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Ausgabe:

1906 Nr. 2

Spalte:

35-36

Autor/Hrsg.:

Harper, William Rainey

Titel/Untertitel:

The structure of the text of the Book of Hosea 1906

Rezensent:

Giesebrecht, Friedrich

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Theologifche Literaturzeitung 1906 Nr. 2.

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miker mildert, gebe auch zu, daß fie nach den Begriffen
ihrer Zeit bona fi.de gehandelt haben können, aber fon-
derbare Begriffe verrät es doch, wenn man durch ein
ganzes Buch hindurch fo tut, als fei man Mofes und
fei eben im Begriff, jenfeits des Jordans von feinem Volk
Abfchied zu nehmen, das fich feinerfeits in diefem Augenblick
anfchickt, den Jordan zu überfchreiten. Wenn
das keine Pfeudonymität ift, was nennt man fonft fo?
Und damit haben die Deuteronomiker, ohne es zu wol-

ftellungen der Modernen mit, noch neigt er zu den Streichungen
im großen Stil, die man jetzt wohl beliebt.
Befonnenheit, ruhiges Abwägen des Sachverhalts find
die Hauptcharakteriftika der Harperfchen Exegefe und
Gefchichtsdarftellung. Im Arnos ftreicht er nur folgendes
als fekundär: I,if. 1,9h, 11 f. 2,4!, 12. 4,?b, 8a, i3a-L
S,8f, isb, 22b. 6, 2, 9—ir 7, id, 8a. 8,2% e, na. 9,5t. und
den verheißenden Schluß. Im Hofea geftaltet fich die
Summe der Streichungen folgendermaßen: Hof. i, 1, 7. 2,

len, eine fchiefe Ebene befchritten, die die ganze folgen- 1— ;s, A, 6, sf. 12,16—18, 20—25. 3,5. 6,nab. 7,4,
de fog. mofaifche Gefetzesmacherei hervorgerufen hat. I 9,9. iO,3f. 10, ub. Ii,8b, », iob, 11. 12,ib, 4b—7, 13t. 14,2 — 10.

Wäre man fchlicht und wahrhaftig (cf. Hefekiel) unter
der Flagge des eigenen Namens gefegelt, dann hätte
man dem Gang der religiöfen Gefchichte zweifellos eine
ganz andere Richtung gegeben, deren Ende fich vom
Standpunkt des Chriftentums aus gar nicht abfehen läßt.

Vielleicht ift in der Prophetenkritik die Zurückhaltung
gegenüber den Modernen etwas weit getrieben
worden, fo ift bei Arnos Riedel ebenfo wie Winckler
ignoriert worden. Beide haben ja nur Scheinwerke aufgeführt
, aber, wenn man fie ganz ignoriert, fo meinen
fie, unwiderlegt geblieben zu fein. Das find kleine
Ausftellungen, die fich vielleicht bei einer folg. Auflage
noch nachbeffern ließen. Möge fie bald notwendig werden
! Wir begrüßen das fchöne Buch mit Sympathie.

Königsberg Pr. Giefebrecht.

(der verheißende Schluß). Man fieht, daß H. fich im
wefentlichen an die Wellhaufenfche Kritik anfchließt.
Die Lefer kann man nur auffordern, das reichhaltige und
lehrreiche Buch zur Hand zu nehmen, ift es auch keine
leichte Lektüre, fo wird man es doch nie ohne den Eindruck
einer fehr ernften und eindringenden Arbeit aus
der Hand legen. Auch die hiftorifche Einleitung fei
dem Lefer beftens empfohlen. Im arabifchen Vokabel-
fchatz, den H. reichlich anfuhrt, find einige Druckfehler
flehen geblieben, die man leicht felbft korrigiert.

II. Eine befondere, nicht zu unterfchätzende Beihilfe
zum Vetftändnis des Plofea bietet die 2te Schrift, auf
deren befondere Befprechung einzutreten hier nicht mehr
lohnt. Daß ich andere metrifche Auffaffungen habe
als Harper, brauche ich nach meinem Text des Jeremia
nicht auseinanderzufetzen. Namentlich fehlt mir das

I. Harper, Prof. William Rainey, A critical and exegetical Verftändnis für das Zählen der Verfe und das Arrange

commentary on Arnos and Hosea. (The International
Critical Commentary.) Edinburgh, T. & T. Clark
1905. (CLXXXI p., 2 tab., and 424 p.) gr. 8° s. 12 —
II. Harper, Prof. William Rainey, The structure of the text
of the Book Of Hosea. Chicago, The University of Chicago
Press 1905. (51 p.) 40 $ I —
I. Harpers Kommentar ift ohne allen Zweifel ein wür

ment der Strophen nach den Zahlen der Verfe, die fie
enthalten. Aber im übrigen ftimme ich mit der Behandlung
der Hebungen innerhalb der Verfe vielfach
mit Harper überein.

Königsberg. Giefebrecht.

Stade, Geh. Kirchenr. Prof. D. B., Biblifche Theologie des
Alten Teftaments. ErfterBand. Die Religion Israels und
diger Beitrag zu dem bisher erfchienenen Internationalen I die Entftehung des Judentums. Erfte und zweite Auf-

kritifchen Kommentarwerk. Ausftellungen, die man
machen könnte, würden fich hauptfächlich gegen die
allzugroße Ausführlichkeit richten, durch welche die klare
Überficht hier und da etwas gefährdet erfcheinen könnte.
Eine Einleitung von über 180Seiten mit einem Kommentar
von über 400 S. zu den Büchern Arnos und Hofea
ift zweifellos etwas reichlich, namentlich wenn man bedenkt
, daß die Einleitung auch, um die religionsgefchicht-
liche Stellung der beiden Propheten hervortreten zu
laffen, ziemlich ab ovo anfängt, nämlich von Mofe, und
außer dem älteren Prophetismus auch noch die ältere
Literatur Israels befpricht. Wenn damit noch die Spe-
zialeinleitungen in das Buch Arnos und Hofea verbunden
werden, fo fehlt dem Ganzen etwas die Einheit
und Überfichtlichkeit. Auch in den beiden Kommentaren
hätten wohl die fprachlichen, fachlichen und text-
kritifchen Anmerkungen beffer mit dem Kommentar
felbft verbunden werden können. Doch follen diefe
Ausftellungen die großen Vorzüge diefes Buches nicht
herabfetzen. Harper zeigt eine große Belefenheit und
eine Hupende Sorgfalt in der Beurteilung des Stoffes.
Er hat fich augenfcheinlich bemüht, dem Lefer keine
Schwierigkeit des Materials zu verfchweigen. Mit nicht
endender Akribie find im kleinften Druck die Bedenken
gegen einander abgewogen, welche oft an ziemlich entlegenen
Stellen geltend gemacht find und die verfchie-
denen Beurteilungen des Gegenftands herbeigeführt haben
. Für jüngere Lefer möchte man fowohl in der Einleitung
als in den Kommentaren eine fchärfere Herausarbeitung
des Refultates wünfchen.

Die Refultate find immer von hiftorifcher oder philo-
logifcher Kritik diktiert, nie vom bloßen Wunfeh oder
einer beftimmten religiöfen Pofition aus gewonnen. Im
allgemeinen müffen fie aberals gemäßigt bezeichnet werden.
Harper macht weder die vielfach recht willkürlichen Umlage
. (Grundriß der Theologifchen Wiffenfchaften.
Zweiter Teil, zweiter Band.) Tübingen, J. C. B. Mohr
1905. (XII, 383 S.) gr. 8° M. 6 — ; geb. M. 7 —

Von der feit Jahren erwarteten biblifchen Theologie
des Alten Teftaments ift endlich in diefem Frühjahr der
erfte Band erfchienen, der bis zur Gründung der Gemeinde
durch Esra-Nehemia reicht. Treten in diefer
Arbeit Stades auch keine großen Differenzen in der
Auffaffung des Entwicklungsganges der israelitifchen Religion
mit der durch Wellhaufen-Smend und Marti geltend
gemachten hervor, fo wird dennoch diefe Arbeit Stades
und grade jetzt mit lebhafter Freude begrüßt werden;
von Nichtfachmännern, weil es von höchftem Intereffe
fein muß, zu fehen, wie fich in diefer erften größeren
religionsgefchichtlichen Arbeit nach der babylonifchen
Hochflut der religiöfe Entwicklungsgang Israels nach
dem Urteil eines fo kompetenten und ruhig abwägenden
Forfchers geftaltet; von Fachmännern, weil diefe Arbeit
Stades im Einzelnen nicht unerhebliche Förderung bringt.

Gleich die einleitenden Paragraphen find ein Mufter
von Klarheit und Befonnenheit. St. fieht als Inhalt der
altteflamentl. Theologie nicht nur, wie das oft gefchehen
ift und noch gefchieht, die Gefchichte der religiöfen und
ethifchen Begriffe und ihrer Terminologie an, fondern
fie fchildert nach St. wie aus der von Mofe gelüfteten
Religion Israels in Folge der Predigt der Propheten und
der eigentümlichen Schickfale Israels fich das Judentum
bildet. Er zeigt treffend das kirchliche Bedürfnis diefer
Disziplin, infofern fie einerfeits die Keime des Chriftentums
im A.T. ermittelt und in ihrer Entwicklung verfolgt,
und andrerfeits den relativen Abftand der Altteftament-
lichen Offenbarung von der des N.T.s xlartut, ja im Hinblick
auf die in manchen paftoralen Kreifen fich verbreitende
Naivität, daß die Befchäftigung mit diefer