Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1905 Nr. 13

Spalte:

374-375

Autor/Hrsg.:

Koch, Paul

Titel/Untertitel:

Die byzantinischen Beamtentitel von 400 bis 700 1905

Rezensent:

Kattenbusch, Ferdinand

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

373

Theologifche Literaturzeitung 1905 Nr. 13.

374

ßajcxiC,. nur allgemein die Herftellung des Eigentums-
verhältniffes zu Jefus (vgl. 1 Kor. ins). Der Gedanke,
dal! die Taufe zum ,Schuldner Jefu' mache, ift von J.
hineininterpretiert, und es ift ift eine groteske Behauptung
, daß die Taufe als ,juriftifches Verhältnis' und als
,Gefchäft' aufgefaßt werde (159). —

Das 5. Kapitel des Buches bringt eine gewandte Dar-
ftellung des Namenglaubens. Aber die Quinteffenz des-
felben, nämlich die Behauptung, daß der altchriftliche
Jefus-Namen-Glaube direkt auf den ägyptifchen Namenglauben
zurückgehe, der, wie das griechifch-römifche
Heidentum, fo auch das fpätere Judentum, vor allem
durch den Kanal der Effäer und der Samaritaner hindurch
, überflutet habe, muß ich für verfehlt anfehen.
Daß die primitive Anfchauung vom Namen auch im
israelitifchen Volke lebte, hat Giefebrecht gezeigt. Daß
fie im griechifchen und römifchen Heidentum, im Parfis-
mus, in der babylonifchen Religion ohne ägyptifchen
Einfluß vorhanden war, glaube ich bewiefen zu haben.
Nur das Selbftverftändliche wird man zugeben, daß, wie
die ägyptifche Zauberei überhaupt, fo auch der ägyp-
tifche Namenglaube im Synkretismus befonders einflußreich
gewefen ift. — Der Kuriofltät halber fei noch erwähnt
, daß der Verf. glaubt, in der häufigen und — wie
er meint — eigenartigen Verwendung der Formel ,im
Namen des Herrn der Geifter' einen Beweis für den
chriftlichen Charakter der Bilderreden des Henoch-Buches
gefunden zu haben (Kap. 4). —

Bei wiffenfchaftlichen Unterfuchungen ift es felbft-
verftändliche Vorausfetzung, daß fie geführt werden ohne
Rückficht auf die religiöfe Anfchauung des Verfaffers,
foweit das eben überhaupt möglich ift. Das ift felbft-
verftändliche Vorausfetzung auch bei den Arbeiten
jüdifcher Herkunft. Wenn aber ein Verf., wie es Jacob
in feiner Vorrede tut, noch erft ausdrücklich den Vorwurf
der Befangenheit ablehnt, fo muß er es fich gefallen
laffen, daß feine Arbeit daraufhin auch befonders
angefehen wird. Man kann leider nicht lagen, daß das
vorliegende Buch diefe Prüfung gut befteht. J. zeigt fich
befangen in bonam partein in Bezug auf das A. T., in
malam partein in bezug auf das N. T. — mehr als fein
jüdifcher Standpunkt es eigentlich erfordert hätte. Auf
Schritt und Tritt zeigt er fich als Apologet und Polemiker
(vgl. u. a. 43, 118, 146, 149). Zwei Urteile feien
angeführt. S. 160 u. 161: ,Dem N. T. ift es ferner eine
durchaus geläufige Vorftellung, daß das Leben ein Ge-
fchäft mit Gott ift, ein Kontokorrentverkehr . . . .'
,Dem A. T. ift eine folche Denkweife und Sprache fo
gut wie fremd ....'! — Die altteftamentlichen Gelehrten
aber erhalten die Belehrung, daß ihre Pentateuchkritik
letztlich in ägyptifchem Namensaberglauben wurzelt.
Denn die ,unhaltbare' Exegefe von Exod. 63, 3 mr., die
,noch immer eine Säule der modernen Pentateuchkritik'
bildet, geht fchließlich auf ägyptifchen Namenglauben
zurück. ,Agyptifcher Aberglaube, der auch fonft vielfältig
im modernen Menfchen niftet, ift es, den der moderne
Kritiker unwillkürlich in das A. T. hineingetragen hat'
— Es ift fehr zu bedauern, daß die umfichtige und
vielfach fcharffinnige Arbeit Jacobs durch derartiges
verunziert wird. —

Wie ich eingangs fchon bemerkte, ift das Problem
inzwifchen weiterhin erörtert. Wefentlich Neues ift nicht
zutage gefördert. Das dürfte auch kaum möglich fein.
Ein Bericht über die erwähnten Auftätze von Brandt
und Böhmer müßte zur Auseinanderfetzung mit ihnen
werden, was hier doch zu weit führen würde. Als fehr
erfreulich darf ich konftatieren, daß die von mir herausgearbeitete
Grundbedeutung der Formel h (Istl) tot ov.
bezw. Dien fich durchzufetzen fcheint (vgl. ßöhmers'Auf-
fatz). Die Arbeit Jacobs in ihren neuteftamentlichen
Partien, die Einwendungen Brandts und die Ausführungen
Böhmers beftätigen mir nur. daß ich in meiner
Unterfuchung den richtigen Weg eingefchlagen habe, ins-

befondere auch, daß ich recht tat, wenn ich mit abficht-
licher, den Lefer ärgernder Monotonie immer wieder
diefe Grundbedeutung aufzudecken fuchte. Gewiß ift im
N. T. die Wendung fchon formelhaft geworden und als
Formel in verfchiedenen Nuancen gebraucht. Aber wir
gleiten in das frühere vage und willkürliche Raten zurück,
wenn wir uns nicht immer wieder an diefe Grundbedeutung
erinnern. — Und was die religionsgefchichtliche Seite
angeht, fo dürfte es als Tatfache zu gelten haben, daß
wie in der altteftamentlichen Schätzung des Gottesnamens
noch, fo in der neuteftamentlichen Schätzung
des Jefus-Namens fchon deutliche Spuren des Einfluffes
des ,Namenglaubens' vorhanden find. Die Tatfache fleht
feft: nur noch über das Mehr oder Weniger und über
die mehr oder weniger bedeutende Sublimierung wird
man fortan noch ftreiten können.

Göttingen. W. Heitmüller.

Lewy, Dr. J., Ein Vortrag über das Ritual des Pesach-Abends

(Jahresbericht des jüdifch-theologifchen Seminars,
Breslau 1904, S. 5—22).

Der Verfaffer macht in diefem Vortrage den Verflach
, das Ritual der Paffa-Feier zu fchildern in der Form,
welche für die letzte Zeit des Tempelbeftandes vorauszu-
fetzen ift. Über diefe wiffen wir nun freilich fehr wenig
Sicheres. DieMifchna befchreibt im Traktat Pesachiinc.X
bereits die Form, welche nach dem Untergang des
Tempels üblich war und auch diefe nur in den allge-
meinften Grundzügen. Die fogenannte Pefach-Haggada
aber, welche eine ausführliche Befchreibung des Rituals
gibt, ift nach Lewy felbft ,wohl in nachtalmudifcher
Zeit, vielleicht etwa im achten Jahrhundert redigiert'
(S. 15). Allerdings werden viele Einzelheiten auch fchon
in älteren rabbinifchen Schriften erwähnt (vgl. die Nachweife
bei Zunz, Die gottesdienftlichen Vorträge der
Juden S. 126). Ob diefe aber bis in die Zeit des
Tempelbeftandes zurückreichen, bleibt in den meiften
Fällen ungewiß. Da Lewy einen fehr Marken Gebrauch
von der Pefach-Haggada macht, fo ift feine Schilderung
nur mit großer Vorficht aufzunehmen; unter diefem Vorbehalte
aber darf fie chriftlichen Theologen, welche mit
dem Gegenftande fich bekannnt machen wollen, empfohlen
werden. Ähnliche Schilderungen haben übrigens
vor mehr als dreißig Jahren M. Kirchner, Die
jüdifche Paffahfei er und Jefu letztes Mahl (Progr. des
Gymn. zu Duisburg, 1870), und Bickell gegeben (Meffe
und Pafcha 1872, S. 37—63, vermehrter Separatabzug
aus dem ,Katholik'). Vgl. auch The Jezvish Encyclo-
pedia vol. IX, 1905, Art. Passover. — Ich erwähne bei
diefer Gelegenheit noch, daß über die Pefach-Haggada
eine umfangreiche Literatur exiftiert, welche verzeichnet
ift von S. Wiener, Bibliographie der Ofter-Hagga-
dah 1500—1900. St. Petersburg 1902 (Leipzig, Voß'
Sort. in Komm.). Eine deutfehe Uberfetzung lieferte u. a.
Japhet, Haggadah für Pefach, mit Überfetzung, deut-
fchem Kommentar und mufikalifchen Beilagen, neue
Aufl., durchgefehen von H. Schwab, Frankfurt a. M.,
Kauffmann 1903. Eine Ausgabe nach dem Ritus von
Jemen: Greenburg, The Haggadah aecording to the
rite of Yemen, London, Nutt 1896. Über die illuftrierten
Handfchriften f. Theol. Literaturzeitung 1903, 405. Zur
Orientierung überhaupt: The Jewish Encyclopedia vol.
VI, 1904, Art. Haggadah shel Pesach.
Göttingen. E. Schürer.

Koch, Dr. Paul, Die byzantinischen Beamtentitel von 400 bis
700. Diff. Jena, (G. Neuenhahn) 1903. (128 S.) 8»

M. 2.40

Diefe aus Geizers Schule hervorgegangene gediegene
Differtation ift eine Fortfetzung zu Hirfchfelds Abhand-

*