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Ausgabe:

1906 Nr. 15

Spalte:

434-436

Autor/Hrsg.:

Rand, Edward Kennard

Titel/Untertitel:

Johannes Scottus. I. Der Kommentar des Johannes Scottus zu den Opuscula Sacra des Boethius. II. Der Kommentar des Remigius von Auxerre zu den Opuscula Sacra des Boethius 1906

Rezensent:

Dräseke, Johannes

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Theologifche Literaturzeitung 1906 Nr. 15.

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(S. 19) ift ja nicht neu; fie werden aber z.B. fürHebr. 5 12. u
oder 10 33 nach wie vor feftzuhalten fein. Unter der
Literatur ,zu den Einleitungs- und hiftorifchen Fragen'
(S. 33) fehlt Hollmann, Urchriftentum in Korinth, 1903.
Endlich follte man fich an richtige Schreibung hollän-
difcher Namen gewöhnen wie Rhijn (S. 58), Straat-
man und Greve (S. 28), nachdem uns über letzteren
kürzlich Halmel (Der 1. Korintherbrief 1904, S. 8 f.) eines
beffern belehrt hat.

Der Hauptkörper des Briefes zerfällt nach Ausfchei-
dung des Eingangs und des Schluffes in die 3 Teile
110-413 (Parteiwefen), 414-1440 (Einzelfragen) und 15 (Toten-
auferftehung). Dafür läßt fich manches fagen; nur ftimmt
dazu nicht der einzige ausdrücklich angezeigte Einfchnitt
71, wo Paulus den Gemeindebrief zur Hand nimmt Die
Methode der Auslegung folgt dem Zahnfchen Vorbild:
feitenlang ununterbrochen fortlaufende Reproduktion des
Gedankengangs mit gelehrtem Apparat, auch gelegentlicher
Erwähnung anderer Ausleger in denFußnoten. Unter diefen
fehlen die katholifchen Kommentare vonA. Maier, Schäfer
und Cornely (nur Bisping fteht auf der Lifte S. 33),
fo daß es fchon einer wohwollenden Empfehlung gleichkommt
, wenn trotzdem Valentin Weber findet, der Kommentar
fei auch nach jenen noch mit Nutzen zu gebrauchen
(Biblifche Zeitfchrift III 1906, S. 414; vgl. übrigens S. 413
gegen eine unrichtige gefchichtliche Notiz bei Bachmann
S. 60. 64). Auch Sickenberger erfreut fich (ebendafelbft
S. 44—69) der Ablehnung, welche hier die neuerdings aufgekommene
Deutung von 730—38 auf geiftliche Verlöbniffe
oder Ehen erfährt (S. 298 f.). Die Chriftuspartei hat das
fachlich korrekte Bekenntnis (S. 67 f. 201). Das wörtliche
Verftändnis von 5 5 wird dahin ermäßigt, daß der Sünder
infolge Verderbens des Fleifches in fich gehen und Rettung
finden möge (S. 219). Ebenfo wird die gewöhnliche Beziehung
von 5 9—11 auf ein Mißverftändnis der Korinther
abgelehnt (S. 228). Noch mißlicher als um diefe Neuerungen
fteht es um den Verfuch, 15 29-34 hinter 19 zu verpflanzen
(S. 444. 453 f).

Im übrigen hält fich die, anfangs fehr ausführlich,
in den fpäteren Kapiteln flüchtiger verfahrende, Auslegung
natürlich möglichft innerhalb der Erlanger Tradition. Wo
Hofmann gegenüber Calvin im Unrecht ift, kommt ihm
wenigftens das beneficium eines ,Sowohl als auch' zugute
(S. 234). Daß 10 4 der dem Wüftenzug nachrückende
Fels ,pneumatifch' genannt wird, foll zeigen, daß Paulus
die jüdifche Sage ablehnt (S. 339). Ebenfowenig kann
15 29 von einem baptismus vicarius die Rede fein (S. 455 f.);
lieber auf ein Verftändnis der Stelle verzichten (S. 457)
oder fich überreden, die vexqo'l feien die ßastTiC,6usvoc
felbft (S. 458). Die n 10 erwähnten Engel find als Aufpaffer
zu denken, ob die Frauen fich auch im Haufe
unterwürfig benehmen (S. 365!). Denn n 3 bezieht fich
nicht etwa auf das Naturverhältnis, wofür doch 1110
deutlich genug fpricht (S. 361), fondern gerade auf die
chriftliche Ehe (S. 356 f.). ,Von irgendwelcher fachlichen
Verwandtfchaft' der Ausdeutung eines doppelten Schöpfungsberichtes
bei Paulus und bei Philo ift nicht zu reden
(S. 468 f.), fondern das Zitat 1545 findet feine Berechtigung
darin, daß nicht bloß die rpvx*] gcfitf«, fondern auch
das jcvEvua ^coostoiovv der Stelle Gen. 2 7 (wegen stvorj
gen/jc) entflammt ift, wodurch die diefer Stelle zuteil
werdende Ausdeutung freilich erft recht abenteuerlich
wird (S. 468—470). Die Inkongruenz der evangelifchen
und der paulinifchen Auferftehungsberichte findet ihre Erklärung
in dem Umftande, daß Paulus übergeht, was
,unter den Gefichtspunkt z. B. der feelforgerlichen Führung
einzelner fällt'(S. 437). Unftimmigkeiten entftehen dadurch,
daß 1523-20 zwar richtig 3 Stufen des Auferftehungs-
prozeffes unterfchieden werden, die die zweite einleitende |
Parufie aber gleichwohl den Abfchluß desfelben darftellen [
foll (S. 447 f.). Das asteigerai 15 42-44 foll wegen
ipyxixov omfia nicht vom Begräbnis zu verftehen fein
(S. 466 f.), wofür doch eben noch Kennedy und Clemen '

eingetreten find (f. Sp. 107 des laufenden Jahrganges
diefer Zeitfchrift); aber ganz unmöglich könnte doch
wohl, ,falls man den Gedanken vervollftändigen wollte,
als Subjekt Gott hinzugedacht werden', fondern man müßte
an den Akt der Zeugung denken. Anerkennung verdient
es dagegen, daß trotz fich aufdrängender Gedanken
an die Trinität 1528 richtig erklärt (S. 452 f.), 1123
nicht von unmittelbarer dstoxäXvyig verftanden (S. 374),
auch das vielumftrittene dvagimg 1127 einfach und kontextgemäß
ausgelegt wird (S. 378 f.). Siegreich wird zu
1016 für eine reale Anteilnahme an Leib und Blut
geftritten (S. 345 f.), wenn auch der Doppeldeutigkeit von
ömua (wegen 1017) nicht Rechnung getragen ift. Bezüglich
der xiXfnoi 2o wird Anlehnung an den Sprachgebrauch
der Myfterien ,nicht unwahrfcheinlich' befunden,
fofort aber die, anders gerichtete, Abhandlung von Baur
(foll heißen Bauer) zitiert (S. 122).

Straßburg i. E. H. Holtzmann.

Triebs, Priv.-Doz. Dr. Franz, Studien zur Lex Dei. Erltes
Heft. Das römifche Recht der Lex Dei über das
fünfte Gebot des Dekalogs. Freiburg i. B., Herder
1905. (XV, 219 S.) gr. 8° M. 4 —

Die kleine, als Lex Dei oder Collatio legum Mosai-
carum et Romanarum bezeichnete Schrift gibt zu gar
manchen, noch ungelöften Fragen und Zweifeln Anlaß.
Verf., der fich fchon früher mit derfelben befchäftigt hat,
beabfichtigt in feinen ,Studien zur Lex Bei1 die Frage
zu behandeln, ob und inwieweit die Lex Dei als eine
Quelle des fpäteren kanonifchen Rechts angefprochen
werden könne. Er gedenkt — fo führt er im Vorwort
an — den Nachweis zu erbringen, wie römifche Strafrechtsbegriffe
in's kanonifche Recht übergegangen find
und im Verein mit germanifchen und chriftlichen Ideen
die kanonifchen Delikte gefchaffen haben, und will damit
einen Beitrag liefern zur Entwicklungsgefchichte des
Strafrechts überhaupt. Zu diefem Behufe befchäftigt fich
die vorliegende erfte Studie mit dem römifchen Recht
der in Titel I—III der Lex Dei behandelten Delikte.
Dabei befchränkt fich Verf. nicht auf die in dem Werkchen
gebotenen Exzerpte, fondern gibt in anerkennenswerter
Weife eine umfaffende Entwicklung der in Betracht
kommenden Delikte. Wir können der Fortfetzung der
Studien, von denen die nächfle die übrigen Titel der
Lex Dei behandeln foll, mit Spannung entgegenfehen.

Kiel. Frantz.

Rand, Prof. Edward Kennard, Johannes Scottus. I. Der

Kommentar des Johannes Scottus zu den Opuscula
Sacra des Boethius. II. Der Kommentar des Remigius
von Auxerre zu den Opuscula Sacra des Boethius.
(Quellen und Unterfuchungen zur lateinifchen Philologie
des Mittelalters, hrsg. von Ludwig Traube.
Erfter Band. Zweites Heft.) München, C. H. Beck
1906. (XIV, 106 S.) Lex. 8° M. 6 —

Der durch feine Schrift: ,Der dem Boethius zuge-
Ichriebene Traktat de fide catholica' (Leipzig, Teubner
1901) als Kenner der Boethius-Frage bekannte und von
der Wiener Kirchenväter-Kommiffion mit der Herausgabe
der Opuscula Sacra des Boethius beauftragte Prof.
der Lat. Sprache a. d. Harvard-Univerfität, E. K. Rand,
bietet in dem vorliegenden 2. Hefte des I. Bd.s der von
L.Traube herausgegebenen ,Quellen und Unterfuchungen
zur lateinifchen Philologie des Mittelalters' zwei auf
Johannes Scottus (warum nicht, wie bisher, Scotus?) bezügliche
Unterfuchung en nebft Texten. Es find: I. Der
Kommentar des Johannes Scottus zu den Opuscula Sacra
des Boethius und II. der Kommentar des Remigius von
Auxerre zu den Opuscula Sacra des Boethius. Sehen

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