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Ausgabe:

1905 Nr. 3

Spalte:

72-75

Autor/Hrsg.:

Völter, Daniel

Titel/Untertitel:

Die apostolischen Väter neu untersucht. I. Teil. Clemens, Hermas, Barnabas 1905

Rezensent:

Knopf, Rudolf

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Theologifche Literaturzeitung 1905 Nr. 3

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,La doctrine en est partout irreprochable' — dem ent-
fpricht auch die Wirklichkeit! Denn was der Verf. nach
der einzelne Pfalmftellen verherrlichenden und den Pfal-
ter u.a. den aus Frankreich vertriebenen geldlichen Orden
als Troftbüchlein (S. IX) empfehlenden ,preface' des Herrn
Erzbifchof Richard als Introduction zum ganzen Pfalter
bietet, kann jeder ftrenggläubige Katholik unterfchreiben.
Ein erfter Abfchnitt behandelt ,Origine des psaumes'.
Die Angaben über die Verfaffer der Lieder werden als
echt verteidigt. So gilt z. B. Pf. 3 (S. 6) von David auf
der Flucht vor Abfalom verfaßt. Oder fo iEt Pf. 90 Je
plus ancien de tous les psaumes' — doch fcheint plötzlich
M. B. d'Eyr. ein Zweifel zu befchleichen, denn er
fährt fort: ,si, comme le pensent les anciens commentateurs,

weifen; fie darf von keinem, der künftig über diefe Fragen
fchreibt, unberückfichtigt bleiben.

Bonn. Carl Clemen.

Völter, Prof. Dr. Daniel, Die apostolischen Väter neu untersucht
. I. Teil. Clemens, Hermas, Barnabas. Leiden,
Buchhandlung und Druckerei vormals E. J. Brill 1904.
(IV, 472 S.) gr. 8° M. 8 —

Die Unterfuchungen des vorliegenden Buches flehen
im Dienfte einer Anlchauung von Urchriftentum und
ältefter Kirchengefchichte, die auf dem Boden der deut-
fchen Wiffenfchaft fehr wenig Vertreter zählt, die aber,

il a ete compose par Mdise' (S. 263). Die letzte Redaktion ; mit der advanced Literarkritik verbunden, in Holland fich
des Pfalters gefchah durch Nehemia S. XXXII. Ein I größerer Verbreitung erfreut. Nach V. und andrer Mei-

2. Abfchnitt, ,caractere litteraire des psaumes' befchäftigt
fich mit der Sprache des a. Teft. im allgemeinen und
der des Pfalters im befonderen. Verf. beruhigt fich bei
dem parallelismus membrorum und will von eigentlicher
Metrik nichts wiffen. Der letzte Abfchnitt der Einleitung
gilt der Theologie der Pfalmen. Der wiffenfchaftliche
Standpunkt des Verf. charakterifiert fich durch folgende
Sätze: Je monotheisme d'Israel n'est pas . . . le terme d'une

nung herrfchte in der römifchen Gemeinde bis weit ins
2. Jhrh. hinein ein abgeblaßtes (fagen wir im folgenden:
neutrales), aus dem Ghetto flammendes Chriftentum, das
von den fpezififch chriftlichen Gedanken, wie fie der
Paulinismus bietet, weit entfernt war, fich in der religiös-
fittlichen Sphäre des jüdifchen Profelytentums hielt, die
ATliche Offenbarung als die ein für allemal grundlegende
anfah und in Jefus nur einen Menfchen, einen

longue evolution'. ,Le Dieu des Psaumes et des prophetes Propheten in der Reihe der andern Propheten erkannte.
est sans changemcnt aucun le Dieu d'Abraham, d'Isaac, Da die Quellen, mit unbefangnem Blick gelefen, von
de Iacob' (S. LH). Einige nicht üble Bemerkungen find j einem folchen Chriftentum nichts verraten, fo müffen fie,
S. LVIII sub ,Esprit chretien des psaumes' zu finden. Die j zum Teil wenigftens, hergerichtet werden, was durch den
Überfetzung der Pfalmen felbft lieft fich für mein Sprach- ; Nachweis von Interpolationen und Überarbeitungen ge-
gefühl fchwungvoll — wie weit ihre Selbftändigkeit fchehen kann. Im Dienfte diefes kritifchen Gewaltverzicht
, habe ich nicht bemeffen. Kleinere Abweichungen
vom maffor. Text, dem fie im ganzen folgt, find nicht
weiter notiert. Die Einleitungen zu den einzelnen Pfalmen
find fchon oben durch die Bemerkungen über Pf. 3 u. 90
charakterifiert.

Die Noten unter der Überfetzung find zum größeren
Teil höchft dürftig und naiv. So erfährt der Lefer z. B.
bei Pf. 1, daß Ihvh die Vokale von Adondi hat, bei Pf. 2,
daß Masiah Gefalbter bedeutet, bei Pf. 3, daß Elohitn
,une forme plurielle' ift, nur feiten gehen die Noten über
rein Äußerliches hinaus.

fahrens fteht in der Hauptfache das, was V. über I Clem.,
Herrn., Barn, fchreibt.

In den Unterfuchungen über I Clem. (S. 1—170)
bringt es V. fertig, alle Stellen, an denen Chriftus genannt
wird, dazu auch 5 ob. 7a (tö yevvalov bis eX&cbv)
für fpätere Einfügungen zu erklären. Nur 131 und 467 f.
foll die Atiführung der Herrenworte urfprünglich fein.
Die Interpolationen find meift kürzere Zufätze, in den
Kapp. 16; 36; 42: 43 1: 441.2 liegen indes auch größere Ein-
fchiebungen vor. Auf der angedeuteten Ausfcheidung
flehen noch weitere Unterfuchungen, die V. an I Clem.
vornimmt, und die fich auf den Charakter des urfprüng-
lichen Briefes, die Zeit feiner Entftehung, feine lite-
j rarifche Eigenart, die vorausgefetzten Gemeindeverhält-
Tennant, F. R., M.A., B.Sc, The sources of the doctrines j nifle a.,*" fowie auch auf die Art der Überarbeitung

of the fall and original sin. Cambridge, University ! beziehen- . _.. <____ . „ A r . .,

0 on Vc-n einer ernfthaften Begründung der Auslcheidun-

Straßburg i. E. Georg Beer.

Press 1903. (XIV, 363 p.) gr. 8° s. 9

Auf vorliegendes Werk konnte fchon hingewiefen
werden, als ich in Jg. 1904 Nr. 2 Tennants Vorlefungen
über Urfprung und Fortpflanzung der Sünde zur Anzeige

gen ift keine Rede. Es ift vorgefaßte Meinung, nach der
dekretiert wird: jedesmal, wo von Chriftus die Rede ift,
muß Überarbeitung vorliegen, und dann werden Gründe
aufgefahren, die meift nur von dem Treffwert find: die

brachte. Es dient infofern zur Ergänzung diefer, als die ; beanftandeten Worte find unnötig, können ohne Schädi

Lehre von der Erbfünde, auf deren innere Schwierigkeiten
T. dort aufmerkfam gemacht hatte, nun auch ihrer äußeren
Gefchichte nach als nicht für uns bindend hingeftellt

gung des Zufammenhanges weggelaffen werden, XptOTÖe
kann in ßeöq geändert werden und dergl. V. gibt (S. 24)
zu, daß öfters nur die Möglichkeit feftzuftellen fei, die

werden foll. Und zwar dadurch, daß ihr Urfprung in der ! betreffenden Worte könnten interpoliert fein. Mit dem

jüdifchen Theologie erkannt wird, nicht fchon im alten
oder erft im neuen Teftament, deren Auktorität T. alfo
hier vorausfetzt, obwohl er fchon am Schluß feines
früheren Werkes Modifikationen daran vorgenommen
hatte. Vielleicht wollte er aber eben auch folchen bei-

Sprachcharakter der als urfprünglich beibehaltenen und
der als unecht ausgefchiedenen Stücke operiert V. gar
nicht. S ab. 7 a fchneidet er weg, ohne fich Gedanken darüber
zu machen, wie außerordentlich ftark der fprachliche
Ausdruck von 50b durch eXaßov yeoaq yevvalov in 62

kommen, die auf einem andern Standpunkte flehen und j gedeckt wird. Nicht beffer als die Dekrete, mit denen
daher durch feine frühere Kritik nicht überzeugt waren; die kleineren Interpolationen' nachgewielen werden, find
jedenfalls hat er die Entwicklung der Lehre von der J die Begründungen, auf die fich V. ftützt, um die oben
Erbfünde bis auf Auguftin mit einer Gründlichkeit ge- | angezeigten größeren Stücke hinauszuweifen. So foll
fchildert, wie es bisher noch nirgends gefchehen war. 1 beifpielsweife K. 16 ganz interpoliert fein, und in 171 foll
PLben deshalb ift es freilich ganz unmöglich, hier einen I nur zu lefen fein: (eifir/zal yevcöpeva rätv pepaQTvnnuevcov.
Überblick über fein Buch oder gar eine Kritik feiner I Haupt- und tatfächlich einziger Grund ilt eben die Er-
Aufftellungen zu geben; das könnte nur in einem beinah wähnung des Chriftus als .eines menfchgewordenen gött-
ebenfo umfangreichen Werk gefchehen. Ich befchränke ' liehen Subjekts' und die Wertfehätzung feiner Perfon
mich alfo darauf, alle, die es angeht, alt- und neutefta- | und feines Leidens. Was V. fonft noch an Gründen zur
mentliche Theologen, Dogmenhiftoriker und Dogmatiker I Stelle beibringt, genügt auch den befcheidenften An-
auf das allernachdrücklichfte auf diefe Arbeit hinzu- t fprüchen nicht. In der jetzigen Faffung von 171 follen