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Ausgabe:

1904

Spalte:

161-164

Autor/Hrsg.:

König, Eduard

Titel/Untertitel:

Babylonisierungsversuche betreffs der Patriarchen und Könige Israels 1904

Rezensent:

Volz, Paul

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Theologische Literaturzeitung.

Herausgegeben von D. Ad. Harnack, Prof. in Berlin, und D. E. Schürer, Prof. in Göttingen.

Jährlich 26 Nm. Verlag: J. C. HinrichsTche Buchhandlung, Leipzig. Jährlich 18 Mark.

Nr. 6.

liudde, Das Alte Teftament und die Ausgrabungen
(Volz).

König, Babyloniens Kultur und die Welt-
gefchichte (Derf.).

— Babylonifierungsverfuche betreffs der Patriarchen
und Könige Ifraels (Derf.).

Delitzfch, Babel und Bibel (Volz).

— Zweiter Vortrag über Babel und Bibel (Derf.).

— Im Lande des eineiigen Paradiefes (Derf.).
Cooke, A text-book of north-semitic inscriptions

(Lidzbarski).
Torrey, Semitic epigraphical notes (Derf.).

19. März 1904.

G r a f e, Die Stellung und Bedeutung des Jakobusbriefes
in der Entwicklung des Urchriftentums
(Schürer).

Hennecke, Neuteftamentliche Apokryphen
(Scbürer).

Lietzmann, Das muratorifche Fragment und
die monarchianifchen Prologe zu den Evangelien
(Preufchen).

Grützmacher, Hieronymus, I. Hälfte (Preufchen
).

Schubert, v., Der fogenannte Praedeflinatus
(Bruckner.)

29. Jahrgang.

Bauer, Der Apoflolos der Syrer (v. Dobfchütz).

Glafer, Die Franziskanifche Bewegung(Lempp).

Luthers Tifchreden in der Mathefifchen Sammlung
, aus einer Handfchrift der Leipziger
Stadtbibliothek hrsg. von Kroker (Kawerau).

Martin, Johann Landtsperger (Kawerau).

Willareth, Die Lehre vom Obel in dcnSyftemen
der nachkantifchen Philofophie und Theologie
(Wendt).

Baumann, Deutfche und außerdeutfehe Philofophie
der letzten Jahrzehnte (E. W. Mayer).

Sickenberger, Kritifche Gedanken über die
innerkirchliche Lage (Bruckner).

Budde, Prof. D. Karl, Das Alte Testament und die Ausgrab-
ungen. (VorträgedertheologifchenKonferenzzuGießen.
18. Folge.) Gießen 1903,]. Ricker. (39 S. 8.) M. —.80

— Dasfelbe. Ein Beitrag zum Streit um Babel und Bibel.
Zweite Auflage, mit vielen Anmerkungen und einem
Vorworte ftatt des Nachworts. Gießen 1903, J. Ricker.
(XII, 40 S. gr. 8.) M. -.90

König, Eduard, Babyloniens Kultur und die Weltgeschichte.

Ein Briefwechfel, veröffentlicht v. K. Gr. Lichterfelde-
Berlin 1902, E. Runge. (42 S. 8.) M. —.70

König, Eduard, Babyionisierungsversuche betreffs der Patriarchen
und Könige Israels. Separatabdruck aus dem
„Beweis des Glaubens", vermehrt durch ein Wort zur
Abwehr. Gütersloh 1903, C. Bertelsmann. (36 S. gr. 8.)

M. —.50

Budde befchäftigt fich nur kurz mit Delitzfch, in der
Hauptfache mit Wincklers Neuausgabe der ,Keilinfchriften
und das A.T.' Er fchildert das mythologifche Schema, in
das W. die Väterfage und die Königsgefchichte fpannt;
der Haupteinwand gegen dasfelbe beftehe in dem Mangel
an Folgerichtigkeit und in der Menge der Hintertiiren, die
zur befriedigenden Erklärung offen gelaffen werden müffen;
außerdem habe diefe mythologifche Erklärung des A.T.
aus dem Babylonifchen, die nur eine unter vielen bereits
vorgebrachten fei, deswegen gar keinen Grund, weil nicht
einmal für Babylonien felbft das mythologifche Schema
nachgewiefen werden könne. Daneben fpricht Verf. unter
aller Anerkennung der Verdienfte Wincklers in fehr ernflen
Worten gegen die fubjektive Bearbeitung des Schrader-
fchen Handbuchs, das den Charakter des Zuverläffigen
haben müßte, und gegen die fchrankenlofe Übertreibung
des babylonifchen Einfluffes, fpeziell auf Korten des A.T.
An einzelnen Beifpielen weift Verf. nach, wie fehr der
Vorwurf der Übertreibung richtig fei; weiter müffe die
Eigenart des Volkes Ifrael und feines Schrifttums anerkannt
werden und zu individueller Behandlung der alt-
teftamentlichen Gefchichte veranlaffen. Zum Schluß be-
fpricht Verf. den verfchiedenartigen Einfluß, den Babylonien
auf die einzelnen Quellenfchriften des A.T. ausgeübt
hat; er findet, daß J2(um 700) und P babylonifche Stoffe
(Sintflut ufw.) aufnahmen zu einer Zeit, wo Ifrael auch
leiblich mit der größern Kulturmacht in Berührung ftand,
daß aber diefe Stoffe jederzeit vom Geift Ifraels original I
verarbeitet wurden. Im übrigen behalte die altteftament-

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liehe Überlieferung trotz der Denkmäler noch ihren Wert
und ihre Zuverläffigkeit.

Der frifche Vorftoß des Verf.'s gegen den ,Panbaby-
lonismus'wird feine guten und notwendigen Dienfte leiften.
Ich möchte es freilich für meine Perfon nicht bedauern,
wenn die Wincklerfche Auflage des Schraderfchen Handbuchs
in viele Studierrtuben käme, denn ich habe viel
daraus gelernt, weniger in Einzelheiten als in der getarnten
Betrachtung der antiken Gefchichte. Daneben verfchwin-
den, glaube ich, die Verrtöße im einzelnen, die allerdings
von der altteftam. Wiffenfchaft mit vollem Recht geprüft
werden und korrigiert werden müffen. Ob es möglich
ift, den Einfluß Babyloniens auf die einzelnen Quellenfchriften
des A.T. feftzuftellen, das hängt mit dem Vertrauen
in die Ergebniffe der Literarkritik zufammen. Die
ifraelit. Schriften find für uns wohl der einzige wiffen-
fchaftliche Halt, aber fie find doch nur ein fehr geringer
Ausfchnitt aus dem Leben des ifraelit. Volkes. Und es
handelt fich bei dem Verhältnis zwifchen Babylonien und
Ifrael eben nicht bloß um einzelne für fich flehende Stoffe,
die herübergewandert wären, fondern um einen Lebenshabitus
und um Elemente diefes Gefamthabitus. Darauf
wollte Winckler aufmerkfam machen, und es ift ihm die
Frage, wieweit babylonifche Kultur und Weltanfchauung
auf Ifrael gewirkt hat. Es behält jedoch feinen Wert und
feinen Reiz, wenn ein Mann wie Budde, der die Hauptarbeit
feines Lebens auf die altteftam. Literarkritik verwendet
hat, gerade von diefer Warte aus die Bemühungen
der Keilinfchriftler beobachtet und beurteilt.

Die zweite Auflage ift durch ein Vorwort und durch
eine Anzahl von Anmerkungen bereichert. Das Vorwort
geht auf die von Delitzfch im 2. Vortrag behandelte
Offenbarungsfrage ein; Verf. findet, daß darin eine klägliche
Unkenntnis der evangelifchen Chriften zu Tag getreten
fei, wofür die Kirche allein hafte und worin fie Wandel
fchaffen müffe. Die Anmerkungen berühren neuere Veröffentlichungen
in der vorliegenden Sache (Jeremias ufw.);
namentlich erwähnen fie eine Äußerung von Stucken über
die Art, wie fich mythologifche Vorftellungen im Gefolge
der Religion über die Erde ausbreiteten.

In der etwas eigentümlichen Form eines allem nach fingierten
Briefwechfels tritt König gegen Winckler auf.
Ein K. ift zunächft von den Anflehten Wincklers gefangen,
es gelingt aber dem E. ihn davon abzubringen. Der Verf.
wendet fich gegen die Überfchätzung der babyl. Kultur,
Kunft, Aftronomie ufw. und gegen die Überfpannung
ihres Einfluffes auf die femitifchen und die indogermani-
fchen Völker; er betont die Beiträge, die von andern

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