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Ausgabe:

1905

Spalte:

475-477

Autor/Hrsg.:

Cohrs, Ferdinand (Hrsg.)

Titel/Untertitel:

Zeitschrift der Gesellschaft für niedersächsische Kirchengeschichte. 9. Jahrg 1905

Rezensent:

Bossert, Gustav

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Theologilche Literaturzeitung 1905 Nr. 17.

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gemeinen Kunftlexikon von Meyer, Lücke, Tfchudi Bd.
III, 318 ff. bei Beham diefe Bilder, obwohl er nicht weniger
als 319 Holzfchnitte diefes Schülers von Dürer namhaft
macht, noch werden fie von Guftav Pauli in feinem Werke
über Beham (in Studien zur deutfchen Kunftgefchichte
Heft 33 Straßburg 1901) erwähnt, obwohl dort von S. 257
bis 446 nicht weniger als 1084 Behamfche Holzfchnitte
befchrieben find. Dagegen ergibt fich aus Passavant, Le
Peintre-GraveurYsd. IV, Leipzig 1863 S. 32, daß die Signatur
HB auf diefen Bildern das Monogramm von Hans
Brofamer ift, und in Rudolph Weigels Kunftlager-Katalog,
30. Abteilung, Leipzig 1860 S. 49 werden fie unter
Nr. 22779 diefem Künftler zugefchrieben. Dabei ift zu
beachten, daß fie bereits 1550 veröffentlicht find und zwar
in dem ,Catechismus für die gemeine Pfarrherr und Prediger
. D. Martin Luther. Zu Frankfurt am Mayn, druckts
Weygand fon (1550).' Zu diefer Ausgabe und der von 1553,
von welcher das Antiquariat von Martin Breslauer in
Berlin ein Exemplar befitzt (400 M.), kommt dann noch
ein drittes, welches Albrecht in der Landesbibliothek zu
Detmold gefunden S. 55. Es ift gedruckt von Weygand
Han zu Frankfurt ohne Angabe des Jahres. Oder füllten
die erfte und dritte Ausgabe identifch fein? Die Angabe
,Weygand fon (1550)' bei Weigel erfcheint neben Albrechts
Datierung ,Weygand Plan' (o. J.) doch recht verdächtig
. Doch wie dem auch fei, Albrechts durch ein
Fragezeichen kundgegebener Zweifel, ob Hans Behaim
der Autor der fraglichen Holzfchnitte fein könne, ift berechtigt
. Ich hatte für mich bereits die Autorfchaft des
Hans Brofamer feftgeftellt, bevor ich von Albrechts Bedenken
Kenntnis erhielt, und bin den Holzfchnitten
auch fonft noch begegnet, z. B. in Freydangs Layen
biblia. Frankf. 1569. — Als fehr erwünfcht ift es zu
bezeichnen, daß Albrecht der Katechismusausgabe von
1536 noch eine photographifche Wiedergabe des einzigen
Exemplares der Plakatform des Morgen- und Abendfegens
in niederdeutfcher Sprache v. J. 1529 hat hinzufügen
laffen, mit der wir fchon durch Rietfchel in den
Theol. Stud. u. Krit. 1898 bekannt gemacht waren. In
der photographifchen Reproduktion nimmt fie fich doch
wefentlich anders aus, als in der typographifchen Nachbildung
.

So hat fich alfo der Herausgeber des Enchiridion 1536
zur Förderung unfrer Kenntniffe von Luthers Kleinem
Katechismus im Anfchluß an feine frühern einfchläglichen
Arbeiten aufs neue ein großes Verdienft erworben. Jeder,
der fich künftig mit diefem ,güldnen Kleinod' aus der
Feder des Reformators wiffenfchaftlich befchäftigen will,
wird auch zu diefer neuen Ausgabe greifen müffen. Nicht
minder ift aber auch das Verdienft der Verlagsbuchhandlung
anzuerkennen, die einen fo zuverläffigen und dabei
fo fplendide ausgeftatteten Neudruck jenes feltenen Buches
hat herftellen laffen, um ihn allen intereffierten
Kreifen leicht zugänglich zu machen.

Göttingen. K. Knoke.

Zeitschrift der Gesellschaft für niedersächsische Kirchengeschichte
, unter Mitwirkung von Prof. D. Paul Tfcha-
ckert und Superintendent D. Karl Kayfer herausgegeben
von Studiendir. Lic. Ferdinand Cohrs. Neunter
Jahrgang. Braunfchweig, A.Limbach 1904. (IV,299S.)
gr. 8° M. 5 —

Inhalt: I. Tfchackert, Paul: Autor Sander, der „große Freund
des Evangeliums", ein Mitarbeiter an der Reformation zu Braunfchweig
, Hildesheim nnd Hannover. — II. Kayfer, Karl: Die Ge-
neral-Kirchenvifitation von 1588 im Lande Göttingen-Kalenberg. Aus
den Protokollen auszugsweife mitgeteilt. 2. Teil (Schluß). II. Das
Land zwifchen Dehler und Leine (Fortfetzung). Praefectura Lauengramme
find fo geflaltet, daß die zweite vertikale Linie vom H mit der
Vertikallinie von P bezw. B zusammenfällt und das S die Horizontallinie
des H von oben her durchfetzt.

burgensis sive Coldingensis. III. Obere Graffchaft Hoya. Nachwort
des Herausgebers. — III. Wöbking, W.: Der Konfeffionsftand der
Landgemeinden des Bistums Osnabrück am 1. Januar 1624. Nebft
2 Anlagen: Pro memoriali secretissimo. — Bericht Rudolfs von Bei«
linghaufen über die Osnabrücker Synode vom Jahre 1634. — [V.
Warnecke, Th.: Die Gefchichte der Armenpflege in der Stadt Münder
am Deifter. — V. Hölfcher: Die Gefchichte der Mindener
Reichsacht 1538 bis 1541. — VI. Knoop, Wilhelm: Herzog Ernft
des Bekenners Ordnung über das Einkommen der Paftoren und die
Ehefachen vom 15. November 1543. — VII. Analekten. 1. Drei Urkunden
der Kirche zu Wechold. Mitgeteilt von Paft. Meifel. 2. Leiden
und Schäden des Frauenklofters Derneburg durch Herzog Heinrich
den Jüngeren von Wolfenbüttel. Mitgeteilt von R. Doebner. 3.
Hiftorifche Nachrichten über die Pfarre zu Brünnighaufen und Bantorf.
Mitgeteilt von Oskar Töpfer. — VIII. Miszellen. 1. Bemerkungen zu
dem Auffatze: Hermann Hamelmanns Beziehungen zu der Kirche von
Diepholz. Von Engelke. 2. Einige Nachrichten über Gottfchalk
Krufe. Von Wilhelm Knoop.

Den neuen Jahrgang eröffnet Tfchackert mit einem
Lebensbild von Autor Sander, ,dem großen Freund des
Evangeliums', wie ihn Corvinus nannte. Diefe Arbeit ift
um fo wilkommener, je dünner bis jetzt die Biographien
von Laien aus der Reformationszeit gefät find, während
die Theologen undFürften reichlich bedacht find. Sander
verdiente wieder ins Licht geftellt zu werden, da er als
Worthalter der Evangelifchen in feiner Vaterftadt Braunfchweig
, als Schriftfteller in feiner kernigen, kraftvollen
.Unterrichtung im rechten chriftlichen Glauben und Leben
an die Chriften zu Hildesheim' 1528 und als erfter evan-

I gelifcher Syndikus in Hannover einen großen Einfluß auf
den Gang der Reformation in den genannten drei Städten
hatte und als Mann von gefunder Frömmigkeit und gediegenem
Wefen und guter humaniftifcher Bildung anzieht
. Schön fagt ein Epitaphium von ihm: Debet ei
Hannovera et pacem et jus.

Kayfer gibt den Schluß der Akten der Kirchen-
vifitation von 1588 im Land Göttingen-Kalenberg, welche
einen Blick in die fehr der Hebung bedürftigen Zuftände

I tun laffen, in die Bildung und Haltung der Diener der
Kirche, die vielfach vorkommende Simonie der Entrichtung
von Geldabgaben bei Anftellung an die Patrone,
wobei felbft das Konfiftorium der Annahme von 100
Talern befchuldigt wird, Abfindung von Mitbewerbern,
die Verbreitung der ,Wickerei' — felbft die Herzogin foll
eine Zauberin nach Lüneburg berufen haben — und die
kräftigen Befchlüffe, welche der Bericht über die Ergeb-
niffe der Kirchenvifitation im Schöße der Regierung hervorrief
. S. 36 Z. 6 möchte bei Bricensis am eheften an
Treuenbrietzen, die Heimat von Mart. Chemnitz, zu denken
fein, wenn nicht ad Oderam dabeiftünde; das würde
fich wohl in die Biographie von Chemnitz einfügen. Bricken
exiftiert nicht. Z. 9 wird Bernau Kr. Niederbarnim eher gemeint
fein, als Benau Kr. Sorau.

Eine wichtige Arbeit hat W. Wöbking gegeben, indem
er den Konfeffionsftand der Landgemeinden des

• Bistums Osnabrück am 1. Jan. 1624 auf Grund der Akten
unterfucht. Er zeigt, daß die Annahme der Proteftanten
wohl berechtigt ift, daß beim Beginn des Normaljahrs,
das dem weftfälifchen Frieden zugrund gelegt wurde,
die Pfarren des Bistums Osnabrück mit ganz wenig Ausnahmen
evangelifch gefinnte Inhaber hatten, und daß der
„Durchfchlag" des fchwäbifchen Pfarrersfohns Ifaak Vol-
mar, wonach mehr als zwei Drittel der Kirchen katholifch
und kaum ein Drittel evangelifch wurde, ein fchweres
Unrecht in fich fchließe. Die Akten geben ein merkwürdiges
Bild der unter evangelifchen Bifchöfen allmählich
erwachfenen Zuftände und der nach 1624 eingetretenen
Verwirrung. Sehr intereffant find die Fragen,
die das Konfiftorium des Schweden Graf Guftavfon von
Wafaburg 1648 an die Zeugen richtete. Die S. 129 angeregte
FTage, ob ein im kaiferlichen Heer dienender
Militärgeiftlicher als katholifch anzufeilen fei, dürfte nicht