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Ausgabe:

1904 Nr. 1

Spalte:

25-27

Autor/Hrsg.:

Herrmann, Wilhelm

Titel/Untertitel:

Der Verkehr des Christen mit Gott. Im Anschluß an Luther dargestellt. 4. Aufl 1904

Rezensent:

Haering, Theodor

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Theologifche Literaturzeitung. 1904. Nr. I.

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Schriften in Augsburg drucken liefs, fo ift darauf zu j hervorgehobenen Abficht, die Polemik zu befchränken,
fagen, dal.! der eitle Eck die Notare ficher bewogen 1 noch weiter Ernft. Hatte fchon die /Einleitung' zur
hätte,' das ganze Protokoll, alfo auch die Disputation mit j dritten auf Ritfehl, Frank, Lipfius nur noch hingedeutet,
Karlftadt, drucken zu laffen, was um fo näher gelegen j fo wendet fie fich jetzt von vornherein ausfchließlich

der Sache zu. Dasfelbe gilt von dem neuften ,Vorwort',
während das von 1896 den Auseinanderfetzungen mit
ü. Ritfehl und J. Weil.l gegolten und inbezug auf Kahler
die Überzeugung ausgefprochen hatte, daß trotz
bleibender und nicht gleichgiltiger Differenzen ein Sich-
zufammenfinden in dem beiden Teilen Wichtigflen möglich
fei und wirklich werde. Da die dritte Auflage hier
nicht befprochen wurde, mag darauf hingewiefen werden,
daß diefe nun gleichfalls hinweggefallenen Darlegungen
für einen genaueren Einblick in den Gang der Verhandlung
um der Sache willen wertvoll bleiben. Ebenfo die
Abwehr des Vorhalts, daß Herrmann in der Stellung
zu dem erhöhten Chriftus ,hart' geurteilt habe. Seine
Worte ,im Glauben find wir davon überzeugt, dal.! er
als unfer Erlöfer und Herr auf uns wirkt und uns nahe
ift . . . Allen, die fo denken dürfen und müffen, wird
es felbftverftändlich fein, daß fie den erhöhten Herrn
anrufen', find nicht immer beachtet worden. Endlich war
in der dritten Auflage der Gedanke, daß im Chriften-
tum das fittliche Handeln als eine befondere Form des
Verkehrs mit Gott aufzufaffen fei, im Verhältnis zu
Thieme weiter ausgeführt worden.

Die neuefte Auflage erleichtert, um mit dem Äußer-
lichften zu beginnen, durch eine ins einzelne gehende
Inhaltsübersicht den Gebrauch wefentlich. Die zahlreichen
kleineren Änderungen fachlicher Art beziehen fich auf
die beiden wichtigften Einwände gegen die von Herrmann
vertretene Auffaffung unfres Glaubens: es fei nicht
gerade das, was das aufregende Ergebnis der Leipziger I möglich, die Perfon Jefu als die Tatfache zu erleben, die
Disputation für Luther gewefen war, vertrat jetzt Grau- unfrer Zuverficht zu Gott die Ruhe und die Kraft des
mann. Damit ift der Schlüffel zu dem Rätfei gefunden, Überwindens geben kann; und von der entgegengefetzten
warum gerade die Disputation Luthers mit Eck von den j Seite: die uns rettende Macht liege in Tatfachen, die
Notaren veröffentlicht werden konnte. Es war ihr Proteft j Glauben fordern, aber nicht in einer Tatfache deren

hätte, da U fchon vorher die ganze Disputation wieder
gab. Gerade Karlftadt gegenüber hätte der brennende
Ehrgeiz Ecks glänzen können im Protokoll. Sodann
hätte Eck gewifs Silvan Otmars Druckerei nicht empfohlen,
denn diefe hatte gerade in der letzten Zeit viel zur Verbreitung
von Luthers Schriften beigetragen. Zählt Ref.
recht, fo find nach WA allein 1518 /Schriften Luthers von
Silv. Otmar gedruckt worden.

Zur Entscheidung der Frage wäre es von Wert, zu
unterfuchen, wer denn Luthers Notar bei der Disputation
war. Am 9. Juli Nachmittags gab Luther am Schluß
eine längere Ausführung per notarium SU UM zu den
Akten (S. 167). Trifft Seckendorfs Angabe zu, daß Joh. Poli-
ander bei der Disputation Ecks Amamiensis gewefen fei
(Lib. i § LXII, Addit. II fin.), was doch wohl in dem gleichen
Sinn zu nehmen ift, wie der Ausdruck ,notarius suus',
dann wäre Franz Richter Luthers Notar gewefen. Aber
diefer konnte mit der Veröffentlichung nicht einfeitig
vorgehen. Nun aber wiffen wir, dafs fich bei Graumann (Poli-
ander) nach der Leipziger Disputation derfelbe Prozeß
vollzog, wie bei Urb. Rhegius. Er wurde irre an Eck
und der von diefem vertretenen Sache. Er ging nach
Wittenberg und galt, als er nach Leipzig zurückkehrte,
für verdächtig. Als er fich mit Mofellanus um das
theologifche Baccalaureat bewarb, wies die Fakultät beide
wegen Mifsachtung der Autorität des Konftanzer Konzils
und huflitifcher Neigungen zurück (Kolde, Speratus und
Poliander in Würzburg. Beitr. zur bayer. KG 6, 61). Alfo

gegen Ecks Klagen über Luther und ihr Bekenntnis zu
leinen Prinzipien. Augsburg wurde vielleicht zum Druck
ort gewählt, weil es galt, Ecks Autorität in Süddeutfch-
land zu bekämpfen. Der Vermittler mochte Frofch fein,

Zeugen wir felbft geworden find. Beide Einwände bezeichnet
der Herr Verf. jetzt noch ausdrücklicher wie
früher gleich im Vorwort als grundfätzlich einig in einer
gefetzlichen Auffaffung der Religion. Für die Gegner

wenn nicht Bernh. Adelmann, der Eck abgeneigt war. zur Linken ift das Lehrgefetz, durch deffen Annahme

Es wird fich auch lohnen, Franz Richter, der wohl
der von Seckendorf Lib. III, § CXVII Add. II yy. S. 510
erwähnte fpätere Merfeburger Domherr ift, wie den ver-
fchiedenen Zeugen nachzugehen, unter denen Nik. Meyer
von Leipheim vielleicht der fpätere heffifche Sekretär Lic.
Nik. Meyer gen. Müller ift, der 1531 zu König Heinrich nach

fie Chriften werden wollen, das Evangelium Jefu; bei
den Gegnern zur Rechten ift der gefetzliche Charakter
der Frömmigkeit noch fchärfer ausgeprägt, indem fie es
fich felbft zum Ruhme anrechnen, daß das Lehrgefetz
bei ihnen viel umfangreicher ift. Die einzelnen Änderungen
in der Auseinanderfetzung mit diefen beiden

England gefchickt wurde und nachher württembergifcher fchließlich zufammengehörigen Einwänden find dadurch
Vizekanzler war, von dem es noch keine Biographie gibt. : fo dankenswert, daß fie, ausdrücklich oder ftillfchweigend,
Weiter aber wird der Fund von P zum Nachforfchen auf die Verhandlungen der letzten Jahre Rückficht nehtnen'
nach dem übrigen Teil des Protokolls ermutigen, das doch S. 77—79 der vierten Auflage, verglichen mit S.76—77 der
auch für Karlftadts Disputation von Wert wäre. Die Ab- | dritten, zeigt, wie der Herr Verf. namentlich auch fcheinbar
fchnft, welche Eck fich verfchaffte, wird fich wohl noch in j gefährliche Ergebniffe der gefchichtlichen Unterfuchung
München finden laffen. Man wird überhaupt dem Nachlaß | für feinen Grundgedanken nutzbar zu machen weiß. Der

Ecks noch ganz anders nachgehen müffen, als Wiedemann,
deffen Werk doch allmählich eines Erfatzes bedarf,

Zum Text noch einige Vorfchläge. S. 33 [311, a]

eschatologifche Charakter der Reichsverkündigung läßt
ihn erft recht erkennen, wie rein und tief Jefus das erfaßt
hat, was er Reich Gottes nennt. Die philologifch hiftori-

L audttorum S. 44 [S. 321, 9] excurram S. 55, s procancel- j fche Erkenntnis, daß und wie von der Herrfchaft Gottes die
larium. S. 84 [277, 12] quod ex. S. 89 |28o, ■] reverendus j Rede ift, wird ihm zum Gewinn der religiöfen Erkenntnis.
S. 143 [322, is] luduanda. S. 167 Anm. 20. notariorum. Wie, mögen folgende Sätze wenigftens andeuten. Die reine
S. 184 [355, so] vgl. W. A. 1, 247, 27 zu pigrorum. Herrfchaft Gottes bleibt unfre Zukunft, und die Seligkeit,

Nabern. G. Boffert. me uns aus mr werden foll, das Ziel unfrer Hoffnung und

------Sehnfucht . . . Nur eine wunderbare Umwandlung unfrer

Herr mann, Prof. Dr. W., Der Verkehr des Christen mit ganzen Exiftenz kann uns ans Ziel bringen . . . Aber
Gott. Im Anfchluß an Luther dargeftellt. Vierte Auf- ' das ift möglich, daß wir jetzt fchon die Richtung auf

läge. Stuttgart 1903, J. G. Cotta'fche Buchh., Nachf.,
G. m. b. H. (X, 298 S. gr. 8.) M. 4.50

das Ziel gewinnen und fo befchaffen werden, daß wir
die Herrfchaft Gottes überhaupt als Seligkeit erfahren
können . . . Das Reich Gottes kommt ficher. Aber ob

Die erfte Auflage ift in diefer Zeitfchrift 1887, Nr. I durch fein Kommen beftimmte Menfchen feiig oder verangezeigt
worden, die zweite 1892, Nr. 22, die dritte 1896 j dämmt werden, hängt davon ab, was vorher aus ihnen
erfchienene nicht. Die beiden letzten Auflagen machen 1 geworden ift . . . Jefus aber hat fich zugetraut, er könne
mit der vom Herrn Verf. in der zweiten ausdrücklich durch die Kraft feines perfönlichen Lebens Menfchen