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Ausgabe:

1905

Spalte:

490-491

Autor/Hrsg.:

Fromer, Elias Jakob

Titel/Untertitel:

Das Wesen des Judentums. Hrsg. von Leo Berg 1905

Rezensent:

Fiebig, Paul

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Theologische Literaturzeitung,

Herausgegeben von D. Ad. Harnack, Prof. in Berlin, und D. E. Schürer, Prof in Göttingen.

Jährlich 26 Nrn. Verlag: j. C. Hinrichs'fche Buchhandlung, Leipzig. Jährlich ig ^

Nr. 18. 2- September 1905. 30. Jahrgang.

Stofch, Für heilige Güter (Zlüeffen), I Zwei Schriften des Münfterfchcn Wiedertäufers

Fromer, Das Wefen des Judentums (Fiebig). Bernhard Rothmann, bearb. v. Detmer
Procopii Cacsarienfis opera omnia rec. Haury, und Krumbholtz (Boffert).

vol. I et II (Dräfeke). ' Vp"'nt flir »"f™

Babut, La plus ancienne decretale (G. Ficker).
Sommerlad, Die wirtfchaftliche Tätigkeit der

Kirche in Deutfchland, 2. Bd. (G. Ficker).
Jacobi, Das Weltgebäude des Kardinals Nikolaus
von Cufa (Elfenhans).

Schriften des Vereins für Reformationsgefchichte
Nr. 80—83 (Köhler):
Zahn, Die Altmark im 3ojähr. Kriege.
Kalkoff, Die Anfänge der Gegenreformation

in den Niederlanden.
Schulthell-Rechberg, Heinrich Bullinger.
Egelhaaf, Philipp der Großmütige.

Diehl, Martin Butzers Bedeutung für das
kirchliche Leben in Heffen.
Dürrwächter, Chriftoph Gewold (Köhler).
Fries, Wider), Glaube und Ahndung, neu her-

ausg. von Nelfon (Lülmann).
Vorbrodt, Beiträge zur religiöfen Pfychologie:

Pfychobiologie und Gefühl (Ritfehl).
Hering, Die Lehre von der Predigt (E. Chr.

Achelis).

Stosch, Priv.-Doz. Pfr. Lic. theol. Georg, Für heilige Güter. J Erde mit dem Paradiefesftrom gedacht. Diefer war ja

Aphorismen zur gefchichtlichen Rechtfertigung des
alten Teftaments. Erltes bis drittes Taufend. Stuttgart
, M. Kielmann 1905. (VII, 97 S.) 8°

M. 1.60; geb. M. 2.50

Eine Art Empfehlung und Einführung der Urquhart-
fchen .Entdeckungen', auf Anregung des gleichen Verlegers
gefchrieben für gebildete deutfehe Leferkreife. ,Die
Anfänge des Seins und des Nichtfeins' (I.) behandeln
die Frage: Sage oder Gefchichte? prinzipiell und hiftorifch
hinfichtlich der Genefis, die fich dabei als ,eine durch
die Ergebniffe der wiffenfehaftlichen Forfchung betätigte
Urkunde der Wahrheit' erweift. Im II. Stück ,das göttliche
Gefetz' wird durch Heranziehung heidnifcher Volks-
gefetze (Hammurabi) und der Amarnabriefe die religiöfe
Überlegenheit und Gefchichtlichkeit des ,Gefetzes' dargetan
. Das III. ,das prophetifche Wort', fucht Art und
Bedeutung der Prophetie im Verhältnis zu Vergangenheit,
Gegenwart und Zukunft zu charakterisieren, wobei auch
Mofe, Samuel, David zu den Propheten zählen. — Wer
den Verf. kennt, weiß, was er zu erwarten hat. Wem
,Sage' nur .Ergebnis natürlicher Einbildungskraft' ift, wem
für Stücke wie Gen. 14 nur die Alternative: gefchicht

nach der Sintflut mit dem Paradies verfchwunden; die
Ströme find nur eine ,tatfächliche Erinnerung' an ihn.
2 Sam. 71!) D-JSrt mm fiXT heißt: das ift Adams Offenbarung
(Gen. 3); 1 Ch. 1717 ift ttb^En msn ,der Adam
der Zukunft', daher der eaxarog *A5au 1 Cor. 15. Lev. 26
,zerbricht den Bau der modernen Pentateuchkritik und
ift der Grundriß für die fpätere Prophetie geworden'.
Jef. 53H bedeutet imtofa]: ,der Tod in Summa, der Inbegriff
alles Todes', und weil Jef. 56. 57. 59 Israel in
feinem Land vorausfetzen, find lie jefajanifch. (Auf das
Meide von II. bin ich abfichtlich hier nicht eingegangen,
vgl. v. Gall ARW V [1902] 289fr.) — Überall fcheint
durch, wie der Verf. naiv mit dem Schema des exklufiven,
jüdifchen Supernaturalismus arbeitet und, ehe er in den
Gegenftand gründlich eingedrungen ift, feine poefievolle
Phantafie nicht bloß ihn umfpielen, fondern fie zur ordnenden
und entfeheidenden Inftanz werden läßt. Die
Fragen: was ift Dichtung? wie und in welcher Form ift
Überlieferung möglich? wie reflektiert fich im Kindesalter
eines Volkes alle geiftige Erfahrung? wie bedingt Volksund
Landescharakter Form, Farbe, Gehalt der Volks-
fage? ufw. werden von ihm in ihrer Dringlichkeit gar
nicht erkannt. Weil er die pfychologifche und erkenntliche
Urkunde oder Fälfchung zu Gebote fleht, wem mit j nistheoretifche Vorarbeit, die für alles hiftorifche Studium

der Gefchichtlichkeit eines Stücks Überlieferung zugleich
feine religiöfe Bedeutung hinfällt — dem fehlen unentbehrliche
Grundvorausfetzungen zur hiftorifchen und
prinzipiellen Behandlung diefer Stoffe. Und wer heute
noch behaupten kann, daß Stil und Ausdrucksweife in
Jef. I und II völlig einheitlich feien, und an jefajanifcher
Abfaffung für die ganze Schrift fefthält, andererfeits aber
die Sinaivorgänge halb rationalifiert (ein Teil des Gef.,
bef. der Dekalog, fei völlig autoritative göttliche Offenbarung
, andere Teile entflammen ,dem Zwiegefpräch
zwifchen der Erfahrung, dem Wiffen, dem Geifte Mofes
und dem göttlichen Geifteswillen'), der beweift damit nur,
daß trotz allem Gerede ,nüchterner Wirklichkeitsfinn' und
Zucht des Denkens feine Arbeit nicht begleitet haben. — In
den prinzipiellen Auseinanderfetzungen herrfcht blühende
Phrafe, an der fich der Verf. ordentlich felber beraufcht
(,die Jofephsgefchichte ift Wirklichkeit in der durchfichtigen
Form der Wahrheit'. Bei ihrer wunderbarften
Wendung ,ergreift uns die Ahnung, daß das Wunder
die Natur göttlicher und menfehlicher Dinge ift'. Die
Prophetie ,gleicht einem heiligen Geiftesbaum. Seine
Zweige und Blätter raufchen im leifen Nahen und dereinft
im Sturmwind zukünftiger Dinge.'). In der hiftorifchen
Erörterung jagen fich die feltfamften Behauptungen:
Gen. 2 mir. ift nicht an einen topographifchen, fondern an
einen idealen Zufammenhang der großen Ströme der
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unentbehrlich ift, ohne daß fie während desfelben je
fertig würde, nicht ernftlich leiftet, weiß er für alles eine
Antwort, und ift mit ihm nicht zu Breiten. Diefe Un-
folidität in Verbindung mit der Unklarheit in den Prinzipien
und der Phrafenhaftigkeit im Ausdruck macht diefe
Art Schriftftellerei zu einer unheilftiftenden. Gegen die
heiligen Güter aber, um die es dem Verf. im Grunde zu
tun ift, kämpft keiner der ,modernen Kritiker'.

Simmern (H.). Alfred Zilleffen.

Fromer, Dr. J. (Elias Jakob), Das Wesen des Judentums.

(Kulturprobleme der Gegenwart. Herausgegeben von
Leo Berg. Zweite Serie: Band I.) Berlin, Hüpeden &
Merzyn 19x15. (VIII, 183 S.) 8° M. 2.50

F. behandelt hier das Judentum als Kulturproblem,
d. h. die fogen. Judenfrage. Er fieht die Löfung diefer
Frage in dem völligen phyfifchen und geiftigen Aufgehen
der Juden unter die modernen Nationen. Er verhehlt fich
die ungeheuren Schwierigkeiten diefer Löfung nicht. Wenn
F. das Wefen des Judentums nicht in der Religion, fondern
in der Ethik fieht, fo ift das fichtlich eine Verkennung
der Tatfachen, die dem Verfaffer nahe liegt, da
er für feine Perfon fich fo weit vom Judentum losgelöft
und in die moderne Zivilifation verfenkt hat, daß ihm
fogar die Religion felber abhanden gekommen ift, obwohl

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