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Ausgabe:

1906 Nr. 20

Spalte:

551

Autor/Hrsg.:

Vattasso, Marcus

Titel/Untertitel:

Initia Patrum aliorumque scriptorum ecclesiasticorum Latinorum ex Mignei Patrologia et ex compluribus aliis libris conlegit ac litterarum ordine disposuit. Vol. I 1906

Rezensent:

Harnack, Adolf

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Theologifche Literaturzeitung 1906 Nr. 20.

552

bis zu einen gewiffen Grade durchzuarbeiten. Solche
Elaborate verdienen keine Widerlegung, man follte fie
gar nicht berückfichtigen, damit das Niveau unterer Debatten
nicht heillos herabgedrückt wird. Hätte fich Wittig
begnügt, feine Hypothefen über den Hegefippus zu-
fammenhängend und mit einigen Argumenten ausge-
ftattet mitzuteilen, fo könnte man ihm wenigflens für
eine Anregung danken; diefer Haufen von windigen
Einfällen wird, fobald man ihn nicht .furchtbar ernft'
nimmt, von felber zerftieben.

Marburg. Ad. Jülicher.

Vattasso, Marcus, Bibliothecae Vaticanae scriptor, Initia
Patrum aliorumque scriptorum ecclesiasticorum Latinorum

ex Mignei Patrologia et ex compluribus aliis libris
conlegit ac litterarum ordine disposuit. Volumen I.
A—M. (Studi e Testi 16.) Romae, Typis Vaticanis
1906. (X, 69S p.) gr. 80 '

Diefe Frucht einer fiebenjährigen Arbeit ift nicht
das erfte patriftifch-lateinifche Initien-Regifter (f. die Initia
librorum Patrum Latinorum und manches Andere), aber
es ift das erfte relativ vollftändige. Der Verfaffer hat die
217 Bände des lateinifchen Migne exzerpiert, ferner aus
dem griechifchen Migne alle griechifchen Stücke, deren
lateinifche Uberfetzungen älter als das 16. Jahrh. find
und dazu eine beträchtliche Anzahl folcher Sammelwerke,
die fpäter als die Patrologia erfchienen find oder deren
Inhalt nicht in fie übergegangen ift. Die Zahl diefer
Werke wird im 2. Band (bei den Nachträgen) noch vermehrt
werden. Nach welchen Prinzipien der Verf. gearbeitet
hat, hat er in der Vorrede dargelegt; mir Rheinen
fie richtig und beifallswert. Leider wird bei der großen j
Menge der Initien lediglich auf den betreffenden Migne-
Band veiwiefen; dem 2. Bande foll, um den Mißffänden,
die fich daraus ergeben, abzuhelfen — ein genaues Inhaltsverzeichnis
jedes Migne-Bandes beigegeben werden.
Der Band wäre allerdings fehr viel umfangreicher geworden
, wenn der Bearbeiter anders verfahren wäre;
aber ein Stichwort hätte er wenigftens bei jedem Initium
hinzufügen können (etwa nur den traditionellen Verfaffer-
namen), damit der Benutzer einen Fingerzeig hatte, in
welchen Jahrhunderten er fich mit den betreffenden Initien
befände. Daß der 1. Band ohne den 2. nur halb
brauchbar ift und man, auch wenn der 2. Band erfchienen
ift, immer doppelt wird nachfchlagen müffen, ift ein Übel-
ftand. Indeffen das mit höchfter Selbftverleugung ge-
fchaffene Buch wird foviel Mühe erfparen, daß man den
kleinen Mißftand gerne ertragen wird. Wie nützlich folche
Initienregifter find, davon haben mich manche Dankbriefe
überzeugt, die ich in bezug auf das Initienregifter erhalten
habe, welches fich in meiner Altchriftl. Lit.-Gefch. Bd. I
für die chriftlichen Schriften der erbten 3 Jahrhunderte
findet. Diefes Regifter von mehr als 3000 Initien (grie-
chifche und lateinifche) ift übrigens neben dem von
Vattaffo (welches, vollendet, c. 50000 Initien zählen wird)
nicht überflüffig, daPreufchen und ich auch die Fragmente
aufgenommen haben, die V. von feinem Plane
ausfchließen mußte, wenn er nicht ins Uferlofe geraten
wollte. Möge das Werk auch von den mittelalterlichen
Hiftorikern fleißig gebraucht werden!

Wie Herr Vattaffo gearbeitet hat, das kann erft
der Gebrauch des Buchs lehren; aber ein nicht gewiffen-
hafter Mann würde eine folche Arbeit fchwerlich unternommen
haben und — ein nicht gewiffenhafter Mann
würde nicht scriptor Bibliothecae Vaticanae fein.

Berlin. A. Harnack.

Kolters, Dr. Jof., Studien zu Mabillons Römifchen Ordines.

Münfter i. W., H. Schöningh 1905. (VIII, 100 S.) gr. 8°

M. 2.40

Diefe Studien verdanken ihre Entftehung dem Plane
des Verfaffers, die Entwicklung der Zeremonien bei dem
Tode des Papftes und der Wiederbefetzung des päpft-
lichen Stuhles in der zweiten Hälfte des Mittelalters zu
verfolgen. Er wollte alfo an Richard Zöpffel, ,die Papft-
wahlen und die mit ihnen im nächften Zufammenhange
flehenden Ceremonien'(Göttingen 1871) anknüpfen. Ohne
Unterfuchung und Datierung der von Mabillon [Museum
Iialicum II, 1689 und 1724) herausgegebenen römifchen
Ordines ift diefer Plan nicht auszuführen. So wendet
fich der Verf. zunächft diefer Aufgabe zu. Im I. Kapitel
handelt er von ,Namen und Entwicklung der Ordines
im Allgemeinen', im folgenden von .Charakter und Verwertung
der Ordines', im dritten von den verlorenen
Ordines und im vierten gibt er über die Ordines I—7
,eine referierende Zufammenfaffung'. Erft mit der Unterfuchung
der Ordines 8—15, die er in den nächften acht
Kapiteln (S. 18—86) vornimmt, kommt der Verf. zu
felbftändigen Aufftellungen, denn erft diefe Ordines haben
für feinen befonderen Zweck Intereffe. In einem Anhang
bietet er drei bisher unbekannte Ordines, deren beide
erften aus der Vaticana und deren dritte aus der Seminarbibliothek
in Eichftätt flammen. Sie tragen die Über-
fchriften: I. Qualiter post ordinationem cardinales vadunt
ad ecclesias suas (S. 87), Incipit ordo, qualiter eligatur
summus pontifex sancte Romane ecclesie, et quomodo con-
secretur et ad summum honorem venire debeat (S. 88—91)
und Ordo ceremoniorum servandorum in coronacione summi
pontificis (S. 92—98). Endlich gibt ein ,Schluß' (S. 99—100)
einen .fummarifchen Überblick', der zu dem Ergebnis
kommt, ,daß bei einer neuen Edition der römifchen
Ordines eine beffere Auswahl zum Teil der Ordines felbft
und zum Teil der zugrunde gelegten Handfchriften an-
geftrebt werden müßte'.

Wir fetzen mit unferem Referat bei dem felbftändigen
Teil des Buches, alfo bei Kap. V. ein. Dies Kapitel
(S. 18—25) befchäftigt fich mit Ordo 8. K. läßt ihn
,rund nach 500' und zwar für das Frankenreich .verfaßt
und erweitert' fein. Den 9. Ordo (S. 25—44) fetzt K.,
entgegen der Annahme Zöpffels, der ihn in die Zeit
Leos III. (795—816) oder Leos IV. (847—855) legte
(Ztfchr. f. Kirchenrecht XIII, 1876, S. i6ff.), um die Wende
des 7. zum 8. Jahrhundert, läßt ihn aber zuletzt unter Leo IX,
(1048—1054) redigiert fein. Ordo 10 (S. 44—46) foll ins
13. Jahrhundert gehören, während Thalhofer-Ebner (Litur-
gik I, S. 43, bez. S. 48) ihn der Wende des 12. und 13.
Jahrhunderts zuweift. Eingehend (S. 46—54) ift der umfängliche
11. Ordo behandelt, ein Werk des Kanonikers
Benedikt von St. Peter, das bei Mabillon fälfchlich den
Titel: Uber pollicitus trägt, während es nach den ,gesta
pauperis scholaris Albini' richtig Uber politicus lauten
muß. Die Entftehung diefes Ordo erklärt K. fo, daß der
eigentliche Kern vor 1143 begonnen und vollendet wurde,
daß aber nach 1143 noch Eintragungen erfolgten, vielleicht
von Benedikt felbft, bis fchließlich Kardinal Bofo
unter Hadrian IV. (1154—1159) die Redaktion und Fortführung
des Ganzen übernahm. Der ganze Uber politicus
ift zweifellos offizieller Natur gewefen. Bei der Behandlung
des 12. Ordo (S. 54—65), verfaßt von Cencius Came-
rarius und aufgenommen in deffen Uber censuum, wird vor
allem die Frage nach den von Cencius benutzten Vorlagen
behandelt. K. läßt Cencius auf Albinus, diefen in
den zwei letzten Abfchnitten des Ordo 12 auf eine Vorlage
aus der erften Hälfte des 12. Jahrh. zurückgehen,
die wahrfcheinlich Benedikt von St. Peter ift. Ordo 13
ift ein offizieller, auf Geheiß Gregors X. (1271 —1276)
zurückgehender Ordo, wahrfcheinlich kurz nach dem
Konzil von 1274 verfaßt (S. 65—66). Eine reiche Ge-
fchichte hat Ordo 14 hinter fich (S. 66—77). Der Ori-