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Ausgabe:

1904 Nr. 3

Spalte:

77-80

Autor/Hrsg.:

Preuschen, Erwin

Titel/Untertitel:

Mönchtum und Sarapiskult 1904

Rezensent:

Scheel, Otto

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Theologifche Literaturzeitung. 1904. Nr. 3.

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ich fie breit ausmalen? Ich fchreibe doch nicht für
Ignoranten! Nun — bei Apelles hatte B. nicht nur
Mercati's Entdeckung {Rendiconti 1898) und meinen
Auffatz (Texte u. Unterf. Bd. 20 H. 3 190x3) überfehen —
was ihm fonft nicht leicht begegnet —, fondern auch
von dem einzigartigen Gefpräch des Rhodon fchlechter-
dings keinen Gebrauch gemacht! Durfte ich da nicht von
Flüchtigkeit reden, zumal da das über Apelles Gefagte
fo dürftig wie möglich ift? Und wenn über Hermogenes
bei B. lediglich zu lefen fteht, daß er .vermutlich auch
gefchriftftellert habe (über die Ewigkeit der Materie?)' —
ift das angefichts deffen, was wir von Hermogenes wiffen,
eine forgfältige Berichterftattung? So könnte ich inbezug
auf den Abfchnitt über die Gnoftiker fortfahren, und
muß mir daher die Befchuldigung verbitten, daß ich eine
grundlofe Anklage erhoben hätte. Doch will ich mit
diefem Mißtone nicht fchließen, angefichts eines Werkes
redlichen Fleißes, das die Bemühungen einer Generation
vollftändig und unparteilich zufammenfaßt und der kommenden
Generation vertieftere Arbeit erleichtern wird.
Sie hat es beffer, als wir es gehabt haben, und wird
weniger im Staube arbeiten müffen; hoffentlich wird fie
ihren Vorteil ausnutzen!
Berlin. A. Harnack.

Hannay, James O., M. A., The spirit and origin of Christian
monasticism. London 1903, Methuen & Co. (XXIV,
307 S. 8.) . 6 s.

Preuschen, Erwin, Mönchtum und Sarapiskult. Eine
religionsgefchichtliche Abhandlung. 2. vielfach berichtigte
Ausgabe. Gießen 1903, J. Ricker. (68 S.
gr. 8.) M. 1.40

Daß das große und umfaffende Problem des Mönch-
tums trotz der in neuerer Zeit insbefondere von fran-
zöfifchen und deutfchen Forfchern ihm zugewandten Bemühungen
noch immer die Aufmerkfamkeit der Forfcher !
verdient, kann nicht in Abrede geftellt werden, und wenn
Hannay es unternahm, den Geift und Urfprung des j
christlichen Mönchtums darzuftellen, fo bedurfte dies !
keiner weiteren Rechtfertigung, mochte er auch feinen
Vorgängern fo zu Dank verpflichtet fein, wie er es zu
fein bekennt. Dem in den neueren proteftantifchen
Unterfuchungen im Gegenfatz zur tradionellen proteftan-
tifchenBeurteilungdesMönchtums deutlichhervortretenden
Beftreben, den pofitiven Wert des Mönchtums für die
Entwicklung und Vertiefung des flttlichen und religiöfen
Lebens zu betonen, reiht (ich Hannays Arbeit an. Ja
er möchte fogar den im Mönchtum herrschenden aske-
tifchen Geift als einen Teil des urfprünglichen Chriften-
tums betrachten und er erblickt im Mönchtum the nurlurc
of personal religion (239), hunger after God and goodness; j
die Mönche waren earncst followers of thc same Lord
we are seeking to serve (168). So ift es dennfeine Überzeugung
, that the spirit of asceticism has been the same
all tlirongh thc history of thc Church (238), auch innerhalb
der proteftantifchen Kirche (17. 18). Von diefer
Grundüberzeugung aus tritt Hannay an feinen Gegenstand
heran.

Schon die alte, die nahe Wiederkunft erwartende !
und den Glauben an die dämonifchen Mächte in der |
Welt teilende Kirche kannte die Askefe, die ein Teil j
der Lehre Jefu war. Aber diefe Askefe war noch inftink-
tiv, nicht organifiert. Erft die Gnoftiker loften die Frage
durch prinzipielle Bejahung der Askefe, und in der Aus-
einanderfetzung mit ihnen und den fpäteren asketifch
gerichteten Protesten innerhalb der verweltlichten Kirche
wurde diefe felbft zur Präziflerung des asketifchen Ideals
genötigt. Eine ausführliche, vollständige Theorie gab
ürigenes, im Grunde die fpätere Löfung antezipierend,
ohne jedoch zu der fpäteren mit Antonius einfetzenden

Bewegung den eigentlichen Anftoß zu geben. Doch erhellt
iius dem Gesägten, daß das Mönchtum des 4. Jahrh.
nicht als etwas völlig neues zu begreifen ift, fondern
nur als ein neuer Ausdruck für den altchristlichen Geift.
Die Mönche, meist ungebildete Menfchen, trennten fleh
aus Liebe zu Gott und dem Verlangen nach Rettung,
auf Grund göttlicher Führungen von der Welt und
(teilten fo das apoftolifche Leben wieder her, zugleich
allerdings von der Kirche fleh trennend, ohne jedoch
diefen Widerspruch gegen die Kirche dauernd festzuhalten1
(Antonius, Pachomius, Athanafius). In der östlichen
Kirche wurde allerdings das Mönchtum mannigfach
häretifch. Hier blieb auch im Gegenfatz zur ägyptifchen
Bewegung das Eremitenleben als höchstes bestehen.
Bafilius, von Eufthatius ftark beeinflußt, hat das Mönchtum
mit den Ideen der Erlöfung und Gnade verknüpft,
das Cönobitenleben gefordert und dies mönchifche Leben
zum Bestandteil des kirchlichen Lebens gemacht, das dann
von der nachfolgenden Gefetzgebung fanktioniert wurde.
Im Weften, wo der erste große Anftoß von Männern wie
Athanafius und Ammonius ausging, traten, umgekehrt
wie im Orient, Bifchöfe und Aristokraten an die Spitze
der Bewegung, was von vorn herein die kirchliche
Haltung der abendländifchen Mönche garantierte. Auch
durch mildere Disziplin und die Tendenz auf Organifation
hebt fleh die westliche Bewegung von der östlichen ab.
Unter den Mönchsregeln gewann diejenige Benedikts, die
doch im ganzen fleh wenig von derjenigen des Bafilius
unterfcheidet, die größte Bedeutung. Hannay gibt zum
Schluß noch einen kurzen Überblick über die Verbreitung
und Herrfchaft der Benediktiner-Regel, die ein legitimer
Sproß des Geistes des Antonius und der Johannesbriefe
ift. So it seems to me that the Benedictine rule was
certainly true to the old ascetic ideal of seeking God only
withoul compromise and literally imitating Christ . . . The
Benedictine rule was a legitimate offspring of the old
asceticism (246). Drei Anhänge behandeln Spezialfragen
(Pre-Christian Asceticism, the Value of thc Sources ofearly
Egyptian Monastic History, the History and Meaning of
the Patristic Distinction berwecn Counsels and Precepts).

Hannays Arbeit, die z. T. Vorlefungen ihren Urfprung
verdankt, ift frifch und flüffig gefchrieben, zeuert
von großer Belefenheit in den Quellen, ift erfichtl'ich bemüht
, von den Perfönlichkeiten innerhalb der Bewegung
ein anfehauliches Bild zu zeichnen, bringt dem Gegenstand
große Sympathie entgegen und enthält auch
manche gute Bemerkung, die hier nicht wiedergegeben
werden konnte. Diefen Vorzügen flehen aber nicht unerhebliche
Nachteile gegenüber, fodaß Hannay der
Forfchung doch nicht den Dienst erwiefen hat, den man
erwarten könnte. Das trifft zunächst die Erörterung der
Einzelprobleme. Hier vornehmlich vermißt man felb-
ftändige und wirklich weiter führende Arbeit. Im großen
und ganzen werden doch nur die Umriffe der Situation
gegeben, die aus den bisherigen Veröffentlichungen bekannt
waren, wobei gern anerkannt werden foll, daß
Hannay fleh mit Erfolg bemüht, die jüngsten Ergebniffe
zu verwerten. Gelegentlich freilich werden auch Irrtümer
übernommen, wie der, daß Tabennifi eine Nilinfel fei.
In wichtigeren Einzelfragen hätte man aber doch eine
Fortführung der bisherigen Arbeiten erwarten dürfen.
Ich denke weniger an das zuletzt von Preufchen erörterte
Problem über die ,Sarapismönche' (deren Existenz Hannay
noch festhält, wenn er auch ihre Bedeutung für die Entstehung
des ägyptifchen Mönchtums leugnet), als vielmehr
an die innere Entwicklung des Mönchtums und
deren Bedeutung für die Entwicklung des religiöfen
Lebens innerhalb der Großkirche. Hannays Schilderung
bleibt hier fogar hinter den bisher gewonnenen Ergeb-
niffen zurück. Das mag vielleicht darin begründet fein,
daß ihm die Unterfuchungen Holls unbekannt geblieben
find und die Frage nach der Herkunft der Todfünden,
ihrer Behandlung innerhalb der Mönchskreife und ihrer