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Ausgabe:

1905 Nr. 9

Spalte:

271-272

Autor/Hrsg.:

Sdralek, Max (Hrsg.)

Titel/Untertitel:

Kirchengeschichtliche Abhandlungen. Dritter Band 1905

Rezensent:

Clemen, Otto

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Seite 1

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Theologifche Literaturzeitung 1905 Nr. 9.

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beit an Dionyfius außerordentlich erleichtert zu haben:
ich habe hier nur die Echtheitsfragen, wo es ausführlicherer
Beweife bedarf, nicht berühren wollen; in den
wichtigeren Fällen werden fie dank der Bemühungen
Feltoes jetzt ficher entfchieden werden können.

Marburg. Ad. Jülich er.

Kirchengeschichtliche Abhandlungen. Herausgegeben von
Prof. Domkapit. Dr. MaxSdralek. Dritter Band. Breslau
, G. P. Aderholz 1905. (III, 244 S.) gr. 8° M. 5 —

Inhalt: I. Timpe, Ernft: Die kirchenpolitifchen Anflehten und
Beftrebungen des Kardinals Bellarmin. — II. Schmidt, Georg: Der
hiflorifche Wert der vierzehn alten Biographien des Papfles Urban
V. (1362—1370). — III. Seppelt, Franz Xaver: Der Kampf der
Bettelorden an der Univerfität Paris in der Mitte des 13. Jahrhunderts.

Daß die in diefem Bande vereinigten Abhandlungen
aus einem kirchenhiftorifchen Seminar hervorgegangen
find, macht fich nur zu ihrem Vorteil darin geltend, daß
fie — als Arbeiten, benimmt, dem prüfenden Auge des
Lehrers ftandzuhalten — befonders wohl disponiert und
ftilifiert, klar und korrekt find. Sie bezeugen, mit welchem
Fleiß, mit welcher Sorgfalt und mit welch' ficherer
Methode unter Sdralek gearbeitet wird. Direkt von ihm
infpiriert find allerdings wohl nur die 2. und 3. Abhandlung
.

Timpe bezeichnet es als ein Verdienft Bellarmins,
daß er, zwifchen der fchroff-kurialiftifchen und der fchroff-
imperialiftifchen Theorie zu vermitteln fuchend, die Formel
der potestas indirecta ecclesiae in temporalia aufftellte,
und gibt zu, daß B. der kurialifiifchen Theorie ,noch zu
viel nachgegeben hat', und daß feine Beweisführungen aus
Bibel und Gefchichte unzulänglich find. —

Die Abhandlung von Gg. Schmidt ift ein Gegenftück
zu der den I. Band (vgl. die Befprechung desfelben von
G. Ficker Th. Lz. 1904 Sp. 265 ff) eröffnenden Studie von
Waldemar Otte über den hiftorifchen Wert der alten
Biographien des Papfles Clemens V. Auch das den beiden
Unterfuchungen zugrunde gelegte Schema ift das-
felbe. Ks wird gefragt nach Zeit und Ort der Abfaffung,
nach dem Verfaffer, den Quellen und dem Wert der betr.
Vita. Hier handelt es fich um die 14 Biographien Urbans
V., die Ul. Chevalier im I. Bande der von J. H. Albanes
gefammelten Actes anciens et documents concernant le bien-
lieureux Urbain V. pape (Paris 1897) herausgegeben hat.
Ausgegangen wird von der 2. Vita, die von dem Bonner
Kanonikus Werner von Hafelbeck kurz nach 1375 De~
endigt wurde. Die Regifierbände Urbans V. find noch
nicht heraus, konnten alfo auch noch nicht benutzt werden
. —

Die Kämpfe der Profefforen aus den Mendikanten-
orden mit den Profefforen aus dem Säkularklerus an der
Parifer Univerfität in der Mitte des 13. Jh.s gedachte
Denifle im IV. Bande feiner ,Univerfitäten des MA.s' zu
behandeln, aber der I. Band diefes Werkes ift 1885 er-
fchienen, und der Verfaffer hat fich ja jetzt ganz anderen
Aufgaben zugewandt. So ift es dankenswert, daß Seppelt
fich diefes Themas bemächtigt hat. Er verzichtet auf
Heranziehung des handfehriftlichen Materials, was durchaus
nicht getadelt werden foll, und befchränkt fich auf
das gedruckte, das in den letzten zwei Jahrzehnten befonders
durch die Edition des Chartularium Universitatis
Parisiensis bedeutend vermehrt worden ift. Zunächft liegt
nur der I. Teil der Arbeit vor. Wir erhalten eine kurze
Zufammenftellting der Ergebniffe der Forfchungen von
Denifle, Kaufmann, Rafhdall, Luchaire (Feret wird beifeite
gelaffen) über die Entftehung der Univerfität Paris
und fodann eine Darfteilung der Entwicklung des Studien-
wefens bei den Dominikanern und Franziskanern und
ihres Eindringens in den Lehrkörper der Parifer Univerfität
. In dem die Abneigung des hl. Franz gegen Bücher
und Wiffenfchaft behandelnden Abfchnitt befindet fich S. I

im Gegenfatz zu den entfprechenden Partien bei Hilarin
Felder, Gefchichte der wiffenfehaftlichen Studien im Franziskanerorden
bis um die Mitte des 13. Jahrhunderts (Freiburg
i. B. 1904), der S. 66f. behauptet: .Franziskus ift
weder perfönlich noch im Intereffe feiner Stiftung als
Verächter der Wiffenfchaft anzufehen, er ift ihr vielmehr
grundfätzlich gewogen'. Daß Seppelt (mit K. Müller,
Sabatier und Gen.) gegen Felder recht hat, ift jedem
klar, der die Quellen kennt. Doch will fich S. mit F.,
deffen Buch ihm erft nach Drucklegung feiner Abhandlung
zu Geficht kam, noch ausdrücklich auseinanderfetzen.

Zwickau i. S. O. Giemen.

Knoke, Abt, Konfift.-Rat Prof. D. Karl, Dr. Martin Luthers
Kleiner Katechismus nach den ältesten Ausgaben in hoch-
deutfeher, niederdeutfeher und lateinifcher Sprache,
herausgegeben und mit kritifchen und fprachlichen
Anmerkungen verfehen. Mit 26 Abbildungen nach
Hans Behaim. Halle a. S., Buchhandlung des Waifen-
haufes 1904. (VII, 126 S.) quer hoch 4". Geb. M. 8 —

Mit den Vorarbeiten zur Herausgabe der Katechismen
Luthers für die Weimarer kritifche Gefamtausgabe
befchäftigt, habe ich D. Knokes neueftes großes Werk
über den Kleinen Katechismus mit lebhaftem und dankbarem
Intereffe ftudiert. Wer fich wiffenfehaftheh mit
Luthers Enchiridion befchäftigt, darf an diefem, auf langjährigen
Studien beruhenden, felbfiftändigen und die
früheren Forfchungen zufammenfaffenden Werke nicht
vorübergehen. Ich betone das nachdrücklich, obwohl
ich an zahlreichen Punkten gegen die Methode fowie
gegen die Refultate des Verfaffers Bedenken aussprechen
muß.

Das Buch zerfällt in zwei Hauptteile: die hiftorifch-
kritifche Einleitung S. I—56 und den Abdruck der Texte
S. 57—126. Beigefügt find in verkleinerter Wiedergabe
die fchönen Illuftrationen Hans Behaims aus der Frankfurter
Prachtausgabe v. J. 1553. Die Einleitung beginnt
mit einer Uberficht über die bisherigen hiftorifch-
kritifchen Arbeiten am Enchiridion und feiner urfprüng-
lichen Textgeftalt, anhebend mit den alten Gefamtaus-
gaben der Werke Luthers aus dem 16. Jahrhundert bis
zu den neuen Publikationen Buchwalds und der von mir
im Archiv f. Reformationsgefch. 1904, H. 3 gegebenen
Überficht. Vermißt habe ich die Erwähnung der Köllner-
fchen Symbolik 1837, ferner der Auffätze von Mönckeberg
in der deutfehen Zeitfchr. f. chriftl. Wiffenfch. u. chriftl.
Leben 1856 S. 255 ff. und von Knaake in der Zeitfchr.
f. luther. Theol. und Kirche 1870 S. 349 ff Auch
H. Hartungs i. J. 1860 veröffentlichter Neudruck des Erfurter
Nachdrucks der erften Wittenberger Buchausgabe
v. J. 1529 hätte m. E. fchon an diefer Stelle hervorgehoben
werden follen, fofern er für die kritifche Unter-
fuchung über die urfprüngliche Textgeftalt eine allerdings
bisher verkannte, befondere Wichtigkeit hat (ich
möchte gerade diefen aus der Trefferfchen Offizin in
Erfurt hervorgegangenen Druck für den bellen, vielleicht
fogar einzigen unmittelbar nach der erften Wittenberger
Buchausgabe gefertigten Nachdruck halten). Und
Kaweraus vortreffliche Überficht in feiner Neubearbeitung
der Köfllinfchen Lutherbiographie II (1903) S. 52 ff.
632 ff. hätte meines Erachtens auf S. 5 als Ergänzung
zu der Bemerkung über feine Einleitung zum Kl. Katechismus
in der zweiten Stereotyp-Aufl. der fogen.
Braunfchweiger Lutherausgabe (1898) ausdrücklich erwähnt
werden follen; denn für die Veranftaltung der
2. Aufl. jener Volksausgabe trägt lediglich der Verleger
die Verantwortung, aber keiner von uns Mitarbeitern.
Sehr richtig aber ift Knokes Bemerkung auf S. 5, daß
man um die niederdeutfehen Ausgaben und die lateinifchen
Überfetzungen des Kl. Katechismus fich nicht genug
gekümmert habe. ,Was in diefer Hinficht bisher unter-