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Ausgabe:

1905 Nr. 11

Spalte:

332-334

Autor/Hrsg.:

Heiner, Franciscus (Ed.)

Titel/Untertitel:

Benedicti XIV Papae opera inedita. Primum publicavit 1905

Rezensent:

Ficker, Gerhard

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Theologifche Literaturzeitung 1905 Nr. 11.

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über werden Tie unfagbar traurig, hüllen (ich in fchlechte | (nicht Adonay) getagt. S. 24: Ein Durchfchnitts-Rabbi
Gewänder, kommen zu dem Mönche, der ihnen den Zorn j des 15. Jahrhunderts lernte das A. T. nach den Rab-
ihres Götzen gemeldet, und fragen ihn, wie fie ihren ! binen. S. 25 m ift das über den jüdifchen ,Antichrift'
Götzen befänftigen könnten und unter welchen Beding- Gefagte mangelhaft. S. 31: Statt des im 17. (nicht im 15.)
ungen er zu ihnen zurückkehre. Er aber fagt ihnen: i Jahrh. lebenden Pfeudomeffias Sabbathai Zewi war hier
,Die Zeit ift noch nicht gekommen und die Verföhnung I eher noch Abr. Abulafia zu nennen, der fich Ende des
noch nicht nahe'. So bleiben fie in Trauer, Schmerz, | 13. Jh. in Sizilien als Meffias ausgab. S. 45 haben wir
Faften und fchlechter Kleidung drei Tage lang oder an- keine ,Ver(tümmelung' des Hebr. vor uns, fondern ein
nähernd foviel. Unterdeffen fammeln fie viel Geld für intereffantes Dokument der hebr. Ausfprache der deut-
die Mönche, welche diefem Götzen dienen, bis der mit fchen Juden im 16. Jahrh., wie z. B. in den Trienter Prozeßfeiner
Obhut vertraute Mönch ihnen fagt: .Heute wird er akten von 1475 (Wiener Hofbibl., Mpt.) ein folches für
fich mit Euch ausföhnen und zurückkehren'. Dann ziehen j das 15. Jh. S. 46: Die dramatifchen Autoren des 16. Jahrh.
fie ihm entgegen; jener Mönch holt ihn von feinem Ort i laffen ihre Juden nur der Verftändlichkeit wegen nicht
und führt ihn mit großem Gepränge und allgemeiner 1 Jargon fprechen; für das 15. Jahrh. gibt Verf. felbft S. 52
Prozeffion in die Stadt, bis er ihn wieder an feine Stelle i ein Beifpiel! Die hebr. Ausdrücke S. 45, 52 u. bef. 47b
bringt. Dabei beruhigen fie fich und freuen fich über j weiß Verf. gar nicht oder meift nur falfch zu erklären,
die Rückkehr ihres Götzen und feine Ausföhnung mit j Folz (15. Jh.) fagt in feinen Reimen ganz richtig ,Zeder'
ihnen. ! (Seder) und deutfch .ordnunge' für die je 1—3 Folianten

In einer Studie über diefen Bericht (,Das Frühlings- j füllenden Abteilungen des Talmud; Frankl korrigiert
feft der Infel Malta' 1902) hat Wünfch zu zeigen ver- j ,Sefer' und fagt ,Buch'! Daß Folz intereffanterweife zu-
fucht, daß das Feft Johannes dem Täufer gegolten habe, j erft die der Gemara entbehrenden Abteilungen V, I, VI
urfprünglich aber ein phönizifches Adonis-Feft gewefen j aufzählt (die 2 Traktate mit Gemara, Berachoth [I.] und
fei, das in chriftlicher Umbildung fortgelebt habe. Gegen | Niddah [VI.], flehen auch im cod. Monac. 95 außerhalb

diefe Hypothefe wendet fich die hier anzuzeigende
Schrift von Lübeck. Er weift überzeugend nach, daß
es fich nicht um ein Feft Johannes des Täufers handelt,

diefer Abteilungen), merkt Verf. nicht! ,Rabinafche' ift
nicht ,Rabi Afcha'(l), fondern entweder Rab Afchi (357—
427), der den bab. Talmud zu fammeln begann (nicht:

fondern um Gebräuche der Paffionswoche, die auch ,um 500 beendigte'), oder Rabbenu Afcher (ben Jechiel,

anderwärts, namentlich in Deutfchland verbreitet waren : Afcheri, Rofch, 1250—1327); Alza nicht Alla(l), fondern

oder noch find. Das .Götzenbild' ift ein Chriftusbild j Alfafi (Alfas, 1063—1103), Naaman nicht Nachman, fon-

(Kruzifix), welches am Karfreitag ins Grab gelegt und | dern Nachmani (13. Jh.), Walin nicht Walos(!), fondern

aus demfelben am Ofterfonntag in feierlicher Prozeffion ; Abulwalid (11. Jh.), Symetan nicht Simeon, fondern

wieder zurückgeholt wurde. Ein Adonisfeft als Grund- l Schemtob (14. Jh., Verf. des Eben Bochan), Malachim

läge anzunehmen liegt kein Grund vor; vielmehr find
wefentliche Punkte der chriftlichen Feier in den Riten
des Adoniskultus nicht nachweisbar.

nicht Maleachi, fondern Melachim = Samuelis und Re-
gum; ft. Serajim 1. Serai'm, ft. Wajedaber L Wa-jedabber,
ft. EU 1. EUeh. Unerklärt find: Racha = R. Acha (4. Jh.),

Wünfch felbft hat nach den von Lübeck gegebenen j Ifack = wohl Gaon Mar Jizchak (7. Jh.), Smohei
Nachweifen feine Anficht in der Hauptfache zurück- ! Samuel ha-Nagid (II. Jh.), Judas = Jehudah ha-Levi
genommen (Berliner philol. Wochenfchr. 1904, Nr. 46). (12. Jh.), Schlame = Schelomoh ibn Adret (13. Jh.),

Göttingen. E. Schür er.

Wehamelech = I. Regum. Was Berefchith, Wa-jikra ufw.
bedeutet, mußte Verf. feinen Lefern fagen, ebenfo auch
wohl, wer der nun einmal genannte Jude Gerfon' (S. 54)
Frankl, Oskar, Der Jude in den deutschen Dichtungen des war; das verdiente Gerfchom. — Kaifer Konftantin und
15., 16. und 17. Jahrhunderts. Approbiert als Doktor- feine Mutter Helena (S. 17) find auch nach den mittel-

Differtation von der philofoph. Fakultät der k. k.
Univerfität in Wien. Mähr.-Oftrau, R. Papaufchek 1905.

alterlichen .Tholdoth Jefchu' zuerft Juden; die Mutter Jefu
heißt nach denfelben Schmähfchriften u. a. .Thelujah'
(S. 132), weil fie nach ihrem Tode gekreuzigt worden fei;
(144S.) gr. 8» M. 2—; geb. M. 3 — : die — übrigens nicht auf Boccaccio zurückzuführende —

Das kulturgefchichtlich hochintereffante Thema, die Spottfage von dem jüdifchen Meffiasmädchen (S. 67 fr.)
fleißige Bearbeitung und die gute Ausftattung erheben ift felbft in ihren übermütigften Raffungen nur ein
das Buch weit über die übliche Differtationenliteratur; | fchwaches Gegenftück zu den z. T. erheblich früheren

tunlichfte Objektivität, flüflige Darfteilung, fowie gute
Inhaltsangaben und intereffante Proben von z. T. fchwer
zugänglichen Quellen machen die Schrift wertvoll.
Manches Material hätte Verf. noch aus G. Liebes

Unflätereien der jüdifchen Tholdoth über Maria und Jefus.
(Vgl. S. Krauß, Das Leben Jefu nach jüd. Quellen.) Die
Erörterungen des Verf. über die Blutbefchuldigungen
würden teils knapper und klarer, teils vollftändiger durch

Judentum in der deutfchen Vergangenheit' (Leipzig, ; die Benutzung von Stracks trefflicher Schrift über ,Das
G. Diederichs) und, da er nun einmal die Sprichwörter Blut im Glauben und Aberglauben der Menfchheit' ge-
zu den ,Dichtungen' rechnet, aus Wunder u. a. benutzen i worden fein. Hinfichtlich der Befchuldigung der Seuchenkönnen
. Daß er Predigten, Annalen, wiffenfchaftliche verurfachung möchte ich noch an, irre ich nicht, Petten-
Streitfchriften, auch folche in lateinifcher Sprache, dgl. kofers richtige Bemerkung erinnern, daß die aufgezwun-
englifche Komödien nicht nur im Regifter^i 14fr.) zu den genen engen Ghetti gegebenenfalls Seuchenherde werden
,deutfchen Dichtungen'rechnet, fondern gleichmäßig wie mußten.

diefe behandelt, widerfpricht dem Thema. Die Noten Leipzig Erich Bifchoff.

könnten oft genauer und gleichmäßiger fein, die Zitate____——_

fehlerfreier (S. 7 lies spirituali; S. 22 Accursius, S. 45 Benedicti XIV Papae Opera inedita. Primum publicavit
sid, S. 47 feder ft. Zoder, S. 87 und ft. uod, S. 88 Mone Prof DD- Franciscus Heiner. Friburgi Brisg., Her-
ft. More ufw.). ,Sie anerkennen' (S. 28) und ,vergeffen , Mr.nu /VAr _ .« M .„ 1 M

auf (S. 39) i" Schmockdeutfch. Luther ift nicht ,Reuch- der MCMIV. (XV, 464 P-) 4° M. 18 -; rel. M. 22 -
lins Nachfolger im Streit mit der Kirche' (S. 40), Die Handfchriften der drei hier zum erften Male ver-

Kickrion (S.45) nicht griechifch, Maria keine,Göttin'(S. 123). öffentlichten Werke Profper Lambertinis (Benedikts XIV.)
Zur völligen Durchdringung des Stoffs gehörte intimeres | befinden fich im Vatikanifchen Geheimarchiv (Annar.
jüdifches Wiffen, zumal betr. des (in Deutfchland bis zum Mise. III, 294. 296. 247. 260. 248. 264. 261); es find Ab-
18. Jahrh. dauernden) jüdifchen Mittelalters. S. 19: Nicht fchriften der Originale, nicht die Originale felber. Wohin
für Jehowah', fondern für MW oder Jahveh wird Adonai diefe gekommen find, hat der Herausgeber nicht erfahren