Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1906 Nr. 1

Spalte:

16-18

Autor/Hrsg.:

Lietzmann, Hans

Titel/Untertitel:

Apollinaris von Laodicea und seine Schule. Texte und Untersuchungen 1906

Rezensent:

Krüger, Gustav

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

15

Theologifche Literaturzeitung 1906 Nr. 1.

16

— wie böfe Tiere fortgetrieben etc. Aber eniveueöd-ai !
ift nicht = ve/ietv, was man möglicherweife dann als I
beherfchen erklären könnte, fondern abweiden, verzehren,
um fich freffen = vofirjv sysiv (II Tim. 2,17); die Dämonen
erfcheinen ja im Folg. als Blutfauger und fchlimme
Tiere; 61a xrjq xmv q~oävcov xivrjöscoq ifl wirklich zu verliehen
von der Bewegung der darin fitzenden Dämonen |
Beifpiele in den fyr. Märtyrerakten häufig, vgl. auch S.
146,6fr. Unbegreiflich ift auch die falfche Überfetzung
134, wf. (Die Herrfcher) die lange Zeit ihre Regierung
glücklich führten —- öxs dt] xa Jtgbq xbv vöxeqov xoXb-
Hrj&Evxa g>iXa xe iv avxolq xal eigrjvala. Diefe Worte
überfetzt der Hr. Verf. ausdrücklich nach dem G.: ,fo lange
ihnen das lieb und friedlich war, was in fpäterer (Zeit)
bekämpft wurde'! Es heißt natürlich: fo lange ihr Verhältnis
zu dem fpäter bekämpften {Xoyoq—Gott) ein freundliches
war. 134,3 f. wird mit Recht der G. — zum Teil
wenigftens — bevorzugt; aber der S. hat nicht: die leb.
Werke Gottes find Leben in Wahrheit deffen, der lebendig
ift in f. Werken — fondern: es find lebendige Werke
des in Wahrh. leb. Gottes, der in f. Werken lebt. Letzte
Zeile: nicht nur von Seiten der Menfchen eignete ihnen
(den Kirchen etc.) zufällig diefer Beiname, fondern auch
von S. des Herrn des Alls, | weshalb auch die geweihten
Gebäude des Namens des Herrn gewürdigt wurden, indem
fie nicht nach Menfchen benannt wurden, fondern
nach dem Herrn d. A. 138,6 f. wird gegen S. (und Lee)
der griech. Text aXXa ßaOiXicov slq xooovxov aimva xlq
jicoÄoxE xQaxmv öiexeXeOe; fo überfetzt: Wer jemals von
den Königen, der fo lange Zeit in f. Herrfchaft (war)
vollendete dies: Selbftverftändlich kann es nur heißen:
Welcher König ift je fo lange Zeit in der H. geblieben?
Über die falfche Überfetzung 139.10 f. oben. 143,rf. old
Xiq fiovoixoq aVT)Q öia xfjq XvQaq xrv Gcupiav ÖEtxvvfiEVoq,
,indem er wie ein mulikal. Menfch durch die Leier f.
Weisheit zeigen will'! ftatt wie ein Mufiker, der auf der
L. f. Kunft zeigt. 5 Zeilen darauf begegnet ein fehr fchlim-
mer Fehler. (Man glaubte) daß fogar Bäume und Eichen
umänderte das, was der Mufik ähnlich ift | und man
traute einer feelenlofen Leier zu, wilde Tiere zu befänf-
tigen und Eichen umzuwandeln, indem diefe Wefen der
Macht der Mufik nachgeben! Der Hr. Verf. hat mit dem
S. eIxoxcl und eixovxcc verwechfelt. Ebenfo wird 148,12
mit dem S. xolq ixißovXEVovöi des G. verwechfelt mit
x. öiaßaXXovöi. 2 Zeilen weiter ift cupExoq avxbq a<p
havxov (frei aus eigenem Antrieb) überfetzt mit ,wurde 1
frei von fich felbft und etc.' S. hat richtig überfetzt.
3 Zeilen darauf wird das bek. Wort Jefu überfetzt: ,niemand
nimmt m. Seele von mir, aber ich fetze fie ein
von mir'; xi&evcci ip. heißt natürlich fo wenig wie B^D nie
fetzen (in die Schanze fchlagen, aufs Spiel fetzen), fondern
niederlegen, ganz wie Ifiaxia xi&Evai Joh. 13,1.
149,26 wird unbegreifl. Weife ovx av EyvmG&rj bxrj jcoxe
vnfjQXE ^rnoz/öac; überfetzt: noch wäre erkannt worden,
wo er nach f. Fortgange war. Dem S., der ganz
richtig überfetzt: — daß er an feinen ehemal. Aufenthaltsort
zurückgekehrt ift — wird noch dazu ein
Fehler aufgebürdet, indem fein praet. (tpUJ) als praes.
(pari.) erklart wird! 153,27 wird v<paiQEl6&ai falfch mit
,erhöhen', überfetzt; ebenfo wenig heißt das B"nfcr, des
S. ,erhöhen', fondern nur wegnehmen (B"nn, riBTin). 154,
wf. ift gegen S. und G. falfch überfetzt. 156,12ff. wird
uns gefapt, daß der Todesüberwinder feine Jünger nicht j
durch Worte zum Kampf gegen den Tod ftärkt, ovös
Xoyoiq — xbv jieqI xfrvxrjq äfravctOiaq Jti&avcöq — Ovv-
xdxxcov, ,noch überzeugend — mit Worten (einen Befehl)
über die Unfterbl. d. Seele anordnete'! Es muß heißen:
noch indem er — in Worten das (philof.) Kapitel von
der Unft. d. S. überzeugend behandelte. awxdxxEiv ift
nicht = öiaxaxxscv, fondern der bek. termtnus, ebenfo
wie "no. S. 159 Anfang ift die Rede von dem Grab des
H., d. h. von der Höhle, die noch nie eine Leiche aufgenommer
hatte; EÖEiyaQ (ibvco öxoXd&iv xä> [ibvco Jta-

j Qaöb^qo vexoqb. Diefen klaren Text überfetzt der Hr. Verf.:
I denn fie (d. H.) mußte für ihn allein Sorge tragen, den
allem wunderbaren Toten! Es heißt felbftverftändlich:
fie (t6 OJcrjXaiov) follte allein freibleiben, für den einzigartigen
wunderbaren Toten; das fyr. bBB ift hier ganz
dasfelbe wie OyoXd^Eiv.

Durch die Ausftellungen will der Rezenf. der tüchtigen
Arbeit, die einen zweifellofen Fortfehritt gegenüber
Lee bedeutet, natürlich nichts von ihrem Verdienft nehmen
. Wer die Schwierigkeiten kennt, mit denen das
Verftändnis fyr. Überfetzungen und diefer insbefondere
verbunden ift, wird fich nicht wundern, daß auch diefe
Überfetzung noch manches für Text und Erklärung zu
tun übrig läßt.

Louifendorf. Frankenberg.

Lietzmann, Hans, Apollinaris von Laodicea und leine Schule.

Texte und Unterfuchungen. L Tübingen, J. C. B.
Mohr 1904. (XVI, 323 S.) gr. 8» M. 9 —

Bevor ich die Feder anfetzte, um über Lietzmanns
Buch einige Worte niederzufchreiben, habe ich noch
einmal meine Befprechung von Dräfekes Apollinaris in
diefer Zeitung 1892 Sp. GäßR. durchgelefen und mich
über die Leichtgläubigkeit gewundert, mit der ich mich
Dräfekes Führung damals anvertraut habe. Inzwifchen
haben mich eigene Studien über Apollinarismus und
Monophyfitismus längft belehrt, auf wie fchwachen Füßen
Drälekes literargefchichtliche Hypothefen flehen. Was
er in feinem Corpus des Apollinaris zufammengeftellt
hat, gehört zum größeren Teil nicht hinein. Es muß
fofort rühmend hervorgehoben werden, daß Lietzmann
allen Verfuchungen, die Summe des dem Apollinaris
' Zuzufprechenden auf dem Wege der inneren Kritik zu
vergrößern, widerftanden hat. Um fo ficherer ift der
Boden, auf dem wir uns bei ihm befinden. Und er ift
gar nicht einmal fo engbegrenzt. Die genaue Durchprüfung
des fekundären Quellenmaterials, zu der niemand
beffer befähigt war als eben Lietzmann, der fich feine
Sporen an der Katenenüberlieferung verdiente, hat noch
reiche Erträge gebracht.

Der uns vorliegende, Hermann Ufener gewidmete,
erfte Teil des auf zwei Bände berechneten Werkes enthält
nach einer Einleitung in die ,politifche Gefchichte
I des Apollinarismus' (S. I—42) fowie einer Unterfuchung
der .Quellen und der Chronologie' (S. 43—78) die gefchichte
der Überlieferung' (S. 79;—128) und eine Aufzählung
der .Schriften des Apollinaris und feiner Schüler'
(S. 129—163), der die fall durchweg felbfländig rezen-
fierten .Texte' (S. 167—322) folgen, diefe zunächft nur,
foweit fie fich auf die dogmatifche Schriftftellerei des
A. und feiner Schule beziehen. Dazu eine .Chronologifche
Überficht' (S. XIV) und einige .Nachträge' (S. 323). Der
zweite Band foll die exegetifchen Fragmente und Regifter
bringen. Die Theologie feines Helden gedenkt L. in
anderem Zufammenhang zu behandeln. Die .politifche
Gefchichte' ift überaus flott und gewandt gefchrieben;
ich füge hinzu, nicht durchweg nach meinem Gefchmack.
Hier und auch im folgenden tritt uns zuweilen etwas
von dem Jargon entgegen, den fich manche Philologen,
irre ich nicht in der Nachfolge von Mommfens römifcher
Gefchichte — man denke etwa an die Cicero-Charakteri-
ftik, — angewöhnt haben: eine gewiffe Abfichtlichkeit in
der Modernifierung von Perfonen und .Gefchehniffen, die
den Lefer zweifellos feffelt, aber bei dem kritifch ge-
ftimmten nicht feiten das Gefühl einer gewiffen Unficher-
heit erweckt. Dazu kommt, daß Lietzmann, nicht ohne
jede Oftentation, uns das Material in höchfl perfönlicher
Zubereitung vorführt. Man merkt es feinen Worten
ordentlich an, wie er beim Lefer den Eindruck hervorbringen
will, daß man es mit einem den Stoff fouverän
beherrfchenden Autor zu tun hat. Ganz gelegentlich