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Ausgabe: | 1904 Nr. 19 |
Spalte: | 535-537 |
Autor/Hrsg.: | Schmid, Bernhard |
Titel/Untertitel: | Grundlinien der Patrologie. 6. Aufl 1904 |
Rezensent: | Krüger, Gerhard |
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Theologifche Literaturzeitung. 1904. Nr. 19.
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Eine Kritik, abgefehen von den fchon oben zur Taufe
gegebenen allgemeinen Ausführungen, müßte auf das
Einzelne eingehen und muß deshalb hier unterbleiben.
Sie ift auch kaum nötig, da die Einzelheiten der Ausführung
in der deutfchen Forfchung bekannt und auf
ihren Wert taxiert find.
Die Darftellung ift gewandt und durchfichtig, wenn
auch oft breit und an Wiederholungen reich. Mit der
einfchlägigen deutfchen Literatur, auch der entlegeneren,
zeigt fich der Verf. durchaus vertraut. Glücklich ift er
in der Polemik gegen die anglikanifchen Ritualiften und
— die ,Ritualiften' der deutfchen Orthodoxie, weniger
glücklich und allzu leicht fertig in der Ablehnung der
über feinen Standpunkt hinausgehenden energifchen Kritik.
Alles in allem eine forgfältige und gewandte, alle einfchlägigen
Fragen berückfichtigende Darfteilung der neuteft.
,Lehre' von den Sakramenten, in ihren Refultaten freilich
nur befriedigend, wenn man meint, daß des Verf.s an
fich fympathifche Anfchauung von Taufe und Abendmahl
fich auch durchweg im neuen Teftament finden muß. Eine
Förderung der wiffenfchaftlichen Einzelerkenntnis bietet
das Buch trotz vieler guter einzelner Bemerkungen nicht,
wenigftens nicht für den deutfchen Theologen. Welche
Stellung und Bedeutung ihm in der englifchen und fchot-
tifchen theolog. Literatur zukommt, vermag ich nicht zu
beurteilen.
Göttingen. W. Heitmüller.
Schmid, P. Bernhard, O. S. B., Grundlinien der Patrologie.
Sechfte Auflage. Freiburg i. B. 1904, Herder. (XII,
255 S. 8.) M. 2.—; geb. M. 2.40
Rauschen, Prof. DD. Gerhard, Grundriss der Patrologie
mit besonderer Berücksichtigung der Dogmengeschichte.
Freiburg i. B. 1903, Herder. (XI, 231 S. gr. 8.)
M. 2.20; geb. M. 2.70
Die ,Grundlinien der Patrologie' von Schmid find
feit 1879 in 6 Auflagen (die 5. 1898) erfchienen. In der
Vorrede zur erften Auflage hatte der Verf. bemerkt, fein
Büchlein mache durchaus keinen Anfpruch auf Originalität
, fondern gebe nur die Refultate der Einzel-
forfchungen, welche andere auf diefem Gebiete angeftellt
haben. Das ift fehr befcheiden, und doch ift es fchon
etwas hoch gegriffen. Es ift gewiß freundlich von Schmid,
daß er der proteftantifchen Theologie ausdrücklich be-
fcheinigt, daß fie fich in neuefter Zeit mit nachahmungswürdigem
Eifer der Erforfchung des chriftlichen Altertums
zuwende. Aber daß er davon gelernt habe, verrät
feine Darfteilung fo gut wie gar nicht. Ich vermute nach
den Literaturangaben, daß er felbft nur ganz geringe
Studien gemacht, fich aber auch nicht einmal die Mühe
genommen hat, die Standard works felbft auf katholifcher
Seite zu verfolgen, gar felber einzufehen. Sonft könnte
er doch unmöglich Funks Ausgabe der Apoftolifchen
Väter noch in der erften Auflage zitieren. Ein Zitat
wie: .Gebhardt, Harnack, Zahn, Patrnm Apost. opp. Ed. j.
Lipsiae 1877', zeigt, wie vergeblich es fein würde, beim
Verf. auch nur Fühlung mit der Wiffenfchaft zu fuchen.
Davon will ich nicht reden, daß Sch. meinen Grundriß
nicht einmal aufführt, gefchweige verwertet, auch meiner
Sammlung von Quellenfchriften nicht gedenkt. Aber
was foll man fagen, wenn bei Hermas und Ignatius Zahns
Monographien unerwähnt bleiben, wenn als letzte Ausgabe
der Klemensbriefe die von Hilgenfeld genannt wird.
Lightfoot hat für den Verf. nicht gefchrieben. Sein
eigener Standpunkt in kritifchen Fragen ift nirgends von
Zweifeln angekränkelt. Mit merkwürdiger und darum
erwähnenswerter Wortbildung fpricht der Verfaffer (S. 1)
vom ,Studium der heiligen Scripturiftik'.
Raufchen urteilt, wenn man das Vorftehende recht
erwägt, noch milde, wenn er meint, daß Schmids
Büchlein billigen Anforderungen nicht genüge. Schade,
daß fein im gleichen Verlage erfchienenes Buch nicht
kurzer Hand an Stelle des älteren gefetzt worden ift.
Es wäre im Intereffe der Wiffenfchaft auch und gerade
vom katholifchen Standpunkt aus nur zu wünfchen ge-
wefen. Jedenfalls ift Raufchens Grundriß zur Einführung
der Studierenden weit beffer geeignet. Allerdings bleibt
nach meiner Meinung die Darfteilung einer fo umfaffen-
den und reichen Literaturgefchichte, wie es die chrift-
liche bis auf Gregor d. Gr. und Johannes von Damaskus
ift, auf 231 Seiten (Schmid umfaßt 255 in gleichem
Format) immer ein gewagtes Unternehmen. Das Mittel,
weniger wichtige Schriftfteller fortzulaffen, ift an fich
natürlich nicht zu verwerfen, erweift fich aber doch als
mißlich, wenn Männer wie Commodian und Lucifer unerwähnt
bleiben, beide charakteriftifch, zumal der erftere.
In der Einteilung fchließt fich der Verf. eng an Barden-
hewer an, von dem er das Befte empfangen zu haben
im Vorwort bekennt. Daß diefe Einteilung, foweit die
vornicänifche Periode in Betracht kommt, urfprünglich
durch meinen Grundriß beftimmt ift, fcheint auf katholifcher
Seite immer mehr in Vergeffenheit zu geraten.
In der Einteilung der nachnicänifchen Literatur bedeutet
die Gruppierung: 1. Die Kirchenhiftoriker-, 2. Die großen
Theologen der griechifch-orientalifchen Kirche; 3. Die
großen Theologen der abendländifchen Kirche; 4. Kirchenrechtliche
pfeudo-apoftolifche Schriften; 5. Andere
Schriftfteller(?) einen Fortfehritt gegen die rein äußerliche
Gruppierung bei Bardenhewer, die diefer hoffentlich im
dritten Bande feiner .Gefchichte' vervollkommnen wird.
Die Wiedererweckung der Kategorie der auch bei Bardenhewer
verfchwundenen Apoftolifchen Väter ift dagegen
ein bedenklicher Rückfehritt. Sogar der Brief an Diognet
ift ihnen wieder beigefellt worden und nimmt fich
zwifchen Hermas und Papias für jeden auch nur leidlich
Sachkundigen fonderbar genug aus. Warum foll denn
den Studierenden die ficher gewonnene Erkenntnis wieder
verdunkelt werden?
Die Ökonomie der Darftellung ift in den einzelnen
Abfchnitten meift gefchickt gewahrt. Warum de mortibus
persecutorum über eine halbe Seite zugebilligt wurde,
während z. B. der ganze Novatian nur reichlich eine
Seite erhielt, ift allerdings nicht einzufehen. Der Ausdruck
ift im allgemeinen knapp und ficher. Die dog-
mengefchichtlichen Bemerkungen können bei der erforderten
Kürze freilich kaum ein genügendes Bild
geben; fie wären beffer weggeblieben. Unnötige Breite
herrfcht in der Wiedergabe der Literaturnotizen. Wenn
doch z. B. fchon in § 3 auf die Berliner Kirchenväter
und meine Sammlung von Quellenfchriften hingewiefen
war, fo konnten Wiederholungen, wie fie fich S. 15, 56,
58, 77, 86 u. ö. finden, leicht vermieden werden. Ich
glaube, daß bei gefchickterer Faffung diefer Notizen
fehr viel Raum gefpart werden könnte, der dann zur
Anbringung weiterer Literatur verfügbar würde, und
meine, ohne unbefcheiden fein zu wollen, daß der Verf.
hier von meinem Syftem mehr hätte lernen können,
auch wenn er fich auf die vielleicht etwas unbequemen
Abkürzungen nicht einlaffen wollte. Übrigens finden
fich auch Ungenauigkeiten in den Angaben, wie fich
ohne fyftematifche Nachprüfung unfehwer feftftellen läßt.
Feßler-Jungmann (S. 4) erfchien 1890 und 1896; Mignes
Curfus (S. 5f.) ift nicht in Quartbänden erfchienen;
Kattenbufchs Apoftolifches Symbol (S. 14) erfchien 1894
und 1900; die Ausgabe der Patres Apostolici von v. Gebhardt
ufw. (S. 15) 1875(76)—78; Lipfius' Apoftel-
gefchichten (S. 43) in 3 Bdn. 1883, 87 und 90; wenn
S. 159 Krabingers Separatausgabe des Enchiridion von
Auguftin erwähnt wurde — jetzt ift übrigens dafür
Scheels Ausgabe einzufetzen —, fo durfte auch die Ausgabe
von de catechizandis rudibus in meiner Sammlung
nicht fehlen; S. 195 war Rügamer neben Loofs zu erwähnen
. Endlich darf ich nicht unerwähnt laffen, daß
man auch mit mancher Bemerkung im Texte nicht ein-