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Ausgabe:

1905 Nr. 5

Spalte:

146-147

Autor/Hrsg.:

Schieß, Traugott (Hrsg.)

Titel/Untertitel:

Bullingers Korrespondenz mit den Graubündnern. I. Teil. Januar 1533 - April 1557 1905

Rezensent:

Virck, H.

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H5

Theologifche Literaturzeitung 1905 Nr. 5.

146

laffen. Joh. Gundelfinger aber S. 456, der Famulus
Ökolampads, ift der Augsburger Prädikant Joh. Seifried von
Gundelfingen (Roth, Augsburger Ref.-G. 1, 129. 2, 25). Zu
clitellarius S. 471 möchte Ref. wenigftens fragen, ob nicht
an Joh. Keßler, den Verfaffer der Sabbata, gedacht werden
könnte.

Sehr zu begrüßen ift Eglis Vortrag über Hein. Bullinger
, in dem er feinen äußern Lebensgang, feine Eigenart
im Vergleich mit Zwingli, feine Bedeutung für die
reformierte Welt und endlich feine Perfönlichkeit und fein
Privatleben fchildert. Es ift völlig begreiflich, daß diefer
Vortrag bei der kirchlichen Feier von Bullingers 400jähri-
gem Geburtstag vielfach in den Predigten benützt wurde.
Ganz befonders wertvoll ift die Mitteilung über Bullingers
Korrefpondenz, zu welcher im Jahr kaum ein Ries Papier
reichte. Es wird fich verlohnen, z. B. dem Verkehr Bullingers
mit Zittau und dem dortigen Stadtfchreiber weiter
nachzugehen und die ganze reiche Sammlung noch
auszubeuten. Hübfeh ift auch der Blick in das Privatleben
des Züricher Patriarchen, für den fchon der eine
Zug fpricht, daß eine Magd 34 Jahre bis zu ihrem Tod
in feinem Haufe diente und die Patin eines feiner Söhne
fein durfte. Egli weift auch nach, daß Zwingli Bullinger
als feinen Nachfolger für den Fall feines Todes in Ausficht
genommen hatte. Noch fei auf das Schreiben des
päpftlichen Nuntius Ennius, Bifchof von Verula, an Ammann
und Rat zu Appenzell mit der Bitte um Geleit
vom 26. März 1525 und das Teftament eines am 6. Okt.
1559 zu Zürich verdorbenen Engländers Ed. Frensham
aufmerkfam gemacht, wie auf die Kunftbeilagen, die
Bullingers Bild und Medaillen auf ihn und ein Fakfimile
feiner Handfchrift, fo wie ein Bild des Palazzo Arengario,
des Kaufhaufes inMonza, geben, von welchem aus Zwingli
am 8. Sept. 1515 eine Predigt an die Eidgenoffen hielt

wird Glareanus durch Heinrich Loriti erklärt; das ift
gerade, wie wenn ich einem des Hebräifchen Unkundigen
ein gängiges hebräifches Wort durch ein feltenes
Synonymon erklären wollte: Wer Glareanus nicht kennt,
dem ift mit dem anderen Namen erft recht nicht gedient
. Er muß wieder nachfchlagen, wenn er wirkliche
Orientierung fucht. Solches Nachfchlagen muß aber eine
derartige Ausgabe unnötig machen.

Die Ausftattung ift wieder vorzüglich. Schade,
daß einem der eigentliche Zweck des hübfehen Buches
nicht recht klar ift.

Erichsburg b. Markoldendorf (Hann.) Ferdinand C o h r s.

Bullinger's Korrespondenz mit den Graubündnern. I. Teil.
Januar 1533—April 1557. Herausgegeben von Traugott
Schieß. (Quellen zur Schweizer Gefchichte, herausgegeben
von der allgemeinen gefchichtsforfchenden
Gefellfchaft der Schweiz. Dreiundzwanzigfter Band.)
Bafel, Bafler Buch- und Antiquariatshandlung vormals
Adolf Geering 1904. (XCI, 482 S.) gr. 8° M. 11 —

Es war ein fchöner Gedanke, zur Feier der vor 4c»
Jahren erfolgten Geburt Bullingers deffen Briefwechfel
mit den Graubündnern zu veröffentlichen. Denn fchwer-
lich dürfte etwas geeigneter fein, die Bedeutung und den
Charakter Bullingers in das rechte Licht zu ftellen, als
gerade diefer Briefwechfel, der uns zeigt, in wie hohem
Maße die Entwickelung der evangelifchen Kirche in Graubünden
durch feinen Einfluß und fein Anfehen beftimmt
worden ift. Bullinger fendet den evang. Gemeinden die
Geiftlichen; er berät diefe in Glaubensfragen; er verforgt
fie mit Literatur und unterftützt fie auch in wirtfehaft-
licher Hinficht, indem er ihren in Zürich ftudierenden

vj c rt G. Boffert. Söhnen Stipendien auswirkt. Er bietet die Hand für die

a ern' ' j Heranbildung eines Stammes tüchtiger Geiftlicher, die

I fpäter in den Graubündner Gemeinden Verwendung fin-
Zwinglis Vademekum für gebildete Jünglinge. Nach dem | den follen Er ift darauf bedacht, die in Chur beftehende
Basler Urdruck vom Jahre 1523 neu herausgegeben I lateinifche Schule mit guten Lehrkräften zu verfehen; er
von Conftantin von Kügelgen. (Zeitgemäße Trak- wird nicht müde, einflußreiche Perfonen durch allerlei
täte aus der Reformationszeit. Heft 4.) Leipzig, I gu*e Dienfte, die er ihnen leiftet, fowie^durch gelegent-
n ■ rvTiT e on ™ o ! hche Ermahnungen auf die Seite der Evangelifchen zu

-8S ziehen und fie dazu anzutreiben, ihr Anfehen für die
Förderung der evang. Sache einzufetzen. Er berät nicht
zuletzt die Evangelifchen auch in politifchen Fragen, von
deren kluger Behandlung das Schickfal der Evangelifchen
in fo hohem Grade abhing, kurz es gibt kaum ein Gebiet
menfehlicher Fürforge, auf dem nicht Bullinger für die
Evangelifchen Graubündens tätig gewefen ift. Dabei zeigt

Was ich in meiner Anzeige des 3. Heftes der .Zeitgemäßen
Traktate' (vgl. Theol. Lit.-Ztg. 1904 Sp. 609 f.) ge-
fagt habe, muß ich hier wiederholen. Man weiß nicht
recht, welchen Leferkreis der Neudruck vorausfetzt.
Rechnet er auf einen weiteren Kreis, fo wäre dem latei-
nifchen Text auch hier beffer eine deutfehe Überfetzung

hinzugefügt worden, zumal wir eine alte Verfion der er eine Hoheit der Gefinnung, eine Befonnenheit des
Schrift (fchon aus dem Jahre 1524) befitzen; gilt der Neu- | Urteilsund bei einer durchaus männlichen Haltung eine
druck aber lediglich für gelehrte Kreife, fo hätte man 1 wohltuende Milde in der Einfehätzung und Behandlung
ihn fich in mehr als einer Hinficht ganz anders ge- j der Menfchen, die man bei feinen größeren Zeitgenoffen
wünfeht. unter den Reformatoren oft fchmerzlich vermißt. Nie-

Aber auch als populär-wiffenfehaftliche Schrift an- mand vielleicht hat Bucer gerechter beurteilt als Bullinger
gefehen hätte die Ausgabe leicht inftruktiver geftaltet 1 in einem Brief an Joh. Travers aus dem Jahre 1541
werden können. In der Einleitung wären einige orien- (Nr. 19), und kaum jemals ift ein Beftechungsverfuch fo
tierende Ausführungen erziehungsgefchichtlichen Inhalts mannhaft und doch fo fein zurückgewiefen worden als

am Platze gewefen; ich glaube, dafür wäre der Lefer
dankbarer gewefen als für die jetzt gebotenen Andeutungen
, die, damit fie recht verftändlich werden, erft aus
der angeführten, meift nur dem Theologen zugänglichen
Literatur ergänzt werden müffen.

Das führt auf zwei Anmerkungen, die dem Texte

in dem Brief, den Bullinger im Jahre 1553 an den fran-
zöfifchen Gefandten Jean du Fraiffe richtete (Nr. 238).
Diefer Brief ift meines Erachtens die Perle in der ganzen
Sammlung und gehört zu den fchönften, die überhaupt
in jener Zeit gefchrieben find. Wahrlich es ift kein Wunder
, daß alle, welche diefen Mann kennen lernten, ihm

hinzugefügt find. Auf S. 3 wird für weitere Nachrichten auch ihre uneingefchränkte Liebe und Verehrung be
über Ceporinus bezw. Wiefendanger auf Eglis Jubiläums- ' zeugten und fich gern und willig feiner Autorität unter-
ausgabe unferer Schrift (Zürich, 1884) verwiefen — übri- ! warfen. Leider find aus den erflen Jahren der Korregens
flehen die orientierenden Bemerkungen dort nicht fpondenz verhältnismäßig nur wenige Briefe von Bullingers
im Vorwort, fondern im Nachwort: S. 56 —; ja, foll Hand erhalten. Der vorliegende 1. Band gibt unter 332
denn der Benutzer diefer Ausgabe fich nun noch wieder nur 27. Der 2. Band indes, der dem erften hoffentlich
eine andere Ausgabe verfchaffen, um zur Klarheit zu bald folgen wird, foll dafür defto mehr enthalten. —
kommen? Dawäre doch wohl beffer mit einigen Worten { Aber eine fo vortreffliche Quelle die Korrefpondenz für
das Nötigfte über Ceporin gefagt worden. Und S. 4 | die Würdigung Bullingers ift, eine faft noch größere Be-