
beachteten Unterfchieds zwifchen Bild und Vergleichung
ab (,Bild ift ein fcheinbares Gleichverhaltfchaunis, Vergleichung
ein Ähnlichkeitsverhaltfchaunis'). Daneben finden
fich gute Bemerkungen über den prinzipiellen Gebrauch
des Bildes bzw. der Vergleichung in der orienta-
lifchen Schriftltellerei.

Da die orientalifche Sprache, auch die Sprache des
AT, Bilderfprache ift, wird die Arbeit W.s von vielen
dankbar begrüßt werden und vielleicht den Anlaß zu
weiteren und tieferen Unterfuchungen geben.

Leonberg. Volz.

Florilegium patristicum. Digessit, vertit, adnotavit Gerardus
Rauschen, Dr. theol. et phil, SS. theol.prof. p. e. Fas-
ciculus IV et V. Bonnae, P. Hanstein MCMVI. gr. 8°

M. 2.20

IV. Tertulliani liber de praescriptione haereticorum. Accedunt
S. Irenaei adversus haereses III 3—4. (69 p.) M. I —. V. Vin-
centii Lerinensis commonitoria. (III, 71 p.) M. 1.20

Heft IV und V von Raufchens Florilegium enthalten
Tertullians De praescript. haeret. und das Commonitorium
des Vincentius von Lerinum. Der Herausgeber hat die
Einrichtung der Bände genau fo geftaltet wie die der
vorangegangenen: der Text wird mit kurzen Prole-
gomena, einem Apparat und mit Anmerkungen verfehen.
Der Apparat bringt die handfehriftlichen Varianten und
die Lesarten der wichtigften früheren Ausgaben. In De
praescript. haeret. werden im Apparat die vom gegebenen
Text abweichenden Varianten des Agobardinus, Leidcn-
sis, Seletstadiensis gegeben (den Agobardinus und die