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Ausgabe:

1905 Nr. 4

Spalte:

103-105

Autor/Hrsg.:

Hennecke, Edgar (Hrsg.)

Titel/Untertitel:

Handbuch zu den Neutestamentlichen Apokryphen 1905

Rezensent:

Schürer, Emil

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io3

Theologifche Literaturzeitung 1905 Nr. 4.

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Tage (S.8f. 83). Aber auch ,wenn wir das Leben Jefu nicht
im pragmatifchen Zufammenhang feines Verlaufes zu erkennen
vermögen, fo können wir doch feine Geflalt gleich-
fam auf eine Fläche aufgetragen erfaffen' (S. 10), und diefer
Aufgabe hat fich der Verf. mit voller perfönlichfter Hingabe
an feinen groben Stoff, aber auch mit einer Ruhe und
Sachkenntnis unterzogen, die den, durch Art und Zweck
der /Volksbücher' gebotenen, lebhaften Farbenau.ftrag
gegen jeden Verdacht eines Werkes künftlerifch arbeitender
Phantafie fchützt. Es ift hier nicht der Ort, der einfach
und überfichtlich gegliederten Darflellung (i: äußerer Verlauf
des Lebens und Formen der Wirkfamkeit; 2: Predigt;

Da ein Eingehen auf alle behandelten Stoffe hier
nicht möglich ift, greife ich noch einige Einzelheiten heraus
. Über den Begriff ,apokryph' gibt der Herausgeber
zur Ergänzung des im Textband § 1 Gefagten noch
mancherlei gelehrtes Material (§ 1 und Vorwort S. VIIff.);
es kommt dabei aber nicht zu präzifen Formulierungen;
infonderheit will H. nicht anerkennen, daß der von Zahn
und mir (wie manchen Andern) in den Vordergrund ge-
ftellte jüdifche Begriff ,vom öffentlichen Gebrauch aus-
gefchloffen' (TAja) auch auf chriftlichem Gebiet der ,ur-
fprüngliche' fei. Nun ift ja .apokryph' fehr früh auch in
anderem Sinne gebraucht worden. Sofern es fich aber

3: Geheimnis der Perfon) in die Einzelheiten der zahl- 1 um das Verhältnis zum Kanon handelt, kann doch gar
reichen Probleme, die fie umfaßt, nachzugehen. Sie ge- j kein Zweifel fein, daß der jüdifche Begriff der urfprüng-
hört zum Berten und Wirkungskräftigften, was die feit der ■ liehe ift, denn auf heidnifchem Boden hat es keinen
Jahrhundertwende in überrafchender Fülle und Gediegen- ! Kanon heiliger Schriften gegeben; hier kann alfo der

heit emporblühende Jefusliteratur' aufzuweiten hat.
Straßburg i. E. H. Holtzmann.

Handbuch zu den Neutestamentlichen Apokryphen, in Verbindung
mit Fachgelehrten herausgegeben von Edgar

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ennecke. iubingen, I. G. B. Mohr 10,04. (XVI, . .. ^ c VI,r ___ . _„ , . , . , . ... r ,

& ' J y t . » tragen S. XIV genannt. Da es dort leicht uberfehen

Begriff,apokryph' im Unterfchied von kanonifch gar
nicht entftanden fein; vielmehr hat ihn die chriftliche
Gemeinde von der jüdifchen übernommen. — In dem
Abfchnitt Jefus im Talmud' hat A. Meyer das Werk
von Herford, Christianity in Talmud and Midrash 1903,
nicht mehr benützen können. Es ift nur in den Nach-

604 S.) Lex. 8° M. 12—; geb. M. 13-5° | wird, möchte ich hier noch befonders darauf aufmerkfam

Auf die höchft verdienftliche Ausgabe der ,Neu- 1 machen. Im übrigen find gerade in den von A. Meyer
teftamentlichen Apokryphen' in deutfeher Überfetzung '■ bearbeiteten Teilen die Literatur-Angaben befonders
mit Einleitungen (f. Theol. Litztg. 1904, 169) ift fchon j reichhaltig. Er nennt z. B. beim Protevangelium des

nach Jahresfrift diefes ergänzende .Handbuch' gefolgt. Es
geht dem früheren Werke genau parallel. Diefelben Mitarbeiter
, welche in letzterem die deutfehen Überfetzungen
nebft orientierenden Einleitungen bearbeitet haben, geben

Jakobus S. 106 auch Ehrhard, Die altchriftliche Literatur
I, 1900, und Bardenhewer, Gefch. der altchriftl. Literatur
I, 1902, die fonft bei manchen andern Schriften, wo fie
hätten erwähnt werden können, nicht genannt find.

nun den entfprechenden gelehrten Apparat, hauptfächlich Bei Behandlung der Abgarfage S. 153—165 deutet Stül-
reiche Literatur-Nachweife, genauere Mitteilungen über : cken zwar kurz darauf hin, daß der Brief Chrifti an Abgar
die Text-Überlieferung und die Entftehungsverhältniffe ; auch als Zaubermittel zur Abwehr feindlicher Gewalten
der einzelnen Schriften und fodann erläuternde Anmer- (kriegerifcher Heere und böfer Geifter) gebraucht worden
kungen zu den Texten felbft. Das Verhältnis des ,Hand- ift. Über diefe intereffante Materie wären aber meines
buches' zum Textband ift nicht überall das gleiche. | Erachtens nähere Angaben erwünfeht gewefen, die nach
Manche Mitarbeiter haben fchon im Textbande einen j den dem Verf. bekannten Arbeiten von Dobfchütz leicht

Teil des gelehrten Materiales gegeben, andere haben es
ganz in das Handbuch verwiefen. Auch die Ausführlichkeit
der Behandlung, das Maß des Eindringens in
Einzelfragen ift bald größer, bald geringer. Überall

hätten gemacht werden können (bef. Zeitfchr. für wiffenfeh.
Theol. 19/00, S. 423 fr. 480ff.). Bei den Texten wären
noch die flavifchen und koptifchen zu erwähnen (Harnack,
Gefch. der altchriftl. Lit. I, 909. 919). Als Verteidiger

aber fieht man, daß die Bearbeiter ihren Stoff völlig der Echtheit hätte wenigftens der neuefte katholifche
beherrfchen, ihn mit größter Sorgfalt und umfichtigem [ Apologet Nirfehl (Katholik 1896, Bd. II) genannt werden
Urteil behandeln und fo eine treffliche Einführung in | dürfen, aber auch Welte (Theol. Quartalfchr. 1842), Rink
die hier vereinigten Schriften geben. Über manche der- ; (Zeitfchr. für hiftor. Theol. 1843) und van Hecke (Acta

felben, wie Hebräer-Evangelium und apoftolifche Väter,
exiftiert fchon eine umfangreiche Literatur. Hier war
die Haupt-Aufgabe der Bearbeiter, den Ertrag derfelben
zufammenzufaffen und für das Handbuch nutzbar zu
machen. Andere, wie die Mehrzahl der eigentlichen

Sanctorum, Octobr, t. XII, 1867). Für die politifche Ge-
fchichte der Könige von Edeffa wäre noch auf den Artikel
,Abgar' in Pauly-Wiffowas Real-Enc. zu verweifen.
— In der Einleitung zum Barnabasbrief handelt Veil
S. 222—229 fehr ausführlich über den in Ausficht ftehen-

Apokryphen, find ein noch wenig bebautes Land. Hier den Tempelbau zu Jerufalem. Er fchließt fich der Anhatten
die Bearbeiter die fchwierigere, aber auch dank- j ficht Volkmars an, welche bekanntlich in der Lesart des
barere Aufgabe, mit felbftändiger Forfchung in den Stoff : cod. Sin. eine Hauptftütze hat. Daß aber diefer Leseinzudringen
. I art in unferem Falle ,fchon nach allgemeinen kritifchen
Eine Aufzählung der einzelnen Schriften, welche be- i Regeln der Vorzug gehört' (S. 223 f.), wird fich fchwerlich
handelt find, kann hier unterbleiben, da ich bei Befpre- | behaupten laffen, wenn es auch ein Mann wie Weizfäcker
chung des Textbandes hierüber referiert habe. Zwei | gefagt hat. — In den Erläuterungen zu den Akten des
Materien find neu aufgenommen: 1) S. 47—71: Jefus, Jefu 1 Paulus und der Thekla gibt Rolffs S. 377h einige Notizen
Jünger und das Evangelium im Talmud und verwandten ; über die Königin Tryphaena, welche ,durch eine Münze1

jüdifchen Schriften', von A. Meyer, und 2) S. 165—171:
,Neuteftamentliches aus dem Koran' von J. Flemming.
Man wird für Beides dankbar fein. Der Inhalt ift dadurch
allerdings noch mannigfaltiger, um nicht zu fagen bunter
geworden. Augenfcheinlich find jetzt auch dem Herausgeber
nach den Andeutungen des Vorwortes Zweifel
gekommen, ob fich für die inhaltreiche Schüffei, die er
uns vorfetzt, der Sammelbegriff ,apokryph' aufrecht erhalten
läßt, ja ob überhaupt ein einheitlicher Begriff
dafür zu finden ift. Ich glaube, daß diefe Frage zu verneinen
ift; möchte daran aber keinen Tadel knüpfen;

als hiftorifche Perfönlichkeit nachgewiefen fei. Weit mehr
Auffchluß als diefe Münze gibt aber ein feit etwa dreißig
Jahren bekanntes Ehrendenkmal für Tryphaena in Kyzikus
mit zwei Infchriften, welchen wir die Kenntnis der genea-
logifchen Beziehungen verdanken, die Rolffs felbft nach
Ramfay mitteilt. Am eingehendften handelt über die
Familie Mommfen, Epkemeris epigraphica I, 270—276
und II, 250—263. Da Polemon, der Sohn der Tryphaena,
auch in der jüdifchen Gefchichte vorkommt (er nahm an
der Fürften-Verfammlung teil, welche einft Herodes
Agrippa I in Tiberias veranftaltete, und war fpäter, wahr-

denn die Hauptfrage ift doch, ob das Gebotene nützlich fcheinlich erft nach 63 n. Chr., auf kurze Zeit mit Bere-
und gut ift, und diefe FYage ift unbedingt zu bejahen. nice, der Tochter Agrippas I und Schweiler Agrippas II