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Ausgabe:

1906 Nr. 7

Spalte:

203-204

Autor/Hrsg.:

Bauer, Adolf

Titel/Untertitel:

Die Chronik des Hippolytos im Matritensis graecus 121 1906

Rezensent:

Dräseke, Johannes

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203

Theologifche Literaturzeitung 1906 Nr. 7.

204

ändern laden, wenn auch Manches dadurch nicht recht
zur Anfchauung kommt vgl. Karte X B.

Wir fchließen mit nochmaliger Verficherung des
Dankes und der Freude über das fchöne Werk.

Gießen. Köhler.

Bauer, Adolf, Die Chronik des Hippolytos im Matritensis
graecus 121. Nebft einer Abhandlung über den Sta-
diasmus Maris Magni von Otto Cuntz. Mit 1
Abbildung im Text und 5 Tafeln. (Texte und Un-
terfuchungen zur Gefchichte der altchriftlichen Literatur
. Herausgegeben von Oscar von Gebhardt und
Adolf Harnack. Neue Folge. Vierzehnter Band,
Heft I.) Leipzig, J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung
1905. (VI, 287 S.) gr. 8° M. 8.50

Die Tatfache, daß die Chronik des Hippolytos in
dem von Forfchern oft eingefehenen Cod. Matr. gr. 121,
wie Bauer endlich richtig erkannte, wenigftens in ihrem
Anfang (f. 5ir—f. 82v) in urfprünglicher griechifcher
Faffung noch vorliege, wurde zuerft durch eine Mitteilung
des glücklichen Entdeckers an Harnack (Gefch. d. altchr.
Lit. II 2,239fr.), fodann in der von ihm und Strzygovvski
herausgegebenen Alexandrinifchen Weltchronik (Wien
1905) S. 93 (vgl. meine, diefe wichtige Tatfache befon-
ders hervorhebende Anzeige in diefer Lit.-Ztg., Nr. 22
v. 28. Okt. 1905, Sp. 596) kundgegeben. Der Beweis, den
er dort an anderem Orte zu liefern verfprach, daß nämlich
die im Cod. Matr. ohne Verfaffernamen als JJvvaycoytj
ygjovmv xai ercäv ajcb xriösmq xoöuov %oaq xf]q evsöxojOrjq
rjfiegaq erhaltene Chronik eben die des Hippolytos fei,
liegt nunmehr in dem obengenannten Werke vor, und
zwar fo vollfländig und überzeugend geführt, daß ein
Zweifel nicht mehr dagegen aufkommen kann. Insbe-
fondere ift von B. die Berechtigung der älteren Anficht
(Ducange, Mommfen, v. Gutfchmid, Geizer u. a.) be-
wiefen worden, der zufolge die beiden fogenannten libri
generationis und die ihnen entfprechenden Abfchnitte im
fogenannten Barbaras Scalig. drei von einander unabhängige
lateinifche Überfetzungen der Chronik des Hippolytos
find. Höchft dankenswert find zunächft die genaueren
Nachrichten über die Befchaffenheit und Herkunft des
Cod. Matr. (1. S. 3—20). Von der irrtümlichen Unter-
fcheidung vier verfchiedener Werke und Verfaffer im Matr.
121 f. 51—f. 82, wie fie Iriarte aufftellte, braucht nach
B.s forgfältigen Nachweifungen (S. löff.) jetzt nicht mehr
geredet zu werden. Aber auffällig ift, daß weder von
Iriarte noch allen folgenden, mit jenen Blättern fich be-
faffenden Gelehrten die f. 51 ff. erhaltenen Kapitelüberfchrif-
ten und die Vorrede zur Chronik mit den beiden librigenerat.
verglichen wurden, wodurch Hippolytos als Verfaffer
des ganzen dort vorliegenden Stoffes fich längft hätte
feftftellen laffen. Cod. Matr. 121 flammt aus dem Beütz
des Konft. Laskaris, der die Refle diefer einft erheblich
umfangreicheren Hf. fowie Cod. Matr. 71, beide in ver-
wahrloftemZuftande, während feines Aufenthalts in Meffina
(Ende des 15. oder Anfang des 16. Jahrhdts.) von demfelben
Händler erftand. Da diefer dieHff.in Teile zerlegte und diefe
Bruchftücke an verlchiedene verkaufte, fo ift die Hoffnung
nicht ausgefchloffen, daß, ebenfo wie fich zu dem von
Laskaris erworbenen Matr. 71 der Anfang hinzugefunden
hat, auch zu Matr. 121 fich das Ende, d. h. der weitere
Text der Chronik des Hippolytos irgendwo wiederfinden
wird. Das Fehlende dürfte, wie B. im 2., den erhaltenen
Text der Chronik des Hippolytos bringenden Abfchnitt
(S. 20—134) meint, ungefähr die Hälfte des Werkes ausgemacht
haben, ,falls nicht die lateinifchen Überfetzer
gegen Ende fchon viel ftärker gekürzt haben als anfangs;
in diefem Falle wäre etwa die kleinere Hälfte des
griechifchen Textes erhalten' (S. 21). Ich erwarte für
die auf den Diamerismos folgenden Abfchnitte von der

! durch Chalatiantz aufgefundenen armenifchen Über-

I fetzung der ganzen Chronik des Hippolytos allerdings
ein wenig mehr, wofür ich die Gründe in diefer Lit-

! Ztg. a. o. a. O. Sp. 596 dargelegt habe. B. gibt nunmehr
die Chronik des Hippolytos in vier nebeneinanderflehenden
Texten, nämlich Chron. Alex. (Barb), Cod.
Matr., Lib. gen. I und Lib. gen. II in forgfältiger Text-
faffung, mit einem von umfaffender Sachkenntnis zeugenden
, fortlaufenden Kommentar, der alles Lob verdient
. Eine Vergleichung der drei lateinifchen Faffungen
mit dem griechifchen Text beftätigt die Richtigkeit der
Anficht Mommfens, daß der vom Barb. überfetzte alexan-
drinifche Chronift aus dem Anfang des 5. Jahrhdts der
griech. Vorlage am treueften gefolgt ift, während die
beiden libri generat. mehr oder weniger ftark kürzen:
eine Tatfache, die, für die zweite Hälfte und den Schluß der
Chronik vielleicht in noch weiterem Umfang anzunehmen,
mir eben die Berechtigung zu der Hoffnung zu enthalten
fcheint, das uns Chalatiantz's demnächft doch wohl zu
erwartender armenifcher Text den ganzen Hippolytos
und damit einen, den bisherigen fachlichen Beftand vielleicht
nicht unerheblich überfteigenden, Zuwachs bringen
wird, was übrigens auch B. (S. 150) für wahrfcheinlich
hält. — Die Beilage zu diefem Abfchnitt: L Cod. Vind.
theol. 153 (S. 135/6) und IL die Lifte der 72 Völker im Matr.
121 (S. 136—140) mögen hier nur genannt fein. — Aus
dem 3. Abfchnitt über ,Die Chronik des Hippolytos'
(S. 140—158) ift der Nachweis der Tatfache von befon-
derer Wichtigkeit, daß die Chronik im Jahre 234/235
gefchrieben und vor dem fardinifchen Exil des Hippolytos
veröffentlicht, das IO. Buch der Refutatio aber —
nicht die früheren —, welches c. 30 auf die Chronik
Bezug nimmt, auf Sardinien 237 oder noch fpäter verfaßt
ift. In der Chronik erweift fich Hippolytos ähnlich
wie im 1. Buch der Refutatio, als ein mehr oder weniger
gefchickter Bearbeiter eines schon vorhandenen, fchul-
mäßig überlieferten Stoffes. Er hat aber, wie B. überzeugend
zeigt, ein Papftverzeichnis nicht gegeben. In
der III., die tatlächliche Rückbeziehung von Ref. X, 30.
31 auf die Chronik behandelnden Beilage (S. 158—162)
hätte, wie auch fchon S. 25, ftatt der Schneidewin-Dun-
ckerfchen Ausgabe der Ref. von 1859, die von P. Cruice

j (Paris 1860) angeführt und benutzt fein follen. Hat doch
diefer f. Z. mit Rat und Beihülfe E. Egger's fich ernftlich um
die Aufhellung und Heilung einer ganzen Reihe von
Stellen (vgl. die auf S. 254, 256, 257, 259, 261, 263, 268,
270, 273, 274, 275, u. ff. befindlichen nebft den dazu gehörigen
Anmerkungen) bemüht, an denen Schneidewin
fich nicht verfucht hat. Betreffs der genannten Stelle
verweife ich übrigens auf meine Bemerkungen ,Zur Refutatio
omnium haeresium des Hippolytos' in der Zfw Th.YAN,
S. 272/273. Der .Nachwirkung der Chronik des Hippolytos
' ift der 4. Abfchnitt (S. 162—242) gewidmet, ins-
befondere dem Nachweis, in welchen Chroniken und
durch welche Vermittelung der Diamerismos des Hippolytos
benutzt wurde, und welche der erhaltenen Faffungen

I des Diamerismos von dem des Hippolytos unbeeinflußt
find. B. führt uns von Epiphanios aus über ein weites,
wüftes, von alexandrinifchen, byzantinifchen undantioche-
nifchen Chroniften bearbeitetes Gebiet bis zu den Syrern
und Armeniern und veranfchaulicht die vielfach ver-
fchlungenen Wege der Überlieferung in einem auf Tafel
V enthaltenen Stemma, während die Tafeln I—IV pho-
tographifche Hff.-Nachbildungen bringen, welche uns
einen Einblick in die Eigenart des Cod. Matr. 121 gewähren
. — Auf O. Cuntz's wertvollen Beitrag: (5) ,Der
Stadiasmus Maris Magni' (S. 243— 276)fei hier nur hin-
gewiefen. Indices (S. 277—287) fowie Nachträge und
Berichtigungen (S. 258) befchließen das an neuen, für
Theologie und Gefchichtsforl'chung gleich wertvollen Er-
gebniffen überaus reiche Werk.

Wandsbeck. Johannes Dräfeke.