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Ausgabe:

1906

Spalte:

530

Autor/Hrsg.:

Simon, Otto

Titel/Untertitel:

Überlieferung und Handschriftenverhältniß des Traktates ‘Schwester Katrei’. Ein Beitrag zur Geschichte der deutschen Mystik 1906

Rezensent:

Deutsch, Samuel Martin

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Theologifche Literaturzeitung 1906 Nr. 19.

530

des Gedankens anzuzeigen. Die Einleitung im erften
Bande ift nicht fehr überfichtlich gedruckt. Die 83 Seiten
hätten wohl in einige Kapitel zerlegt werden können.

Hannover. Ph. Meyer.

Hoffmann, Prof. P. Dr. Eberhard, Das Konverfeninftitut des
Cifterzienferordens in feinem Urfprung und feiner Or-
ganifation dargeftellt. (Freiburger hiftorifche Studien,
herausgegeben unter Leitung von A. Büchi, J. P. Kirfch,
P. Mandonnet, H. Reinhardt, G. Schnürer, F. Steffens.
I.) Freiburg (Schweiz), Univerfitäts-Buchhandlung (O.
Gfchwend) 1905. (XII, 104 S.) gr. 8» fr. 2.50

Der größte Teil der vorliegenden Arbeit, Abfchnitt
zwei bis vier und Schluß, S. 25—101, befaßt fich mit
dem Cifterzienferorden, fpeziell der Stellung, welche die
Laienbrüder, Conversi, in ihm einnahmen. Der Verf. tut
im 2. Abfchnitt dar, wie die Zinswirtfchaft, die die Grundlage
der klöfterlichen Verwaltung in den alten Benediktiner
-, namentlich den Cluniacenferklöftern bildete, die
Mönche von der eigentlichen Aufgabe, die fie, wie er im
Sinne der Cifterzienfer annimmt, haben follten, nämlich
der Pflege des kontemplativen Lebens abdrängte, und
wie eben deshalb die Cifterzienfer zum Eigenbetrieb
zurückkehrten. Aber diefen Eigenbetrieb konnten die
Mönche eben wieder nicht felbft üben, ohne fleh zu zerftreuen
, und eben deshalb hat fchon Alberich die Conversi
zu diefem Zwecke aufgenommen. Ihnen follte die
eigentliche Arbeit mit den Händen zufallen, damit die
Mönche von deren Übermaß befreit würden. Hoffmann
verkennt nicht, daß man fleh damit von dem Buchftaben
der Regel entfernte, aber er fagt, man habe es getan,
um ihrem Geifte treu zu bleiben. Wie ich glaube, urteilt
er damit ganz im Sinne der alten Cifterzienfer, nur verkennt
er ebenfo, wie diefe es getan haben, den urfprüng-
lichen Sinn der Benediktinerregel, deren Zweck gar nicht
die Kontemplation in dem Sinne und Umfange war wie
bei Alberich, feinen Genoffen und Nachfolgern. Sehr
gut wird im 3. Abfchnitt die Stellung der Konverfen im
Cifterzienferorden gefchildert, namentlich die auffallend
ftrenge und unbedingte Scheidung, die fie von den Mönchen
trennt, und die es fchlechthin ausfchließt, daß ein
Konverfe jemals zum Mönche auffteigen könnte, wie
ihnen denn auch jedes Streben nach höherer Bildung, ja
felbft das Lefen verboten war. Vgl. dazu übrigens des
Rez. Art. Cifterzienfer in Pr.R.E:! IV, 119. Viel In-
tereffantes bietet auch der vierte Abfchnitt: Lebensweife
und Tätigkeit der Konverfen im Cifterzienferorden, wo
die verfchiedenen Handwerke, die von ihnen betrieben
wurden, die geordnete Wirtschaft auf den Grangien und
der Marktbefuch gefchildert werden. Merkwürdig und
bisher wenig beachtet ift der Umftand, daß begabte
Konverfen, die fich in ihrer Tätigkeit für den Orden
auszeichneten- nicht feiten von hohen weltlichen und
geiftlichen Herren gleichfam entliehen und zu den ver-
fchiedenften Amtern (felbft zu Heerführern, wie Werner
aus dem Klofter Wettingen im Aargau von Inno-
cenz IV gegen Konrad IV) verwendet wurden. Man
fah das im ganzen nicht gern, konnte es aber doch
hochgeftellten Gönnern oft nicht verweigern. Dies alles
ift von dem Verf. auf Grund der Quellen fehr gut zu-
fammengeftellt, und obwohl keineswegs alles neu ift, fo
ift die Sache bisher doch noch nicht in diefer Vollftändig-
keit behandelt worden.

Nicht ebenfo befriedigend — und das liegt in der
Natur der Sache — find die Auseinanderfetzungen des
erften Abfchnitts über die Entftehung des Konverfen-
inftituts und feine Handhabung bei den voreifterzienfifchen
Ordensftiftungen. So intereffant das ift, was der Verf.
über die verfchiedenen Bedeutungen von Conversus und
die Verhältniffe der älteren Konverfen teils zu den Mönchen
, teils zu den demOrden nicht angehörigen Dienern ufw.

beibringt, fo kann man doch nicht fagen, daß er den
fehr dunkeln und fchwierigen Gegenftand zu wirklicher
Klarheit gebracht hätte. Auffallend ift, daß er die in
neuerer Zeit ausgefprochene Vermutung, daß hier ein
Einfluß orientalifcher Kloftereinrichtungen ftattgefunden
habe, fchlechthin außer Betracht läßt.

Berlin. S. M. Deutfch.

Thomas de Celano, S. Francisci Assisiensis vita et mira-
Cllla, additis opusculis liturgicis. Hanc editionem
novam ad fidem mss. recensuit P. Eduardus Alen-
ceniensis, Ord. Fr. Min. Cap. Romae, Desclee, Le-
febvre et Soc. 1906. (LXXXVII, 481 p.) gr. 8°

Eine neue Ausgabe der auf Franz von Affifl bezüglichen
Werke des Thomas von Celano. Das ift fehr
erfreulich, denn die feitherigen Ausgaben waren teils
unhandlich, teils feiten, teils fehlerhaft, was auch von
der mir unbekannten Ausgabe von Rofedale zu gelten
fcheint. Befonders wertvoll ift, daß in der Vita II die
z. T. doch bedeutfamen Änderungen des Manufkripts
von Marfeille nun vor Augen liegen, fo daß man die
Hypothefen van Ortroys nachprüfen kann. Auch der
tractatus miraculorum, den van Ortroy in den Analecta
Bollandiana veröffentlicht hat, ift hier wieder abgedruckt.
Was auf Franz von Affifl keinen Bezug hat, alfo die
angeblich von Thomas flammenden Legenden der h.
Klara, des h. Antonius und felbft das Dies irae, ift nicht
beigezogen und in der Einleitung nur geftreift. Wie die
Ausgabe zu den Manufkripten fich verhält, ob fie korrekt
u. zuverläffig ift, kann ich nicht beurteilen. Die Einleitung
bringt über das Leben und die Schriften des Thomas
kaum etwas Neues oder Selbftändiges. D'Alengon folgt
Lemmens und van Ortroy und polemifiert gegen die Hyper-
kritik. Götz kennt er offenbar nicht.

Stuttgart. E. Lempp.

Simon, Otto, Überlieferung und Handrchriftenverhältniß des
Traktates ,Schwerter Katrei'. Ein Beitrag zur Gefchichte
der deutfehen Myftik. Halle, Diff. 1906. (91 S.) gr. 8°

Die vorliegende Differtation bietet eine fehr genaue
Arbeit über die vorhandenen Handfchriften des genannten
berühmten Traktates, den Pfeiffer Eckart zufchreibt,
während Denifle ihn für ein Konglomerat, z. T. beghar-
difchen Urfprungs, aus dem 14. Jahrh. anfleht. Da nun
der Traktat in fehr verfchiedener handfehriftlicher Form
überliefert ift, war die erfte Bedingung für ein ficheres
Urteil über diefe Annahmen eine möglichft fiebere Unter-
fuchung der Handfchrr., in denen er uns überliefert ift.
Diefe hat der Verf. der Differtation unternommen. Er
unterfcheidet drei Hauptklaffen von Hdfchrr., von denen
die erfte hinfichtlich der Kompofition des Stückes den
Vorzug verdient, während die zweite eine Menge von Ein-
fchiebungen zeigt, in den LAA im einzelnen dagegen größere
Zuverläffigkeit befitzt. Die dritte Hauptklaffe befteht
aus drei befondere Eigentümlichkeiten zeigenden Handfchriften
. — Von Wichtigkeit ift befonders der von dem
Verf. S. 81 ff. geführte Beweis, daß die fechzehn Ein-
fchaltungen, die der Klaffe II eigen find, nur als Ein-
fchiebungen fich auch fonft felbftändig findender Stücke
angefehen werden dürfen. Dadurch findet eine bedeutende
Reduktion des urfprünglichen Kernes des Traktats
ftatt. — Auf eine Kritik des Einzelnen können wir nicht
eingehen; jedenfalls aber ift mit diefer Unterfuchung ein
fehr wichtiger Schritt zur Herftellung des Originaltextes
des Traktates gefchehen.

Berlin. 5. M. Deutfch.