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Ausgabe:

1905 Nr. 6

Spalte:

174-175

Autor/Hrsg.:

Grabmann, Martin

Titel/Untertitel:

Die Lehre des heiligen Thomas von Aquin von der Kirche als Gotteswerk 1905

Rezensent:

Tschackert, Paul

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Seite 1, Seite 2

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Theologifche Literaturzeitung 1905 Nr. 6. 1,4

hier eine muftergültige Ausgabe erlebt, aber der Anfang
ift gemacht, hoffen wir, dal,! bald die Kirchengefchichte,
die Rriefe und die Mönchsbiographien folgen!

In einer ausführlichen üiffertation de Tlicodorcti graec.

nicht das Richtige bei SCV und Luis aufbewahrt fein:
xo /zilöoc? Zumal Thdt dies Wort zur Bezeichnung der
heidnifchen Götzendienereien mit Vorliebe gebraucht, und
245 an auch Raeder rov uvoovc in den Text ffellen mul.i,

äff. cur. hatte fich der Kopenhagener Philologe Raeder während K /Eoovg, BL1 /wlrovc bieten?
f'chon 1900 als befähigt und bereit erwiefen, den in einer | Den Vorwurf der Konjekturiererei wird niemand
ganzen Menge von Handfchriften erhaltenen Text der gegen R. erheben. Er hat recht: feine Zeugen reichen
poiemifchen Jugendfchrift des Bifchofs von Cyrrhus nach zur Wiedergewinnung des Urtextes aus. Doch auch da
ltrer.gffer Methode und auf Grund forgfäitiger Arbeit in ift er nicht eigenfinnig, er übernimmt z. B. von C. J. Neu-
den Manufkripten herauszugeben; bald darauf machte mann 922 dyvoiac gegen das avoiaq aller codd.. und die
ihn der berühmte Römer G. Mercati auf einen bisher 1 Herftellung des allerwärts verdorbenen Textes 201 ig hat
überfehenen l'a/icanus (sc/. X. Nr. 2249) aufmerkfam, der, j er felber aufs glücklichfte vollzogen.

wie R. bald beftätigen konnte, unter den Zeugen den Am eheften hege ich Bedenken gegen feine lext-

oberlten Rang verdiente. Im Rheinifchen Mufeum 1902 : entfeheidungen bei Bibelzitaten. Dort, wo wir über die
(5744K-4.-.9) referierte er über den Fund und fügte gleich Gefchichte der Überlieferung verhältnismäßig beffer als
noch wertvolle Notizen bei über die Benützung von bei einem der fonft von Thdt ausgefchriebenen auetores
Theodoretftellen bei Byzantinern, namentlich Anaftafius unterrichtet find, muß man fich vor der Entfcheidung im
Sinaita und Georgius Hamartolus. einzelnen ein Urteil über den Gefamttypus vom Bibeltext,

Wegen diefer Vorarbeiten hat Raeder die Praefatio den Thdt gebraucht haben wird, bilden und die Varian-
zu feiner Ausgabe faft zu kurz gehalten; wer feine Lei- tenverzeichniffe nachfchlagen. Wo die gleiche Bibelftelle
ftung würdigen und nachprüfen will, kann jene nicht von Thdt fonft noch einmal, vielleicht gar in einem
entbehren. Zur Lektüre des Theodoret reicht das Buch Kommentar, der das Detail des Wortlauts feffftellt, annatürlich
aus. der Text ift mit bewundernswerter Akribie geführt wird, darf man das nicht ignorieren; z.B. fpricht
herausgearbeitet, die Reihen der Auetores und Testimonia aufS. 2635 Jef. 554 für die Lesart von K jiQOöxäöOovTa tc
unter den Textfeiten (wie am Schluß S. 324—339 zufammen- iifvtotv (ehr das Zitat in Thdt.s Eranistcs Dia/. 1. (ed. Hai.
geftellt. und an ihrem Platz unter den Scripturae Sacrac IV 35). Bei Betrachtungen diefer Art wächft noch in
/('«'auch die Bibelzitate) find fo vollzählig wie nur mög- etwas die Autorität von K, BL feheinen nach ihrem
lieh: beim textkritifchen Apparat waren Knappheit und Normaltext zu korrigieren. — Aber auch der übrige
Vollftändigkeit die Richtziele. Sehr gern fände ich auch Theodoret liegt dem Herausgeber wie außer dem Ge-
ein Regifter der Namen, Sachen und wichtigeren Wörter; fichtskreife. Würde er z. B. fo unerbittlich in allen Fällen
das würde den Herausgebern anderer Schriften Theo- auf der Schreibart äv/ö*t]v ftatt des hergebrachten uvaiönv
dorets oft die Arbeit erleichtern können, da der Index beliehen, wenn er an Thdt h. eccl. I 28 gedacht hätte, wo
graccus in der Ausgabe von Nöffelt und L. Schulze trotz ein dvuidnv ißöa alsbald durch dvaiötatiQOV eßoa ge-
leines riefigen Umfangs fo wenig befriedigt wie der dor- fteigert wird? Theodoret fchreibt, je älter er wird, um
tige Index rerum. Den Raum hierfür hätte R. m. E. ohne fo weniger in der attifierenden Schulfprache, aber viele
Schaden am Apparat abfparen können, wenn er die zahl- ftiliftifche Eigentümlichkeiten geleiten ihn durch das ganze
lofen orthographifchen Fehler — außer wo fie auf falfches Leben: beim Zweifel über die Wahl zwifchen zwei ver-
Verftändnis Ichließen lallen oder ein falfches veranlaßt fchiedenen Worten, die in den Handfchriften geboten
haben — aufzuzählen unterlaffen hätte. Gewiffe Kategorien werden, z. B. ob vo/ioq oder koyoq, ob Xoyta oder (iz/iiaxa,
diefer Varianten fchlicßt er ja laut S. IV von feinen Ver- wäre die Heranziehung von Parallelen aus anderen Schriften
zeichniffen aus, wie yiyouat oder yiyv., S,vv- oder cw-, desfelben Verfaffers fehr erwünfeht. Hoffentlich fährt
Eliüonen und A" £<pt-).xv6xixdv. Aber die Itacismen und Raeder mit der Herausgabe von Thcodorctiana (warum nicht
was in das Gebiet gehört, wie o ftatt vj, cu ftatt £ und , des Eranistesf) fort, dann findet fich diefe Ergänzung von
umgekehrt, find nur ausnahmsweife wertvoller. Sobald felber: in der Hauptfache befitzen wir durch ihn wenn
man dem noch Schreibfehler zuzählt wie jiaujtö/.ovc. ft. auch nicht einen vollkommen neuen, fo doch vielfach
/./.. s.rtoot] ft. xrio/j, fo würden, falls R. diefe Kleinigkeiten berichtigten Text von Theodorets antihellenifcher Schrift;
aus dem Apparat fortgelaffen hätte, ganze Seiten übrig nur äußerft feiten noch wird nicht fein Text oder wenigbleiben
, auf denen S (der codex Scorialcnsis) ausnahmslos ftens fein Apparat das Urfprüngliche bergen,
das Richtige vertritt. Und dies eine Bedenken habe ich Marburg. Ad Iii Ii eher

gegen den kritifchen Standpunkt Raeders, daß er in Ge- '
fahr ift, den Zeugen S zu unterfchätzen. Sicher hat er L

recht, wenn er gegen V und C als Vertreter der unterften Grabmann, DD. Martin, Die Lehre des heiligen Thomas von
Klaffe ftarkes Mißtrauen hegt, fie find z. T. gröblich inter- Aquin von der Kirche als Gotteswerk. Ihre Stellung im
poliert. KBL mögen den Namen der heften Klaffe, MS thomiftifchen Syftem und in der Gefchichte der mittel-
den von Codices mtxti verdienen Aber K hat immerhin, alterlichen Theologie. Regensburg. Verlagsanftalt
wie R. wohl weiß, recht viele Fehler, namentlich Aus- ,r,< r T " /VTI& f on s_.

laffungen emzelner Worte und Silben, BL werden wieder- ! vorm; G" J? Manz l#>3- (XU, 3'5 S.) gr. 8« M. 4-
um in zweifelhaften Fällen durch K überwiefen: fie haben Es ift bekannt, daß Thomas von Aquino in feiner

noch ein halb Mal fo viel Fehler als K. Darf da die Summa theologica einen Abfchnitt de ecelesia nicht hat;
Übereinftimmung von K mit BL oder auch fchon mit man wird diefe merkwürdige Lücke einfach daher er-
einem von ihnen als Garantie der Echtheit, innere Gründe klären dürfen, daß die Kirche, in der er lebte, für fein
unangefehen, gelten? Ich meine, um fo weniger, als z.B. Denken felbftverftändliche Vorausfetzung war. 'Es lohnt
S. 132 die Abdämmung von KBL aus einem wenn auch fich alfo, diefen von ihm vorausgefetzten und hier und
recht guten, fo doch nicht fehlerfreien Archetyp feftlegt: da durchleuchtenden Kirchenbegriff aus feinen Schriften
Z. 5 und Z. 21 laden nur diefe 3 je 3 oder 4 Worte aus zu eruieren. Der Verfaffer verfucht dies, befchränkt aber

— allerdings/«- homocote/euton. aber doch kaum zufällig feine Aufgabe auf die Darftellung ,des göttlichen Momen-

— und bloß diefe 3 lefen Z. 10 7) öi diulia xal rd jtdffoc tes' des thomiftifchen Kirchenbegriffs d. h. derjenigen
ioyvnt-v T)jV ioyäCETcu. R. nimmt zwar jtd'&oq in Seiten, wodurch fie als .Gotteswerk' in ihrem Wefen und
feinen Text auf, ich geftehe aber, dem Zufammenhang Leben erkannt wird. Der religiöfe Begriff der Kirche bei
nach fcheint mir als konfervativer Faktor das iDoc. Thomas wird alfo dargeftellt. Nach einer gefchichtlichen
der Ihrigen beffer empfohlen. Und follte 200 ig öußn Orientierung über die Stellung des thomiftifchen Syftems
xal tu xjpr.'Aöictv r/jC £^a.Tar»/c 7) vöooq, wo KB für R. in der Gefchichte der Theologie und nach einer fyftema-
zeugen, L ö vöitoq. D (Trabant von M!) 0 uvfroq lefen, tifchen Darlegung des thomiftifchen Kirchenbegriffs im