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Ausgabe:

1905 Nr. 2

Spalte:

670-671

Autor/Hrsg.:

Jampel, Sigmund

Titel/Untertitel:

Die Wiederherstellung Israels unter den Achämenien 1905

Rezensent:

Volz, Paul

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Seite 1, Seite 2

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669 Theologifche Literaturzeitung 1905 Nr. 25 ßyQ

fcheidungen entftand, fondern als Folge eines Vertrags, dem Ergänzung. Auch der humane Geift der mofaifchen
Es find ja wohl auch einzelne auf den angegebenen Gefetzgebung wird noch verteidigt wobei Verf fich
gewöhnlichen Wegen entftandene Beftimmungen im Pen- namentlich mit einer mildernden Erklärung des jus talionis
tateuch, aber die Hauptmaffe ift dargcftellt und ausge- abmüht: .Leben um Leben' ufw fei nicht wörtlich zu
drückt in der Form eines Bundes zwifchen Gott und nehmen, fondern als die Beftimmung zu faffen dall einer
den Kindern Israels; dadurch erklärt es fich auch, daß i für den angerichteten Schaden den entfprec'henden in
im Zufammenhang mit der Gefetzgebung fo viel von i einem alten Gewohnheitsgefetz fefiVelegten Geldwert
Eidfchwüren die Rede ift. Wir würden einfacher fagen, i bezahlen darf. Endlich bringt Verf. allerlei Vergleiche
die Gefetzgebung Israels unterfcheidet fich von den andern mit andern Gefetzgebungen, mit der römifchen und der
antiken Gefetzgebungen dadurch, daß fie religiös begrün- babylonifchen, die wiederum befonders die Milde des
det und in ihrer Totalität auf Gott zurückgeführt ift. hebräifchen Syftems fichtbar machen follen
Zweck der Bundesform ift der. dem Gefetz, insbefondere ] Das Wertvollfte, aber für uns auch das' einzig Wert
den geiftigen, von der richterlichen Gewalt nicht erreich- j volle an dem Büchlein ift abgefehen von verftreuten
ten Beftimmungen Majeftat zu geben. Die Bundesform 1 guten Bemerkungen die juriftifche Schärfe und Sachkennt
der Gefetzgebung veranlaßt nun den Verf, über die ver- nis, mit der einzelne Gefetze des Pentateuchs erkannt und
fchiedenen Arten von Bundesfchlüffen im A.T. zu reden; exegefiert, in ihrer fozialen Bedeutung dargeftellt und
er unterfcheidet das Malfteinbundnis, wie es Jakob und durch den Vergleich mit fremden Gefetzgebungen klar
Laban fchloffen, und wie es am Sinai ausgeführt wurde, j gemacht werden. Das Dogma von der mofaifchen Ur
und das Zeichenbündnis, das bei Noah und Abraham, heberfchaft des Pent. ift beim Verf. deutlich nicht Fr^eb-
aber auch in Ex. 3112fr. Lev. 2640 erzählt ift; Jef. 1918-25 : nis, fondern Vorausfetzung feiner iuriftifchen Durchfuhr"
erinnert wiederum an die I. P orm, Jer. 32 9-H 31 siff. zeigen, | T ,

wie die alte finnlich fichtbare Weife der Bundesfchließung -^ormerg. Voz.
im Lauf der Jahrhunderte vertieft und vergeiftigt wurde.

er fällt ein vernichtendes Urteil über diefe Theologie,
die fich anmaßt, über Dinge zu urteilen, über die nur der
Fachmann, der Jurift, der Hiftoriker urteilen kann. Die

Übrigens kommt dem Verf. alles darauf an, feine j Jarnpel, Sigmund, Die Wiederherftellung Israels unter den

juriftifche Fachkenntnis zur Begründung der mofaifchen ! Achämeniden. Kritifch-hiftorifche Unterfuchunp mit
Urheberfchaft des pentateuchifchen Gefetzes und zur infehriftlicher Beleuchtung. Separatabdruck aus der
Bloßftellung feiner theologifchen Gegner zu verwenden. „Monatfchrift für Gefchichte und Wiffenfchaft des Fu-
i-r weift an einzelnen Beilpielen (bklaverei und Schuld- 1 , ,. D , m T- , J

hlfu Erlaß- und Sabbatjahr u. dergl.) ausführlichft nach, j de"thums". Breslau, W. Koebner 1904. (VIII, ,71 S.)
daß die kritifchen Theologen mangels einer grün dlichen Sr- »' M. 2 —

juriftifchen Schulung völlig verfchiedene Gefetze als in- Verf hat das Bewußtfein, zu den erften unter den

haltlich gleich beurteilten und darum fälfehlich verfchie- 1 jüdifchen Gelehrten zu gehören, die es unternommen haben
dene Quellen oder Stufen der Gefetzgebung annahmen; 1 eine fyftematifche quellenkritifche Unterfuchunp heiliger

Schriften anzuflehen und durchzuführen. Er fetzt fich
mit fämtlichen neueren kritifchen Gefamt- und Einzelauf-
Rehungen über die Bücher Esra und Nehemia fehr gründ-
pentateuchifche Gefetzgebung kann nur von einem großen ; lieh auseinander. Unrichtig fei die Vorausfetzung der
Staatsmann herrühren, fie paßt allein auf einen primitiven 1 kritifchen Gelehrten, daß "die beiden Bücher von" dem
Staatszuftand, ihr Alter ift im ganzen und in vielen Ein- > gleichen Verfaffer in die einheitliche Geftalt "ebracht und
zelheiten durch das Zeugnis der hiftorifchen und prophe- fämtliche Partien, die nicht zu den aramäifchen Dokumen
tifchen Bücher geftutzt (vgl. z. B. die Pnefter-und Leviten- j ten oder zu den Ichftücken gehören von einem und
ftädte), die dann angeordnete Zentrahfation des Kultus ift ! demfelben Verfaffer eingefchoben worden feien- ebenfo
nur in der Wüftenzeit möglich, das Gefetz felbft verbietet unrichtig die Vorausfetzung, daß diefer Verfaffer' nur die
jeden Zufatz, folglich ift auch fpäter keiner mehr gemacht i aramäifchen Dokumente, die Memoiren und einige Prie
worden, die von der Sprache und dem Stil hergenommenen fterverzeichnfffe befeffen habe, während alles andere reine
Gründe find nicht ftichhaltig. Ebenfo läßt fich auch im [ chroniftifche Fiktion fei. Vielmehr feien die Bücher Esra
einzelnen das hohe Alter der verfchiedenen Gefetzes- und Nehemia aus 3 verfchiedenen Quellenfchnften je aus
beftimmungen ohne Mühe nachweifen. Die Gefchichte verfchiedener Zeit und von verfchiedenem Verfaffer ent
von dem Gottesläfterer Lev. 24 muß uralt fein, denn fie ; ftanden. Die ältefte Quelle ift in bis. 421—6 M zu fehen
bedeutet die erfte Anwendung des nationalen Gefetzes uns nur noch fragmentarifch erhalten; ihr Inhalt befteht
auf den Fremdling; ebenfo oie Landgefetze in Lev. 25, ! faft nur aus gefammelten Urkunden; fie berichtete kurz
denn es war doch notwendig, daß das Volk vor dem über die Rückkehr unter Cyrus und über Esras Ankunft
Einzug Maßregeln über die Behandlung des Bodens emp- , in Jerufalem und ift bald nach diefer aufgezeichnet Das
fing; ebenfo das Jubeljahrgefetz (das tatfächheh ftets in l 2. Schriftftück (Es. 1—423) ift das Werk des Chroniften
Kraft war), denn wer hätte gewagt, eine folche Ordnung ; es ift zwar viel jünger als das 1., aber ohne Kenntnis
einzuführen, wenn fchon längft andere Ordnungen beftan- : des 1. gefchrieben; es war nie felbltändig, fondern der
den, oder wer hätte glauben machen können, daß diefes ; Schluß der Chronik; diefe will ältere Begebenheiten auf
Gefetz in alte Zeit zurückgehe. Im weiteren befchäftigt Grund volkstümlicher Überlieferungen und Aufzeichnungen
fich der Verf. noch genauer mit den fcheinbaren Paralle- in populärem Ton darftellen, kennt die archivarifchen
len innerhalb der pentateuchifchen Gefetzgebung. Nach Urkunden nicht, wohl aber z. B. die königliche Korrefpon
feiner Anficht hat diefe vielmehr eine völlig durchfichtige i denz, die durch vornehme Samaritaner den jüdifchen

Ordnung und einen feinen Aufbau im großen und im 1 v«iWL-«:r—-----:«.-n .....„j

kleinen; das Bundesbuch in Exod. enthält das private

Volkskreifen vermittelt wurde (Es. 40-23), oder die Lifte
Es. 2, die damals als lofes Blatt in Privatkreifen zirkulierte.
Gefetz, Leviticus die Landgefetze, das Bundesdokument ! Das 3. Schriftftück enthält Es. 71—Neh. 1331; feine Quellen
im Deut, das öffentliche Gcfetz; das Deut, wiederholt find in 1. Linie die Memoiren Esras und Nehemias, der
manche privaten Beftimmungen, jetzt unter dem Gefichts- ! Reft ift aus der Neh. 1223 genannten Tempelchronik
punkt des öffentlichen Wertes, manche juriftifche Ver- genommen. Diefe 3 Schriftftücke beftanden lange Jahrordnung
wird in der Form einer Ermahnung erneuert I hunderte durch ganz felbftändig nebeneinander und wur-
iwas dann die Kritiker als eine neue juriftifchbindende ! den erft bei der Kanonredaktion zu einem Gefchichtsbuch
Faffung mißverftanden), auch fehen wir in Num. und Deut. ' der nachexilifchen Gefchichte Israels (als Parallele des
allerlei Nachträge, um früher ausgefprochene Gefetze ge- | vorexilifchen Gefchichtsbuches) vereinigt, wobei man
wiß zu erhalten, genauer auszuführen oder vor Mißver- jenen Schluß der Chronik abtrennte, das 1. Büchlein
ftändnis zu fichern. Alfo überall nicht Widerfpruch, fon- wegen feines zeitlich fpäteren Stoffs in 2. Reihe ftellte