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Ausgabe:

1906

Spalte:

569-572

Autor/Hrsg.:

Ginzel, F. K.

Titel/Untertitel:

Handbuch der mathematischen und technischen Chronologie. 1. Band 1906

Rezensent:

Schürer, Emil

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Theologische Literaturzeitung.

Herausgegeben von D- Ad. Harnack, Prof. in Berlin, und D. E. Schürer, Prof. in Göttingen.

,. , , _T Verlasr- J C. Hinrichs'fche Buchhandlung, Leipzig. Jährlich 18 Mark.

Jährlich 26 Nm. venag. u. v>

Nr. 21. 13- Oktober 1906. 31. Jahrgang.

Ginzel, Handbuch der mathematifchen und

technifchen Chronologie Bd. I (Schürer).
Oldenberg, Indien und die Religionswiffen-

fchaft (Wurm).
Dutoit, Das Leben des Buddha (Wurm).
Kapp dein, Buddha und Chriflus (DerL).
Benzinger, Gefchichte Israels bis auf die grie-

chifche Zeit (Giefebrecht).
Staerk, Die Entftehung des Alten Teftaments

(Derf.).

Marti, Die Religion des Alten Teftaments unter
den Religionen des vorderen Orients (Giefebrecht
).

Harnack, DogmengefchichtefGrundriß], 4. Aufl.
(Scheel).

Schulte, Kaifer Maximilian I als Kandidat für

den päpftlichen Stuhl 1511 (R. Holtzmann).
Hermann, D. Tilemann Schnabel (Tfchackert).

Leibniz, Philofophifche Werke, 4 Bde. (E.W.
Mayer).

Thilo, Schleiermachers Religionsphilofophie

(E. W. Mayer).
Wobbermin, Ernft Haeckel im Kampfe gegen

die chriftliche Weltanfchauung (Rolfls).
Drews, Der evangelifche Geiftliche in der deut-

fchen Vergangenheit (E. Chr. Achelis).
Genestal, Histoire de la Legitimation des en-

fants naturels cn droit canonique (Frantz).

Ginzel, Prof. F. K., Handbuch der mathematischen und technischen
Chronologie. Das Zeitrechnungswefen der Völker
, dargeftellt. I. Band. Zeitrechnung der Babylonier,
Ägypter, Mohammedaner, Perfer, Inder, Südoftafiaten,
Chinefen, Japaner und Zentralamerikaner. Mit 6
Figuren im Text, chronologifchen Tafeln und einer
Karte. Leipzig, J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung 1906.
(XII, 584 S.) Lex. 8° M. 19—; geb. M. 22 —

Ein neuer Ideler! eine hochwillkommene Gabe für
Alle, welche fich mit chronologifchen Fragen zu befchäf-
tigen haben. Ideler's ,Handbuch der mathematifchen und
technifchen Chronologie' (2 Bde. 1825—1826) war für feine
Zeit ein Meifterwerk erften Ranges: ausgezeichnet durch
volle Beherrfchung des ebenfo umfaffenden wie verfchie-
denartigen Stoffes, durch umfichtiges Urteil und durch
eine lichtvolle Darftellung, welche auch dem Uneingeweihten
es ermöglichte, durch das Labyrinth der verfchie-
denartigften Zeitrechnungen mit ficherem Schritt fich
hindurchzufinden. In den achtzig Jahren feit dem Er-
fcheinen diefes Werkes ift aber eine folche Fülle von
Stoffen hinzugewachfen, daß eine Erfetzung durch ein
neues Werk längft ein dringendes Bedürfnis war. Die
Kunde Indiens und Oft-Afiens war zu Idelers Zeit noch
in den erften Anfängen. In feinem Werke kommen Indien,
China und Japan überhaupt nicht vor. Was er über die
Chronologie der Ägypter und Babylonier bietet, ruht
wefentlich auf den hterarifchen Quellen des klaffifchen
Altertums. Von der Fülle von Auffchlüffen, welche hier
die Infchriftenforfchung uns liefern follte, hatte man damals
kaum eine Ahnung. Aber auch für Griechenland
und Rom ift das Material durch die Infchriftenkunde in
folchem Maße bereichert worden, daß auch hier Idelers
Darftellung längft veraltet ift.

Der Bearbeiter des neuen Werkes ift, wie Ideler,
von Haufe aus Aftronom. Er ift den Hiftorikern bereits
durch wertvolle Arbeiten bekannt, namentlich durch die
Berechnung aller in der klaffifchen Literatur erwähnten
Sonnen- und Mondfinfterniffe (Spezieller Kanon der Sonnen
- und Mondfinfterniffe für das Ländergebiet der klaffifchen
Altertumswiffenfchaften und den Zeitraum von
900 vor bis 600 nach Chr., Berlin 1899). Bewundernswert
ift feine Kenntniß des mannigfaltigen Materiales,
welches in dem neuen Werke verarbeitet ift. Wenn er
auch fich des Rates und der Unterftützung hervorragender
Fachmänner erfreute, fo fetzt doch die Herbeifchaffung
und Durchdringung diefer fo verfchiedenartigen Stoffe
ein ungewöhnliches Maaß eigener, intenfiver Arbeit voraus.

Den urfprünglichen, von Harnack angeregten Plan
einer Neubearbeitung des Idelerfchen Werkes hat Ginzel

bald fallen laffen; er fah, daß bei der Fülle neuen Materiales
Alles von Grund aus neu geftaltet werden mußte.
Er hat fich aber an Idelers Vorbild angefchloffen. Zu-
nächft handelt er, wie diefer, über die allgemeinen aftro-
nomifchen Grundlagen aller Chronologie, nämlich einer-
feits über die Himmelskörper und die Gefetze ihrer
Bewegung an fich und andererfeits über die im Laufe
der Gefchichte hervorgetretenen Auffaffungen derfelben
und ihre Verwendung zum Zwecke der Zeitmeffung und
Zeitbeftimmung (S. 1 —103). Es ift im Wefentlichen
dasfelbe, was Ideler unter der Überfchrift ,mathematifche
Chronologie' (I, 7—58) und ,Einleitung zur technifchen
Chronologie' (I, 59—92) gegeben hat. Ginzel geht dabei
erheblich mehr ins Detail. Ich habe hier allerdings den
Eindruck, daß fich gerade in der Befchränkung Idelers
Meifterfchaft zeigt. Die fchlichte Einfachheit, mit welcher
er das Notwendige bietet, macht dem Laien das Ver-
ftändnis leichter, als die ausführlichere Darfteilung Ginzels,
welche doch Manches hereinzieht, was für den eigentlichen
Zweck, die Einfuhrung in die Chronologie, nicht
notwendig wäre.

Indem Ginzel dann zur Zeitrechnung der einzelnen
Völker übergeht, behandelt er in diefem erften
Bande, welchem noch zwei weitere folgen follen, die
Völker des Orients: I. Babylonier (S. 107—149), IL Ägypter
(S. 150—237), III. Mohammedaner, d. h. Araber und
Türken, (S. 238—274), IV. Perfer (S. 275—309), V. Inder
(S. 310—402), VI. Südoftafiatifche Völker und Zentralamerikaner
(S. 403—449), VII. Chinefen und Japaner
(S. 450—498). Am Schluffe jedes Kapitels wird ein ausführliches
Literatur-Verzeichnis gegeben. Dem Ganzen
find verfchiedene Beilagen, teils hiftorifchen, teils aftro-
nomifchen Inhaltes angefügt, u. A. ein Verzeichnis der
chinefifchen Kaifer und ihrer Regierungszeiten vom dritten
Jahrtaufend vor Chr. bis in die neuefte Zeit (S. 505—532)
und eine Tafel der Neumonde von 605 bis 100 vor Chr.

(s. 547—562).

Vergleicht man den Inhalt diefes Bandes mit dem,
was Ideler gibt, fo haben zwei Fünftel des neuen Werkes
überhaupt keine Parallele in dem älteren. Inder und
Oftafiaten, infonderheit Chinefen und Japaner, fehlen bei
Ideler. Die Ägypter und Babylonier find bei ihm im
Anfang des erften Bandes behandelt (I, 93—226), die
Araber, Perfer und Türken am Schluffe des zweiten
(II, 471 — 578), da er die Völker nicht nach geographifchen
Gefichtspunkten ordnet, fondern im Wefentlichen nach
der Reihenfolge, in welcher fie in die Kulturgefchichte
eingetreten find. So ift bei Ginzel fchon manfches vorausgenommen
, was bei Ideler erft im zweiten Bande folgt,
während andererfeits die Hauptmaffe von Idelers erftem
Bande hier noch fehlt. Die Juden, welche nach Ginzels

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