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Ausgabe:

1906

Spalte:

33-35

Autor/Hrsg.:

Cornill, Carl Heinrich

Titel/Untertitel:

Einleitung in die kanonischen Bücher des Alten Testaments. 5., völlig neu gearb. Aufl. d. ‘Einleitung in das Alte Testament’ 1906

Rezensent:

Giesebrecht, Friedrich

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Theologische Literaturzeitung.

Herausgegeben von D. Ad. Harnack, Prof. in Berlin, und D. E. Schürer, Prof. in Göttingen.

Jährlich 26 Nrn. Verlag: J. C. HinrichsTche Buchhandlung, Leipzig. Jährlich 18 Mark.

Nr. 2. 20. Januar 1906. 31. Jahrgang.

Cornill, Einleitung in die kanonifchen Bücher

des Alten Teftamentes, 5. Aufl. (Giefebrecht).
Harper, A Critical and Exegetical Commen-

tary on Arnos and Hosea (Giesebrecht).
Harper, The Structure of the Text of the Book

of Hosea (Ders.).
Stade, Biblifche Theologie des Alten Tefta-

ments, I. Bd. (Nowack).
Merx, Die Evangelien des Markus und Lukas

(Neftle).

Refch, Der Paulinismus und die I.ogia Jefu

[Texte und Unterfuchungen von Gebhardt und
Harnack, N. F. XII] (Jülicher).
Kreyenbühl, Das Evangelium der Wahrheit,

2. Bd. (Holtzmann).

Fiebig, Joma, der Mifchnatractat ,Vcrföhnungs-

tag' (BifchofT).
Schanz, Gefchichte der römifchen Literatur

3. Teil, 2. Aufl. (Krüger).

Seeberg, Grundriß der Dogmengefchichtc,

2. Aufl. (Jülicher).
Harnack, Der Vorwurf des Atheismus in den

drei erften Jahrhunderten. — Schultze, Das
Martyrium des heiligen Abo von Tiflis. —
Au gar, Die Frau im römifchen Chriften-
proceß [Texte und Unterfuchungen von
Gebhardt und Harnack, N. F. XIII, 4] (v. d.
Goltz).

Riedel and Crum, The Canons of Athanasius
of Alexandria (v. d. Goltz).

Ter-Minaffiantz, Die armenifche Kirche in
ihren Beziehungen zu den fyrifchen Kirchen
bis zum Ende des 13. Jahrh. (Krüger).

Cornill, Prof. DDr. Carl Heinrich, Einleitung in die kanonifchen
Bücher des Alten Teftaments. Fünfte völlig
neu gearbeitete Auflage der ,Einleitung in das Alte
Teftament'. (Grundriß der Theologifchen Wiffen-
fchaften. Zweiter Teil. Erfter Band.) Tübingen,
J. C. B. Mohr 1905. (XVI, 350 S.) gr. 8°

M. 5—; geb. M. 6 —

Die 5. Aufl. der Cornillfchen Einleitung erfcheint
nach 8»/j Jahren, erleichtert um die Apokryphen und
Pfeudepigraphen, die Gunkel befonders bearbeiten wird.
Dadurch ift es möglich geworden, den Umfang wefent-
lich auf der Höhe der erften Aufl. zu erhalten.

Im allgemeinen ift auch inhaltlich das Buch dasfelbe
geblieben. Die neueflen Entdeckungen find (m. E. mit
Recht) ziemlich fpurlos an ihm vorübergegangen, aus
der Babylonifchen Sintflut ift der Verf. ebenfo ungefährdet
wieder aufgetaucht, wie aus den wilden Waffern
der Duhm-Martifchen Kritik. Die Propheten bleiben
ebenfo der Hauptfache nach vormakkabäifch, wie die
Pfalmen und a. a. Kethubim, und aus den andersartigen
Vorfchlägen Cornills fleht man recht deutlich, wie unnötig
die Haft war, alles, was man nicht deklinieren konnte,
als makkabäifch zu betrachten. Es gibt in den Jahrhunderten
vor dem Siraciden immer noch Möglichkeiten in
Fülle, um die Entftehung der von Duhm und feinem
Anhang in den Abgrund des 2. Jahrhunderts geftürzten
Literatur zu begreifen. Hinter einzelnes würde ich allerdings
doch ein Fragezeichen fetzen, z. B. die Königs-
pfalmen, Pf. 2 u. 110, auch 118, die m. E. fich am ein-
fachften aus der makkab. Zeit begreifen. Namentlich
der letzte erklärt fleh, wie mir fcheint, faft reftlos aus
dem Tempelweihfeft, das ja nach der Schilderung des
I. Makk.-Buchs mit Thyrfusftäben und großer Freude
Gxt)vo){i<xt(ov tqojcov gefeiert wurde. Im HO. Pfalm
aber, der von vielen Neueren auf Simon bezogen wird,
wird der Titel des Königs nie gebraucht. Und warum
nicht folche Einzelheiten wie der Schluß von Jef. 19
(etwa von V. 18 an) noch fpät in den Prophetenkanon ein-
gefchoben fein könnten, wird derjenige umfo weniger
verliehen, der am Schluß der Einl. bei der Gefchichte
des Kanon Cornill immer wieder verfichern hört: vor
dem 1. Jahrhundert p. Chr. könne von einem feft ab-
gefchloffenen Kanon nicht die Rede fein. Oft aber wird
fich bei den Machtfprüchen der Schweizer, die man
nicht nötig hält zu begründen, der Wunfeh auf die
Lippen drängen: möchten ihre Verweifungen von pro-

Außerordentlich fauber zerfafert Com. den Penta-
teuch und die älteren hiftor. Bücher. Man merkt ihm an,
daß er hier auf feinem Spezialgebiet arbeitet. Freilich
auch darin, daß er den Stoff felbft vorzuführen nicht
für feine Pflicht hält, fondern meift nur die formellen
Charakteriftika und eine Fülle von Verszahlen gibt.
Ich möchte bezweifeln, ob das für den Lernenden genügt
. Wellhaufens Darftellung mit ihrer hinreißenden
religiöfen und äfthetifchen Kraft fcheint mir hier glücklicher
, C. mußte aber wohl auch mit den Wünfchen des
Verlegers rechnen und durfte fich nicht zu weit ausbreiten
. Schade ifts immerhin, feine frifche Darftellungs-
gabe wäre gerade hier am Platze gewefen. Es verficht
fich wohl von felbft, daß er in den hiftorifchen Büchern
nicht darauf verzichtet, die Pentateuchquellen J und E
nachzuweifen, die er von je an hier gefunden hatte;
nun ift ihm, wie er p. V hervorhebt, der Rücken durch
Budde, Winckler, Moore, Holzinger und Nowack, wenig-
ftens im Richterbuch, geftärkt worden, ,es kann alfo
nicht mehr von einer bloßen Privatmeinung geredet
werden'. Das mag für das Richterbuch gelten, in bezug
auf das I. Samuelisbuch fleht es fchon nicht fo günftig,
gefchweige daß man bis in das erfte Königsbuch herabgehen
könnte. Winckler pflegt fonft von Com. nicht als
Autorität aufgeführt, fondern nicht feiten mit einem
Fragezeichen abgetan zu werden.

Auffallend war mir, daß Com. mit einer gewiffen
Gefliffentlichkeit die Behauptung der Pfeudonymität beim
Deuteronom. fallen läßt und auch über die von Kuenen
mit Recht geftellte Alternative, ,die Priefterfchrift beruhe
entweder auf Fiktion oder auf erftklaffiger Kenntnis', kein
Wort verliert. Da er die Pfeudonymität anderer Schriften
ruhig zugibt, auch wohl mit Entfchiedenheit behauptet
, fo fcheint es nicht die Beforgnis vor den fana-
tifchen Hetzern zu fein, welcher diefe Vorficht entfpringt.
Dennoch möge er mir nicht verübeln, wenn ich diefes
Zurückziehen gerade jetzt für inopportun erkläre. Man
leidet der Kirche einen größeren Dienft, wenn man hier
keine Hintertüren offen läßt. Die Stiftshütte der Priefterfchrift
ift ein Luftgebilde, das niemals exiftiert hat, diefe
Meinung teilt Com. felbft, denn er macht auf die überall
vorausgefetzte Orientierung aufmerkfam, die doch
nirgends befohlen wird und offenbar vom Tempel ab-
ftrahiert ift. Dann aber muffen auch die unfehätzbaren
Arbeiten Colenfos, die eine fo großartige Wahrheitsliebe
verraten, viel fchärfer hervorgehoben werden. Solange
Leute wie P. Ruprecht den Dr. theol. erhalten, müffen
wir dazu Berufenen auf das fchätffte darauf hinweifen, daß

phetifchen und di'chterifchen Stoffen in das 2. Jahrhundert nur bei Männern wie Colenfo Wiffenfchaft ift. Ich ver-
ebenfo gut fundamentiert fein, als die oben angeführten, kenne nicht, daß manches die Schuld der Deuterono

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