Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1906 Nr. 10

Spalte:

309-310

Autor/Hrsg.:

Vogt, Ernst

Titel/Untertitel:

Erzbischof Mathias von Mainz (1321-1328) 1906

Rezensent:

Werminghoff, Albert

Ansicht Scan:

Seite 1

Download Scan:

PDF

309

Theologifche Literaturzeitung 1906 Nr. 10.

31U

diefes Buch felbft gefchrieben habe. Scherer zeigt, daß j Indem V. allein die Tatfachen fprechen läßt, erzielt er
das nicht wohl glaublich ift und kann feftftellen, daß ein nachhaltigere Wirkung, als wenn er ihre Erzählung durch
Ire Cadmug (er nennt fich am Schluffe des Johannes- Betrachtungen allgemeinfter Art unterbrochen hätte. Alles
evangeliums, der Name ift gut irifch) der Schreiber ift. in allem ein dankenswerter Beitrag zur Gefchichte Ludwigs
Einige Tafeln mit Proben des Textes der drei Co- des Bayern, für die auch nach C. Müllers grundlegendem
dices, dazu einige Photographien von charakteriftifchen Werke noch genug zu tun übrig ift. Gerade weil V. die
Blättern machen den Schluß der Publikation. Es fei er- politifchen Verfchiebungen jener Jahre info weit aufzuhellen
wähnt, daß Scherer auf die Ornamentik der Einbände, fich müht, als fie auf Mainz wirkten und von Mainz aus
überhaupt alles Künftlerifche, in minutiöfer hiftorifcher j beeinflußt wurden, hat er feiner Abhandlung die innere
Würdigung eingeht und auch damit feiner Feftgabe : Abrundung zu geben vermocht. Er fchreibt ohne hohles
bleibenden Wert gibt. Pathos, hin und wieder freilich in allzu pointierter Kürze

u'Ttf-^nhnfViT (vgl- z« B. S. 16 unten), die dem rafchen Verftändnis kleine
Böttingen.___f. Kattenouicn. kinderniffe bereitet, im ganzen aber in fchlichter Klarheit,

Vogt, Dr. Ernft, Erzbifchof Mathias von Mainz (1321—1328).
Berlin, Weidmannfche Buchhandlung 1905. (V, 68 S.)

gr. 8° M. 2— nachläffigt ftets willko mmenen Ertrag verheißt.

Vogts Studie über den Erzbifchof Mathias von Mainz Qreifswald. A. Werminghoff

ift erwachfen aus der Mitarbeit ihres Verfaffers an den &

die den Lefer dauernd feffelt. Wir möchten der Hoffnung
Ausdruck geben, daß die Studie die Vorläuferin fei zahlreicher
anderer aus demfelben Gebiete, das allzulange ver-

Regeften der Erzbifchöfe von Mainz, deren Weiterführung _
über das von Böhmer und Will erreichte Endjahr 1288 Fa'itlovitch, Jacques, Notes d'un voyage chez les Falachas

hinaus er und F. Vigener feit einiger Zeit übernommen (jujfs d'Abyssinie). Rapport presente ä M. le Baron

haben, um jetzt den Beginn ihrer Veröffentlichung in nahe
Ausficht ftellen zu können. Sie fteigert zugleich die Erwartung
auf das größere Werk, deffen Inhalt nicht allein
der lokalen Gefchichte, fondern auch der des deutfchen
Reiches und der Kirche am Ausgang des dreizehnten
und im Verlauf des vierzehnten Jahrhunderts zugute

Edmond de Rothschild. Paris, E. Leroux 1905.
(27 p.) gr. 80

Seit Jofeph Halevy im Jahre 1868 im Auftrage der
Alliance [sraelite Universelle die Falafchas befuchte und
nebft neueren Nachrichten über fie auch einiges aus ihrem

kommen wird. Sie kann endlich als Beifpiel dafür dienen, : dürftigen Schrifttume heimbrachte, war es keinem jüdifchen
daß dem verftändigen Benutzer von Regelten, die in der Reifenden gegeben, mit diefen durch Abdämmung und
chronologifchen Aneinanderreihung der Urkunden, in der 1 religiöfe Bräuche gleichmäßig merkwürdigen Anhängern
Angabe ihrer Überlieferungsformen und Drucke ihr Ziel des Judentums in Abeffinien in Berührung zu kommen. Der
erblicken müden, fich Kaufalzufammenhänge erfchließen, Verfaffer des gegenwärtigen Berichtes (ein Schüler Ha-
die dem oberflächlichen Lefer verborgen bleiben, und , levys) wurde durch den ausgezeichneten Philanthropen,
mit ihnen die Möglichkeit der pragmatifchen Darfteilung an den der Bericht fich wendet, im Jahre 1904 in den
der Gefchichte eines Erzbifchofs felbft. Gewiß, Mathias , Stand gefetzt, die Reife nach Abeffinien zu unternehmen,
von Mainz gehörte nicht zu den großen Erzbifchöfen des ^ von deren Verlauf und Erfahrungen er hier Rechenfchaft
größten deutfchen Erzftifts — V. meint mit Recht: ,Er ablegt. In dem Berichte gelangt ein warmes Intereffe
wäre ein guter Abt gewefen; daß er fich zum Erzbifchof für die durch die abeffinifche Geiftlichkeit arg bedrängten
von Mainz und damit zum Erzkanzler durch Deutfchland [ Glaubensgenoffen und der Wunfeh, ihrSchickfal den euroerheben
ließ, war fein Fehler, und man kann fagen, es päifchen Juden ans Herz zu legen, zum Ausdruck. Der
war fein Unrecht gegen Deutfchland' —, gleichwohl war ; Verfaffer hat auch zwei junge Falafchas, Phetie Jeremias
es ein glücklicher Gedanke, ihn monographifch zu be- | (S. 17) und Taamrat Immanuel (S. 18), beide aus der Nähe
handeln; denn die Gefchichte feines Lebens und Wirkens von Gondar, mit fich nach Europa gebracht, die hier unter-
ift zugleich ein Spiegelbild der Zeit, in der die Anta- i richtet werden follen, um dereinft in ihrer Heimat einen
gonien zwifchen den deutfchen Territorialfürften, zwifchen wohltätigen Einfluß auszuüben (S. 27). Er brachte auch
den beiden Gegenkönigen, zwifchen dem Königtum und einige Manufkripte in der Geez-Sprache mit, die Gebete
Papfttum aufeinanderprallten, um immer neue Konftel- ' und Bibelerklärungen enthalten und die er zu veröffent-
lationen zu erzeugen, in denen fich zu behaupten auch liehen gedenkt (S. 17). Näheres wird über diefe Handeiner
bedeutenderen Perfönlichkeit fchwer genug wurde. . fchriften nicht mitgeteilt. Wertvoll find die Angaben
V. verfteht es, die vielverfchlungenen Wege der Politik des Berichtes über die perfönlichen Berührungen desVer-
jener Tage zu entwirren. Durchfichtige Darlegungen be- faffers mit den an verfchiedenen Orten Abeffiniens woh-
gleiten die Erhebung des Grafen von Buchegg zum nenden Falafchas, über deren Leben und Befchäftigung
Erzbifchof von Mainz durch päpfthehe Provifion, die er manches mitteilt, jedoch ohne irgend welche ftatiftifche
Abmachungen zwifchen ihm und Johann XXII., feine > Daten. Die in Axum feßhaften Falafchas konnten nur
Beziehungen zu Heften, zu Ludwig dem Bayern und der fchwer davon überzeugt werden, daß der Reifende ein
habsburgifchen Partei, feine Stellungnahme zu den Pro- Jude fei, und daß es im fernen Europa Bekenner der
zeffen Johanns XXII. und den Plänen einer neuen Königs- 1 Lehre Mofes' gebe (S. 13). So fehr leben diefe Leute
wähl, fein Verhältnis fchließlich zur Bürgerfchaft von außerhalb jedes Zufammenhanges mit der großen Kultur-
Mainz und dem Regularklerus feiner Provinz, dem er, weit. Was der Verfaffer im zweiten Teile feines Berichtes
der ehemalige Mönch, fich zugetan erwies. So weitet (S. 19—27) über das foziale und religiöfe Leben der Fa

fich die Biographie trotz ihres geringen Umfangs aus
zum charakteriftifchen Bilde der Tätigkeit eines Kirchen-
fürften in der erften Hälfte des vierzehnten Jahrhunderts;
die Regelten werden ihm zwar noch einige, hier nur erft
angedeutete Züge hinzufügen, aber als Ganzes wird es keine

lafchas mitteilt, beftätigt unfere bisherigen Kenntniffe
über diefelben k Bedeutfamere neue Daten enthält der
Bericht kaum; doch ift es von Wert, wieder durch einen
neuen Augenzeugen frühere Angaben beftätigt zu finden.
Wir dürfen dem Verfaffer wohl Glauben fchenken, wenn

wefentlichen Modifikationen erfahren. Zumeift gelungen er- er berichtet, daß fich unter den Falafchas der Trieb, ,fich
fcheint der erfte Abfchnitt, ein Paradigma gleichfam für die ! zu regenerieren und aus der fie umgebenden und erfticken-
Methode, mit der die römifche Kurie die Provifionen für er- | den afrikanifchen Barbarei loszukommen', geltend zu

ledigte Reichskirchen handhabte, aus ihnen für ihre Politik
und ihre finanziellen Anfprüche Nutzen zu ziehen verftand
(vgl. jetzt auch H. V. Sauerland, Korrefpondenzblatt
der Weftdeutfchen Zeitfchrift XXIV, 1905, S. 206ff.).

machen beginnt (S. 26). Da fie ein gefundes Familienleben
(ausfchließliche Monogamie) führen und zumeift

1) Über die Falafchas f. Jrwish Encycloptiiia V, 327—330.