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Ausgabe:

1905 Nr. 1

Spalte:

379-383

Autor/Hrsg.:

Bullarium Franciscanum sive Romanorum Pontificum constitutiones, epistolae

Titel/Untertitel:

diplomata tribus ordinibus 1905

Rezensent:

Mueller, Karl

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379

Theologifche Literaturzeitung 1905 Nr. 13.

ergänzend zur Seite treten follen, um die quellenmäßige [ Zeit des großen Schismas beweifen (ThLZ 1900 Sp. 493).

Unterlage feiner Darfteilung zu erweifen. Darum beziehen Der neue Band enthält die Bullen des Schismas und der

fich auch die den Urkunden beigefügten Anmerkungen — erften wieder ganz einhelligen Regierung Martins V,

von Namensfeftftellungen und geringfügigen Richtig- alfo der Jahre 1378 —1431, und zwar find die Bullen der

ftellungen abgefehen — zum weitaus größten Teile auf
feine Gefchichte der Päpfte.

Was die Herkunft der Akten anbetrifft, fo lieferten
die reichfte Ausbeute die Ambrosiana, das Arckivio
segreto, die Lanrentiana, insbefondere auch die feit den
Säkularifationen der Siebenzigerjahre fo reich gewordenen
italienifchen Staatsarchive in Venedig, Florenz, Mailand,
Siena, Bologna; nur vereinzelte Urkunden boten die
Archive der Colonna und Orfini, die Stiftsbibliothek in
Kremsmünfter, München, Köln und andere Orte. In
dankenswerter Weife hat, um nur eins hervorzuheben,
Paftor die Korrefpondenz der Sforza durch Nach-
forfchungen in der Ambrosiana und Bibliotheque Nationale
komplettiert und aus dem Gonzaga-Archiv in Mantua
nahezu fünfzig Urkunden, meift äußerft intereffanten Inhaltes
zum Abdrucke gebracht.

Jnedita' find fie durchgehends, aber nicht immer
nach dem Originale publiziert. Beifpielsweife (Nr. 13)
haben die Kopien aushelfen müffen, die Pierantoni Gal-
letti im XVIII. Jh. mit unendlichem Fleiße anlegte und
die, wie ich mich felbft einft überzeugt habe, allerdings
weitaus zuverläffiger find, als man nach feinen eigenen,
oft recht fehlerhaften Publikationen annehmen follte.
Die Urkunden find von P. ftreng chronologifch geordnet
worden und follen die Zeit von 1376—1464 umfaffen.
Die erften achtzig Jahre find äber ziemlich fchlecht fortgekommen
: ihnen gehört kaum ein Achtel aller Akten
an. Der Löwenanteil ift Kalixt III und Pius II zugefallen.
Nr. 27 enthält bereits den Bericht des Kardinals Sca-
rambio über die Wahl des Alonfo de Borja zum Papfte
und Nr. 65 den äußerft intereffanten Bericht an den
Herzog v. Mailand über die Wahl Piccolominis. Mit
einem Berichte an Franc. Sforza über die letzten Stunden
Pius' II (Nr. 204) und an Otto Sirmoneta über das Geleite
des päpftlichen Leichnams nach Rom und über
Konklaveforgen (Nr. 205) fchließt die Sammlung.

Es fei noch erwähnt, daß der Abdruck der Urkunden,
foweit es fich kontrollieren läßt, äußerft forgfältig zu fein
fcheint, und daß für mühelofe Benützung alles mögliche
getan ift, fowohl im Drucke, in der Anordnung, in Re-
giftern, als auch in vortrefflichen deutfchen Regeften.

Bonn. Siegmund Keller.

Bullarium Franciscanum sive Romanorum Pontificum con-
stitutiones, epistolae, diplomata tribus ordinibus Mi-
norum, Clarissarum, Poenitentium a seraphico patri-
archa sancto Francisco institutis ab eorum originibus
ad nostra usque tempora concessa. Tomus VII. Romanorum
Pontificum vel eorum, qui durante schis-
mate occidentali in sua obedientia pro Romanis Ponti-
ficibus habebantur, scilicet Urbani VI, Bonifatii IX,
Innocentii VII, Gregorii XII, Clementis VII, Benedicta
XIII, Alexandri V, Ioannis XXIII, Martini V
documenta iussu atque auspiciis reverendissimi P. M.
Laurentii Caratelli de Signia, totius ordinis Minorum
S. Francisci conventualium, post seraphicum patri-
archam ministri generalis CVI a Conr. Eubel, eius-
dem ordinis alumno, digesta. Romae 1904. Leipzig,
O. Harraffowitz in Komm. (LVIII, 774 S.) Fol. M. 45 —

Dem fechften Band, der 687 Foliofeiten umfaßt hatte,
ift nach 7/4 Jahren der fiebente gefolgt mit 774 S., eine
Leiltung, die nur dadurch erklärlich wird, daß der treffliche
Herausgeber, P. Eubel, einen Teil des Materials
fchon vor Jahren vorbereitet hatte, wie feine Regeften
der avignonenfifchen Obedienz der Mendikantenorden zur

Päpfte aller Obedienzen aufgenommen. Die der avignonenfifchen
erfcheinen zum erftenmal aus den Regeften-
büchern ausgehoben, ein Fortfehritt, der insbefondere für
Benedikt XIII von Bedeutung ift. Auch das Konzil von
Konftanz hat eine wichtige, allerdings fchon bekannte
Nummer beigefteuert. Die Zahl der Bullen ift für die
einzelnen Regierungen fehr verfchieden: von Urban VI
flammen nur 24, von Bonifaz IX dagegen 479, von Benedikt
XIII 277, von Martin V 545. Der Grund diefer
Ungleichheit liegt nicht in dem Unterfchied des Eifers,
mit dem fich die einzelnen Päpfte des Ordens angenommen
haben, fondern vor allem in dem verfchiedenen
Maß, in dem die Regiftraturbücher erhalten find: von
Urban VI find nur noch 24 Bände da, während es etwa
IOO gewefen fein müffen.

Die Materien, um die es fich handelt, hat Eubel
wieder ganz praktifch in 25 Titel geordnet. Für die
avignonenfifche Obedienz hat er felbft einen kurzen Überblick
in der fchon erwähnten älteren Schrift gegeben,
und die Erläuterungen, die er dort beigegeben hat, erleichtern
den Gebrauch des neuen Bands auch für die
übrigen Obedienzen. Für zweckmäßig hätte ich es gehalten
, wenn die Obfervanz eine eigene Rubrik in der
Tabula materiarum bekommen hätte. Jetzt ftehen die
Bullen, die fie angehen, unter den verfchiedenften Titeln
zerftreut. Es wäre fehr willkommen, wenn das in den
folgenden Bänden anders würde.

Eine große Menge von Bullen erregt das allgemeinere
kirchengefchichtliche Intereffe nicht im einzelnen, fondern
nur durch die Maffe, in der fie auftreten, oder
durch die Veränderungen ihrer Zahl in den verfchiedenen
Bänden. Ich gebe einige Zahlen, bei denen ich Eubels
Tabula materiarum benutze, aber nicht auf abfolute
Genauigkeit Anfpruch erhebe:

L II. III.

., (003/34) (1335/78) (1378/1431)

1. Übernahme von neuen Konventen (feit

BonifazVIII vom Papft zu genehmigen) 55 116 171

2. a) Abläffe an Kirchen des 1. Ordens 15 35 113
b) „ „ „ „ 2. „ 28 25 28

3. Ermächtigung zu Promotionen u. ä. 11 112 145

4. Erhebung von Minoriten zu kirchlichen

Würden (Bistümern u. ä.) 158 307 357

5. Hullen für Inquifitoren aus dem Orden 69 52 17

6. Ernennung zu päpftlichen Pönitentiaren 3 10 47
7- a) ,, zu Kaplänen des apoftol. Stuhls 2 301

b) ,, „ ,, von Kardinälen 69

c) „ „ „ weltlicher Herren I

Befonders bezeichnend erfcheint mir die Zun ah mein
Nr. 1, 2a, 3 und die ftarke Abnahme in 5: der Rückgang
und Stillftand in der Inquifition. Bei Nr. 1 hängt
die Zunahme in Bd. 3 auch mit dem Aufkommen der
Obfervanz zufammen, durch die eine große Zahl neuer,
z.T. ganz kleiner Niederlaffungen notwendig geworden ift.

Für die alte Kommunität find bedeutendere Änderungen
in der Zeit diefes Bandes nicht zu verzeichnen.
Die Bullen zeigen, wie außerordentlich groß die Macht
ift, die das Papfttum auf allen Gebieten des inneren
Lebens ausübt, wie es auch im einzelnen Fall von der
Grundlage des Ordenslebens, der Armut, befreien kann.
Aber das find keine neuen Züge. Ein Symptom der
Entwicklung ift die Wiederherftellung des Pfleger-
Amts {syndicus, oeconomus, administrator), mit deffen
Aufhebung Johann XXII einft den Krieg gegen die Kommunität
eröffnet hatte. Es hing innerlich mit der Auf-
löfung der Armut zufammen, wie fie durch die Päpfte
von Gregor IX an bis Martin IV Schritt für Schritt herbeigeführt
worden war. Diefe hatten das formale Eigentumsrecht
am Befitz des Ordens auf den apoftolifchen Stuhl
übernommen und jenes Amt der Pfleger eingerichtet,
die außerhalb des Ordens ftehen mußten, darum an die