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Ausgabe: | 1906 Nr. 1 |
Spalte: | 11 |
Autor/Hrsg.: | Ernst, Johann |
Titel/Untertitel: | Papst Stephan I. und der Ketzertaufstreit 1906 |
Rezensent: | Harnack, Adolf |
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Theologifche Literaturzeitung 1906 Nr. 1.
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Regel nicht mit jener Freiheit in ihnen; die allein aus
dem Chaos der Möglichkeiten heraushilft.
Was ich in dem Werke gelefen habe, ift mit der
angedeuteten Einfchränkung fehr tüchtig; auf Originelles
bin ich nicht geftoßen. Die ganze Ausbreitungs- und
Diözefangefchichte ift mit hineingezogen, was nach
meinem Werk über die Miffion und Lübecks Unter-
fuchungen verlockend und nicht fchwierig war. Allein
den einfchlagenden Kanones von Nicäa find 140 Seiten
(davon IOO S. dem fechflen) gewidmet; fie find, foviel
ich fehe, richtig erklärt und die entgegenflehenden Meinungen
trefflich widerlegt. Die farbige große Karte der
Ofthälfte des Reichs in den erften drei Jahrhunderten mit
den früheren und fpäteren Provinzial- und Diözefangrenzen
ift fehr dankenswert. Nur die Auswahl der eingetragenen
Städte ift nicht überall richtig. Die Anführung von Jaffus
(Cilicien), Claudiopolis und Andrapa (Paphlagonien),
Polemonium (Pontus), Colonia (Armenia Minor), Zenobia
(am mittlem Euphrat), Naukratis, Buto, Heroopolis, Hiera-
conpolis, Aphroditopolis und ein paar anderer Städte in
Egypten ift nicht gerechtfertigt, da m. W. keine Chriften
dafelbft in den drei erften Jahrhunderten nachweisbar find.
Berlin. A. Harnack.
Ernft, Dr. Johann, Paplt Stephan i und der Ketzertaufftreit.
Mainz, Kirchheim & Co. 1905. (X, 116S.) gr. 8° M. 3.50
Der Verfaffer, der den Ketzertaufltreit zu feinem
Spezialgebiet gemacht hat, fetzt fich hier hauptfächlich
mit Nelke und Benfon auseinander und geht auch auf
die einfchlagenden Arbeiten anderer Gelehrten ein, die
fich neuerdings mit jenem Streite befchäftigt haben. § 1
unterfucht das Verhalten Stephans L bis zur 2. kartha-
gifchen Synode (ep. 72), § 2 behandelt das Problem ,Papft
Stephan und der Brief Cyprians an Jubajan", § 3 die dritte
Synode von Karthago und ihr Verhältnis zu Stephanus,
§ 4 die unfreundliche Behandlung einer afrikanifchen Ge-
fandtfchaft durch St., § 5 Papft St. ünd die kleinafiatifchen
Anabaptiften. Ein Exkurs über die angebliche Jefutaufe
des Papftes St. bildet den Befchluß.
Die Differenzen, die in diefen Fragen zwifchen Ernft,
Nelke und dem Unterzeichneten (Chronologie Bd. 2)
fchweben, find fo fubtil, daß fie hier nicht erörtert werden
können. Die Umficht und Sorgfalt der Unterfuch-
ungen Ernfts ift auch in diefer Schrift anzuerkennen, und
gegen Nelke ift er an einigen Punkten gewiß im Rechte.
Berlin. A. Harnack.
Eulebius, Theophanie. Die griechifchen Bruchftücke und
Überfetzung der fyrifchen Überlieferung. Herausgegeben
im Auftrage der Kirchenväter-Commiffion der
Königl. Preußifchen Akademie der Wiffenfchaften von
Dr. Hugo Greßmann. (Die griechifchen chriftlichen
Schriftfteller der erften drei Jahrhunderte. Band Ii2.
Eufebius' Werke, Band III2.) Leipzig, J. C. Hinrichs'
fche Buchhandlung 1904. (XXX, 272 S.) gr. 8° M. 9.50
Das Original der nach ihrem Inhalt Teophanie genannten
Schrift des Eufeb ift bis auf einige ziemlich
umfangreiche Bruchftücke verloren gegangen; diefe finden
fich in den Katenen des Niketas von Heraklea zum
Lukasevangelium und zum Hebräerbrief. Außerdem finden
fich zahlreiche Stellen der Theophanie in andern Werken
des Eufeb. und zwar kommen für die 3 erften Bücher
hauptfächlich die fog. Laus Constant., für die beiden
letzten die demonstrat. evang., insbefondere Buch
III, in Betracht. Die Zitate aus den Profanen finden
fich faft alle auch in der praep. evangel. Die ganze
Schrift ift uns nur in fyr. Überfetzung erhalten, die in
dem wichtigen catalogus librorum des neftor. Metropoliten
Abd isho (f 1318) wie es fcheint zum erften Male
erwähnt wird. Üie Überfetzung findet fich in dem wohl
1 älteften edeffenifchen Codex [dat. 411), der neben den
klementinifchen Rekognitionen auch die Gefchichte der
paläftin. Märtyrer von Eufeb enthält. Text und Überfetzung
find zum erften Male von Samuel Lee geliefert
worden. In der fleißigen Arbeit Greßmanns, die im Auftrage
der Kirchenväter-Kommiffion erfcheint, liegt eine
neue Überfetzung vor. In einer knappen aber inhaltsreichen
Einleitung wird der Lefer mit der handfchriftl.
Überlieferung und den literarkrit. Fragen bekannt gemacht
. Der Wert der fyr. Überfetzung wird richtig
und nüchtern eingefchätzt. Vortrefflich find die Grund-
fätze über die praktifche Benutzung des S. (= Syrers.
G. = Grieche). Alles, was der Herr Verf. hierüber
fagt, kann man unterfchreiben: Oberfter Grundfatz ift,
das wiederzugeben, was der Autor der Theophanie hat
fagen wollen; was der S. daraus gemacht hat, kommt
erft in zweiter Linie in Betracht; wo der Urtext des Fufeb
vorhanden ift, muß er unbedingt der Überfetzung zugrunde
gelegt werden; in allen Fällen, wo der S. falfch
verftanden oder fich verfehen hat, find die Paralleltexte
des Gr. zu überfetzen etc. S. XXVIII. Leider hat der Herr
Verf. diefe trefflichen Grundfätze felbft oft nicht befolgt;
außerdem befindet fich aber in feiner Überfetzung eine
Menge von Fehlern, die eine beffere Kenntnis der beiden
Sprachen vermieden haben würde. Hier einige
Beifpiele zur Rechtfertigung diefes Urteils. Aus Raum-
rückficht befchränke ich mich auf die 3 erften Bücher.
S 53,4 er füllt die jenfeits des Himmels und der Welt
(exift.) Kräfte der Engel und der Geifter mit verftändi-
gen und vernünftigen ovöiai | er f. — die Machtwefen von
Engeln und Geiftern und verft. und vern. ovoiai an mit
etc.; die Engel etc. find eben die övva/ieiq; ovöicu voegai
x. Xoyixai find — hier himmlifche — Einzelwefen vgl.
S. zu 59,14 und 60,0 des Buches. S. 55,36 Diefem ent-
j fpricht das königl. Gefetz und Wort | bei ihm (Gottvater)
bleibt in beftändiger Vereinigung der Xoyoq. 84,25 ihn
aber, der allein jenfeits der Welt ift | den aber jenfeits
d. W. befindlichen, allein wahren loyoq Gottes; fo hat
[ auch S. 86,15 Denn derartig war das, was alle Scharen
zu fehen bekamen, die fich bekümmerten um die Dinge,
die in diefen (Schaufpielen gezeigt wurden) | Denn d.
waren die Schauftücke, zu denen fich alle Scharen drängten
. S. 116,9 Reichlich war das Gotteswort bei den damaligen
Königen (vorhanden) | von den G. war — viel
die Rede, auf die G. wurde bei . . . viel Rückficht genommen
. 122,19 die Meinung (über die Götzen) ift eitel |
die Hoffnung auf — ift eitel. 127,26 kaum verftändlich:
die, die ihren Sinn in Wahrheitsliebe einrichten und das
Schöne nicht verläumden wollen | die in wahrheitsliebender
Gerinnung es (das Wunder) aufmerkfam betrachten
und auf das Schöne nicht fcheel fehen; ßaOxai-
va> heißt wohl auch verläumden, aber hier nicht, wo es
der S. richtig mit ÜDrt wiedergibt, was nie verl. ift.
132,23 es beftanden in der ganzen Welt — falfch für: es
entftanden oder beliehen (övveorrj) (auch im Folgenden
find die Präterita falfch). Trotz des vortrefflichen Grund-
fatzes, daß Mißverftändniffe des S. nicht zu überfetzen
find, geht er doch oft genug in folchen Fällen mit S.
Hand in Hand gegen G. Aus den zahlreichen Fällen der
Art feien nur folgende hervorgehoben. S. 84,27ff. bringt die
Überfetzung den klaren Sinn des Zufammenhangs nicht
zum Ausdruck, weil fie auf dem doppelten mißverftänd-
lichen nrDYTja des S. beruht. 130,23fr. wird ohne erficht-
lichen Grund der S., der die Konftr. des G. zerreißt und
mißverfteht, befolgt. Ebenfo wird 135,14 fr. mit dem S.
der gutgefügte Gedankenbau des G. zerriffen, vgl. auch
unten über diefe Stelle. Ebenda ift auf Grund des S.
falfch überfetzt: und Scharen von Jungfrauen, die in
vollk. Heiligkeit die ganze Zeit ihres Lebens exiftieren
— ftatt: Scharen von Jungfräulichen (männl. und weibl.),
die ihr ganzes Leben vollk. Keufchheit geweiht haben.
139,8fr. überfetzt er mit S. falfch: Welcher Gott — hat
bald fo fchnell wie der Lauf der Sonne — die Erde er-