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Ausgabe:

1905 Nr. 10

Spalte:

307-309

Autor/Hrsg.:

Mathesius, Johannes

Titel/Untertitel:

Ausgewählte Werke. Hrsg., erläut. u. eingel. v. Georg Loesche. 1. - 4. Bd 1905

Rezensent:

Bossert, Gustav

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307 Theologifche Literaturzeitung 1905 Nr. 10. 308

enthaltend. Bei der Sichtung der von Refch zufammen-
gebrachten farrago hat fich Kl. wefentlich an Ropes
angefchloffen. Kl. unterfcheidet: 1. eigentliche Agrapha
und 2. wichtigere Ausfprüche, die irrtümlich als Herrenworte
angefehen worden find. Zum Schluß bietet Kl.
noch die neuen Oxyrynchus-Logia. — Nr. 12, Apo-
krypha IV, die apokryphen Briefe an die Laodicener
und die Korinther, herausgegeben von Harnack. Das
Hauptintereffe hat fich in neuerer Zeit dem apokryphen
Korintherbrief zugewendet, der früher nur durch die
Uberlieferung in der armenifchen Bibel und in dem
(armenifch erhaltenen) Kommentar des Ephram zu den
Paulusbriefen bekannt war. Im Jahr 1891 und 1892 find
dazu zwei lateinifche Texte gekommen (der eine von
Berger, der andere von Bratke entdeckt, f. Theol. Litztg.
1892, Nr. 1 und 24); und neuerdings hat C. Schmidt
unter den koptifchen Fragmenten der Paulus-Akten auch
Bruchftücke unteres Briefes gefunden. Auf Grund diefer
Materialien hat Harnack kürzlich dem Briefe eine eingehende
Unterfuchung gewidmet (Sitzungsberichte der
Berliner Akademie 1905, 12. Januar). In unferm Hefte
gibt er den lateinifchen Text Bergers und eine Rück-
überfetzung ins Griechifche. — In Nr. 13: Ausgewählte
Predigten II bietet Lietzmann fünf Predigten Auguftins,
nämlich eine Weihnachtspredigt, eine Epiphaniaspredigt,
eine Oftervigilpredigt und zwei Ofterpredigten.

Nach dem auf dem Umfchlag mitgeteilten Profpekte
find für fpätere Hefte auch jüdifch-helleniftifche Texte,
fowie folche des Mittelalters und der Reformationszeit
in Ausficht genommen. Die Auswahl ift eine recht zufällige
und augenfcheinlich in den Neigungen der betreffenden
Herausgeber begründet. Eine methodifchere
Auswahl durch die Leitung des Unternehmens wäre wohl
wünfchenswert. Das foll aber den Dank für das Gebotene
nicht fchmälern. Möchte das Unternehmen rüftig
fortfchreiten und fleißig benützt werden.

Göttingen. E. Schür er.

Mathesius, Johannes, Ausgewählte Werke. In Auswahl
herausgegeben, erläutert und eingeleitet von Dr. Georg
Loefche. 1.—4. Band. (Bibliothek deutfcher Schrift-
fieller aus Böhmen. 4., 6., 9. und 14. Band.) Prag, J.
G. Calve. 8° M. igln
halt: I. Leichenreden. (XXXVII, 238 S. m. Bildnis.) 1896.
M. 2 —. — 2. Hochzeitspredigten. (XXI, 387 S. m. Bildnis.) 1897.
M. 3—. — 3. Luthers Leben in Predigten. (XXIV, 563 S. m. 2 Bild-
niffen.) 1898. M. 4—. — 4. Handfteine. (IV, 704 S. m. 2 Lichtdruck-
taf.) 1904. M. 10 —.

Mathesius' Predigten über Luthers Leben. Mit Erläuterungen
. Dem evangelifchen Volke dargeboten von
Pfr. D. Georg Buchwald. Buchfchmuck von E. Laib-
lin. Stuttgart, P. Rocholls Verlag 1904. (XIV, 249 S.)
gr. 8" M. 3.50; geb. M. 4.50

Es ift eine alte Ehrenfchuld, die Ref. durch die Be-
fprechung der oben genannten Werke des Mathefius abzutragen
hat. Die Gefellfchaft zur Förderung deutfcher
Wiffenfchaft, Kunft und Literatur in Böhmen hat lieh
ein großes Verdienft durch die Herausgabe diefer Predigten
in Auswahl erworben. Denn fie find für dieGefchichte
der Predigt des 16. Jahrhunderts, wie für die Gefchichte
der Reformation und der auf ihrem Boden erwachfenen
Glaubensanfchauung und Sitte eine ebenfo reichhaltige
und wertvolle Fundgrube, wie für die Kulturgefchichte
und die Gefchichte des Bergbaus. Für die Herausgabe
aber konnte die Gefellfchaft keinen berufeneren Mann
finden, als Georg Loefche, dem wir die große Biographie
des Mathefius verdanken, welche zur Einleitung in die
Werke fehr zu empfehlen ift, vor allem die fchöne Studie
über die Predigten des Mathefius Band 1, 331—639 und

2, I —187.

Selbftverfländlich mußte auf eine vollftändige Ausgabe
verzichtet werden, denn der Joachimstaler Pfarrherr
hat bei anderthalbtaufend Predigten hinterlaffen, die alle
bis auf eine gedruckt find. Den Text gibt Loefche in
der urfprünglichen Orthographie, aber mit Auflöfung der
Abbreviaturen. Nur fehr feiten wäre eine leichte Beffe-
rung des Textes ratfam gewefen. Bd. 1, 117, 17 ift ficher
ftatt funtzebetlein luntzebetlein zu lefen, vgl. 2, 388. Der
Schwabe weiß, was luontfchen ift d. h. faul herumliegen.
2, 321, 15 1. handflein ftatt fandftein.

Im erften Band gibt L. zunächft eine kurze Orientierung
über Mathefius' Leben und feine Predigten und
über die Entftehung der Leichenreden in der Zeit der
Reformation, dann die Widmung des erften und zweiten
Teils, eine Neujahrspredigt an fterbende Bergleute
über Gen. 28, fünf herzliche Troft- und Ermahnungspredigten
an feine Kinder nach dem Tod feiner Gattin
und eine Predigt über Hiob 19, fowie einige Lieder. —
Der zweite Band zeigt uns zunächft die Hochzeitreden
als ein eigenartiges Gewächs der Reformation und den
Boden, auf welchem die Hochzeitpredigten des Mathefius
in Joachimstal erwachfen find, die Hochzeitfitten und die
neuen Grundfätze der Ehegefetzgebung, wie fie die Reformation
gefchaffen hatte. Dann folgt ein Überblick über
die von Mathefius' Kollegen Caspar Franck gefammelten
16 Hochzeitpredigten, die diefer Band wiedergibt, fowie
über eine zweite Sammlung von 75 Hochzeitreden, die
aber großenteils nur Entwürfe find. Unter den 16 Predigten
ift die bedeutendfte die zehnte von der Kunft, die
unterhaltendfte aber die Urbanuspredigt vom Wein und
feinem rechten Gebrauch. Weiter finden fich in diefem
Band Mathefius' Lied: ,Wem Gott ein ehlich Weib be-
fchert', das Lied von Nik. Hermann ,Wie man eine Braut
anfingen foll' und Mathefius' Oeconomia, ein Hausftandlied
in der Überfetzung Hermanns. Der 3. Band, der wert-
vollfte unter den Werken des Mathefius, enthält Luthers
Leben nach der Urausgabe, im vollen Umfang, doch
mit Trennung der 12. und 13. Predigt. Voraus geht eine
wertvolle Einleitung mit Nachweis der Quellen und der
Eigenart diefer Lutherbiographie im Vergleich mit den
einfchlagenden Schriften Melanchthons, Mecums, Spalatins,
Cochläus', Ratzebergers und Cyr. Spangenbergs. Loefche
hat mit diefem Band für jeden Lutherbiographen eine
fehr wertvolle Vorarbeit geleiftet. Bei allen Vorzügen
diefer Lutherhiftorie meint er doch, daß es mit ihr ,als
Volksbuch längft und für immer vorüber fei'. Er nennt
den Joachimstaler Pfarrer einen literarifchen Lucas Kranach
und fein Lutherwerk eine kulturgefchichtliche Reliquie.
Aber diefe Reliquie ift immer noch hoch gefchätzt. Den
beften Beweis bildet die Notwendigkeit einer neuen Auflage
diefes Bandes, aber auch die Wiedergabe derfelben
in einem Auszug im Sonntagsboten für Sachfen und die
fehr fchön ausgeftattete Volksausgabe mit Einleitung und
kurzen Erläuterungen von G. Buchwald, der aber die
Vorrede, die 16. Predigt und alles, was nur für die Bergmannsgemeinde
verftändlich und intereffant war, wegge-
laffen und die Sprache modernifiert hat. Buchwald fpricht
auch die Hoffnung aus, diefe erfte Lutherbiographie werde
als rechtes chriftlich-evangelifches Volksbuch feine Lefer
finden und einer Zeit doppelt willkommen fein, da römi-
fcher Haß die hehre Geftalt des Reformators zu verunglimpfen
fucht. Dem vierten Band hat Loefche den
Titel Handfteine (nach der Bergmannsfprache: kleinere
befonders fchöne Erzftücke zum Vorzeigen) gegeben und
in demfelben vereinigt: aus den Predigten über das Leben
Jefu die Himmelfafirtspredigt, dann die Schulfeftpredigt
am Gregoriustag, aus der Sarepta, jener ganz eigenartigen
Sammlung von Bergwerkpredigten, drei Predigten, ,Von
ankunfft und ausbreitung der Bergkwerk', ,Von urfprung
und abnemen der Metallen', ,Von dem glaßmachen', ferner
drei Majeftätspredigten bei der Huldigung für Ferdinand I.
und bei feinem Tod, wie bei der Krönung Maximilians IL,
letztere bisher ungedruckt, eine große, etwas medizinifche