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Ausgabe:

1906 Nr. 7

Spalte:

195-200

Autor/Hrsg.:

Strack, Hermann L.

Titel/Untertitel:

Die Genesis übers. u. ausgelegt. 2., neubearb. Aufl 1906

Rezensent:

Baentsch, Bruno

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Theologifche Literaturzeitung 1906 Nr. 7.

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auf einem Altar aus Mafchnaka bei Byblos (Renan, Mission
, Taf. XXXII, 2; Vellay S. 288) kann vielleicht dem
Adonis gelten. — Noch beftimmter als die Anfchauung
von der Rolle des Sonnendienftes bei den Phöniziern
ift abzulehnen die andere, von Vellay mit Sicherheit
vertretene Annahme, daß Adonis-Tammuz nach einem
,in den orientalifchen Religionen beinahe allgemeinen
Dogma' androgyner Natur fei (S. 29. 90). Diefe Vor-
ftellung ift im femitifchen Altertum überhaupt fchwer-
lich nachzuweifen.

Beffer als der den Kult behandelnde Teil ift der
über die Fefte. Der Verf. wird wohl recht haben mit
der Annahme, daß die Adonisfeiern an verfchiedenen
Orten verfchiedenen Jahreszeiten, bald dem Frühling und
bald dem Hochfommer, angehörten.

Zur Charakterifierung der philologifchen Kenntniffe,
der Quellenbenutzung und des Urteils des Verf.s gebe
ich nur je ein Beifpiel: S. 21 läßt er die Gottesnamen
,Elioun, Ellens [?]' aus dem Gottesnamen ,El' entttanden j
fein, was doch niemand tun kann, der mit den Elementen
einer femitifchen Sprache vertraut ift; S. 67
findet er zu Karthago den Adonis ,sous son nom plus
special de Thammouz', wofür ein Beleg nicht angegeben
wird, wie ich nach dem mir Bekannten annehmen muß,
aus gutem Grunde; S. 187 (vgl. S. 174) werden die
,hauts-lieux', die Bamot, für Darftellungen des Phallus
ausgegeben, wovor doch einfach die Beobachtung der
lokalen Befchaffenheit vieler bekannter Höhenorte hätte
bewahren können.

Unter Vergleichung folcher Behauptungen darf man
fich nicht allzuviel Gedanken darüber machen, wie der
Verf. die immer wieder von ihm aufgeftellten Parallelen
zwifchen dem Adonisdienft und dem chriftlichen Glauben j
an den Gekreuzigten und Auferftandenen verlteht. Auch
Brot und Wein des Abendmahls werden S. 184 zu dem
Adonisdienft in Parallele gehellt: Adonis als Gott des
Pflanzenwuchfes wird gezwungen, dem Brote zu ent-
fprechen und mit Dionyfos, dem Weingott, identifch '
zu fein. Ernfthaft zu nehmen und nicht unintereffant
ift ein vom Verf. wiedergegebener Bericht aus dem Bereich
der orientalifchen Kirche, der Anklänge an Gebräuche
der Adonisfeiern in den öfterlichen Riten aufweifen
mag (S. 181 f.). Auch ift mir, foweit ich mir auf
dem Gebiet der Kunftgefchichte ein Urteil erlauben darf,
mit dem Verf. nicht unwahrfcheinlich, daß die Pieta der
chriftlichen Kunft in gefchichtlichem Zufammenhang fleht
mit der Darfteilung des fterbenden Adonis auf dem
Schöße der Venus wie in dem pompejanifchen Bilde zu
S. 185.

Unter den Anhängen find der erfte, eine Überfetzung
der Sanchuniathonfchen Fragmente von Seguier de
Saint-Briffon vom J. 1846, und der zweite, die Überfetzung
des Abfchnittes über den Eber in der orientalifchen
Mythologie bei Movers, veraltet.

Das Buch hat für den Fachmann, der in der Lage
ift, es korrigierend zu benutzen, den Wert einer Material-
fammlung, die freilich nicht vollftändig ift, in diefer Reichhaltigkeit
fich aber anderswo meines Wittens nicht findet.

Berlin. Wolf Baudiffin.

Strack, a.o. Prof. D, Dr. Hermann Lv Die Genefis überfetzt
und ausgelegt. Zweite, neubearbeitete Auflage.
(Kurzgefaßter Kommentar zu den heiligen Schriften
Alten und Neuen Teftaments, fowie zu den Apokryphen
, herausgegeben von H. Strack und O. Zöckler.
A. Altes Teftament, erfte Abteilung, erftes Heft.)
München, C. H. Beckfche Verlagsbuchhandlung 1905.
(XI, 180 S.) Lex. 8° M. 3.50; geb. M. 4.50

Stracks Kommentar über die Genefis ift zuerft zu-
fammen mit der Erklärung der Bücher Exodus, Leviticus
und Numeri im Jahre 1894 erfchienen, in einer Sonder- |

ausgäbe erfchien er 1896 und jetzt liegt er in 2. Auflage
vor. Diefe ift gegen die frühere um 1 Bogen vermehrt.
In Wahrheit würde nach des Verfaffers Berechnung die
Vermehrung etwa 3 Bogen betragen, wenn für alleZufätze
der alte Satz beibehalten und nicht vielmehr ein engerer
Satz angewandt wäre. Die Zufätze enthalten zum guten
Teile Auseinanderfetzungen mit den Ergebniffen der
Affyriologie (vgl. S. 5 ff. 24 35 ff. 42 h 57); ein ziemlich
umfangreicher (S. 73—97) enthält Ausführungen über
die Glaubwürdigkeit der Patriarchengefchichte. Auch
die Noten enthalten mancherlei neues, das uns zeigt,
daß derVerfaffer die neueren Arbeiten und Forfchungen
forgfam verfolgt hat. Im übrigen ift aber Anlage und
Charakter des Kommentars, der in erfter Linie der kur-
forifchen Lektüre dienen und das erfte fprachliche und
fachlicheVerftändnis des hebräifchen Wortlautes vermitteln
(alfo das Studium größerer Kommentare keineswegs über-
flüffig machen) will, fich gleich geblieben.

Der unbeftreitbare Wert des Kommentars, der auch
von den theologifchen Gegnern des Verf. anerkannt zu
werden verdient, liegt in der überaus reichhaltigen und
forgfältigen Erklärung der grammatifchen und
fprachlichen Erfcheinungen, die fich zum größten
Teile in den unter die Überfetzung des Textes gefetzten
Noten findet, z. Tl. aber auch die Form ausführlicher
Exkurfe annimmt, denen der Verf. dann einen Platz
unter den auf die Überfetzung einzelner Partien folgenden
allgemeineren Erörterungen angewiefen hat. vgl.
S. 26. 77. 90. 108. 135. Auch die Sacherklärung', die
Erläuterung hiftorifcher, geographifcher, archäologifcher
Angaben und ethnologifcher Nachrichten (vgl. z. B. zu
Gen. 10 u. 14) i(t i. G. zuverläffig und für kurforifche
Lektüre refp. für die erfte Orientierung vollkommen
ausreichend. Wir können demnach das bereits über die
1. Auflage in diefer Zeitung gefällte Urteil (vgl. Jahrg.
1895 Nr. s) uns im wefentlichen aneignen und den Kommentar
Stracks für den Anfänger als Einführung in die
Pentateucherklärung empfehlen. In der Tat, wenn unfere
Studierenden, anftatt fich gleich auf einen größeren und
intereffanteren Kommentar zu ftürzen, fich die allerdings
etwas entfagungsreiche Arbeit auferlegen wollten, zuvor
jedes Kapitel der Genefis Wort für Wort unter Benutzung
des Strackfchen Kommentars im Grundtexte zu ftudieren,
und zwar fo zu ftudieren, bis fie über keine Form und
keinen Punkt mehr im Zweifel find, fo würden fie hinterher
nicht nur die größeren Kommentar-Werke mit um
fo größerem und nachhaltigerem Nutzen lefen, fondern
vor allem auch ihre hebräifchen Kenntniffe, die bei dem
Durchfchnitt unferer Theologen heutzutage einen faft hoff-
nungslofen Tiefltand erreicht haben, wieder auf eine ge-
wiffe Höhe bringen.

Zu loben ift ferner, daß Strack die Quellen-
fcheidung für die Genefis und die folgenden Bücher
anerkennt und fie infofern auch durchgeführt hat, als
er die zu P gehörigen Stücke mit Schwabacher Schrift,
die zu JE gehörigen in Antiqua-Schrift hat fetzen laffen.
Eine durchgängige Scheidung von J und E ift nicht angedreht
, wohl aber hat der Verf. die Scheidung diefer
beiden Quellen dort, wo die Kompofitionsverhältniffe
durchfichtig find, durch die an den Rand gefetzten
Zeichen J und E hinreichend deutlich gekennzeichnet.
Darin liegt ein bedeutfamer Fortfehritt über die erfte
Auflage hinaus, den wir um fo freudiger begrüßen, als
er uns zeigt, wie die richtige Einficht in die Entftehung
des Pentateuchs fich immer mehr auch nach rechts hin
durchzufetzen beginnt.

Durften wir bis hierher dem Verf. unfere rückhalt-
lofe Zuftimmung ausfprechen, fo bedauern wir, in faft
allen übrigen wefentlichen Stücken feinen Anfchauungen
gegenüber uns ablehnend verhalten zu müffen. Auszu-
fetzen haben wir zunächft, daß Strack aus der Quellen-
fcheidung nicht die nötigen Konfequenzen zieht.
Scheidet man die einzelnen Quellen, fo muß man auch