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Ausgabe:

1905

Spalte:

129-130

Autor/Hrsg.:

Rochat, Ernest

Titel/Untertitel:

La Revue de Strasbourg et son influence sur la théologie moderne 1905

Rezensent:

Holtzmann, Heinrich Julius

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung,

Herausgegeben von D. Ad. Harnack, Prof. in Berlin, und D. E. Schürer, Prof. in Göttingen.

Jähriich 26 Nrn. Verlag: J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung, Leipzig. Jährlich 18 Mark.

Nr. 5. 4- März 1905. 30. Jahrgang.

Rochat, La Revue de Strasbourg et son influenae
sur la theologie moderne (Holtzmann).

Kurtz, Zur Pfychologie der vorexilifchen Fro-
phetie in Israel (Giefebrecht).

Ehrlich, Die Pfalmen, neu über!, und erklärt
(Beer).

Zomarides, Die Dumba'fcheEvangelien-Hand-
fchrift vom Jahre 1226 (v. Dobfchütz).

Lincke, Jefus in Kapernaum (Holtzmann).

Drummond, An inquiry into the character and
authorship of the Fourth Gospel (Holtzmann
).

Grill, Der Primat des Petrus (Schürer).
Zwei fyrifche Zitate aus dem III. Korintherbrief
(Neflle).

Kirchengefchichtliche Abhandlungen herausg.

von Sdralek, 2. Bd. (Hennecke).
Zwingliana, herausg. von Egli, Nr. 15—17

(Bollert).

Zwingli's Vademekum für gebildete Jünglinge,
herausg. von Kügeigen (Cohrs).

Bullinger's Korrefpondenz mit den Graubünd-
nern I.Teil. 1533—1557, herausg. von Schieß
(Virck).

Sehling, Die evangelifchen Kirchenordnungen
des XVI. Jahrh. I, 2 (Cohrs).

Rieks, Emmerich-Brentano,Heiligfprechung der
ftigmatifierten Auguftiner-Nonne A. K. Emmerich
und deren fünftes Evangelium (Bruckner).

Boehmer-Romundt, Die Jefuiten (Bruckneri.

Brown, The essence of Christianity (Harnack).

Heim, Das Weltbild der Zukunft (Lülmann).

Deutfch, Neue Weltanfchauung, neue Religion
(Lülmann).

Graue, Unabhängiges Chriftentum (Lülmann).
Zur Notiz (Schürer).

Rochat. Paft. D. Ernest. La Revue de Strasbourg et son in- Reuß, Graf und Kayfer ihre Epoche machenden Arbeiten
fluence sur la theologie moderne. Geneve, H. Kündig l m^ als felbftändige Werke veröffentlicht haben; fo

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1904. (398 P-) gr. 8» M. 5 —

Ein Geiltlicher der Genfer Kirche bietet uns einen
gediegenen Beitrag zur Gefchichte der modernen Theologie
im proteftantifchen Frankreich, als deren Begründerin die
auf dem Titel genannte Zeitfchrift gilt. Da diefe Theo

ftrahlt hier faft ausfchließlich der Name des Montaubaner
Nicolas. ,Dogmatik' lautet die Überfchrift des vierten
Kapitels, welches den Stoff in 2 Perioden (getrennt durch
1858) verteilt. Die erfte zeigt uns die Mitarbeiter an der
Revue, voran immer Scherer, ihm lange nur zögernd
folgend Colani, fich dem Banne der traditionellen Theologie

logie zunächft durchaus als Import vom deutfchen Prote- uncj ihrer Autoritäten entwinden, indem fie die mit den
ftantismus her erfcheint, macht uns die Einleitung zuerft , Begriffen rationalisme, foi, sahit, piche, miracles, christo-
mit der deutfchen Theologie der erften Hälfte des 19. i l0g{e verbundenen Probleme ftudieren, wobei fich als beJahrhunderts
bekannt, meift nach den bekannten Werken j fonders unerhört, ja abfchreckend und faft inopportun
von K. Schwarz (Titel S. Ii falfch) und Lichtenberger. empfunden die 1853 von Scherer an die Stelle der Sün-
Baur ift dem Verf. bekannt nach Zellers 1883 ins Fran- denfallsdogmatik gerückte Theorie von dem allmählichen
zöfifche überfetztem Effay; Strauß nach der Überfetzung Auftauchen der Menfchheit aus tierifchen Anfängen und
Littres von 1839. Weiße gilt als Seitengänger Ullmanns, unendlichen Fortfehreiten zur Erfüllung ihrer fittlichen
und diefer als Urheber eines .Lebens Jefu' (S. 48). Ge- ßeftimmung herausffellt. Noch bewegen fich aber beide
nauer vertraut zeigt fich Verf. mit der gleichzeitigen ' Führer auf dem Boden des Übernatürlichen und fehen in
Bewegung auf dem Boden Frankreichs und der fran- , Chriftus weniger das Subjekt des Gottvertrauens, das Vor-
zöfifchen Schweiz. Anregungen gingen aus dort von Samuel bild des Glaubens, als vielmehr den Gegenftand von Glau-
Vincent (Vues sur le protestantisme francais 1829), der j ben und Vertrauen. Erft in der zweiten Periode kommt
fich. wiewohl (trenger Supernaturalift, doch von der Laien- es zu einer bewußten Auseinanderfetzung zwifchen altem
Orthodoxie des Revcil entfernte, hier von Alexander Vinet, Wunderglauben(Ensfelder) und jenem neuen Wirklichkeits-
dem unfer Verf. nicht mit Unrecht Mangel an theolo- rlnn der das religiöfe Bewußtfein von allen mythologifchen
gifcher Durchbildung und hiftorifcher Kritik zuerkennt, survivals zu reinigen unternimmt und einen antidogma-
Dcr Einfluß der deutfchen Wiffenfchaft beginnt erft mit j tifchen, mit den Kategorien des Relativismus und Sub-
der Straßburger Wirkfamkeit von Eduard Reuß und der ( jektivismus arbeitenden Individualismus erzeugt (Scherer,
1850 von Colani begründeten und bis 1869 herausge- A. Reville, Schölten), Gefchichte an die Stelle nicht bloß
gebenen ,Revue de Strasbourg oder vielmehr ,Revue de ! der Legende, fondern auch der Metaphyflk fetzt und in oft
theologie', dem erften und bedeutendften Organ einer fchwierigen, vielfach durch Strauß bedingten Übergängen
traditionsfreien, hiftorifche wie philofophifche Kritik üben- Vom johanneifchen zum fynoptifchen Chriftus zurückkehrt
den Theologie in Frankreich, deffen Erfcheinen dort, wie , (Colani, Bruch, Kayfer). Je länger je mehr erweitert fich die
Reuß am 13. Januar 1851 an Graf fchreibt (Briefwechfel Darfteilung des Verf., indem fie fowohl zeitlich parallele
B. 320), .ungeheures Auffehen' hervorrief. Ein erftes Erfcheinungen der theologifchen Literatur Prankreichs (des
Kapitel behandelt die erfte Hauptaktion des eröffneten altern Ath. Coquerel ,Christologie' 1858, Renans, Vü de
Kriegs die zwifchen dem 1849 von der Genfer Orthodoxie Jesus' 1863) berückfichtigt, als auch über die 20 Jahre der
abgefallenen Edmond Scherer und Leuten wie Gauffen, ; Revue hinaus Perfpektiven in die fpätere (Pecaut) und in
Gasparin, iVIalan, Darby geführte Kontroverfe über In- , die Theologie der unmittelbaren Gegenwart (Sabatier,
?lrat I,0", T Gnfenlbarkeit der Bibel. Ein zweites Ka- Bouvier, Jean Reville) eröffnet, fo daß man in der letzten
pitel tedt die Erfolge dar. zu welchen der errungene freie Nummer der Bibliographie (S. 380), in Bertrands Buch La
- usblnk'n .'e g.efchichtlichen Bedingungen bibhfeher : pensee religieuse au sein du Protestantisme liberal (1903)
Schnftttellerei lpeziell auf neuteflamentlichem Gebiet durch 1 eine unmittelbare Fortfetzung des vorliegenden Werkes be-
die Arbeiten von Colani, Scherer, Reuß und Albert grüßen darf. Diefem felbft gebührt dasLob daß es eine fach-
Reville gefuhrt hat, in welchen uns faft alle entfeheidenden 1 kundige und zuverläffige Reproduktion der in den 20 Bän-
Faktoren der heutigen Evangelienkritik begegnen. Be- j den der Revue niedergelegten Gedankenarbeit darfteilt und
zeichnend ift jedoch das lange noch fchwankende, min- j einem künftigen Gefchichtfchreiber der modernen Theo-
deftens zurückhaltende Urteil über Johannes, bis endlich logie manche Arbeit mühfamen Suchens erfparen dürfte
der Holländer Schölten, eingeführt durch A. Reville, das c* ok • t? u o u

letzte Wort behält Das der altteftamentlichen Forfchung btraßburg 1. E. H. Holtzmann.

gewidmete dritte Kapitel erfcheint weniger ausgiebig, weil

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