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Ausgabe:

1906 Nr. 12

Spalte:

350-351

Autor/Hrsg.:

Haußleiter, Johannes

Titel/Untertitel:

Die vier Evangelisten. Vorträge 1906

Rezensent:

Schürer, Emil

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Theologifche Literaturzeitung 1906 Nr. 12.

350

denkbar ift. Es entftanden jetzt allerlei Fragen, die Beantwortung
forderten vgl. Ex. 351fr. Num. 15.12fr. Das
Anfehen des Sabbat flieg immer mehr: während die
Durchführung des Sabbatgebotes um 400 noch Schwierigkeiten
hat, was bei einer mofaifchen Inftitution fchwer
begreiflich wäre, heißt er ,der Heilige' Neh. 90fr. fpez.
gu, und feine Beobachtung geht über alle kultifche
Pflichten, Jer. 171:1fr. Der Chronift fetzt flrenge Sabbatfeier
voraus. Mit dem Sabbat war die Woche zufam-
mengefloffen, ja fie erhielt von ihm den Namen Jer. 66 23.
Mrc. 16 i<j. Luc. 18 12.

M. hat auf eine Reihe von fchwachen Punkten in
der bisherigen Pofition den Finger gelegt und mit
Gefchick feine Anficht verteidigt, die fich allmählich
durchfetzen wird, freilich nicht ohne Modifikationen.
Wenn er S. 21 die Vermutung ausfpricht, daß die
Jahrwoche in Israel älter gewefen fei als die Tagwoche
, daß man von den ,fieben Jahren' zu den fieben-
jährigen Wochen mit ihrem Ruhetag und von da aus
erft zu der durch das ganze Jahr laufenden Woche mit
dem Sabbat gekommen ift, fo dürfte er darin wenig Zu-
ftimmung finden. Ez. ifl nach M. der eigentliche Schöpfer
des Sabbat im fpäteren Sinn, demnach würde alfo Lev.
25 iff., wo das fiebente Jahr '13 na© genannt wird, nach M.
in die vorezechielifche Zeit zu fetzen fein, was fchwerlich
möglich ift, auch um deswillen nicht, weil der Lev. 25 2 f.
vorliegende Ausdruck offenbar den Sabbat als fpe-
zififchen Ruhetag vorausfetzt. Nach S. 34. 43 ift es
aber gerade Ez. gewefen, ,der den hier und da zeitweife
gefeierten Ruhetag mit dem Sabbat zufammenwarf, ihn
als Tag Jahves, feine Feier als religiöfe Pflicht bezeichnete
. Ift letzteres richtig, fo ergibt fich von hier aus
der entgegengefetzte Schluß, daß der Wochenfabbat das
prius und der Jahresfabbat das posterms ift, wofür auch

zu 4010, wenn auch noch mit einem Fragezeichen, das
früher energifch abgelehnte VDECn. Auf eine Rezenfion
des Textes hat J. Levi verzichtet. Unerläßlich find
dafür allerdings nicht nur einige Sprachkenntniffe im
Griechifchen und Syrifchen, die dem Herausgeber
fehlen, fondern auch eine eingehende Unterfuchung der
Überfetzungsweife des Griechen und des Syrers. Der
Herausgeber (teilt fomit feinen Lefern, als welche Studenten
gedacht find, eine Aufgabe, die er felbft zu löfen
fchuldig war. Das beigegebene Gloffar ift fehr unvoll-
ftändig. So fehlen z. B. in den erften Buchftaben ITlSrifl
groß tun 133, b-'pa bald — bald 42 1, in» Eingeweide 10 n,
D'mjiB Aufenthaltsort lös, bbjntl fich befudeln 12 u, byjfO
Befleckung 4020, um von rioso Eunuch 20 1, rtba Fiel blank
putzen 1211 zu fchweigen. Die Bedeutungsangaben find
z. T. fonderbar. So foll npD 1110 to succeed bedeuten,
31py 3620 unintellige?it, 3931 triumph.

Göttingen. R. Smend.

Haußleiter, Prof. D. Dr., Die vier Evangelilten. Vorträge.
München, C. H. Beck 1906. (VI, 90 S.) 8° M. 1.20

Nicht von den Evangelien, fondern von den Evan-
geliften, den lebendigen Zeugen Chrifti will der Ver-
faffer in diefen (für Nichttheologen beftimmten) Vorträgen
fprechen. Die Ausführung entfpricht freilich
nicht diefem Programm, denn tatfächlich handelt er
doch von den Evangelien. — Die ,fich modern gebärdende
' Auffaffung, daß Matthäus feinen Stoff aus ver-
fchiedenen Quellen, aus Markus und einer fogenannten
Redequelle, zufammengefucht habe, ift nach Haußleiter
,durchaus rückftändig und veraltet' (S. 15). Der tiefer
eindringenden Forfchung des Verfaffers erweift fich vielmehr
das Evangelium ,als ein einheitliches, von einem
fonft alle Wahrfcheinlichkeit fpricht. Das Hauptrefultat ! Augenzeugen herrührendes Werk' (S. 31). Weshalb ein
Ms wird freilich durch eine derartige Modifikation nicht j einheitliches Werk nicht doch auf Grund von Quellen

berührt. — Die mit Scharffinn und forgfältiger Erwägung
aller in Betracht kommenden Momente gefchriebene
Unterfuchung verdient ernfte Beachtung, zumal fie auch
da und dort wertvolle Bemerkungen in exegetifcher und
literarkritifcher Beziehung gibt.

Straßburg i. E. W. Nowack.

Levi, Israel, The Hebrew text of the book of Ecclesiasticus,

edited with brief notes and a selected glossary. (Semitic
study series, edited by R. J. H. Gottheil and M. Ja-
strow jr. Nr. III.) Leiden, E. J. Brill 1904. (XIII, 85 p.)
8» s. 3 —

In der Bibliotheque de PEcole des Hautes Etudes
[Sciences Religieuses, Vol. X Fase. 1. 2, Paris 1898. 1901)
hat Israel Levi zuerft einen vollftändigen Abdruck fämt-
licher hebräifchen Sirach-Fragmente gegeben, den er mit
einem gloffatorifchen Kommentar begleitete (vgl. Theol.
Lit.-Ztg. 1900, 129fr. 1903, 586fr.). Danach wiederholt er
hier den hebräifchen Text, d. h. den Text, wie er ihn
in den Handfchriften gelefen hat, indem er die Randlesarten
und, wo die Handfchriften einander parallel
gehen, die Paralleltexte beifügt. In den Anmerkungen
gibt er Verweifungen auf biblifche Parallelftellen und
einzelne Emendationen, hin und wieder wird auch zwifchen
verfchiedenen hebräifchen Lesarten eine Auswahl getroffen
. Revidiert hat er den Abdruck nach den Fakfimi-
les nicht, wie z. B. die Wiederkehr der Fehler yn für
rlSh 12 6. 31 (34)10 und ©"nnü für ©i-irr 20 6 (7) beweift.
Ebenfo ftellt er 31 (34)12. 3623.47:1 wie früher den vor
einem Worte flehenden Ring, der eine Randlesart als
ein vorausgehendes Plus bezeichnet, über den Anfangs-
buchftaben des Wortes, fo daß die Randlesart nun als

Variante zu diefem erfcheint. Neue aus den Handfchriften 1 fchriftlichen n'i,«iuT Yü

~ . .---- ------->•-- /•.__! I . „yutuen inn in den Stand fetzten, ein fo

gearbeitet fein kann, wird wohl auch Anderen als nur
dem rückftändigen Sinn des Referenten rätfelhaft bleiben.
Haußleiter fleht aber auch noch in anderer Beziehung
auf der Höhe der Forfchung. Der Streit, ob Papias
unfern kanonifchen Matthäus oder eine Quelle desfelben
meine, ,ift gegenwärtig im Sinne der erfteren Annahme
entfehieden'. So wird uns S. 33 verfichert. Tatfachc
ift, daß zwei Menfchenalter hindurch (etwa 1840—1900)
die zweite Alternative nahezu für ausgemacht galt,
während jetzt das Urteil Sachkundiger wieder fchwankt.
,Entfchieden' ift aber gar nichts, da neue Gründe
nicht hinzugekommen find. — ,Markus erfcheint (nach
H. S. 37) im Verhältnis zu Matthäus als der fpätere, der
fekundäre. Das fpringt fo fehr in die Augen, daß man
fich wundern muß, wie Wellhaufen .... die Meinung
von der Urfprünglichkeit des Markusberichtes fefthält.
Das Urteil Auguftins, daß Markus der Nachfolger und
Abkürzer des Matthäus ift, ,wird durch jede eindringendere
Vergleichung des weiteren Inhalts beftätigt' (S. 43).
Selbftverftändlich hat Markus aber doch feinen eigenen
Wert, da er bei Abfaffung feiner Schrift die von ihm
gehörten Lehrvorträge des Petrus verwerten konnte.
Da Haußleiter Wert darauf legt, nichts Veraltetes zu
bieten, muß hier doch angemerkt werden, daß feine Anficht
von dem Verhältnis des Markus zu Matthäus fich
mindeftens fchon bei Hug findet, in allgemeinerer Faffung
auch fchon viel früher. — Dem Lukas hat (nach S. 54f.)
,bei der Abfaffung feiner Schrift jedenfalls die Schrift
des Markus vorgelegen; dies feftgeftellt zu haben, ift ein
Ergebnis der Evangelienforfchung, das als völlig ge-
fichert gelten darf. Er hat aber als Begleiter des Paulus
auch ,reichliche Gelegenheit gefunden, fich von Augenzeugen
über die Gefchichte Jefu unterrichten zu laffen'
(S. 5ff: So_,begreifen wir, daß feine mündlichen und

gewonnene Lefungen finden fich kaum, zuweilen find umfaffendes Programm zu entwerfen wie er es'im Pro
aber fremde Lefungen ftillfchweigend aufgenommen, fo löge tut' (S. 59). _ Während die drei' erften Evangeliften