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Ausgabe:

1904 Nr. 18

Spalte:

501-507

Autor/Hrsg.:

Delitzsch, Friedrich

Titel/Untertitel:

Das Buch Hiob. Neu übers. u. kurz erklärt 1904

Rezensent:

Baentsch, Bruno

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Seite 1, Seite 2, Seite 3, Seite 4

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Theologifche Literaturzeitung. 1904. Nr. 18.

502

Steindorfif läßt auf einen kurzen Abriß der Gefchichte
der Ausgrabungen einen Überblick über ihre Refultate
folgen, eingeteilt nach geographifchen Gefichtspunkten
von Norden nach Süden, und zwar: Delta, Pyramiden
von Memphis, Fayüm, El-ÜAmarna, die Königsgräber von
Abydos, Naqäda und die älteften ägyptifchen Begräbnisplätze
, Theben.

Hommel gibt im erflen Kapitel eine gute Ueber-
sicht der Reifen in Arabien, im zweiten folgt eine Be-
fprechung der einheimifchen und fremden Quellen, wobei
lchon bedenkliche Angaben auftauchen, im dritten eine
Verwertung der Ergebniffe für das Alte Teftament, wo
er feiner Phantafie die Zügel fchießen läßt.

Jenfen befchränkt fich auf eine Darlegung feiner
Entzifferung.1 Trotzdem er mit feiner Vergleichung des
Armenifchen den Schein erweckt, daß er wirklich die
rätfelhaften Zeichen entziffert habe, zeigt ein Blick auf
feine Vorausfetzungen, daß die umgekehrte Pyramide auf
einem abfolut haltlofen Untergrund fteht. Wer z. B. unbefangen
Seite 772 lieft und dort an uprighl knife als ein
Zeichen findet, das zur Trennung von Wortgruppen gedient
habe, oder die Art und Weife verfolgt, wie er zur
Ausfonderung feiner Städtenamen kam (in feinen frühern
Schriften), oder die Vergleichung feiner fraglichen Wörter
mit armenifchen, der wird die felfenfefle Überzeugung
Jenfens von der Richtigkeit feines Verfuches fchwer begreifen
. Für die Lefer von Hilprechts Buch wäre jedenfalls
eine Überficht über die in Frage kommenden Städte,
ihre Refte und die wenigen Ausgrabungen, refp. Ver-
fuche dazu von größerem Intereffe und erheblicherer
Wichtigkeit gewefen.

Das Buch fchließt ein General Index und ein Index
to Scripture Quotations. Es ift reich mit recht guten
Abbildungen ausgeftattet und erhält noch befonderen
Wert durch die beigegebenen Karten 1. von Weftafien,
wo aber doch ein bischen viel fehlt, fo der Bohtan-Su,
der Barada, ein Teil der auf Seite 126 flehenden Namen
u. a. m., 3. von Ägypten, 4. von Arabien. Nr. 2 ift eine
Reprife von Koldeweys Plan von Babylon.

Wenn man das Buch als Ganzes betrachtet, dann
fällt auf, wie Affyrien und Babylonien, felbft mit Fort-
laffung von Mippur, alle anderen Teile überwiegt. Es
ift dies eine rein äußerliche Betrachtung; aber fie hat
auch eine innerliche Berechtigung. In der Tat dürfte
gerade aus diefem Buche manchem Lefer klar werden,
wie nach allen Seiten die Erkenntnis der Zufammenhänge
erft möglich wurde, als die Ruinen im Euphrattigrislande
ihre Augen auffchlugen und ihren Mund öffneten, der
mehr als zwei Jahrtaufende zum Schweigen verdammt
war. Deshalb wünfche ich Hilprecht zahlreiche Lefer
und vor allem in theologifchen Kreifen.
Königsberg i/Pr. F. E. Peifer.

Delitzsch, Friedrich, Das Buch Hiob. Neu überfetzt und
kurz erklärt. Ausgabe mit fprachlichem Kommentar.
Leipzig, J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung, 1902.
(179 S. 8.) M. 6.— ;

kleine Ausgabe (ohne Kommentar) M. 2.50

Die Zeit, die Ref. für die Anzeige der Hiob-Erklä-
rung von Delitzfch gebraucht hat, fteht in umgekehrtem
Verhältnis zu der Schnelligkeit, mit der der Verf. fein
Werk fertiggeftellt hat. In einem Zeitraum, den er felbft
nur nach Wochen bemißt, noch dazu fern von der
Studierftube — er weilte gerade in Konftantinopel —
hat er fein Werk im Frühjahre 1901 im wefentlichen zu
Ende gebracht. Als Hilfsmittel ftanden ihm nur das
AT und das von ihm felbft vorbereitete hebr. Wörterbuch
zum AT zu Gebote; im übrigen war er lediglich

l) Was er dabei über feine Vorgänger fagt, — MefTerfchmidts
fpäter fallenden Verfuch (1898) verfchweigt er ganz —, möge man felbft
nachlefen.

ausgerüftet mit den philologifchen Grundfätzen, wie fie
z. B. der Affyriologe bei der Erfchließung der Keilfchrift-
texte fo erfolgreich anzuwenden beftrebt ift. Zunächft
kam es Delitzfch nur darauf an, eine akademifche Vor-
lefung über das Hiobbuch vorzubereiten. Als ihm aber
unter den mancherlei Eindrücken und Beobachtungen,
die er auf den Plätzen und Straßen Stambuls zu fammeln
Gelegenheit nahm, die Freude an der fchönen Hiob-
dichtung immer mehr wuchs, erftand ihm aus feinen
vorbereitenden Studien heraus ein abgerundetes Werk,
das er der Öffentlichkeit nicht vorenthalten zu dürfen
meinte, um fo weniger, als er damit eine Gelegenheit
gefunden zu haben glaubte, den Theologen einmal zu
zeigen, wie man heute, im Zeitalter der Affyriologie
biblifche Exegefe zu treiben habe. Ift er doch mit den
theologifchen Kommentaren recht wenig zufrieden. Nicht
nur, daß fie für das Verftändnis der Dichtung im ganzen
noch recht viel zu wünfchen übrig laffen follen [der Verf.
fcheint den fchönen Kommentar von Duhm noch gar
nicht zu kennen], fq bieten fie nach ihm auch eine Fülle
ganz unmöglicher Überfetzungen und kranken überdies
an einer recht willkürlichen Textbehandlung. Das hat
nach D. feinen tieferen Grund aber darin, daß die Theologen
fich bisher noch viel zu wenig Mühe gegeben
haben, den Wortfehatz und die Phrafeologie des AT
aus dem AT felbft und dem vergleichenden Studium
der verwandten Dialekte zu erfchließen. Wo ihnen daher
ein ungewohntes Wort, eine nicht geläufige Wendung
aufftoßen, geraten fie fofort in Verlegenheit und feien
dann nur allzuleicht geneigt, eine Textverderbnis anzunehmen
und einen für den Kenner durchaus einwandfreien
Text zu emendieren. Darin lag für Del. ein be-
fonderer Grund, von einer Benutzung theologifcher
Kommentare für den vorliegenden Zweck ganz abzufeilen
und fich einmal ganz felbftändig und ohne jede
Voreingenommenheit an die Erklärung der fchwierigen
Dichtung zu machen.

D. gibt zunächft auf S. 1—122 eine von erläuternden
Anmerkungen begleitete Überfetzung des Hiobbuches,
und zwar zunächft der Volkserzählung vom frommen
Mann lob (Kap. I 1—2 m, 42 7—17), die er wie Duhm und
Budde von dem eigentlichen Gedichte fondert, dann des
Gedichtes felbft (Kap. 3 1—27, 29—3137, 38—3912, 3919—
4014, 421-6), das er als das hohe Lied des Peffimis-
mus bezeichnet [u. E. nicht ganz paffend, da Hiob trotz
aller Refignation und trotz aller Verzweiflungsausbrüche
feinen Gott doch nicht verliert, fondern fich immer
wieder zur Gemeinfchaft mit ihm durchringt] und endlich
der Zufätze (Kap. 32—37 [Elihureden], Kap. 28 [Die
Herkunft der Weisheit], 3913-is, 4015—4126 [Strauß, Nilpferd
und Krokodil]). Der überfetzung der einzelnen
Teile find auf Inhalt und Echtheit bezügliche allgemeine
Erörterungen teils nachgefchickt, teils vorangeftellt. Der
Verf. bietet darin nicht gerade Neues, fondern trägt hier
die zu ziemlich allgemeiner Anerkennung gelangten Ergebniffe
der bisherigen literarifchen Kritik vor. An die
Überfetzung fchließt fich auf S. 125—179 ein philo-
logifcher Kommentar von ziemlich 55 Seiten. Diefer
zerfällt in einen allgemeinen und einen fpeziellen Teil.
Im all emeinen Teile (S. 125—137") bietet der Verf. an
erfter Stelle fehr verdienftliche Zufammenftellungen zunächft
von Wortftämmen, die im Buche Hiob allein
belegbar find, ferner von Verben und Verbalftämmen
und von Nominalbildungen, die fich ausfchließlich
im Buche Hiob finden, und endlich von Verben und
nominibus, die im Buche Hiob in fonft noch nicht
belegten Bedeutungsnuancen vorkommen oder doch
nach Del. vorkommen follen. Daran fchließt fich ein
Verzeichnis der im Buche Hiob vorkommenden Ara-
maismen, und den Schluß bilden Bemerkungen über
den Textzuftand und eine fyftematifche Überficht über
Textverderbniffe und deren Heilung. Der fpezielle Teil
des Kommentars (S. 137—179) enthält einen kurzen

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