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Ausgabe:

1904 Nr. 20

Spalte:

556-558

Autor/Hrsg.:

Ruhl, Ludovicus

Titel/Untertitel:

De mortuorum iudicio. II. Band 1904

Rezensent:

Dobschütz, Ernst

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Theologifche Literaturzeitung. 1904. Nr. 20.

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affyrifchen Religion. — Nöldeke, Sieben Brunnen
(S. 340—344). Berfaba heißt einfach ,Sieben Brunnen'
oder allenfalls .Siebenbrunn', fonft nichts. — Gray, The
Double Nature of the Iranian Archangels (S. 345—372)>
über die perfffchen Amefha-Spenda's und ihre Entwicke-
lung from nature-godlings to Spiritual abstradions. —
Jülicher, Die geiftlichen Ehen in der alten Kirche
(S. 373—386), knüpft an Achelis' Arbeit über die Virgines
subintrodudae an und bringt zur Ergänzung derfelben
namentlich Material aus der oftfyrifchen Kirche (Nefto-
rianer und Monophyfiten); auch wird im Gegenfatz zu
Achelis betont, daß es fich dabei um eine Kraftprobe
der Keufchheit gehandelt habe. Hinfichtlich I. Kor. 7
ftimmt Jülicher der Auffaffung von Gräfe zu (unter Ablehnung
der Modifikation derfelben durch Achelis). —
Deißmann, Das angebliche Evangelien-Fragment von
Kairo (S. 387—392), ift nicht Fragment eines unkanonifchen
Evangeliums, fondern eines Kommentars zu Lukas. —
Reitze nftein, Zum Asclepius des Pfeudo-Apuleius
(S. 393—411) gibt Ergänzungen und Berichtigungen zu
feinem ,Poimandres'. — Radermacher, St. Phokas
(S. 445—452), als Schutzgeift der Schiffer. — Wiede-
mann berichtet S. 471—486 über die neuere Literatur in
betreff der ägyptifchen Religion.

Diefe Mitteilungen werden hinreichend dartun, daß
Theologen an diefem Archiv nicht vorübergehen dürfen.

Göttingen. E. Schürer.

Legrain, Georges, et Nävi11e, Edouard, L'aile nord du
pylöne d'Amenophis ä Karnak. (Annales du Musee
Guimet. Tome trentieme. Premiere partie.) Paris
1902, E. Leroux. (III, 25 p. m. 17 Taf. 4.)

Gayet, AI., L'exploration des necropoles greco-byzantines d'
Antinoe et les sarcophages de tombes pharaoniques
de la ville antique. (Annales du Musee Guimet. Tome
trentieme. Deuxieme partie.) Paris 1902, E. Leroux.
(p. 25—50 m. 20 Taf. 4.)

Bei feinen unermüdlichen Arbeiten im Tempel von
Karnak hat G. Legrain im Jahre 1898 u. a. am nördlichen
Flügel des Pylons Amenophis' III eine Anzahl
fchöner Reliefs aus der Zeit der Königin Hatfchepfowet
und ihres Bruders und Gemahls Thutmofis' III aufgefunden
, die er in dem erften der vorliegenden beiden
Hefte veröffentlicht. Den erklärenden Text dazu hat
Ed. Naville gefchrieben. Für die Gefchichte der Thronwirren
, durch die die Regierung der Hatfchepfowet mehrfach
unterbrochen wurde, ergibt fich aus diefen Reliefs
nichts Neues. Die Geftalt und Namen der Herrfcherin
find wie fonft in den Wirren teils verfchont geblieben,
teils fo gründlich ausgemeißelt worden, das faft nichts
mehr davon zu fehen ift. Die fo verfchieden behandelten
Reliefs gehören, wie der Augenfchein lehrt, verfchiedenen
Phafen ihrer Regierung an.

Inhaltlich zeigen die Reliefs die üblichen Darftellungen,
die wir überall in den ägyptifchen Tempeln wiederfinden:
Szenen, in denen der regierende König die Gottheiten
des Tempels verehrt. Von Intereffe ift darunter außer
einem Bilde, in dem die Königin dem Gotte Amon zwei
Obelisken weiht, nur die Reihe von Darftellungen, die
Naville irrtümlich als funeräre bezeichnet. Auf Tafel 14
fehen wir die tragbare Barke des Amon mit dem Schrein,
der das Bild des Gottes birgt, wie fie von Prieftern in
Prozeffion ausgetragen wird. Auf ihrem Wege paffiert
fie verfchiedene ,Stationen', wie Naville das Wort wiht
(eig. Niederlage, Niederlaffung) ganz bezeichnend überfetzt
; dort wird fie in einem Pavillon niedergefetzt und
empfängt Opfer und andere Verehrungsbezeugungen durch
die Königin (Taf. 14 B, ihre Geftalt ift fpäter weggemeißelt
worden), oder ihren Gemahl (Taf. 14 A). Jede diefer
Prozeffionftationen hatte ihren befonderen Namen, der

z. T. wie üblich auf den Erbauer (die Königin) Bezug
nahm. Statuen, die die Königin in der Haltung des
Ofiris darfteilten (wie im Rameffeum und im Hofe Thutmofis
I zu Karnak) fchmückten die Eftrade, auf der das
kleine Gebäude ftand. Auf Tafel 15 fehen wir dann zwei
wirkliche Barken und zwar, wie der Widderkopf an den
Enden zeigt, wiederum Barken des Gottes Amon. Hinter
dem Schrein, der das Bild des Gottes enthält, fteht König
Thutmofis III höchft eigenhändig das Ruder führend,
vor dem Schrein vollzog die Königin die Zeremonie der
viermaligen Gottesanbetung', ihre Geftalt ift wiederum
ausgetilgt, doch fo wenig gründlich, daß noch deutliche
Spuren davon ebenfo wie die erläuternde Beifchrift erhalten
find. — Auch in allen diefen Darftellungen'tritt
alfo das königliche Paar ebenfo wie in den übrigen Reliefs
zufammen als die gemeinfchaftlichen Erbauer des
Tempels, alfo lebend auf. Navilles Annahme, daß wir
es mit einer Leichenfeier, die Thutmofis III der Königin
veranftaltet habe, zu tun hätten, ift demnach unhaltbar
; die von ihm und von der Direktion des Musee
Guimet (im Vorwort) daraus gezogenen Schlüffe fallen in
fich zufammen.

Im zweiten Hefte macht dann Gayet Mitteilungen
über die Fortfetzung feiner Ausgrabungen in Antinoe,
die ja für die Kenntnis des Lebens der byzantinifchen
Zeit fo ergiebig gewefen find. Auch diefes Mal werden
wir wieder mit einer großen Anzahl von Fundftücken aus
chriftlichen Begräbniffen bekannt gemacht, die den inter-
effierten Kreifen gewiß hoch willkommen fein werden,
wiewohl die Publikation durchaus den Eindruck einer
proviforifchen, nur zur allgemeinen Orientierung beftimm-
ten macht. Sie läßt nahezu alles was man heut zu Tage
von einer wiffenfchaftlichen Publikation archäologifcher
Funde verlangt (überfichtlicher Fundbericht, Angaben
über Stoff und Maße der Stücke, Grundriffe der Gräber
ufw.), vermiffen.

Über die Wiedergabe der Funde aus einigen alt-
ägyptifchen Gräbern, die der Zeit zwifchen dem alten
und mittleren Reich (nicht der 12. Dynaftie, wie der Verf.
glaubt) angehören, fchweigt man beffer. Die inhaltlich
intereffelofen Grabformeln der Särge wimmeln in geradezu
haarfträubender Weife von Lefefehlern. Was an diefen
Infchriften wirklich intereffant fein wird, den jener Zeit
eigenen feltfam grotesken, halb barbarifchen Stil der
Hieroglyphen läßt eben nur die Menge der Lefefehler
des Verf. ahnen. Hier wäre ein Fakfimile unerläßlich
und allein zweckmäßig gewefen.

Göttingen. ' K. Sethe.

Ruhl,Ludovicus, De mortuorum iudicio. (Religionsgefchicht-
liche Verfuche und Vorarbeiten, herausgegeben von
Albrecht Dieterich und Richard Wünfch. II. Band,
2. Heft.) Gießen 1903, J. Ricker. (S. 33—105. gr. 8.)

M. 1.80

Der Jenfeitsglaube der Antike ift in letzter Zeit mehrfach
Gegenftand der Unterfuchung gewefen: E. Rohdes
Meifterwerk,Pfyche' 1894 21898, A. Dieterichs Nekyia 1893
behandeln ihn im ganzen Umfang; das archäologifche
Material hat A. Winkler in einer Breslauer Differtation
1888, das aus den Tragikern G. Iwanowitfch in einer Erlanger
1894 zufammengeftellt. Die vorliegende Gießener
behandelt mit viel Gefchick eine Spezialfrage, das Totengericht
. Im Anfchluß an Rohde wird gezeigt, daß diefer
Gedanke bei Homer, auch Od. X 568fr". noch fehlt, bei
Pindar Ol. II 56fr. fich ankündigt, bei Plato auf Grund
pythagoreifch-orphifcher Theologie expliziert vorliegt.
Mehrere Quellen, für die Rohde diefe Beziehung leugnete
, werden mit Recht dafür wieder geltend gemacht.
Während bei den attifchen Tragikern und Rednern faft
nicht davon die Rede ift, tauchen die Gedanken bei
Plutarch und Lukian wieder deutlich hervor. Die dem