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Ausgabe:

1905 Nr. 22

Spalte:

604

Autor/Hrsg.:

Stutz, Ulrich

Titel/Untertitel:

Die kirchliche Rechtsgeschichte 1905

Rezensent:

Frantz, Adolf

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Seite 1

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603 Theologifche Literaturzeitung 1905 Nr. 22. 604

gebrauchten Worte ,Verdemütigung' und ,heiligmäßig,
gerne durch beffere erfetzt gefehen hätte. Da fich die
Charakterbilder an ,die Gebildeten aller Art' wenden, fo
ift der gelehrte Apparat beifeite gelaffen; dennoch verrät
fich dem Sachkundigen überall die Arbeit des Gelehrten
, der feine wohlbegründeten Anfchauungen und
feinen durch ernfte Arbeit erworbenen Standpunkt vorträgt
.

Nach einem Uberblick über die religiöfe Entwicklung
im Abendland, der in kurzen Strichen die Zeitlage,
die nach einer Reform drängte, in einer dem katholifchen
Standpunkte entfprechend vielleicht etwas zu milden
aber in der Hauptfache ohne Zweifel richtigen Weife
darftellt, geht S. zur Schilderung des Lebensgangs des
Franziskus. Man darf wohl fagen, daß er fich von Über-
fchwenglichkeiten fern hält und doch es vortrefflich
verftanden hat, die Eigenart des Menfchen wie die Umgebung
, in der er lebte, fympathifch und anfchaulich zu
machen. Er hat dabei von Sabatier viel gelernt, wie
wir alle, folgt aber befonders enge dem neuen Buche
Felders, deffen Anflehten ihm offenbar größtenteils als
feftffehend erfcheinen (vergl. bef. S. 49: ,Vorher aber erklärte
der Papft [Innozenz III.] in einem Konfiflorium
feierlich, daß er dem Franz und feinen Genoffen die
Erlaubnis zur kirchlichen Predigt erteile, infoweit fie
fich auf die Sitten erftrecke; die Genoffen füllten aber
nur dann von diefer Ermächtigung Gebrauch machen
dürfen, wenn fie von Franz dazu befonders bevollmächtigt
würden'). Doch hat er m. E. den anfängl chen
Charakter der Genoffenfchaft, fowie Franzens Stellung
zur eindringenden Wiffenfchaft richtiger dargeflellt als
Felder. Die Kämpfe, die es im Leben Franzens gab,
werden nicht verfchwiegen, wenn auch in gedämpftem
Lichte dargeftellt, der Unterfchied des Standpunktes der
Kurie und der Anfchauungen des Heiligen aufgezeigt
und die wohltätige Vernünftigkeit des erfteren ebenfo
gerühmt wie der Heroismus und Idealismus des letzteren,
natürlich unter voller Wahrung des katholifchen Standpunktes
des Verfaffers. Wenn ich etwas auszufetzen
habe, fo ift es das, daß die Perfon des Elias zu wenig
in ihr gebührendes Licht tritt, wird doch der Brief an
Elias ignoriert und fogar die Segnung des Elias durch
Franz umgangen; aus hiftorifchen Gründen unbegreiflich
erfcheint mir insbefondere, daß das Teftament
Franzens nicht wörtlich angeführt ift. Denn dies Teftament
ift fo charakteriftifch für Franz und ein folch feierlicher
Ausdruck feines Willens, daß es wichtiger ift als
allle die andern angeführten Gefänge und Lobpreifungen,
und ein bloßer Auszug aus demfelben ift fchlechterdings
ungenügend.

Zum Schluß wird die Eigenart und Bedeutung des
Helden befpiochen. Mit Recht wird nachdrücklich deffen
katholifche Gläubigkeit hervorgehoben; wenn S. aber
die Vermeidung aller Konflikte mit der Kirche der un-
übertreftbaren Demut Franzens zufchreibt, fo hat er
zwar damit gewiß das Richtige getroffen, aber es fehlt
doch eins: Franz entging diefen Konflikten auch deshalb
weil er theologifch ganz ungebildet ,Idiot' war, weil er
um die Dogmatik, die er einfach als etwas gegebenes
hinnahm, fich nicht kümmerte. Er war ganz ein Mann
des praktifchen Lebens, über Glaubensfragen hat er
fich offenbar nie Gedanken gemacht. Das war fein
Vorzug und feine Schranke.

Stuttgart. E. Lempp.

Ehlers, D.Rudolph, Konfirmanden-Unterricht für Konfirmierte.

In Briefen an eine ehemalige Schülerin. Berlin, C. A.
Schwetfchke & Sohn 1905. (427 S.) 8°

M. 5 —; geb. M. 6 —

In Form von Briefen an eine ehemalige Schülerin
bietet der Verf. ,kurz, oft nur andeutend, was er der

Jugend in breiterer Ausführung, mit häufigen Wiederholungen
vorzutragen gelernt hat'. Nicht handelt es fich
alfo um eine Erweiterung oder Vertiefung des im Konfirmandenunterricht
Gebotenen, wie man nach dem Titel
erwarten könnte, fondern um dies letztere felbft. Große,
fchwere Probleme, wie fie heute wohl einen religiös In-
tereffierten bewegen, werden nicht erörtert. In liebenswürdiger
, herzlicher und gefälliger Weife breitet E. vielmehr
den üblichen Unterrichtsfloff vor uns aus, frei und
mild in feiner Auffaffung, aber doch in vielem eng an die
traditionelle Methode und Auffaffung fich anlehnend. So
wird z. B. ganz nach dem Vorgang von Zezfchwitz das
erfte Hauptftück von Luthers kleinem Katechismus als
Sündenfpiegel benutzt. Ohne irgend doktrinär zu fein,
bleibt der Verf. in fteter Fühlung mit dem Leben und
der Erfahrung. Vielleicht werden nicht fo fehr konfirmierte
Chriften das Buch zu ihrer Weiterbildung lefen,
als vielmehr Pfarrer und Lehrer es mit Nutzen zur Anregung
bei der Vorbereitung auf den Unterricht verwenden
. Dafür kann es warm empfohlen werden.

Gießen. Drews.

Stutz, Ulrich, Die kirchliche Rechtsgelchichte. Rede, zur
Feier des 27. Januar 1905 gehalten in der Aula der
Univerfität zu Bonn. Stuttgart, F. Enke 1905. (50 S.) 8°

M. 1.20

Verf. befchäftigt fich in der vorliegenden Abhandlung
mit dem Problem der Erhebung der kirchlichen
Rechtsgefchichte zu einem eigenen Gegenfland der For-
fchung und des Wiffens. Unter diefem Gefichtspunkte
unterzieht er eine Anzahl kirchenrechtlicher Werke, Lehrbücher
wie Monographien, einer Prüfung, foweit diefes
| im Rahmen eines Vortrags möglich ift, und kommt zu
dem Ergebnis, daß, wenn auch die Wiffenfchaft des
vorigen Jahrhunderts eine felbfländige Kirchenrechts-
gefchichte vorbereitet hat, wir doch eine folche noch
nicht haben. Demgemäß bezeichnet er als Zweck feiner
Ausführungen den, einer eifrigen rechtshiftorifchen mono-
graphifchen Arbeit, zufammenfaffenden üarftellungen
einzelner Teile oder des Ganzen der kirchlichen Rechtsgefchichte
und bei gleichzeitiger Behandlung des hiftorifchen
Stoffs und des geltenden Rechts einer reinlichen
Scheidung das Wort zu reden, alfo einem Stand der
Dinge, ähnlich wie er heutzutage in der Wiffenfchaft des
deutfehen Rechts befteht. Der inhaltreichen und feffeln-
den Darfteilung ift eine Reihe von Anmerkungen angehängt
, welche vorwiegend Literaturnachweifungen geben,
daneben aber auch den Standpunkt des Verf. zu einigen
fpeziellen Fragen erörtern.

Kiel. Frantz.

Notiz zu Sp. 562.

In der Anzeige über die Gräber in Marifa habe ich
die idumäifchen Eigennamen KoOvaravog, Kooßavoq von
dem idumäifchen Gott JKo^e abgeleitet. Durch eine
freundliche Mitteilung Baudiffins werde ich darauf auf-
merkfam gemacht, daß wohl zwei idumäifche Gottheiten,
Ko^s — fflTp und Dp zu unterfcheiden und jene Eigennamen
von letzterem abzuleiten find (f. Artikel ,Edom' in
Herzog-Haucks Real-Enz. 3. Aufl. V, 166f.). Freilich
bringt Jofephus Antt. XV, 7, 9 den Namen Koftobar mit
KoQs (Niefe Kco^ai) in Verbindung.

Schürer.

Bibliographie

von Lic. theol. Paul Pape in Berlin.
jCcutfcbe (Literatur.

Dieterich, A., Mutter Erde. Ein Verfuch über Volksreligion. Leipzig,
B. G. Teubner 1905. (VI, 123 S.) gr. 8» M. 3.20