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Ausgabe:

1904

Spalte:

70

Autor/Hrsg.:

Rosenberg, J.

Titel/Untertitel:

Lehrbuch der neusyrischen Schrift- und Umgangssprache 1904

Rezensent:

Schwally, Friedrich

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6g

Theologifche Literaturzeitung. 1904. Nr. 3.

70

große Zehe oben fchvvebt. Auch die Schrift zeichnet fich I
durch ihre Schwerfälligkeit nicht rühmlich aus, befonders !
in dem fpäter hinzugefügten Teile von Kol. IV, 13 an, |
wo die Trennungsftriche zwifchen den Linien ganz roh j
mit der Hand gezogen find. Augenfcheinlich haben wir
hier Provinzialkunft vor uns. Der kleine Fürft berichtet
von feinen Heldentaten, feinen Kanalbauten, Palmenpflanzungen
, Städtebauten und zum Schlul.i von feinen
Bemühungen, Bienen in feinem Lande heimifch zu machen.
Die Urkunde ift aus feinem 13. Jahre datiert. Im übrigen
find aber Zeit und Ürtlichkeit ungewiß. Der Schrift nach
zu urteilen, die neubabylonifch ift, wird die Stele allerdings
in kein hohes Altertum hinaufgerückt werden können.
Die Lage des kleinen Fürftentums verlegt W. nach
Delitzfchs Vorgang an den Eufrat in die Gegend des
Chabur. Indes fcheinen mir gegen diefe Lokalifierung
allerlei Bedenken zu fprechen: 1. Der Name der räube-
rifchen Tu'mmiu ift nicht unwahrfcheinlich mit den Tu'
iiiana (Sarg. Zyl. 18; Ann. 20; Sanh. I, 41) zu kombinieren,
die füdlich oder südöftlich von Babylon faßen. 2. Es
gab zwar ficher zu Afurnafirpals Zeit ein Land Suki, das
am mittleren Eufrat in der Nähe der Chaburmündung
lag, aber daneben fcheint es auch eine im füdlichen
Babylonien gelegene Landfchaft diefes Namens gegeben
zu haben. Wenigftens verlegt auch Peifer die in dem |
altbabylonifchen Briefe 88, 5—12, 5 (von ihm behandelt
in MV AG 1901, I44ff.) erwähnten Örtlichkeiten Suhl und
Mdei- in den Süden Babyloniens an die arabifche Grenze.
Auch der Umftand, daß Meter, wie aus der Infchrift 12146
(BT. V, 2) hervorgeht, fchon fehr früh kolonifiert gewefen
fein muß, und ferner, daß Hammurabi des öfteren mit
der Stadt kriegerifch zu tun hatte, deutet eher auf eine
Lage in Babylonien als am Chabur hin. 3. Die Palmengrenze
ist heute bei Ana, die wenigen Palmengruppen,
die fich noch bei Mejadin finden, tragen keine Früchte
mehr. Wenn der Fürft hier nun Palmenanpflanzungen im
großen Stile macht, ift nicht gut anzunehmen, daß feine
Landfchaft fo hoch nach Norden gelegen habe. 4. Die
wenigen Refte von Infchriften aus dem Chaburtale, von
Arban, Tell-Haläf etc., find affyrifch gefchrieben, weil
das Land eben unter affyrifchem Kultureinfluß ftand.
Wenn unfere Infchrift nun in reinftem Babylonifch gefchrieben
ift, fo weift das m. E. wieder nach Süden hin.
Dies find meine Bedenken. Ein ficherer Entfeheid wird
noch abgewartet werden müffen.

V. Ein Duplikat der bekannten Infchrift Adad-niräris II.

VI. VII. Zwei Lapislazuli-Stangen mit je einer Darfteilung
eines Gottes (Marduk und Adad) und einer Infchrift
des Königs Marduk-nadin-lum (VI) und Afarhad-
don (VII).

VIII. Eine Zylinderinfchrift Afurbanipals mit kurzen
Angaben über feine Bautätigkeit am Tempel E-mah.

IX. Eine Bauinfchrift Nabopolaffars, den Bau des
Ninibtempels in Babylon betreffend. Der Text ift auch j
hiftorifch intereffant. Nabopolaffer redet noch von feiner |
früheren, niedrigen Stellung und nennt fich noch nicht 1
einmal König von Babylon, rühmt fich aber feiner Er- |
folge gegen die Affyrer. Die Infchrift muß..alfo ficher
in die erfte Zeit feiner Herrfchaft fallen. Zur Überfetzung
W.s bemerke ich folgendes: Z. 6f. ift vielleicht beffer als
Zuftandsfatz aufzufaffen. Für die Redensart basü uzna
N.N. ift der altbabylonifche Brief BT. II, 12 {s. a. Mont-
gomery in BA) wichtig, wo subsu itznä N.N. heißt
.jem. in Spannung verhetzen'. Der Ausdruck ift jedenfalls
vom Efel (oder Pferd) hergenommen, der die Ohren fpitzt,
fobald etwas feine Aufmerkfamkeit erregt. Z. 9. takalat
als ,Wege' ift nicht ficher; dagegen fcheint takaltu ficher
.Eingeweide' zu bedeuten; vgl. auch Z. 35. Alfo vielleicht
.derHerz und Nieren prüft'. Z. 17 ift assuru, wie das Suffix
in Z. 21 zeigt, Plural: die Aflyrer. Z. 27 ift entfprechend
V R. 62 no. 1, v> zu überfetzen: den unvollendeten Tempel
— fein Werk vollendete ich. S. 33 ift vielleicht zu faffen:
Hege nicht Gedanken der Macht und Gewalt. Zu [amätd)

ana libbisu sadädu wäre dann an bibl. ,Worte im Herzen
bewegen' zu erinnern.

X. Bruckftück der Bisutuninfchrift, das den uns bekannten
babylonifchen Text an einzelnen Stellen ergänzt.

XI. Ein neues Fragment des fog. Syllabars Sb ergänzt
diefes Dokument beträchtlich. Kol. I, 8: Das Zeichen
nägiru fieht eigentlich etwas anders aus als das Zeichen
MIR Kol. II, 1. DT. 38 ift nicht unveröffentlicht, fondern
IVR. Add. 3 publiziert. Kol. VI, 10 ergänzt auch
92691 Kol. II, 10 (BT. XII, 10) turru Das Wort kommt
außerdem wohl noch Scheil, Text, el.-sem. IV, 167, 5 vor.

XII. Ritual beim Aufbau von Tempeln. Angefchloffen
ift ein Gebet, in welchem die Götter fpeziell wegen ihrer
Schöpfungstaten gefeiert werden.

XIII. Ein Hymnus an Marduk, den wir in fragmen-
tarifcher Geftalt fchon aus IVR. 18 no. 2 kannten. Wichtig
ift hier die Unterfchrift, welche zeigt, daß diefes Gebet
am Neujahrsfefte beim Einzüge Marduks in Efagila rezitiert
wurde. Ein Vergleich mit dem affyrifchen Exemplar aus
der Bibliothek des Königs Afurbanipal zeigt, daß hier
das Gebet für affyrifchen Gebrauch befonders zurecht-
geftutzt wurde. Hier wird nämlich zum Schluffe ganz
unmotiviert hinzugefügt: Affur, dem Hirten, der dich
ausftattet, fchenke Leben, erhöre feine Gebete! Das Fundament
des Thrones feiner Herrfchaft gründe feft! Das
Szepter der Menfchen möge er halten dauernde Tage! — Zu
MU als Genitivfuffix (Z. 29) vgl. MU — aSSn (92692, 9a in
BT. XII, 8). MU-LU^ belu auch Reifner, Hymnen49, 5ff.
Das LIL (oder GW) (Z. 45) gehört nicht mehr zum
Gottesnamen.

XIV. Ein Amulet gegen die Dämonin Labartu. Auf
der Vorderfeite trägt es die Darfteilung der fog. Hadesreliefs
, auf der Rückfeite eine Infchrift, die ein Duplikat
zu IVR. 56 Kol. I, 1—-8 ift. Z. 8 ift vielleicht likat »»(])-
ni-ni — die Gebete annimmt zu lefen.

XV. Urkunde über den Verkauf eines Grundftückes
aus dem 19. Jahre Nabopolaffars.

XVI. Ein Text über Mehllieferungen, der chrono-
logifch wichtig ift. W. zeigt an der Hand der Datieruno-,
daß Babylon nach Befiegung des falfchen Nebukadnezars
fich Darius gar nicht lange widerfetzte, fondern fich ihm
jedenfalls unmittelbar darauf ergab. Dadurch wird He-
rodots(III, 150 ff.) Angabe korrigiert, der von einer zwanzigmonatlichen
Belagerung fpricht.

XVII. Ein aftronomifches Täfelchen mit Nachrichten
über die Dauer der Nacht und des Tages zu verfchie-
denen Jahreszeiten.

Dies ift der Inhalt der Miszellen, für die wir W. aufrichtig
dankbar fein können.

Berlin. Bruno Meißner.

Rosenberg, Prof. ]., Lehrbuch der neusyrischen Schrift-
und Umgangssprache. Grammatik, Konverfation, Korre-
fpondenz und Chreftomathie. Mit Schriftproben der
neufyrifchen Kurfivfchrift. (Die Kunftder Polyglottie.
77. Teil.) Wien (1903), A. Hartleben. (VIII, 166 S. 8.)

Geb. M. 2.—

Diefes Lehrbüchlein enthält einen fehr dürftigen Abriß
der neufyrifchen Grammatik. Daraus kann kaum jemand
in die Sprache eingeführt werden. Der Verfaffer fcheint
von den neufyrifchen Sprachinfeln im Libanon nichts
zu wiffen, und auch die für den Verfaffer eines derartigen
Buches fo notwendige Kenntnis des Altfyrifchen fcheint
bei ihm nicht in genügendem Maße vorhanden zu fein.
Dagegen ift die Auswahl der Lefeftücke ganz ausgezeichnet
, ich habe fie faft alle mit Intereffe gelefen.
In dem dem Herausgeber dunkel gebliebenen 13» (S. 22)
erkenne ich ein Wort für Zigeuner.

Gießen. pr Schwally.

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