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Ausgabe:

1905

Spalte:

289-293

Autor/Hrsg.:

Emery, Louis

Titel/Untertitel:

Introduction à l‘étude de la théologie protestante 1905

Rezensent:

Lobstein, Paul

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Theologische Literaturzeitung.

Herausgegeben von D. Ad. Harnack, Prof. in Berlin, und D. E. SchÜrer, Prof. in Göttingen.

Jährlich 26 Nm. Verlag: J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung, Leipzig. Jährlich 18 Mark.

Nr. 10. J3- Mai 1905. 30. Jahrgang.

Emery, Introduction ä l'ötude de la theologie

protestante (Lobstein).
Marti, Das Dodekapropheton erklärt (Giefe-

brecht).

Duhm, Die böfen Geifter im Alten Teftament
(Rertholet).

Soden, Frhr. von, Urchriftliche Literatur-

gefchichte (Schürer).
Smith, The teaching of the Gospel of John

(Holtzmann).
Lochmann, Sakrament und Parabel (Lobftein).
Anderten, Das Abendmahl in den zwei erften

Jahrhunderten nach Chriflus (Lobftein).

L ii t g e r t, Die Liebe im Neuen Teftament (Holtzmann
).

Kleine Texte für theologifche Vorlefungen und
Uebungen, herausgegeben von Lietzmann
Nr. 5—13 (Schürer).

Mathefius, Ausgewählte Werke, herausg. von
Löfche (Boffert).

Mathe fius' Predigten über Luthers Leben,
herausg. von Huchwald (Derf.).

Bisle, Die öffentliche Armenpflege der Reichs-
ftadt Augsburg (Boffert).

B r a a f c h, Die religiöfen Strömungen der Gegenwart
(Joh. Wendland).

Riehl, Zur Einführung in die Philofophie der
Gegenwart, 2. Aufl. (Goedeckemeyer).

Walther, Der Zufammenhang zwifchen Ver-
ftandesentwicklung und Religion (Joh. Wendland
).

Dargan, A history of Preaching, from the
Apostolic Fathers to the great Reformers
(Schian).

Kerler, Chriftliche Gedanken für die Suchenden
unterer Zeit (Rolffs).

Emery, Prof. Louis, Introduction ä l'etude de la theologie
protestante. Paris, G. Fischbacher — Lausanne, F. Rouge
& Cie. (1904). (IV, 710 p.) gr. 8n f. 10 —

Diefer fchön ausgeftattete Band des durch wertvolle
Beiträge zur Religionsphilofophie und Ethik in den Krei-
fen des franzöfifch redenden Proteftantismus bekannten
Profeffors an der ftaatlichen theologifchen Fakultät zu
Laufanne zerfällt nach einer bibliographifchen, kritifch und
hiftorifch orientierenden Einleitung (1— 41) in drei ungleiche
Hauptteile. Der erfte handelt von ,der proteftan-
tifchen Theologie und ihren verfchiedenen Disziplinen'
(42—222), der zweite erörtert ,die Bedingungen des Studiums
der Theologie' (223—30.3); der dritte, bei weitem
der umfangreichfte, enthält einen ausführlichen bibliographifchen
Index (304—699).

Zur Beftimmung des Wefens und der Aufgabe der
Theologie geht der Verf. nicht, wie Schleiermacher, von
dem Dafein der Kirche aus, fondern von der Tatfache
der Religion. Nicht die Zweckbeziehung auf Kirchendienft
oder Kirchenregiment ift für ihn der alles beherrfchende
Gefichtspunkt, ' fondern die Erkenntnis der religiöfen
Wahrheit. Die Theologie ift ihm die ,Wiffenfchaft von
der wahren Religion'. Determiner la nature de celte vraie
religion et les moyens d'y amener tous les hommes, teile
est la noble et difficile mission de la theologie (53). Nachdem
E. der Theologie ihre Stellung im Gefamtorganis-
mus der Wiffenfchaften angewiefen, fucht er die innere
Nötigung darzutun, kraft deren fich die Theologie aus
der Religion entwickelt, fei es daß man diefe als foziale
Erfcheinung in ihrer objektiven Geftalt betrachte, fei es
daß man fie als pfychologifches Phänomen im Gemütsleben
des Frommen erfaffe. Das nun folgende Kapitel
über den Nutzen der Theologie (80—89) enthält vortreffliche
Ausführungen, die namentlich den gebildeten Laien,
fofern fie unchriftlichen oder chriftlichen Vorurteilen huldigen
, aufs wärmfte empfohlen werden dürfen. — Inhaltlich
zerlegt fich die Theologie in drei Gruppen, die den
Stoff des Ganzen erfchöpfen: die hiftorifche oder be-
fchreibende Theologie, die fyftematifche (philofophifche,

dürfen, daß ihm die Mehrzahl der Lefer beipflichten wird,
wenn er urteilen muß, daß Religionsgefchichte und
religiöfe Pfychologie nicht in demfelben Sinne wie Exe-
gefe und Kirchengefchichte als integrierende Beflandteile
der befchreibenden Theologie betrachtet werden können;
felbftverftändlich foll damit nicht geleugnet werden, daß
jene zu den wertvollffen Hilfswiffenfchaften der chriftlichen
Theologie gehört, noch daß es fich lohnt, diefe
zu einer felbftändigen Disziplin auszugeftalten. Befonders
letzterer Forderung unferesVerfaffers möchteRef. energifch
zuftimmen; eingehendere Unterfuchungen über die Pfychologie
der Bekehrung in gefchichtlicher Beleuchtung haben
ihn von der Fruchtbarkeit diefes Zweiges der Religions-
wiffenfchaft überzeugt; auch fcheint ihm zweifellos, daß
aus diefer Quelle dem Dogmatiker, dem Ethiker, dem
Seelforger reiche Erkenntniffe zufließen werden. Mit alledem
ift aber die organifche Zugehörigkeit diefer Disziplinen
zur evangelifchen Theologie noch nicht begründet,
fondern höchftens ihre methodologifche Zweckmäßigkeit
zum fegensreichen Betrieb der Wiffenfchaft gefichert. —
In der Feftftellung der Grundfätze, die die nähere Aus-
geftaltung und Durchführung der hiftorifchen Theologie
beherrfchen, ftellt fich E. ganz entfchieden auf den Boden
der Modernen, die auf unfere biblifchen Urkunden
fowie auf den Verlauf der Gefchichte des Chriftentums
keine andern Maßftäbe angewendet wiffen wollen, als diejenigen
, die für die Gefchichtswiffenfchaft überhaupt gültig
find.

Zur fyftematifchen oder fpekulativen Theologie
rechnet E. die Religionsphilofophie, die Dogmatik,
die Ethik und die Apologetik. Bereits die Subfumierung
diefer Disziplinen unter den gemeinfamen Titel der fyftematifchen
oder fpekulativen Theol ogie wird auf berechtigten
Widerfpruch ftoßen. Oder follte die einfache Gleich-
fetzung von fyftematifcher und fpekulativer Theologie
wirklich einwandfrei fein? Dürfte man hier nicht zunächfl
eine gründliche Unterfuchung über das Wefen der Spekulation
erwarten? Die hierauf bezüglichen Erörterungen
(S. 171-172) beziehen fich doch nur auf das formale
Gefchäft fyftematifcher Gliederung, nicht aber auf die

fpekulative) Theologie, und die praktifche oder technifche j Natur der fpekulativen Tätigkeit felbft. Bei der fcharfen

Theologie

Die hiftorifche oder befchreibende Theologie
umfaßt 4 Gruppen von Disziplinen: die allgemeine Religionsgefchichte
, die exegetifche Theologie, die Kirchengefchichte
, die religiöfe Pfychologie. Ref. gehört nicht

Betonung des charakteriftifchen Merkmals der Glaubenslehre
als Erfahrungswiffenfchaft ergab fich für den Verf.
ohnedies die Pflicht, die fpekulative Aufgabe diefer Disziplin
nach allen Seiten zu beleuchten. — An Rothe
erinnert E.s Erklärung, ,die Ethik bilde die Zentraldis-

zu denen, die den Wert und die Bedeutung der erften ziplin der Theologie' (173), — ein Satz, den er allerdings-

und letzten diefer Disziplinen unterfchätzen oder gar ganz anders erhärtet, und deffen Begründung darin liegen

beftreiten; nichts defto weniger glaubt er annehmen zu foll, daß die ,Religion, als Beziehung des Menfchen zu
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